Der bildende Künstler Robert Koehler (1850–1917) malte diese Szene in
München. Als es im Frühling 1886 in den USA ausgestellt wurde, machte es
Schlagzeilen. Man spürt sofort, dass die Konfrontation zwischen einem
Fabrikbesitzer (links, mit Zylinderhut) und einer Gruppe rebellierender
Arbeiter im Begriff ist, in Gewalt auszuarten. Die Entfernung zwischen
der eleganten Backsteinvilla des Eigentümers, auf dessen Stufen der
Arbeitgeber symbolisch platziert ist, und der Fabrik im Hintergrund ist
vom Künstler herausfordernd abgekürzt worden. Dies erlaubt es Koehler,
die Arbeiter besser hervorzuheben, die aus der Fabrik herausströmen, um
den Arbeitervertreter zu unterstützen, der am Fuß der Treppe den
Fabrikbesitzer aus einer buchstäblichen Unterlegenheitsposition heraus
konfrontiert. Die Spannung der Lage wird durch die Haltung und das rote
Hemd des Arbeiterfunktionärs zum Ausdruck gebracht, ganz zu schweigen
von der Figur im Vordergrund, die sich mit einem Stein bewaffnet. Die
steife Haltung des Arbeitgebers, verstärkt durch seinen schwarzen Anzug
und Zylinderhut, legt nahe, dass er nicht zu einem Kompromiss neigt;
selbst sein eigener Dienstbote, der hinter ihm steht, scheint Angst vor
dem zu haben, was nach dem hitzigen Wortwechsel kommt.
Dieses Bild entstand, nachdem Koehler die Arbeiterbewegung diesseits
und jenseits des Atlantiks erlebt hatte. Der als Sohn deutscher Eltern
in Hamburg geborene Koehler zog als Kind aus Deutschland in die
Vereinigten Staaten; die Familie ließ sich in Milwaukee nieder, einem
der bevorzugten Ziele deutscher Einwanderer. Koehler studierte Kunst –
insbesondere Lithografie – in Pittsburgh und New York und besuchte dann
die Kunstakademie in München. Als man dieses Gemälde im Frühjahr 1886
auf der Ausstellung der National Academy of Design in New York zeigte,
wurde es als das bedeutendste Ausstellungsstück betrachtet. Weshalb?
Weil seine Ausstellung mit dem Höhepunkt der Forderungen amerikanischer
Arbeiter nach einem Achtstundentag zusammenfiel – begleitet von einer
Streikwelle unter Beteiligung von etwa 350.000 Arbeitern in über 11.000
Unternehmen. Die Versuche, diese Streiks niederzuschlagen, mündeten im
„Haymarket-Aufruhr“ (Haymarket Massacre) in Chicago vom 4. Mai 1886.