Kurzbeschreibung

Dem konservativen adligen Druck nach 1815 auf die preußische Regierung gelang es, die Bestimmungen des Regulierungsedikts von 1811 zum Nachteil der Bauern zu ändern, besonders von Dorfbauern, deren Bauerngüter nach Abtretung eines Drittels oder der Hälfte ihres bebauten Landes als wirtschaftlich nicht lebensfähig galten. Die Grundherren waren berechtigt, weiterhin Renten in Form von Arbeit von solchen Kleingütern zu beziehen oder diese aufzukaufen oder auf andere Weise in ihr feudalherrschaftliches Gut einzuziehen. Wie dieser Text zeigt, gewannen die Vermögen adliger Gutbesitzer auch in anderer Hinsicht an Stärke. Nichtsdestotrotz ermöglichte es die Gesetzgebung von 1811-16 (zusammen mit den späteren Gesetzen als Ergebnis der Revolution von 1848) den Besitzern der meisten mittelgroßen und großen Landwirtschaften (die Mehrheit der Dorfbauernhöfe), Bauerngüter mit Eigentumsrechten zu erwerben. Sie konnten somit auf dem Land als zahlenmäßig umfangreiche Klasse neben den großen Gutshöfen und einer wachsenden Anzahl von dörflichen Kleinbauern älteren oder neueren Ursprungs überleben.

Die preußische Deklaration von 1816 zur Änderung des Regulierungsedikts von 1811 (29. Mai 1816)

Quelle

Deklaration des Edikts vom 14ten September 1811, wegen Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse

Artikel 4. Um das Schwankende des Begriffes der bäuerlichen Stellen zu ergänzen, verordnen Wir, daß den Bestimmungen des Edikts diejenigen bäuerlichen Stellen unterliegen, bei welchen sich gleichzeitig folgende Eigenschaften finden:

a) daß ihre Hauptbestimmung ist, ihren Inhaber als selbstständigen Ackerwirth zu ernähren;

b) daß sie in den Steuerschlägen der Provinz, überhaupt als bäuerliche Besitzungen katastrirt sind;

c) in den Normaljahren der Provinz, als in den Marken und Pommern, schon am 15ten Februar 1763., in Schlesien schon vor dem 14ten Juli 1749., in Ostpreußen und in den resp. Haupt- und Erbhauptämtern, Marienwerder, Riesenburg, Schönberg und Deutsch-Eylau vor dem Jahre 1752., und Westpreußen und Ermeland vor dem Jahre 1774. mit besondern bäuerlichen Wirthen besetzt, und

d) bei Publikation des Edikts vom 14ten September 1811. noch mit der Verpflichtung für den Gutsbesitzer dieselben mit besondern Wirthen besetzt zu erhalten, belastet waren.

Artikel 5. Es sind also davon ausgeschlossen:

a) Die Dienstfamilien-Etablissements im Gegensatze der Ackernahrungen (Art. 4. a.).

Müssen von der Stelle dem Gutsherrn Spanndienste geleistet werden, oder hat der Besitzer bisher gewöhnlich zu deren Bewirthschaftung Zugvieh gehalten; so ist sie eine Ackernahrung.

Ist der Besitzer nur zu Handdiensten pflichtig, hat er bisher zur Bewirthschaftung derselben kein Zugvieh gehalten und ist auch solches zur Bewirthschaftung derselben nicht erforderlich; so gehört sie zur Klasse der Dienst-Etablissements.

b) Die aus Vorwerksland, es sey kultivirtes Land, oder Forstgrund gebildeten, für sich bestehenden Ackernahrungen;

c) solche Ackernahrungen, welche, obwohl sie nur von dem Umfange sind, daß deren Wirthe nach landüblicher Wirthschaft mitarbeiten müssen, dennoch entweder in den Provinzialsteuerrollen als bäuerliche Stellen nicht katastrirt, oder erst nach der obengedachten Normalzeit etablirt sind, wenn auch die Besitzer derselben, gleich den wirklichen Bauern, gutsherrliche und öffentliche Lasten abführen müssen;

d) diejenigen Höfe, zu deren Einziehung die Regierungen den Konsens ertheilt haben. []

Artikel 7. Pfarr- und Kirchenländereien, wenn sie gleich in Kultur gegeben, oder verpachtet sind, desgleichen Pfarrbauerhöfe, unterliegen dem Edikt nicht. []

Artikel 9. Wenn gleich die in diesem § bestimmte Frist zur gütlichen Vereinigung verstrichen ist; so wollen Wir doch vor der Hand noch die Auseinandersetzungen von Amtswegen nicht vornehmen lassen. Sobald aber einer von beiden Theilen und selbst ein dienstpflichtiger Einsasse bei der Generalkommission darauf anträgt, muß diese sie durch zu ernennende Kommissarien bewirken lassen, und kann nur eine Suspension der Regulirung in den Fällen statt finden, wo nach den gesetzlichen Vorschriften eine Suspension des Prozesses statt findet.

Es stehet auch nach wie vor den Interessenten frei, ohne Mitwirkung der verordneten Behörde, sich gütlich auseinander zu setzen. Es muß aber in jedem Falle der Auseinandersetzungsprozeß gerichtlich vollzogen und der Generalkommission zur Prüfung und Bestätigung eingereicht werden. []

Quelle: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1816. Berlin: Georg Decker, 1816, S. 155–58; abgedruckt in Walter Demel und Uwe Puschner, Hrsg., Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 178–-1815, Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Hrsg. Rainer A. Müller, Band 6. Stuttgart: P. Reclam, 1995, S. 345–48.

Die preußische Deklaration von 1816 zur Änderung des Regulierungsedikts von 1811 (29. Mai 1816), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/das-heilige-roemische-reich-1648-1815/ghdi:document-3616> [05.11.2024].