Kurzbeschreibung

Die politischen Leitsätze der SPD vom Mai 1946, wenige Wochen nach der Verschmelzung von SPD und KPD in der sowjetischen Besatzungszone ausgegeben, spiegeln die antikommunistische Position des führenden SPD-Politikers in den Westzonen, Kurt Schumacher, wider. Sie setzen sich wie schon der knapp ein Jahr zuvor veröffentlichte Gründungsaufruf der Partei für ein sozialistisches Wirtschaftssystem mit einer weitgehenden staatlichen Lenkung und Kontrolle ein. Bodenschätze und Schlüsselindustrien sind zu verstaatlichen. Mit ihrer Betonung der Zusammengehörigkeit von Sozialismus und Demokratie und der scharf formulierten Absage an „totalitäres Denken und Handeln“ richten sich die Leitsätze aber zugleich deutlich gegen die Entwicklungen in Ostdeutschland. Dies wird durch das abschließende Bekenntnis zur Einheit Deutschlands und zur Einbindung in Europa unterstrichen.

Politische Leitsätze der SPD (Mai 1946)

Quelle

I.

In der Periode zwischen zwei Weltkriegen haben überall die Kräfte des Hochkapitalismus und der Reaktion versucht, den sozialistischen Konsequenzen der Demokratie zu entgehen. In Deutschland ist ihnen das auf Grund der ökonomischen, historischen und geistesgeschichtlichen Bedingungen gelungen.

Mit dem „Dritten Reich“ war durch die Zerschlagung der politischen Kraft der arbeitenden Klasse die Demokratie außer Kurs gesetzt und durch das Fehlen demokratischer Willensbildung und Kontrolle die entscheidende Voraussetzung für die europäische Katastrophe gegeben. Das Versagen des deutschen Bürgertums und jenes Teils der Arbeiterbewegung, der den klassenpolitischen Wert der Demokratie nicht erkannt hatte, bildet den historischen Schuldanteil des deutschen Volkes.

Mit denselben Methoden, mit denen das „Dritte Reich“ die Austragung der Klassengegensätze im Innern gewaltsam unterdrückt hatte, förderte es den Gegensatz der Nationen untereinander. Die unvermeidliche Folge der Diktatur war der Krieg und damit der totale militärische und politische Zusammenbruch und die Zerstörung der bisherigen Grundlagen des wirtschaftlichen, staatlichen und kulturellen Lebens. Sie sind damit unbrauchbar für den Aufbau eines neuen Deutschlands geworden. Ökonomisch ist die ungeheure Konzentrierung der einst kolossalen Produktionskräfte in Lähmung, in Auflösung umgeschlagen. Zustände sind heraufgezogen, unter denen keine Klasse, kein Volk und keine Wirtschaftsform existieren können.

Das deutsche Volk ist in der Welt isoliert und hat die Folgen des nationalsozialistischen Eroberungskrieges und der im Krieg an den unterdrückten Völkern verübten Verbrechen zu tragen.

Demgegenüber sieht die Sozialdemokratische Partei ihre Aufgaben darin, alle demokratischen Kräfte Deutschlands im Zeichen des Sozialismus zu sammeln. Nicht nur die politischen Machtverhältnisse, sondern auch ihre ökonomischen Grundlagen müssen geändert werden. Nur eine völlige Umgestaltung gibt dem deutschen Volk die wirtschaftlichen und sozialen Lebensmöglichkeiten und sichert die Freiheit und den Frieden.

Sozialismus und Selbstverwaltung

Das heutige Deutschland ist nicht mehr in der Lage, eine privatkapitalistische Profitwirtschaft zu ertragen und Ausbeutungsgewinne, Kapitaldividenden und Grundrenten zu zahlen. Die jetzt noch herrschenden Eigentumsverhältnisse entsprechen nicht mehr den sonstigen gesellschaftlichen Zuständen und Bedürfnissen. Sie sind zu dem schwersten Hemmnis der Erholung und des Fortschritts geworden.

Der vorhandene private Großbesitz an Produktionsmitteln und das mögliche Sozialprodukt der deutschen Volkswirtschaft müssen den Bedürfnissen aller zugänglich gemacht werden. Der heutige Zustand, bei dem die große Mehrzahl alles verloren hat, eine Minderheit aber reicher geworden ist, muß durch eine gerechte Gesellschaftsordnung überwunden werden.

Die Sozialdemokratie erstrebt eine sozialistische Wirtschaft durch planmäßige Lenkung und gemeinwirtschaftliche Gestaltung. Entscheidend für Umfang, Richtung und Verteilung der Produktion darf nur das Interesse der Allgemeinheit sein. Die Vermehrung der Produktionsmittel und Verbrauchsgüter ist die Voraussetzung für die lebensnotwendige Eingliederung Deutschlands in die internationalen Wirtschaftsbeziehungen.

Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel erfolgt auf verschiedene Weise und in verschiedenen Formen. Es gibt für den Sozialismus keine Einförmigkeit und keine Unfreiheit, keinen kommandierten Kasernensozialismus, keine Uniformität. Es gibt keine sozialistische Gesellschaft ohne die mannigfaltigsten Betriebsarten und Formen der Produktion. Der Sozialismus will soviel wirtschaftliche Selbstverwaltung wie möglich unter stärkster Beteiligung der Arbeiter und Verbraucher.

II. Die Sofortmaßnahmen

Die Sozialisierung hat zu beginnen bei den Bodenschätzen und den Grundstoffindustrien. Alle Betriebe des Bergbaues, der Eisen- und Stahlerzeugung und -bearbeitung bis zum Halbzeug, der größte Teil der chemischen Industrie und die synthetischen Industrien, die Großbetriebe überhaupt, jede Form der Versorgungswirtschaft und alle Teile der verarbeitenden Industrie, die zur Großunternehmung drängen, sind in das Eigentum der Allgemeinheit zu überführen.

Die Förderung des Genossenschaftsgedankens, die Lösung betrieblicher Gemeinschaftsaufgaben in Handwerk, Handel und Landwirtschaft, stärkste Unterstützung der Verbrauchergenossenschaft sind nötig.

Der gesamte Verkehr, die neu zu gestaltende Geld- und Kreditversorgung und das Versicherungswesen sind Gegenstand sozialistischer Planung.

Agrar- und Bodenreform

Eine grundlegende Agrar- und Bodenreform ist unter Enteignung der Großgrundbesitzer sofort einzuleiten. Die Neuübereignung des Großgrundbesitzes, seine Bewirtschaftung in bäuerlichem, gärtnerischem und siedlerischem Einzelbesitz oder teilweise in genossenschaftlichem, bäuerlichen Gemeinbesitz ohne eine die Wirtschaftlichkeit gefährdende Zerstückelung sind notwendig. Das ist die Voraussetzung der sozialen Gerechtigkeit auf dem Lande, der endgültigen Unterbringung von mehr Menschen, einer ersten Lösung der Flüchtlingsnot, der Förderung der Erzeugung und der Verbreiterung der Ernährungsgrundlage des deutschen Volkes.

Der Klein- und Mittelbetrieb in der Landwirtschaft, in Handwerk, Gewerbe und Handel hat in der von der Sozialdemokratie angestrebten Wirtschaftsordnung wichtige Aufgaben zu erfüllen und soll sich innerhalb dieser Grenzen entfalten.

Die deutsche Wohnungswirtschaft bedarf straffster öffentlicher Lenkung. Sie ist mit den Mitteln der Gesamtheit und nicht nur von den von der Zerstörung betroffenen Gemeinden zu betreiben. Die Wohnraumbeschaffung gehört zu den vordringlichsten Aufgaben. In der Periode der Wohnungsnot ist der Gedanke der genügenden Unterbringung aller und nicht die Erhaltung der Bequemlichkeit einzelner entscheidend.

Lastenausgleich – Finanzreform

Der Lastenausgleich fordert eine grundlegende, alles umfassende Finanz- und Währungsreform. Ein soziales Existenzminimum muß gesichert und der Massenverbrauch geschont werden. Der Lastenausgleich zwischen den Besitzenden und den Nichtbesitzenden ist so vorzunehmen, daß ein soziales Niveau ohne Privilegierte und ohne Benachteiligte entsteht.

Die deutsche Sozialdemokratie erstrebt mit ihrer Wirtschaftspolitik die ökonomische Befreiung der menschlichen Persönlichkeit. Darum ist für sie der Sozialismus das Programm der Arbeiter, Angestellten und Beamten, der geistigen Berufe und des Mittelstandes, der Bauern und aller Menschen überhaupt, die von dem Ertrag ihrer eigenen Arbeit und nicht durch das Mittel der kapitalistischen Ausbeutung leben.

Erst die Überwindung jeder Form der Ausbeutung wird den Menschen in den vollen Besitz seiner Rechte und zur Entfaltung seiner persönlichen Werte bringen.

III. „Nur eine Demokratie«

Die deutsche Sozialdemokratie sieht ihre politische Aufgabe darin, die umstürzenden Veränderungen des gesellschaftlichen Seins, die unvermeidlich und notwendig sind, in das politische Bewußtsein der Massen zu übertragen und die Mehrheit des Volkes für den Sozialismus zu gewinnen.

Der Weg zu diesem Ziel kann nur eine starke und kampfbereite Demokratie sein. Es gibt nur eine Demokratie. Es gibt keine bürgerliche und keine proletarische Demokratie, ebensowenig wie es für die heutige Sozialdemokratie einen reformistischen oder einen revolutionären Sozialismus gibt. Jeder Sozialismus ist revolutionär, wenn er vorwärtsdrängend und neugestaltend ist.

Die Demokratie ist für alle Schaffenden die beste Form des politischen Kampfes. Sie ist für uns Sozialisten ebenso eine sittliche wie eine machtpolitische Notwendigkeit. Die Sozialdemokratie will die freiwillige Eingliederung aus eigener Erkenntnis mit dem Recht der Kritik ihrer Anhänger.

Es gibt keinen Sozialismus ohne Demokratie, ohne die Freiheit des Erkennens und die Freiheit der Kritik. Es gibt aber auch keinen Sozialismus ohne Menschlichkeit und ohne Achtung vor der menschlichen Persönlichkeit.

Wie der Sozialismus ohne Demokratie nicht möglich ist, so ist umgekehrt die Demokratie im Kapitalismus in steter Gefahr. Auf Grund der besonderen geschichtlichen Gegebenheiten und Eigenarten der geistigen Entwicklung in Deutschland braucht die deutsche Demokratie den Sozialismus. Die deutsche Demokratie muß sozialistisch sein, oder die gegenrevolutionären Kräfte werden sie wieder zerstören.

Freiheit und Sozialismus

Der Charakter der deutschen Sozialdemokratie besteht in ihrem kompromißlosen Willen zu Freiheit und Sozialismus. Die deutsche Sozialdemokratie ist stolz darauf, daß sie die einzige Partei in Deutschland war, die unter den größten Opfern für die Ideen der Demokratie, des Friedens und der Freiheit eingetreten ist. Sie ist auch heute die Partei der Demokratie und des Sozialismus in Deutschland.

Die deutsche Sozialdemokratie lehnt jeden Rückfall in totalitäres Denken und Handeln entschlossen ab. Im Geiste dieser Grundeinstellung wird sie eine Politik der Unabhängigkeit und der Selbständigkeit gegenüber allen Kräften des In- und Auslandes treiben und ihr Verhältnis zu anderen politischen Parteien regeln.

Die Sozialdemokratie begnügt sich nicht mit der historischen Legitimation, die in der großen Geschichte ihres Freiheitskampfes gegeben ist. Sie will ihren Anspruch als führende politische Kraft in der deutschen Politik durch ihre positiven Leistungen für Staat und Volk, und durch die Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Sachlichkeit ihrer Politik immer von neuem rechtfertigen.

IV. Gegenwartsforderungen

Auf dem Gebiet der Staats- und Verwaltungspolitik erstrebt die Sozialdemokratie die Demokratie, die getragen ist von der Mitbestimmung und Mitverantwortung aller Bürger. Sie will eine Republik mit weitgehender Dezentralisierung und Selbstverwaltung.

Die deutsche Republik der Zukunft soll sich aufbauen auf Ländern, die nicht in ihrer eigenen Existenz ihren höchsten Zweck sehen, sondern die sich nur als Bausteine einer höheren nationalen Ordnung betrachten. Der Träger der Staatsgewalt soll das ganze deutsche Volk sein.

Keins der heutigen Länder und keine der heutigen Provinzen dürfen sich in ihrer Existenz und in ihrem Umfang als garantiert ansehen. Es gibt keine ausreichende geschichtliche Legitimation gegenüber den Notwendigkeiten der Gegenwart.

Verwaltungsreformen

Die Verwaltung muß von unten her reformiert werden, und die unteren Träger des kommunalen Zusammenlebens müssen möglichst große Kompetenzen haben. Das Volk, repräsentiert durch seine Parteien, bestimmt die Aufgaben und Ziele der Verwaltung. Die Angestellten und Beamten der öffentlichen Körperschaften sind durch ein einheitliches Dienstrecht und durch Erhaltung ihrer Staatsbürgerrechte zu schützen.

Alle Staatsbürger sind ohne Ansehen des Herkommens, des Glaubens, der Rasse oder des Geschlechts nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihrer Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zugelassen.

Alle Bürger müssen vor dem Gesetz gleich sein. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Es darf keine Ausnahmegerichte geben.

Kirche, Staat und Kultur

Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle, Trennung von Kirche und Staat. Damit wird den Kirchen und allen Weltanschauungsgemeinschaften die Möglichkeit gegeben, in Freiheit die ihnen eigenen Aufgaben zu erfüllen. Niemand soll verpflichtet sein, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.

Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sollen frei sein, um das zerstörte Kultur- und Geistesleben neu zu gestalten. Ihre Leistungen sollen dem deutschen Volk die Achtung und das Vertrauen der Welt wiedergewinnen.

Das allgemeine Schulwesen ist öffentlich. Die Schulen sollen die Jugend frei von totalitären und intoleranten Anschauungen erziehen im Geist der Humanität, der Demokratie, der sozialen Verantwortung und der Völkerverständigung. Allen Deutschen stehen die Bildungsmöglichkeiten allein entsprechend ihrer Befähigung offen. Sie sind unabhängig von Bekenntnis, Stand und Besitz.

Die Freiheit der Meinungsäußerung und der Kritik muß auch in der Freiheit der Presse ihren Ausdruck finden.

Arbeitsrecht – Sozialfürsorge

Es ist ein einheitliches Arbeitsrecht zu schaffen. Jedem Bürger soll die Möglichkeit gegeben werden, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Soweit ihm angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, hat er Anspruch auf Lebensunterhalt. Jedem wird die gleiche Möglichkeit für seine Berufswahl und Berufsausbildung gegeben. Jedermann hat das Recht und die Pflicht, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu erwerben.

Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ist für jeden und für alle Berufe zu gewährleisten. Zur Vertretung der Interessen der Arbeitenden in den Betrieben sind Betriebsräte mit weitgehenden Rechten zu bilden.

Das Fürsorge- und Gesundheitswesen ist eine öffentliche Angelegenheit. Zur Erhaltung der Gesundheit, zum Schutz der Mutterschaft, zur Vorsorge gegen wirtschaftliche Folgen von Alter und Unfällen soll eine einheitliche Sozialversicherung geschaffen werden, bei der die Versicherten maßgebend mitzuwirken haben. Jugendfürsorge und Jugendwohlfahrt sind öffentliche Aufgaben. Die Opfer des Krieges und der Diktatur haben Anspruch auf ausreichende Hilfe.

V. Die deutsche Einheit

Die deutsche Sozialdemokratie anerkennt die Pflicht zur Wiedergutmachung im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten des deutschen Volkes. Sie ist für die Bestrafung der Schuldigen und der Kriegsverbrecher.

Die Sozialdemokratie erstrebt die Eingliederung des neuen Deutschlands in die neue internationale Organisation der Völker. Deutschland braucht die wirtschaftliche, soziale und politische Hilfe der demokratischen Nationen.

Die alliierte Politik

Das neue Deutschland leidet heute nicht nur unter der Erbschaft des Dritten Reiches, sondern auch unter der Tatsache, daß es keine gemeinsame Politik der Besatzungsmächte gegenüber Deutschland gibt. Die deutsche Sozialdemokratie wartet auf den Tag, an dem eine Klärung der Probleme in Deutschland und der Welt eine einheitliche Politik der Besatzungsmächte gegenüber Deutschland ermöglichen und die Politik der Besatzungszonen beenden wird.

Die Politik der Wirtschaftsverstümmelung, der Menschenversklavung und der Massenausrottung, die die Politik der nationalsozialistischen Diktatur war, darf im Zeitalter der Demokratie keine Geltung haben.

Wie die Demokratie nicht gesichert ist ohne die ökonomische Befreiung der Menschen, so ist sie ebenso unmöglich ohne die nationale Freiheit des Volkes. Die deutsche Sozialdemokratie erhebt den Anspruch auf die Erhaltung Deutschlands als eines nationalen, staatlichen und wirtschaftlichen Ganzen. Nur wenn es uns gelingt, Deutschland als Einheit zu erhalten, werden vor allem die jungen Menschen die Ideen des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus nicht als Ergebnis des Zusammenbruchs des Dritten Reiches, sondern als selbstgewollte höhere Notwendigkeit begreifen lernen. Nur dann wird die Sozialdemokratie den Kampf gegen jeden neuerwachenden Nationalismus mit Erfolg führen können.

Internationalisierung Europas

So wie die Sozialisten aller Länder für die Unabhängigkeit ihres Landes eintreten, so tut es auch die deutsche Sozialdemokratie. Aber sie weiß, daß die Periode der uneingeschränkten Souveränität der Einzelstaaten vorüber ist. Nicht Teile von Deutschland dürfen internationalisiert werden, sondern ganz Europa muß internationalisiert werden.

Die deutsche Sozialdemokratie erstrebt die Vereinigten Staaten von Europa, eine demokratische und sozialistische Föderation europäischer Staaten. Sie will ein sozialistisches Deutschland in einem sozialistischen Europa. Nur so kann Europa zur Solidarität mit den Völkern aller Kontinente gelangen.

Die Sozialdemokratie steht in dem gemeinsamen Kampf der Sozialisten aller Länder gegen jede Form der Ausbeutung, des Imperialismus, und des Faschismus, der Reaktion und des hegemonialen Nationalismus, die große geschichtsbildende Kraft, die Frieden und Freiheit für alle Völker sichern kann.

Sofort anpacken

Sozialismus ist nicht mehr ein fernes Ziel. Er ist die Aufgabe des Tages. Die deutsche Sozialdemokratie ruft zur sofortigen sozialistischen Initiative gegenüber allen praktischen Problemen in Staat und Wirtschaft auf.

Die deutsche Sozialdemokratie ist sich der Größe ihrer Aufgaben bewußt. Sie will nichts sein als eine Partei unter anderen Parteien. Sie will sich aber auszeichnen durch die Richtigkeit ihrer Erkenntnisse, durch die Klarheit ihrer Politik und durch die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen. Sie schöpft das Vertrauen zu einer erfolgreichen Durchführung ihrer Politik daraus, daß heute das Klasseninteresse der deutschen Arbeitenden mit den Notwendigkeiten des ganzen deutschen Volkes und der Einsicht und dem Willen aller fortschrittlichen und freiheitlichen Menschen in der ganzen Welt zusammenfallen [sic!].

Quelle: Politische Leitsätze der SPD (Mai 1946); abgedruckt in Theo Stammen, Hg., Einigkeit und Recht und Freiheit: westdeutsche Innenpolitik 1945-1955. München 1965, S. 120-26.