Kurzbeschreibung

Auf einer Sitzung der westdeutschen Ministerpräsidenten mit den westalliierten Militärgouverneuren Ende Juli 1948 werden die Einzelheiten der Bezeichnung und Ratifizierung der westdeutschen Verfassung diskutiert. Die Ministerpräsidenten setzen sich für den Begriff des Grundgesetzes ein. Sie sprechen sich gegen ein Referendum und für die Annahme der Verfassung durch die Landtage aus, da man in der angespannten politischen Lage eine Wahlkampagne vermeiden will. Offen bleibt die Frage der Neuordnung von Ländergrenzen, die sich nicht kurzfristig entscheiden lässt. Die Ministerpräsidenten bestehen am Ende nicht auf einer Erfüllung ihrer Wünsche, sondern akzeptieren grundsätzlich die in London beschlossenen alliierten Vorgaben.

*Jede Delegation verfasste ihr eigenes Protokoll, die deutsche Version aus den Akten des Parlamentarischen Rates weicht im Wortlaut gelegentlich von diesem Dokument ab.

Amerikanisches Protokoll* der Sitzung der westlichen Militärgouverneure und der deutschen Ministerpräsidenten zur deutschen Antwort auf die Londoner Dokumente (26. Juli 1948)

Quelle

26. Juli 1948

General Koenig eröffnete als Vorsitzender die Sitzung. Er sagte, die Sitzung sei einberufen worden, um den Ministerpräsidenten zu ermöglichen, ihre endgültige Antwort auf die Dokumente I, II und III zu geben und bat daher Ministerpräsident Stock (Hessen), das Wort zu ergreifen.

Herr Stock sagte, die Ministerpräsidenten hätten über die auf dem letzten Treffen gemachten Beobachtungen eingehend beraten. Sie begrüßten es, die Möglichkeit zu haben, das Problem als Ganzes noch einmal mit den Militärgouverneuren besprechen zu können. Die Ministerpräsidenten wären bereit, innerhalb des Rahmens der Londoner Vereinbarungen einen politischen und wirtschaftlichen Aufbau für Westdeutschland zu schaffen und sie seien sehr danach bestrebt, eine Einigung mit den Militärgouverneuren zu erzielen. Sie hatten zwei unter ihnen ausgewählt, um spezielle Fragen zu erörtern. Ministerpräsident Arnold würde den Standpunkt seiner Kollegen zu Dokument I vortragen und Ministerpräsident Lüdemann zu Dokument II. Was Dokument III betraf, so glaubte der Ministerpräsident nicht, dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt diskutieren zu müssen.

Herr Stock sagte außerdem, er und seine Kollegen würden gern nach den Vorträgen Herrn Arnolds und Herrn Lüdemanns die Kommentare der Militärgouverneure hören und sich danach zu einer abschließenden Beratung zurückziehen wollen. Die Militärgouverneure sagten, sie seien mit diesem Procedere einverstanden und der Vorsitzende bat Ministerpräsident Arnold zu sprechen.

Herr Arnold (Nordrhein-Westfalen) wollte zuerst einige allgemeine Bemerkungen zur Frage des Referendums und des Grundgesetzes machen. Er deutete an, es gebe allgemeine Einigkeit darüber, dass eine Lösung so schnell wie möglich erreicht werden müsse. Laut den ursprünglichen Vorschlägen sollte das ‚Grundgesetz‘ oder die ‚vorläufige Verfassung‘ von der Bevölkerung durch ein Referendum angenommen werden. Ohne Zweifel sei das Referendum eine äußerst wichtige Angelegenheit. Die Ministerpräsidenten seien außerdem der Meinung, dass das Grundgesetz auf breiter demokratischer Grundlage angenommen werden sollte.

Sie hatten jedoch starke Bedenken gegen das Referendum, wie es in Dokument I vorgeschlagen wird. Die Ministerpräsidenten befürchteten, dass die Unterwerfung des Grundgesetzes unter ein Referendum eine sehr heftige Abstimmungskampagne überall in Deutschland hervorrufen würde. Die Kommunisten und andere destruktive Elemente würden mit Sicherheit diesen Abstimmungskampf benutzen, um die bestehende Kluft zwischen West und Ost zu vergrößern. Besonders angesichts der Position der Kommunisten sei es sehr wahrscheinlich, dass sie ihr Möglichstes tun würden, um das ‚Grundgesetz‘ nicht als ein deutsches Gesetz, sondern ein von den Alliierten Mächten verhängtes Gesetz darzustellen. Daher bestehe das Risiko, dass eine Abstimmungskampagne unter diesen Bedingungen zu einer Abstimmung gegen die Besatzungsmächte führen würde. Die destruktiven Kräfte der Linken sowie der Rechten würden sich in der Ablehnung der gemachten Vorschläge zusammenfinden. Indem er daran erinnerte, dass in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Vorschlägen das Veto eines Drittels der Länder ausreichen würde, um die Vorschläge zu kippen, betonte Ministerpräsident Arnold, dass wenn das ‚Grundgesetz‘ als Ergebnis einer Abstimmungskampagne abgelehnt würde, dies nicht nur die Ablehnung der Koblenzer Vorschläge, sondern auch die der Londoner Beschlüsse bedeute. Eine solche Entwicklung wäre nicht nur für Deutschland sondern für ganz Europa eine Katastrophe. Wie das Ergebnis einer solchen Abstimmungskampagne auch ausfalle, sie würde sicherlich einen Unsicherheitsfaktor in die zukünftige Entwicklung bringen.

Ministerpräsident Arnhold wiederholte, dass er und seine Kollegen vollkommen mit General Clay darin übereinstimmten, dass dieses ‚Grundgesetz‘ auf breitester demokratischer Grundlage angenommen werden müsse, nach gründlicher Prüfung der psychologischen Bedingungen und der politischen Situation fragten sich die Ministerpräsidenten jedoch, ob dem Referendum nicht eine Ratifizierung durch die Landtage vorzuziehen sei. Die Abgeordneten der Landtage seien in direkten und geheimen Wahlen gewählt und dürften daher als legitime und demokratische Vertreter von 45 Millionen Einwohnern betrachtet werden. Wenn also die Landtage das Grundgesetz mit großer Mehrheit annehmen, könnte man sagen, es sei auf breiter demokratischer Grundlage angenommen worden. Die Ministerpräsidenten waren der Meinung, dass dieser Vorschlag den Interessen sowohl der Militärregierungen als auch des deutschen Volkes mehr Rechnung trage als der ursprüngliche Vorschlag.

Was das Grundgesetz betrifft, so erkannte Herr Arnold an, dass es sich bei diesem nicht um die Satzung einer privaten Organisation handele. Dies würde sich zweifellos aus dem Wortlaut der Artikel ergeben, die es enthalten würde.

Hinsichtlich des Namens gab es keine Einwände dagegen, in Klammern nach dem Wort ‚Grundgesetz‘ die Worte ‚Vorläufige Verfassung‘ anzufügen, besonders da es allgemeine Übereinstimmung darüber gab, dass der gesamte zu schaffende Aufbau nur vorläufiger Natur wäre.

Abschließend wünschte Ministerpräsident Arnold zu betonen, dass die von ihm und seinen Kollegen vorgeschlagenen Änderungen mit den Londoner Beschlüssen zu vereinbaren seien.

General Koenig dankte Herrn Arnold für seine Ausführungen und bat Ministerpräsident Lüdemann, das Wort zu ergreifen.

Ministerpräsident Lüdemann (Schleswig-Holstein) sagte, während der letzten Sitzung seien neue Aussagen über die Abänderung der Ländergrenzen gemacht worden. Aus diesen Äußerungen sei hervorgegangen, dass die Militärgouverneure dieser Frage besondere Bedeutung zu zumessen. Die Ministerpräsidenten wurden um eine bestimmte Erklärung zu diesem Thema gebeten und sie hätten ihr bestes getan, um diese Antwort zu finden. Zwei Fragen waren an sie gerichtet worden:

1. Erkennen die Ministerpräsidenten die Notwendigkeit der Änderung der Ländergrenzen an?

2. Sind die Ministerpräsidenten bereit, selbst Vorschläge zu diesem Thema zu unterbreiten?

Beide Fragen wurden von den Ministerpräsidenten bejaht.

Die Ministerpräsidenten wurden außerdem um eine Aussage darüber gebeten, zu welchem Datum sie in der Lage wären, diese Vorschläge zu unterbreiten. Aus folgenden Gründen sei es schwierig gewesen, diese letzte Frage zu beantworten: In dem ihnen am 1. Juli übergebenen Dokument wurde festgelegt, dass die Änderungsvorschläge vor Bildung der Verfassunggebenden Versammlung vorzulegen seien. Da die Versammlung vor dem 1. September zusammentreten solle, blieben nur vier Wochen oder weniger, um über die Frage der Änderung der Ländergrenzen zu beraten. Dieser Zeitraum sei zu kurz, um eine zufriedenstellende Lösung des Problems zu finden und um angesichts der zahlreichen impliziten Schwierigkeiten konkrete Vorschläge zu machen.

In den Koblenzer Beschlüssen haben die Ministerpräsidenten vorgeschlagen, dass diese Versammlung, die sie ‚Parlamentarischer Rat‘ genannt haben, aus den einzelnen Landesparlamenten gebildet werden soll und dass es, wie in den Londoner Beschlüssen vorgesehen, einen Vertreter für je 750 000 Einwohner geben soll. Eine veränderte Sachlage hätte geschaffen werden können, hätten die Militärgouverneure die Koblenzer Beschlüsse akzeptiert. Die Ministerpräsidenten nahmen das Einverständnis über diesen Punkt an, obwohl dieses nicht ausdrücklich erklärt worden sei. Aus diesem Grund sei es ihnen unmöglich gewesen, sich zur Frage des Vorlagedatums zu äußern. Die Ministerpräsidenten haben jedoch bei ihrem letzten Zusammentreffen beschlossen, einen Ausschuss zur Behandlung dieser Frage einzusetzen, und dieser Ausschuss habe unverzüglich mit der Arbeit begonnen. Die Aufgabe der Ministerpräsidenten würde erheblich erleichtert, wenn die beiden Fragen, die gegenwärtig verbunden sind, getrennt behandelt werden könnten.

Bürgermeister Brauer (Hamburg) bat darum, die Aussagen seiner beiden Kollegen ergänzen zu dürfen. Eingangs unterstrich er, dass die Haltung der Ministerpräsidenten zu den Londoner Beschlüssen insgesamt grundsätzlich positiv sei. Ihrer Ansicht nach läge es im Interesse Deutschlands, so schnell wie möglich eine Lösung für alle mit diesen Beschlüssen verbundenen Fragen zu finden.

Herr Brauer wollte sogar noch weiter gehen. Er zog tatsächlich in Betracht, dass falls keine schnelle Lösung gefunden würde, ein Risiko bestünde, dass der Marshallplan und die wirtschaftliche Erholung Deutschlands seit der Währungsreform gefährdet würden. Aus diesem Grunde sei es für Deutschland von größtem Interesse, in kürzester Zeit eine Lösung zu finden. Die bestehenden Differenzen beträfen lediglich Verfahrensfragen, nicht jedoch die ins Auge gefassten Ziele. Die Ministerpräsidenten wären bereit, nicht auf Verfahrensfragen zu bestehen, wenn dadurch das Ganze gefährdet würde. Daher wünschten die Ministerpräsidenten noch heute eine Vereinbarung im Rahmen der Anweisungen der Militärgouverneure zu erreichen.

Was den Parlamentarischen Rat bzw. die Verfassunggebende Versammlung betrifft, so hätten die Ministerpräsidenten bereits in Koblenz die Londoner Vorschläge akzeptiert. Sie hätten vorgeschlagen, dass die Abgeordneten, die das ‚Grundgesetz‘ ausarbeiten sollen, von den Landtagen vor dem 1. September gewählt werden sollen.

Für die Übersetzung des Wortes ‚Grundgesetz‘ ins Englische hatten die Ministerpräsidenten die Worte ‚Basic Law‘ gewählt. Sie fanden jedoch, eine angemessenere Übersetzung wäre ‚Basic Constitutional Law‘. Der Begriff ‚Grundgesetz‘ sei nur deshalb gewählt worden, um den Zustand des Kampfes mit dem Osten nicht zu verschlimmern und den Kampf, den die Ministerpräsidenten verpflichtet seien, gegen die Propaganda der SED und der Parteien der Ostzone zu führen, nicht zu erschweren. Dieser Kampf würde erleichtert, wenn die Militärgouverneure die von den Ministerpräsidenten gewählten Begriffe akzeptierten.

Hinsichtlich des entscheidenden Punktes des Referendums sei die Ansicht der Ministerpräsidenten wie folgt:

Wenn es eine Frage des Prinzips wäre, hätte die auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts beruhende direkte Wahl bereits bei der Wahl zum Parlamentarischen Rat angewandt werden müssen.

Herr Brauer erinnerte in diesem Zusammenhang an die Kampagne zum ‚Volksbegehren‘ in Deutschland. Die Westzonen hätten sich gegen die Einführung dieses ‚Volksbegehrens‘, das von der SED angeregt wurde, in ihrem Gebiet gewehrt. Mit der Akzeptanz des Referendums zur Ratifikation würden sie den Kommunisten nun genau das Volksbegehren, welches sie bisher nicht erreicht hatten, geben. Für die Ministerpräsidenten des Westens sei dies eine Frage politischer und psychologischer Taktik.

Um diese Aussage zu unterstreichen, zitierte Herr Brauer einen Kommentar aus dem San Francisco Chronicle.

„Es liegt eine teuflische Ironie in der Tatsache, dass die Deutschen ihre undemokratischen Handlungen durch die Verwendung solcher ‚demokratischen Methoden‘ wie des Referendums verteidigen, um ihre Haltung Amerika schmackhaft zu machen. Es ist eine mächtige Waffe, die mit wohlüberlegter Geschicklichkeit geführt wird.“

Zur Frage der Grenzänderungen unterstrich Herr Brauer noch einmal, dass die Ministerpräsidenten ebenfalls bestrebt seien, diese schnell zu klären, damit es keine Verzögerung in der Anwendung des Dokuments II gebe.

Als letzten Punkt nahmen die Ministerpräsidenten mit Genugtuung die Entscheidung der Militärgouverneure zur Kenntnis, hinsichtlich des Besatzungsstatuts die deutschen Vorschläge zu berücksichtigen.

Abschließend betonte Herr Brauer noch einmal, dass die Ministerpräsidenten ebenso wie die Militärgouverneure wünschten, die gegenwärtige Diskussion so schnell wie möglich zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu bringen, um den Zustand der Unsicherheit zu beenden.

General Koenig dankte den Ministerpräsidenten für ihre Ausführungen und auf seinen Vorschlag hin wurde die Sitzung für 45 Minuten unterbrochen, damit die Militärgouverneure Zeit hätten, sich zu beraten.

Die Sitzung wurde um 15.45 Uhr unterbrochen.

Die Sitzung wurde um 16.30 fortgesetzt.

General Koenig dankte den Ministerpräsidenten erneut in eigenem Namen und in dem seiner Kollegen für die von ihnen vertretenen Ansichten. Er wies darauf hin, dass da diese Vorschläge in gewissen Punkten von den Londoner Beschlüssen abwichen, die Militärgouverneure verpflichtet seien, sich an ihre jeweiligen Regierungen zu wenden, damit diese prüfen könnten, ob sie in der Lage seien, die Vorschläge zu berücksichtigen.

Als Antwort an Ministerpräsident Stock auf dessen Frage nach dem Zeitpunkt der nächsten Sitzung sagte General Koenig, eine weitere Sitzung werde einberufen, sobald die drei Alliierten Regierungen ihren Standpunkt bekannt gegeben hätten.

Ministerpräsident Stock wünschte daraufhin zu erfahren, welches die Punkte seien, in denen die Ministerpräsidenten von den Londoner Beschlüssen in dem Maß abwichen, dass es eine Vertagung zur Beratung mit der Regierung notwendig mache.

General Koenig gab an, dass die Punkte, in denen er und seine Kollegen verpflichtet seien, ihre jeweiligen Regierungen zu Rate zu ziehen die folgenden seien:

1. Die Frage des Referendums.

2. Die Frage des Namens des ‚Grundgesetzes‘.

3. Die Frage der Koordination in der Zeitspanne der Grenzänderungen der Länder und des Zusammentretens der Verfassunggebenden Versammlung.

Ministerpräsident Ehard (Bayern) bat anschließend um das Wort.

Er sagte, es sei nicht die Absicht der Ministerpräsidenten, das Gespräch auf diese Weise zu beenden. Die Ministerpräsidenten hätten sich verpflichtet gefühlt, die Gründe für ihre Haltung mitzuteilen; sie hätten gern gewusst ob diese Gründe grundsätzlich akzeptabel seien oder nicht und ob das Verständnis dieser Gründe den Militärgouverneuren erlauben würde, die Vorschläge der Ministerpräsidenten innerhalb des Rahmens der Londoner Vereinbarungen und ihrer eigenen Anweisungen zu berücksichtigen. Wenn die Militärgouverneure bestätigen könnten, dass sie in bestimmten Punkten keine Handlungsfreiheit hätten, so würden sich die Ministerpräsidenten vor eine neue Situation gestellt sehen. In diesem Fall sollte den Ministerpräsidenten eine neue Gelegenheit zur Beratung gegeben werden, damit die Diskussion fortgesetzt werden könne, zuerst bat er jedoch darum, kurz die Differenzpunkte erörtern zu dürfen.

Im Hinblick auf den Namen, den das Grundgesetz erhalten sollte, sahen die Ministerpräsidenten keine wirkliche Schwierigkeit in dieser Begriffsfrage. Ihrer Ansicht nach handelte es sich lediglich um eine schlechte Übersetzung und ein Zusatz oder eine Erklärung würde ausreichen, um diesen Punkt zu klären. Sie schlugen den Militärgouverneuren vor, hierzu einen Vorschlag im Rahmen ihrer Anweisungen zu machen.

Der zweite Punkt betraf die Koordination während der Länderreform und der Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung. Auch dort sah Dr. Ehard keine wirkliche Differenz und meinte, dieses Problem könne leicht gelöst werden.

Daher sei die einzige Frage, in der es eine ernstliche Differenz gebe, die des Referendums. Die Ministerpräsidenten hätten ihre Pflicht verletzt, hätten sie den Militärgouverneuren nicht ihre Bedenken gegen das Prinzip des Referendums dargelegt. Sollten die Militärgouverneure diese Gründe nicht akzeptieren können, so bitten die Ministerpräsidenten darum, dies klar zu sagen. Sie möchten ebenfalls wissen, weshalb es den Militärgouverneuren nicht möglich sei, diese Gründe zu akzeptieren. Vielleicht seien sie in diesem Punkt an die sehr genauen Bestimmungen der Londoner Vereinbarungen gebunden. Dieser Punkt war den Ministerpräsidenten sehr wichtig. Falls die Frage des Referendums schließlich die einzige Differenz darstelle, die es notwendig mache, den Fall an die Regierungen weiterzuleiten, so schaffe dies eine neue Situation und in diesem Fall baten die Ministerpräsidenten darum, sich noch einmal untereinander beraten zu dürfen, um nötigenfalls ihre Haltung zu ändern.

Dr. Ehard betonte noch einmal, dass die Ministerpräsidenten sehr dankbar wären, wenn die Besprechung noch heute auf dieser Grundlage fortgesetzt werden könnte.

Abschließend bat Dr. Ehard die Militärgouverneure, die Differenzpunkte und ihre Forderungen dazu genau darzulegen.

Auf Vorschlag General Koenigs wurde die Sitzung für zehn Minuten in dem Verständnis unterbrochen, dass die Militärgouverneure auf Dr. Ehards Fragen antworten würden, sobald die Sitzung fortgesetzt würde.

Die Sitzung wurde um 17.15 Uhr fortgesetzt.

General Koenig erklärte in seinem und im Namen seiner Kollegen:

1. Die Frage des Begriffs ‚Grundgesetz‘ oder ‚Grundlegendes Verfassungsgesetz‘ oder ‚Grundgesetz (Vorläufige Verfassung)‘ sei für die Militärgouverneure nicht sehr wichtig und sie seien der Ansicht, ein Arrangement über diesen Punkt sei möglich.

2. Bezüglich der Frage des Referendums hätten die Militärgouverneure die abgegeben Erklärungen, besonders die Herrn Arnolds, gehört, und wenn die Ministerpräsidenten in diesem Punkt auf einer Ratifikation durch die Landtage bestünden, so seien die Militärgouverneure verpflichtet, sich an ihre Regierungen zu wenden. Dies stelle jedoch keine Ablehnung dar.

3. Hinsichtlich der Frage der Änderung der Ländergrenzen verstünden die Militärgouverneure die von den Ministerpräsidenten dargelegten Gründe; im Besonderen verstünden sie, dass es eine Zeitfrage sei. Die Militärgouverneure seien jedoch durch die Londoner Vereinbarungen gebunden. Sie seien daher verpflichtet, ihre Regierungen über diese Frage zu benachrichtigen und sie um Weisungen zu bitten, auch dies stelle jedoch keine Ablehnung dar.

General Koenig fügte hinzu, dass die Militärgouverneure versprächen, um eine möglichst schnelle Antwort zu bitten, wenn sie sich an ihre Regierungen wenden.

Senatspräsident Kaisen (Bremen) bat anschließend um das Wort. Er sagte, die Antwort General Koenigs sei sehr klar. Was die Deutschen betrifft, stelle sie einen unnötigen Zeitverlust dar, bevor es möglich wäre, fortzufahren. Die Weltmeinung und die der Volksmassen würden nicht verstehen, dass die Umsetzung der Londoner Bestimmungen wegen minimaler Differenzen dieser Art verzögert würde. Der Vorsitzende habe selbst gesagt, dass die Begriffsfrage keine Schwierigkeit darstelle, die nicht leicht ausgeräumt werden könne.

In der Frage des Referendums bildeten die Londoner Vereinbarungen natürlich den Rahmen, der im Allgemeinen insofern für die Deutschen bindend sei, als dass ihre Änderungsforderungen ohne Erfolg bleiben könnten. Die Deutschen würden es daher so sehen, dass sie in der Frage des Referendums an die Londoner Vereinbarungen gebunden seien und sie zögen es vor, eher das Referendum anzunehmen als Zeit zu verschwenden. Wenn das Referendum sich als der Stolperstein erweisen sollte, der das Ganze zu Fall bringen könne, so wären die Ministerpräsidenten bereit, es anzunehmen. Sie baten lediglich darum, die Alliierten Regierungen über die von den Ministerpräsidenten gegen das Referendum vorgebrachten Gründe zu informieren.

Die Ministerpräsidenten baten nur darum, dass es ihnen erlaubt würde, mit der Umsetzung der Londoner Beschlüsse zu beginnen, da sie bereits bestimmte Vorbereitungen getroffen hätten, besonders im Hinblick auf den Parlamentarischen Rat, und sie wollten wissen, ob die für sie festgesetzten Zeitlimits eingehalten werden müssten.

General Koenig fragte, ob die von Herrn Kaisen gegebene Antwort die Antwort aller Ministerpräsidenten sei.

Die Ministerpräsidenten bejahten dies.

Nachdem General Koenig die durch die letzte Aussage Ministerpräsident Kaisens entstandene Situation zusammengefasst und nach der Meinung seiner beiden Kollegen gefragt hatte, sagte er, die Militärgouverneure wünschten sich kurz über diese neue Situation zu beraten.

Nach der Beratung erklärte General Koenig in seinem und im Namen seiner Kollegen, dass:

Die Sitzung

2. (a) übereinstimmt:

(1) Es gebe keine Schwierigkeiten mit dem Namen ‚Grundgesetz‘ mehr.

(2) Was das Referendum betrifft, haben die Ministerpräsidenten die Londoner Entscheidungen angenommen. Es herrsche jedoch Klarheit darüber, dass ihre Wünsche hinsichtlich dieser Frage von den Militärgouverneuren an die drei Alliierten Regierungen weitergeleitet würden und dass die Ministerpräsidenten rechtzeitig über die Haltung der jeweiligen Regierungen informiert würden.

(3) Bezüglich der Frage der Koordination während der Länderneugliederung und der Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung würden die Militärgouverneure ebenfalls die Wünsche der Ministerpräsidenten an die drei Alliierten Regierungen weiterleiten. Die Obersten Befehlshaber versprachen, diese Anliegen zu befürworten. Die Antwort der Regierungen würde den Ministerpräsidenten so schnell wie möglich übermittelt. Falls die Regierungen es ablehnen, den Ministerpräsidenten einen weiteren Aufschub zu gewähren, so wären letztere gehalten, die in London festgelegten Zeiten einzuhalten.

General Koenig fügte hinzu, die drei Militärgouverneure hätten nun also eine klare Antwort auf die drei Fragen gegeben. Wenn sie [die Ministerpräsidenten] die Punkte 1, 2 und 3 akzeptierten und wenn sie volle Verantwortung für sie übernähmen, so könnten sie beginnen, die Londoner Beschlüsse umzusetzen. [] Insbesondere könnten sie ihren Landtagen gestatten, über die Methoden zu entscheiden, nach denen die Delegierten gewählt werden sollen.

Ministerpräsident Stock bat noch einmal um das Wort, um im Namen aller Ministerpräsidenten zu erklären, dass ihrer Ansicht nach an diesem Tag bedeutende Fortschritte gemacht wurden. Die Ministerpräsidenten würden erste Maßnahmen zur Nominierung der Mitglieder des Parlamentarischen Rates ergreifen. Sie glaubten, dass ein Einverständnis über die Frage des ‚Grundgesetzes‘ erzielt wurde und auch zum Termin der Einberufung des Parlamentarischen Rates. Im Hinblick auf das Referendum hätten sie ihre Argumente in der Absicht vorgetragen, die Zusammenarbeit zwischen den Deutschen und den Besatzungsmächten zu ermöglichen. Es sei gut zu wissen, dass diese Argumente von den Militärgouverneuren an ihre Regierungen weitergeleitet würden und sie willigten ein, sich unverzüglich der getroffenen Entscheidung zu unterwerfen. Bezüglich der Änderung der Ländergrenzen nahmen sie die Absicht der Militärgouverneure zur Kenntnis, deren Regierungen über ihren Wunsch des Aufschubs zu informieren, und sie seien erfreut darüber, dass die Militärgouverneure zu der Empfehlung geneigt seien, die deutschen Vorschläge zu dieser Frage zu berücksichtigen. In der Zwischenzeit werde mit der Arbeit an dieser Frage unverzüglich begonnen und eine Unterkommission würde am folgenden Tag an diesem Problem zu arbeiten beginnen. Die Ministerpräsidenten waren der Ansicht, dass auf diese Weise eine äußerst befriedigende Lösung gefunden worden sei und sie baten darum, am Ende des Gesprächs eine Pressemitteilung zu verfassen. []

Quelle: Reply of the Minister Presidents to the Proposals Made by the Military Governors following the London Decisions (July 26, 1948), in OMGUS, Federal Constitution, S. 46; abgedruckt in Beata Ruhm von Oppen, Hrsg., Documents on Germany under Occupation, 1945–1954. London und New York: Oxford University Press, 1955, S. 322–30.

Übersetzung: Insa Kummer