Kurzbeschreibung

Die Förderung des nationalen Zusammengehörigkeitsgefühls innerhalb der Volksgemeinschaft blieb eine der obersten Prioritäten der nationalsozialistischen Kulturpolitik. Neue Technologien wie das Radio spielten bei diesem Nationalisierungsprojekt eine wichtige Rolle, da der deutsche Rundfunk dem Regime half, die Bevölkerung auf eine Weise zu erreichen, die zuvor unvorstellbar war. Hohe staatliche Subventionen ermöglichten es den Deutschen, Radios zu erschwinglichen Preisen zu erwerben, was Mitte der 1930er Jahre zu einem sprunghaften Anstieg des Radiobesitzes unter der Bevölkerung führte.

Der Rundfunk wurde unter der Leitung des Reichsministers für Propaganda und Aufklärung, Joseph Goebbels, direkt vom Staat kontrolliert. In diesem Zeitungsbericht über die Rundfunkausstellung 1938 wird zunächst die Rede des Reichsintendanten Heinrich Glasmeier (Generaldirektor des Deutschen Rundfunks) wiedergegeben, in der er die programmatischen Pläne für den Rundfunk erläutert. Neben dem Bestreben, genuin „deutsche“ Inhalte zu senden, beinhalteten diese Pläne auch den systematischen Ausschluss jüdischer Rundfunkschaffender. Anschließend zitiert der Artikel den Präsidenten der Reichsrundfunkkammer, Hans Kriegler, der über die Verbreitung des neuen „Deutschen Kleinempfängers“ referiert, durch den es möglich wurde, alle Bevölkerungsschichten über den gleichgeschalteten Rundfunk zu erreichen.

Grundzüge der Programmgestaltung des deutschen Rundfunks (August 1938)

Quelle

Rundfunk im Volk

Pläne für das Jahr 1938/39

Berlin, 9. August. (Drahtb.) Alljährlich versammeln sich in den Tagen der großen Rundfunkausstellung in Berlin die deutschen Rundfunkschaffenden aus allen Gauen des Reiches zur Jahresversammlung des deutschen Rundfunks. Die diesjährige Jahresversammlung des deutschen Rundfunks, die am Dienstag im Sitzungssaal der Krolloper stattfand, hat ihre besondere Parole von Dr. Goebbels erhalten mit seinem Wort „Deutschland muß das stärkste Rundfunkland der Welt werden“.

Zunächst nahm Reichsintendant Glasmeier das Wort zu seinem Referat über die Grundzüge der Programmgestaltung des deutschen Rundfunks. Es kommt darauf an, daß die Grundhaltung des Rundfunks nationalsozialistisch ist. Weiter muß sich der Rundfunk aus dieser Grundhaltung heraus bemühen, das ganze öffentliche Leben von heute einzufangen, es zu unterstützen, wo es notwendig ist, namentlich das gigantische Werk von „Kraft durch Freude“, das große Werk der Winterhilfe, die Arbeiten der einzelnen Gliederungen der Bewegung.

Zu dem in allen Hörerkreisen so viel erörterten Problem der Bevorzugung leichter Unterhaltungsmusik oder aber großer künstlerischer Darbietungen erklärte Reichsintendant Glasmeier, daß der Rundfunk hier eine gesunde Mittellinie eingehalten hat und auch in Zukunft einhalten wird.

Mit besonderer Schärfe wandte sich Reichsintendant Glasmeier dagegen, daß etwa der jüdische zersetzende Geist auf dem Umweg einer „witzigen“ Conférence wieder in den Rundfunk eindringt. Es gehe nicht an, daß führende Männer der Bewegung über die Heiligkeit der Ehe oder aber über das Ethos des deutschen Soldaten sprechen, der mit seinem eigenen Leib und Blut für das Vaterland einzutreten hat, und dann am Abend in einer bunten Unterhaltung diese Dinge mit ätzender Lauge einer sogenannten Conférence beschimpft werden. (Lebhafter Beifall.)

An seine musikalischen Mitarbeiter richtete Intendant Glasmeier den dringenden Appell, nicht vor den Schreibtischen, vor den Karteien und Notenschränken einzuschlafen, sondern immer wieder auf Erkundungsfahrten in das Gebiet der deutschen Musikliteratur auszugehen, unbekannte köstliche Perlen zu finden, die dem deutschen Volk übermittelt werden können, Werke der Vergangenheit, Werke aber auch des heutigen zeitgenössischen Schaffens.

Zum Schluß dieser Ausführung grenzte dann Intendant Dr. Glasmeier die Aufgaben der Reichssender gegenüber dem Deutschlandsender ab. Die Reichssender, die aus separatistischen Gründen aus der Kleinstaaterei heraus geboren wurden, haben im neuen Reich einerseits die Aufgabe, ihre Landschaft zu erfassen, andererseits müßen sie sich stets bewußt sein, daß sie Reichssender heißen, daß sie Herolde des Reichsgedankens sind und zu ihrem Teil dazu beitragen müssen, daß Stammes- und Landesgrenzen auch immer mehr verschwinden, und daß es in allen deutschen Gauen der deutsche Mensch ist, der die deutsche Scholle bewohnt.

Ein ganz anderes Gesicht muß der Deutschlandsender zeigen, er ist der Repräsentant der deutschen Reichsregierung, der nationalsozialistischen Bewegung, Repräsentant der deutschen Kultur schlechthin. Er hat nicht die einzelne Landschaft als solche zu pflegen; er muß das Gesicht des gesamten deutschen Landes schildern.

Im Anschluß an die mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Ausführungen des Reichsintendanten Dr. Glasmeier nahm der Präsident der Reichsrundfunkkammer, Kriegler, das Wort. In seiner Rede stellte er fest, daß eine Rundfunkausstellung noch nie eine solche Resonanz in der breiten Oeffentlichkeit gefunden habe wie diesmal. Die allergrößte Bedeutung komme selbstverständlich dem neuen „Deutschen Kleinempfänger 1938“ zu, der eine wahrhaft sozialistische Gemeinschaftsleistung der Rundfunkführung und Rundfunkwirtschaft verkörpere.

Heute seien im Reichsdurchschnitt etwa 54 Prozent der Haushaltungen am Rundfunknetz angeschlossen. Von dem verbleibenden Rest werde ein verhältnismäßig kleiner Teil aus Uninteressiertheit dem Rundfunkempfang fernbleiben. Die Mehrzahl der Bevölkerung aber sei aus materiellen Gründen bisher nicht in der Lage gewesen, den Volksempfänger für 65RM. und daneben noch die Rundfunkgebühr von 2 RM. im Monat zu bezahlen. Diesen Volksgenossen gelte die besondere Anteilnahme und Förderung. Für die Rundfunkgebührenermäßigung auf eine Reichsmark im Monat für den „Deutschen Kleinempfänger 1938“ können nach den bisherigen Richtlinien alle diejenigen Volksgenossen in Betracht kommen, die über die Bezirkswohlfahrtsämter Reichsverbilligungsscheine für Speisefette beziehen. Entsprechende Anträge seien nach der endgültigen Bekanntgabe, die zu gegebener Zeit im Rundfunk und in der Tagespresse erfolgen werden, bei den örtlichen Fürsorgestellen einzureichen.

Es sei aber noch ein übriges getan, um den Volksgenossen die Anschaffung der „Deutschen Kleinempfängers“ zu ermöglichen, für besonders bedürftige Volksgenossen, insbesondere für diejenigen, die die Rundfunkgebührenermäßigung von 1 RM. erhielten, werde die Reichsrundfunkkammer den Finanzierungsanschlag von 4,50RM. aus dem Sonderkonto Rundfunkgeräteverbilligung decken, das heißt: Einige 100.000 Volksgenossen könnten den „Deutschen Kleinempfänger 1938“ mit einer Anzahlung von 5 RM. und für zehn Monatsraten zu je 2 RM. ohne jeden weiteren Aufschlag käuflich erwerben.

Es wäre nun aber völlig falsch, so fuhr Kriegler fort, den „Deutschen Kleinempfänger 1938“ als einen Apparat anzusehen, der nur für die sogenannten minderbemittelten Volksschichten da sei. Der Apparat sei, wie die Techniker übereinstimmend erklären, hervorragend und komme durchaus in seinen Leistungen an den alten Volksempfänger heran.

Auf Initiative des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda und des Reichsministers Dr. Frank sei der Ausschuß für Rundfunkrecht in der Akademie für Deutsches Recht ins Leben gerufen worden. Der Ausschuß habe seine Arbeiten unverzüglich mit einer praktischen Aufgabe gestartet, indem er sich der Vorbereitung eines Stimmschutzgesetzes angenommen habe.

Eine weitere Maßnahme auf dem Arbeitsgebiet des Rundfunkrechtes bedeute das von der Reichsrundfunkkammer herausgegeben Schutzzeichen für die Einzelteil- und Zubehörindustrie, das zur Kennzeichnung der Einzelteile der politischen Gemeinschaftsgeräte diene. Es sei klar, daß gerade für die politischen Geräte Juden ihre Hände nicht im Geschäft haben könnten. Sie seien deshalb vom Vertrieb dieser Geräte ausgeschlossen.

Die bisherige Zahl der Fachschaftsmitglieder betrug 811 Personen. Ab 1. August 1938 würden alle Sprecher, Sänger und Instrumentalisten aus der Reichstheaterkammer in die Reichsrundfunkkammer eingegliedert, die keine Engagements in Theatern hätten und entweder ihren gesamten Unterhalt oder zumindest 50 v.H. ihres Unterhaltes aus der Tätigkeit vor dem Mikrophon bezögen.

Der nationalsozialistische Staat habe nach der Machtübernahme beim Aufbau auch des kulturpolitischen Lebens unseres Volkes das Leistungsprinzip in den Vordergrund gestellt. Entsprechend dieser Forderung hat die Reichsrundfunkkammer bei den Reichssendern Rundfunkeignungsprüfungen durchgeführt.

Bisher seien 3600 Künstler auf den Gebieten Sprechen, Singen und Spielen geprüft worden, von denen 1576 die Prüfung bestanden hätten. Die Reichsrundfunkkammer hat es sich weiterhin zur Pflicht gemacht, der Pflege der deutschen Hochsprache die stärkste Aufmerksamkeit zuzuwenden und habe deshalb anerkannte Fachleute mit der Herausgabe des Werkes „Deutsche Aussprache“ beauftragt. An den deutschen Reichssendern würden sogenannte Studien eingerichtet werden, in denen die jungen Menschen beiderlei Geschlechts eine Art Elevenstellung bekleideten. Hätten sie ihre einjährige Elevenzeit erfolgreich beendet, so würden sie auf Grund der Urteile, die der Intendant des betreffenden Reichssenders über sie gefällt habe, in das Zentralinstitut für die Ausbildung des Nachwuchses nach Berlin empfohlen. Hier hätten sie nochmals eine ein- bis zweijährige Lehrzeit zu bestehen. In welcher Form der beabsichtigte Aufbau der rundfunkwissenschaftlichen Institute durchgeführt werde, würden Verhandlungen mit dem Reichsminister für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung zeigen, die in nächster Zeit stattfänden.

Mit stolzem Bewußtsein, so schloß der Präsident der Rundfunkkammer, gingen die Rundfunkschaffenden in das neue Rundfunkjahr 1938/39.

Quelle: „Rundfunk im Volk“, Nationalzeitung, 10. August 1938. Online verfügbar unter: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/12605012

Grundzüge der Programmgestaltung des deutschen Rundfunks (August 1938), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5142> [10.05.2024].