Quelle
Durch die Enteignung der Kriegs- und Naziverbrecher gingen die Schlüsselstellungen in der Wirtschaft der Zone in die Hände des Volkes über. Die Grundlage der Industrie sind jetzt die volkseigenen Betriebe, die im 1. Quartal 1948 nur 8 v. H. der Gesamtzahl der meldepflichtigen Industriebetriebe darstellten, aber fast 40 v. H. der Produktion der wichtigsten Industriezweige der Zone erzeugten. Es blieb demnach wohl die Mehrheit der Betriebe in Privatbesitz, aber der Herrschaft der Monopole wurde ein Ende bereitet.
Der Anteil der volkseigenen Betriebe an der Gesamtproduktion der deutschen Industrie bietet in den Hauptzweigen der Industrie im 1. Quartal 1948 folgendes Bild:
Industriezweig | Anteil der Produktion der volkseigenen Betriebe in v. H. |
---|---|
1. Bergbau | 99 |
2. Metallurgie | 54 |
3. Maschinenbau und metallbearbeitende Industrie | 41 |
4. Elektrotechnische Industrie | 33 |
5. Feinmechanik und Optik | 16 |
6. Chemische Industrie | 35 |
7. Baumaterialien | 29 |
8. Holzbearbeitende Industrie | 13 |
9. Textilindustrie | 32 |
10. Leichtindustrie | 18 |
11. Zellstoff- und Papierindustrie | 44 |
12. Elektroenergie und Gas | 40 |
Gesamtdurchschnitt der Produktion: | 39 v. H. |
Somit verfügt das Volk über wichtige Positionen in der Wirtschaft der sowjetischen Besatzungszone. Den großen deutschen monopolistischen Industrie- und Finanzvereinigungen wurde mit ihrer Enteignung in einem Teil Deutschlands ein schwerer Schlag versetzt. So gingen in die Hände des Volkes über: 38 Braunkohlengruben, Hüttenwerke und andere Unternehmen des Flickkonzerns; insgesamt 59 Unternehmen der beiden Elektrokonzerne Siemens und AEG; 38 verschiedene Betriebe der Continentalen Gas-AG; 9 Werke von Mannesmann; 14 Betriebe des Rütgerskonzerns; 11 Betriebe des Textilkonzerns Christian Dierig AG; 7 Chemiebetriebe der Henkel AG; 8 Betriebe des Reemtsmakonzerns und weitere wichtige Produktionsstätten einer Reihe deutscher Großkonzerne.
Die Schlüsselstellungen im Verkehrswesen befinden sich ebenfalls in den Händen des Volkes. 3328 km Eisenbahnlinien, die Privatgesellschaften, darunter den Gesellschaften Pommern, Mühlhausen, Lüben, Graf von Arnim, Bachstein-Konzern usw., gehörten, gingen in den Besitz des Volkes über. Zur Zeit sind 98,6 v. H. der Eisenbahnen Volkseigentum und 1,4 v. H. in den Händen von Privatfirmen.
Der Kraftwagenverkehr und die Binnenschiffahrt befinden sich dagegen in der Hauptsache in Privathänden. Der Kraftwagenpark und die Schlepper befinden sich zu 85 v. H. im Privatbesitz und sind nur zu 15 v. H. gesellschaftliches Eigentum. Nur 12 v. H. der Binnenflotte gehören dem Volke. […]
Auch die Landwirtschaft, in der früher die Junker und Gutsherren, als wichtigste Stützen des deutschen Imperialismus und Faschismus, die Kommandorolle spielten, hat ihr Antlitz radikal verändert. Durch die Bodenreform haben die Junker, Gutsherren und andere Nazi- und Kriegsverbrecher ihren gesamten Boden und andere Produktionsmittel eingebüßt. Der Herrschaft der Junker und Gutsherren auf dem Lande wurde ein Ende bereitet. Es wurden 6837 Gutsherren- und Junkerbetriebe in der Zone mit einem Bodenbesitz von 2 472 000 Hektar enteignet. Zusammen mit dem Grundbesitz der Kriegsverbrecher und aktiven Pgs sowie mit einem Teil der staatlichen und städtischen Güter wurden 3 147 000 Hektar in die Hände der Bauern übergeben. Diesen Boden erhielten 204 530 Familien, vor allem landlose Bauern und Umsiedler, 79 700 Betriebe bis dahin landarmer Bauern und 191 700 Betriebe kleiner Pächter und Industriearbeiter, insgesamt also 475 930 Betriebe. Hinzu kommen noch 38 800 bäuerliche Betriebe, die Waldzulagen erhielten, so daß die Zahl der Bodenempfänger 514 730 beträgt. Ferner erhielten Dorfgemeinden und Organe der Volksverwaltung Boden und Wälder der Gutsherren. Die Bodenreform veränderte in der sowjetischen Besatzungszone das Bild der sozialen Verhältnisse auf dem Lande, wovon die nachfolgende Tabelle eine Vorstellung vermittelt:
Gruppen der Betriebe nach der Nutzfläche in ha | Zahl der Betriebe | deren Bodenbesitz | |||
---|---|---|---|---|---|
1939 | 1946 | 1939 | 1946 | ||
in v. H. | in v. H. | in v. H. | in v. H. | ||
von 0,5 bis 5,0 | 56 | 44,5 | 10 | 11,7 | |
von 5,0 bis 20,0 | 33 | 47,5 | 30 | 49 | |
von 20,0 bis 50,0 | 8,5 | 6,8 | 21 | 22,2 | |
von 50,0 bis 100,0 | 1,4 | 1 | 9 | 8,1 | |
über 100 | 1,1 | 0,2 | 30 | 9 | |
Insgesamt | 100 | 100 | 100 | 100 |
Die Klein- und Mittelbetriebe besaßen im Jahre 1939 nur 40,2 v. H. des gesamten Bodens gegenüber 60,7 v. H. im Jahre 1946. Der Anteil der Großbetriebe ist – besonders der Bodenfläche nach – stark zurückgegangen. Im Jahre 1939 gab es 6300 (1,1 v. H.) Großbetriebe von über 100 Hektar mit 29,8 v. H. des gesamten Bodens, während seit Beendigung der Bodenreform private Großbetriebe nicht mehr existieren.
Bäuerlicher Bodenbesitz bleibt unangetastet
Durch die Liquidierung der Herrschaft der Junker und Gutsherren auf dem Lande wurde die Lage der werktätigen Schichten der ländlichen Bevölkerung befestigt, und die Mittel- und Kleinbauern rückten an die erste Stelle.
Gemäß ihrer Lage im Dorfe müssen die Mittel- und Kleinbauern die leitenden Stellungen in der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe, in den landwirtschaftlichen Genossenschaften und anderen landwirtschaftlichen Organen besetzen. Die zahlenmäßig kleine Gruppe der Großbauern spielt jedoch auf dem Lande noch eine bedeutende Rolle. Die Mittel-, Klein- und Neubauern müssen aus ihren Reihen die leitenden Kräfte hervorbringen und einen Kampf um die Erhaltung des demokratischen Charakters ihrer Organisationen führen. Durch die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe muß der Verkauf von Boden, Vieh und Inventar bei den Neu-, Mittel- und Kleinbauern verhindert und ein ernster Kampf um ihre weitere wirtschaftliche Festigung geführt werden.
Die von den Junkern und Gutsherren und ihren Fürsprechern verbreiteten Gerüchte über eine angeblich bevorstehende neue Bodenreform, die den Bauernbesitz berühren könnte, sind eine bewußte Lüge und Verleumdung. Der bäuerliche Bodenbesitz war und bleibt unangetastet, aber die Macht der Gutsherren und Junker auf dem Lande kehrt niemals wieder.
Quelle: Aus der Begründung des Zweijahrplans für 1949/50 (30. Juni 1948), in Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd. II, Berlin 1951, S. 22-25; abgedruckt in Ernst Deuerlein, Hrsg., DDR. München 1966, S. 76-79.