Kurzbeschreibung

Da die ostdeutsche ebenso wie auch die westdeutsche Wirtschaft mehr Arbeitskräfte brauchte, unterzeichnete die Regierung der DDR ein Abkommen mit der Sozialistischen Republik Vietnam, das die Einreise von Vertragsarbeitern vorsah. Die DDR-Regierung verkaufte das Abkommen allerdings als Hilfe für die vietnamesischen Arbeiter, die durch die Arbeit in ostdeutschen Betrieben fortgebildet wurden, um den eigenen Arbeitskräftemangel herunterzuspielen.

Abkommen zwischen der DDR und Vietnam über die Einreise von ausländischen Vertragsarbeitern (11. April 1980)

Quelle

Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über die zeitweilige Beschäftigung und Qualifizierung vietnamesischer Werktätiger in Betrieben der DDR

Geleitet vom Wunsch zur Vertiefung der brüderlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten und auf der Grundlage des beiderseitigen Interesses an der zeitweiligen Beschäftigung und Qualifizierung vietnamesischer Werktätiger in Betrieben der Deutschen Demokratischen Republik haben die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und die Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam dieses Abkommen geschlossen und folgendes vereinbart:

Artikel 1

(1) Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik gewährleistet vietnamesischen Facharbeitern, Fach- und Hochschulkadern (nachfolgend vietnamesische Werktätige genannt), die von der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam entsandt werden, für die Dauer von jeweils vier Jahren die Aufnahme einer Beschäftigung in Betrieben und Einrichtungen (nachfolgend Betriebe genannt) der Deutschen Demokratischen Republik.

Die Beschäftigung ist verbunden mit der Aneignung und Erweiterung praktischer Berufserfahrungen im Prozeß der produktiven Tätigkeit sowie der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Rahmen der betrieblichen Erwachsenenqualifizierung.

(2) Die Anzahl der in Betrieben der Deutschen Demokratischen Republik zum Einsatz kommenden vietnamesischen Werktätigen, die Einsatzbereiche und die vorgesehenen Tätigkeiten der Werktätigen werden in Jahresprotokollen vereinbart.

(3) Bei der Vereinbarung der Tätigkeiten in den Jahresprotokollen wird im Rahmen der Möglichkeiten berücksichtigt, daß die vietnamesischen Werktätigen auf verschiedenen Gebieten des betrieblichen Arbeitsprozesses ihre Kenntnisse vertiefen und ihre berufliche Qualifikation vervollkommnen können.

Artikel 2

(1) Für die Beschäftigung in Betrieben der Deutschen Demokratischen Republik werden vietnamesische Werktätige ausgewählt, die im Anschluß an ihre Ausbildung in der Deutschen Demokratischen Republik bleiben oder unmittelbar aus der Sozialistischen Republik Vietnam anreisen.

Das Alter der Werktätigen bei Aufnahme der Beschäftigung beträgt bei Facharbeitern 13 bis 35 Jahre und bei Fach- und Hochschulkadern bis zu 40 Jahre. []

(3) Der Aufenthalt der vietnamesischen Werktätigen in der Deutschen Demokratischen Republik erfolgt ohne Familienangehörige. In Ausnahmefällen können beide Ehepartner auf der Grundlage des Abkommens beschäftigt werden. []

Artikel 5

(1) Für die Dauer der vereinbarten Beschäftigung schließen die Betriebe der Deutschen Demokratischen Republik mit den vietnamesischen Werktätigen Arbeitsverträge in deutscher und vietnamesischer Sprache ab, in die die gegenseitigen Rechte und Pflichten aufgenommen werden. []

(3) Die Betriebe der Deutschen Demokratischen Republik oder die vietnamesischen Werktätigen können den Arbeitsvertrag vor der vereinbarten Frist nur nach vorheriger Zustimmung der Bevollmächtigten beider Abkommenspartner auflösen.

(4) Jeder der Bevollmächtigten der Abkommenspartner kann die vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages und die Rückkehr eines vietnamesischen Werktätigen in die Sozialistische Republik Vietnam fordern, wenn

a) der Werktätige gegen die Strafgesetze der Deutschen Demokratischen Republik verstößt oder wiederholt andere Rechtsverletzungen begeht,
b) der Werktätige schwerwiegend gegen die sozialistische Arbeitsdisziplin verstößt oder
c) der Werktätige wegen Krankheit oder Arbeitsunfall arbeitsunfähig ist und nach ärztlichem Gutachten mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist,
d) der Betrieb der Deutschen Demokratischen Republik die Festlegungen des Arbeitsvertrages nicht einhält oder
e) es höhere staatliche Interessen der Sozialistischen Republik Vietnam erfordern.

Die vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages erfolgt nach Zustimmung der Bevollmächtigten beider Abkommenspartner.

Für den Fall, daß der unter Buchstabe d) dieses Absatzes genannte Sachverhalt zutrifft, prüfen die Bevollmächtigten beider Abkommenspartner die Möglichkeit der weiteren Beschäftigung des vietnamesischen Werktätigen in einem anderen Betrieb der Deutschen Demokratischen Republik.

Artikel 6

(1) Die vietnamesischen Werktätigen erhalten Lohn und Prämien entsprechend den arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik.

(2) Zusätzlich zum Lohn erhalten die vietnamesischen Werktätigen eine Trennungsentschädigung in Höhe von 4.- Mark je Tag des Aufenthalts in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Trennungsentschädigung wird in Abhängigkeit von der Arbeitsdisziplin gezahlt. []

Artikel 7

(1) Die Beschäftigung der vietnamesischen Werktätigen in Betrieben der Deutschen Demokratischen Republik erfolgt in der Regel in Gruppen von mindestens 50 Personen.

(2) In den Betrieben werden geeignete vietnamesische Werktätige als Gruppenleiter eingesetzt, die vom Bevollmächtigten des vietnamesischen Abkommenspartners ernannt werden. Die Gruppenleiter unterstehen dem Bevollmächtigten des vietnamesischen Abkommenspartners und des Leiters des Betriebes. Für sie gelten die gleichen arbeitsrechtlichen Verpflichtungen wie für die anderen vietnamesischen Werktätigen. Die Gruppenleiter haben insbesondere die Aufgabe, zur engen Zusammenarbeit zwischen der Gruppe der vietnamesischen Werktätigen und dem Betriebsleiter beizutragen, Einfluß auf die Erfüllung der Arbeitsaufgaben und die Einhaltung der Arbeitsdisziplin zu nehmen und die politische und kulturelle Arbeit in der Gruppe der vietnamesischen Werktätigen zu organisieren. []

Artikel 8

(1) Die Unterbringung der vietnamesischen Werktätigen erfolgt in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften, deren Ausstattung dem Niveau von Arbeiterwohnheimen für Werktätige der Deutschen Demokratischen Republik entspricht. []

Quelle: Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über die zeitweilige Beschäftigung und Qualifizierung vietnamesischer Werktätiger in Betrieben der DDR, in Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Ausländer, Hrsg., Die ausländischen Vertragsarbeiter in der ehemaligen DDR. Darstellung und Dokumentation. Berlin, 1996, S. 83ff.