Quelle
Aktuelle Entwicklungen
Die demografische Lage in Deutschland hat sich in jüngster Zeit verändert. Dazu beigetragen hat vor allem das Migrationsgeschehen der letzten zwei Jahre. Allein im Jahr 2015 sind netto 1,139 Millionen Personen zugewandert. Dahinter stehen ein Zuzug von 2,137 Millionen und ein Wegzug von 998 000 Personen. Der Wanderungssaldo ist seit den frühen 1990er-Jahren bis ins Jahr 2008 zunächst zurückgegangen. Seitdem ist er wieder stark gestiegen. Bei der Nettozuwanderung des Jahres 2015 handelt es sich um die höchsten Zuwanderungszahlen seit Beginn der Registrierung im Jahr 1950. Für 2016 ist mit einem geringeren Wanderungsüberschuss zu rechnen; er wird voraussichtlich aber immer noch weitaus höher liegen als im Jahr 2014 (550 000 Personen).
Bei der Entwicklung der Geburtenrate deutet sich eine Veränderung an. Dafür spricht der Anstieg bei der sogenannten endgültigen Kinderzahl von Frauenjahrgängen. Bis zum Geburtsjahrgang 1968 ist der Wert jahrzehntelang kontinuierlich zurückgegangen. Der Geburtsjahrgang 1968 hat mit 1,49 Kindern je Frau die niedrigste Kinderzahl. Dieser Rückgang scheint nun gestoppt. Vorausberechnungen zeigen, dass Frauen, die in den 1970er-Jahren geboren sind, wieder etwas mehr Kinder zur Welt bringen, 1973 Geborene etwa 1,56.[1] Für die nachfolgenden Jahrgänge bis 1980 zeichnet sich ein weiterer Anstieg auf knapp 1,6 Kinder ab.
Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland beträgt bei Geburt für Männer 78,2 Jahre und für Frauen 83,1 Jahre. 65-jährige Männer können derzeit im Durchschnitt noch mit weiteren 17,7 Jahren Lebenszeit rechnen, gleichaltrige Frauen mit 20,9 Jahren. Im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte erhöhte sich die Lebenserwartung um rund 2,6 Monate pro Jahr, wobei vor allem die Sterblichkeit in den höheren Altersgruppen abnimmt. Eine differenzierte Betrachtung der zeitlichen Entwicklung zeigt für die letzten Jahre, dass sich das Tempo der steigenden Lebenserwartung im Vergleich zu den 1980er- und 1990er-Jahren verlangsamt hat. Dies betrifft insbesondere Frauen. […]
Die Bevölkerung in Deutschland ist in den letzten Jahren bezogen auf ihre Herkunft zudem vielfältiger geworden. Ende 2015 setzte sie sich aus 73,5 Millionen Deutschen und 8,7 Millionen Ausländern zusammen. 17,1 Millionen Menschen verfügten über einen Migrationshintergrund.[2] Der Anteil der ausländischen Personen ist gegenüber 2011 um 2,6 Prozentpunkte gestiegen; der Anteil von Menschen mit einem Migrationshintergrund um 2,5 Prozentpunkte. Von den 11,5 Millionen Personen, die nicht nur über einen Migrationshintergrund, sondern auch über eigene Migrationserfahrungen verfügen, stammen 37,6 Prozent aus den EU-Mitgliedstaaten. Weitere 31,2 Prozent stammen aus anderen europäischen Ländern mit der Türkei (11,9 Prozent) und der Russischen Föderation (8,4 Prozent) als den wichtigsten Herkunftsstaaten.
Trotz der hohen Zuwanderung vor allem junger Menschen hat sich die Alterung der Bevölkerung auch in den letzten Jahren fortgesetzt. Während 2011 auf 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren rund 34 Personen ab 65 Jahre entfielen, lag dieser Wert 2015 bereits bei 35 Personen.
Konsequenzen für die längerfristige Entwicklung
Die jüngsten Entwicklungen der Migration, aber auch bei der Geburtenrate, werfen die Frage auf, ob die Annahmen bestehender Vorausberechnungen aus heutiger Sicht noch realistisch erscheinen. Diese Entwicklungen haben vor allem kurz- und mittelfristig Konsequenzen für die Entwicklung der Bevölkerungsgröße und der Altersstruktur. Der hohe Wanderungssaldo des Jahres 2015 lässt sich zwar nicht einfach fortschreiben. Allerdings sind die Annahmen der Bevölkerungsvorausberechnungen, die vor der Flüchtlingsmigration gemacht wurden, aus heutiger Sicht neu zu bewerten.
Die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes von Anfang 2015 skizziert Szenarien bis zum Jahr 2060. […]
Ob Deutschlands Einwohnerzahl bis 2060 zurückgehen wird, ist aus bevölkerungswissenschaftlicher Sicht somit noch offen.[3] Die Alterung der Bevölkerung würde jedoch bei allen genannten Szenarien deutlich fortschreiten. So würde der Altenquotient bei einem Wanderungssaldo von 300 000 Personen nur moderat geringer ausfallen als bei den Varianten mit geringerer Zuwanderung. Der Anteil junger Menschen und der damit zusammenhängende Jugendquotient werden sich nach heutigen Einschätzungen in den nächsten Jahrzehnten nur wenig verändern; der Anteil älterer Personen ab 65 Jahre und damit auch der Altenquotient hingegen steigen deutlich an. Vor allem die geburtenstarken Jahrgänge der Mitte der 1950er- bis Ende der 1960er-Jahre geborenen Babyboom-Generation treiben den Alterungsprozess in den nächsten Jahren maßgeblich voran.
Anmerkungen
Quelle: Jedes Alter zählt. „Für mehr Wohlstand und Lebensqualität aller Generationen“. Eine demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung zum Ende der 18. Legislaturperiode. Berlin, 2017, S. 4–6. Online verfügbar unter: https://www.demografie-portal.de/DE/Publikationen/2017/demografiepolitische-bilanz-der-bundesregierung-zum-ende-der-18-legislaturperiode.pdf?__blob=publicationFile&v=2