Kurzbeschreibung

Um die ostdeutsche Bevölkerung von den Vorzügen der „sozialistischen Rationalisierung“ zu überzeugen, erläutert der Generaldirektor einer Maschinenfabrik, Wolfgang Biermann, dass die Zusammenlegung verschiedener Unternehmen, die das gleiche Produkt herstellen, zu einer einzigen großen Gesellschaft höhere Produktionsraten, eine effizientere Verwaltung und ein größeres Angebot an sozialen Dienstleistungen zur Folge habe.

Ein ostdeutscher Generaldirektor erklärt die Vorzüge eines Kombinats (24. Juli 1972)

  • Wolfgang Biermann

Quelle

Ein Kombinat ist mehr als die Summe seiner Betriebe

Die Werktätigen des Werkzeugmaschinenkombinates „7. Oktober“ Berlin haben konkret und einmütig auf die neuen sozialpolitischen Maßnahmen reagiert: Übererfüllung des Planes der industriellen Warenproduktion 1972 um zwei Prozent. Dieser Beschluß ist gut durchdacht, berücksichtigt viele Einzelinitiativen und wiegt um so bedeutender, als sich die Kollektive mit dem Plan 1972 bereits hohe Ziele gesteckt haben. In diesen Initiativen wird zugleich sichtbar, welcher Effekt aus der Arbeit der Kombinate erwächst. Er resultiert aus der klugen und weitsichtigen Politik unserer Partei, durch Konzentration volkswirtschaftlich wichtiger Produktionskapazitäten höhere Leistungen zum Nutzen aller zu erreichen. Der Erfolg stellt sich jedoch nicht von allein ein. Aus dem bloßen Zusammenschluß volkseigener Betriebe wird noch kein leistungsfähiges Kombinat. Der Kombinatseffekt ist das Ergebnis planmäßiger Arbeitsteilung, Spezialisierung und Kooperation zwischen den Kombinatsbetrieben. Im Prozeß der sozialistischen Rationalisierung wird die Leistungsfähigkeit der Kombinate weiter erhöht. Sie ist das Ergebnis der konsequenten und einheitlichen Leitung eines erfahrenen Kollektivs von 19.500 Werktätigen in elf volkseigenen Betrieben, die im Kombinat zusammengefaßt sind.

Der Kombinatseffekt ist in vielerlei Hinsicht meßbar und abrechenbar. Dabei spielt entsprechend den Bedingungen unseres Kombinates der Export eine besondere Rolle. Setzen wir den Export in das sozialistische Wirtschaftssystem bei der Gründung des Kombinates im Jahre 1969 mit 100 an, so betrug er 1970 117 und 1971 165. In die Sowjetunion erhöhte sich der Export 1970 auf 140 und 1971 sogar auf 208. Der Export in das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet konnte 1970 auf 133 und 1971 auf 175 Prozent gesteigert werden.

Der Lohn war das Messegold

Seit der Bildung des Kombinates konnte Schritt für Schritt der Grundsatz verwirklicht werden: Einheitliche Leitung, Planung und Durchführung des Reproduktionsprozesses. Dahinter steht das Zusammenfügen aller Betriebe des Kombinates zu einem Ganzen bei ständiger Erhöhung ihrer Eigenverantwortung zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben. Es galt Abschied zu nehmen von manchen Gewohnheiten, mancher Tradition. Zugleich waren die vielen guten Erfahrungen der Betriebe in größeren Dimensionen zu nutzen.

Dank der Konzentration sind wir z. B. in der Lage, Wissenschaft und Technik zentral zu leiten und zu planen. So konnten wir Schritt für Schritt die Bruchteile der territorialen und inhaltlichen Zersplitterung der Forschungs- und Entwicklungskapazität mindern und einheitliche technische Grundsätze verwirklichen. Das war die Voraussetzung, um die arbeitsteiligen Prozesse rationell zu organisieren und durchzusetzen. Im Kombinat wurden Verfahrensleitbetriebe für Schleifen, Drehen und Verzahnen bestimmt. Dies bewirkte u. a., daß die Entwicklungs- und Überleitungszeiten von Erzeugnissen in die Produktion von durchschnittlich 37 Monaten 1969 auf etwa 30 Monate im Jahre 1972 gesenkt werden konnten. Der Entwicklungsaufwand bei der Gesamtkonzeption Drehen wurde im gleichen Zeitraum um 40 Prozent reduziert.

Aber der Kombinatseffekt ist auch noch auf einer anderen Seite erkennbar. Die Entwicklung des Maschinensystems Rota FZ 200, das auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1972 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde, war überhaupt erst möglich durch die Zusammenfassung und Konzentration des Potentials und die gemeinsame Arbeit vieler Betriebe unter einer Leitung.

Drehautomaten für die UdSSR

Die Leistungsstärke des Kombinates beruht also u. a. auf der vollen Nutzung der Vorzüge der sozialistischen Arbeitsteilung. Ihre wichtigste Form und zugleich eine maßgebliche Quelle hoher Effektivität ist die sozialistische ökonomische Integration.

„Stanki 72“, die Ausstellung des sowjetischen Werkzeugmaschinenbaus in Moskau, hat erneut die Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Abstimmung und Einordnung für den Werkzeugmaschinenbau der DDR erkennen lassen. Die vom „7. Oktober“ mit den sowjetischen Partnern geschlossenen Verträge über Lieferung von Mehrspindeldrehautomaten gewährleisten nicht nur langfristige Absatzsicherheit. Sie ermöglichen es auch, die konstruktive und technologische Vorbereitung und die Materialversorgung optimal zu gestalten. Für uns bedeutet das: Produktion in hoher Stückzahl und in hoher Qualität. Ähnliche Vorteile ergeben sich aus den mit anderen sozialistischen Ländern abgeschlossenen Spezialisierungs-, Kooperations- und Absatzverträgen.

Im Werkzeugmaschinenkombinat „7. Oktober“ selbst wird der arbeitsteilige Prozeß unter dem Gesichtspunkt gestaltet, daß im Ergebnis mit den gleichen Mitteln eine höhere Effektivität bzw. mit weniger Arbeitskräften oder Grundmitteln das gleiche Ergebnis erreicht wird. Die Zentralisierung der Fertigung eines Teilesortiments in bestimmten Betrieben des Kombinates ist dabei ein Schwerpunkt. Zum Beispiel wird die Produktion von Zahnrädern und Hauptspindeln für das gesamte Kombinat im VEB „Hermann Matern“ Magdeburg konzentriert.

1972 wurde im Interesse weiterer Fortschritte bei der Arbeitsteilung im Kombinat die Produktionskapazität der zentralen Fertigungen gegenüber 1971 um 91 Prozent erhöht. Das ermöglicht es, 25 Prozent der bisher für diese Arbeit erforderlichen Normstunden einzusparen.

Sozialistische Rationalisierung schließt auch die Rationalisierung der Verwaltungsarbeiten ein. Sie ist den gleichen Forderungen unterworfen wie z. B. die Rationalisierung der Produktion und des Transports: Senkung des Arbeitszeitaufwandes, Kostenminderung, straffe, überschaubare Organisation, zweckmäßige Informationsbeziehungen, günstige Kombination von rationeller Nutzung, planmäßiger Instandhaltung, Modernisierung der Grundfonds, um einige zu nennen.

Rationellere Verwaltungsarbeit

Ein wichtiges Mittel der Verwaltungsrationalisierung ist die maschinelle Informations- und Datenverarbeitung. Unsere Erfahrungen lehren: Organisation und Technik der Informations- und Datenverarbeitung müssen richtig mit der Verwaltungsrationalisierung verbunden werden. Hier liegen noch große Effektivitätsreserven.

In den letzten Jahren wurde die Rationalisierung jener Verwaltungsarbeit, die ohne mehr oder weniger komplizierte Technik verrichtet wird, wie z. B. die Organisation von Informationsbeziehungen und der Belegdurchlauf – zugunsten der maschinellen Informations- und Datenverarbeitung vernachlässigt. Gewiß, die Konzentration auf maschinelle Informations- und Datenverarbeitung mit moderner Technik war und ist notwendig und richtig. Doch ohne die Lösung aller Aufgaben der Informationsverarbeitung und der herkömmlichen Betriebsorganisation kann weder die Verwaltungsarbeit rationalisiert werden, noch wäre künftig ein Fortschritt in der weiteren Vervollständigung der Methoden der Leitung und Planung durch elektronische Datenverarbeitung denkbar. Um hier voranzukommen, sind 20 Prozent aller Einsparungen, die im Plan der Rationalisierung für das Jahr 1973 formuliert werden, durch die Rationalisierung der Verwaltungsarbeit zu erbringen. Es kommt darauf an, dieses Ziel konsequent anzusteuern, gibt es doch gerade auf diesem Gebiet noch große Reserven zu erschließen.

Ferienplätze besser ausgenutzt

Die zielgerichtete Nutzung der Vorzüge des Kombinates muß – und das ist, den Beschlüssen des VIII. Parteitages entsprechend, eine Grundfrage unseres sozialistischen Gesellschaftssystems – selbstverständlich die Arbeits- und Lebensbedingungen als Teil des Reproduktionsprozesses einschließen. Auch hier zeigt sich, wie der Kombinationseffekt unmittelbar im Interesse der Werktätigen wirkt. Die einzelnen Betriebe des Kombinates verfügen über etwa zehn Erholungsheime für die Werktätigen. Dabei sind die zahlreichen Bungalows, Wohnwagen u. a. m. nicht einberechnet. Bisher wurden diese Heime von den Betrieben allein genutzt, und somit war eine volle Ausnutzung kaum gewährleistet. Mit dem Jahre 1972 wurde begonnen, alle Ferienplätze zentral zu erfassen und sie in Qualitätsstufen einzuordnen. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, allen Werktätigen ein wesentlich breiteres Angebot an Ferienplätzen anzubieten, und die Auslastung dieser Plätze auch in der Vor- und Nachsaison zu erhöhen. Es ist bekannt, daß die Werktätigen in den Gießereien unter sehr erschwerten Bedingungen Hervorragendes leisten, um der Volkswirtschaft den benötigten Guß zu liefern. Deshalb widmet die Kombinatsleitung der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in diesen Betrieben erhöhte Aufmerksamkeit: 1971 wurden – um nur eine Zahl zu nennen – 270 000 Mark aus zentralisierten Mitteln des Kultur- und Sozialfonds der Betriebe dem VEB Gießerei „Rudolf Harlaß“ in Karl-Marx-Stadt zur Verfügung gestellt, um spürbare Verbesserungen für die dort beschäftigten Arbeiter zu erreichen.

Quelle: Wolfgang Biermann, „Ein Kombinat ist mehr als die Summe seiner Betriebe“ [Generaldirektor des VEB Werkzeugmaschinenkombinat „7. Oktober“, Berlin], Neues Deutschland, 24. Juli 1972, S. 3. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.