Quelle
Edict über die Finanzen des Staats
und die neuen Einrichtungen der
Abgaben
Wir Friedrich
Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.
Haben Uns bisher unablässig damit beschäftigt, die besten Mittel ausfindig zu machen, um den durch den letzten Krieg gesunkenen Wohlstand Unsers Staats wieder herzustellen, den Kredit empor zu heben und die Verpflichtungen zu erfüllen, welche der Staat gegen seine Gläubiger auf sich hat, insbesondere haben wir durch sehr große Anstrengungen, soviel als nur immer möglich war auf die an Se. Majestät den Kaiser der Franzosen zu entrichtende Kriegeskontribution von 120 Millionen Franken abgetragen, so daß solche mit dem Ende des jetzt laufenden Jahres zur Hälfte abbezahlet seyn wird. Mit Rührung haben Wir die Beweise von Anhänglichkeit aller Klassen Unserer getreuen Unterthanen an Unsere Person, Unser Haus und Unsere Regierung bemerkt, insonderheit auch die Hülfe erkannt, welche Uns bei der Sicherstellung der gedachten Kontribution und bei der Aufbringung der einstweilen nöthigen Fonds von Unsern getreuen Ständen und von dem Handelsstande mit gröster Bereitwilligkeit geleistet worden ist. Die Schwierigkeiten, welche Wir noch zu überwinden haben, sind beträchtlich, und erfordern noch zu Unserer Bekümmerniß nicht geringe Opfer. […]
Wir sehen Uns genöthigt, von Unsern getreuen Unterthanen die Entrichtung erhöhter Abgaben, hauptsächlich von der Konsumtion und von Gegenständen des Luxus zu fordern, die aber vereinfacht, auf weniger Artikel zurückgebracht, mit Abstellung der Nachschüsse und der Thor-Accisen, so wie mehrerer einzelner lästigen Abgaben, verknüpft und von allen Klassen der Nation verhältnißmäßig gleich getragen, und gemindert werden sollen, sobald das damit zu bestreitende Bedürfniß aufhören wird. In den Gegenden, welche durch den Krieg ganz vorzüglich gelitten haben, besonders im Königreich Preußen, wollen wir Bedacht nehmen, durch außerordentliche Hülfsmittel die Last zu erleichtern, welche aus jenen neuen Konsumtionssteuern entsteht.
Es versteht sich übrigens, daß die durch das Kontinental-System
für jetzt nothwendig gewordenen hohen Abgaben von Kolonial-Waaren, die
für diese bestimmten niedrigeren Sätze in sich fassen.
Ueberhaupt aber soll das drückende jener neuen Auflagen dadurch möglichst vergütigt werden, daß Wir mittelst einer gänzlichen Reform des Abgaben-Systems alle nach gleichen Grundsätzen für Unsere ganze Monarchie von Jedermann wollen tragen lassen. Auf dem kürzesten Wege wird daher auch ein neues Kataster angelegt werden, um die Grundsteuer danach zu bestimmen.
Unsere Absicht ist hierbei keinesweges auf eine Vermehrung der bisher aufgekommenen gerichtet, nur auf eine gleiche und verhältnißmäßige Vertheilung auf alle Grundsteuerpflichtigen. Jedoch sollen alle Exemtionen wegfallen, die weder mit der natürlichen Gerechtigkeit, noch mit dem Geist der Verwaltung in benachbarten Staaten länger vereinbar sind. Die bis jetzt von der Grundsteuer befreit gebliebenen Grundstücke, sollen also ohne Ausnahme damit belegt werden, und Wir wollen, daß es auch in Absicht auf Unsere eigene Domanial-Besitzungen geschehe. Wir hoffen, daß diejenigen, auf welche diese Maaßregel Anwendung findet, sich damit beruhigen werden, daß künftig der Vorwurf sie nicht weiter treffen kann, daß sie sich auf Kosten ihrer Mitunterthanen, öffentlichen Lasten entziehn, so wie mit den Betrachtungen: daß die von ihnen künftig zu entrichtende Grundsteuern dem Aufwande nicht gleich kommen, den sie haben würden, wenn man die ursprünglichen auf ihren Gütern haftenden Ritter-Dienstverpflichtungen von ihnen forderte, für welche die bisherigen ganz unverhältnißmäßigen Abgaben gegen die Grundsteuer wegfallen; wie auch, daß freie Benutzung des Grundeigenthums, völlige Gewerbefreiheit und Befreiung von andern Lasten, die sonst nothwendig gewesen seyn würden, statt finden sollen; endlich daß die Grundsteuer schon in einem großen Theile Unserer Monarchie von den Gutsbesitzern wirklich getragen wird.
Wir wollen nämlich eine völlige Gewerbefreiheit gegen Entrichtung einer mäßigen Patentsteuer und mit Aufhören der bisherigen Gewerbesteuern verstatten, das Zollwesen simplifiziren lassen, die Bann- und Zwanggerechtigkeiten aufheben und zwar da, wo ein Verlust wirklich nach den vorzuschreibenden Grundsätzen erwiesen wird, gegen eine Entschädigung abseiten des Staats; dem Theile Unserer Unterthanen, welcher sich bisher keines Eigenthums seiner Besitzungen erfreute, dieses ertheilen und sichern, auch mehrere drückende Einrichtungen und Auflagen gänzlich abschaffen. […]
Wir haben die landesväterliche Absicht, Unsere Domainen zur Tilgung der Staatsschulden zu bestimmen. Zu dem Ende ist ihr successiver Verkauf beschlossen […].
Ferner haben Wir beschlossen, die geistlichen Güter in Unserer Monarchie zu säkularisiren und verkaufen zu lassen, das Aufkommen davon aber gleichfalls dem Staatsschulden-Abtrage zu widmen, indem Wir für vollständige Pensionirung der jetzigen Pfründner und für reichliche Dotirung der Pfarreien, Schulen und milden Stiftungen sorgen. Wir haben hierin nicht nur das Beispiel fast aller Staaten und den allgemeinen Zeitgeist vor Uns, sondern auch die Ueberzeugung, daß Wir weit mehr der Gerechtigkeit gemäß handeln, wenn Wir jene Güter unter den oben erwähnten Bedingungen zur Rettung des Staats verwenden, als wenn Wir zu diesem Ende das Vermögen Unserer getreuen Unterthanen stärker anziehen wollten.
Wäre es thunlich, nur Unsere Domainen schnell genug gegen
baares Geld umzusetzen; so würde der Werth derselben allein hinreichen,
Unsern Verpflichtungen zu genügen, ohne irgend einen Anspruch an das
Kapital-Vermögen Unserer getreuen Unterthanen zu machen.
Da dieses aber ganz unmöglich ist, da durch Anlehn im Auslande der Zweck nicht allein zu erfüllen stehet, obgleich Wir Maaßregeln genommen haben, diese Quelle, so weit es nur immer geschehen kann, zu benutzen, so bleibt nichts übrig, wenn der Staat gerettet werden soll, als das Fehlende an baarem Gelde im Lande selbst anzuschaffen.
Wir wollen dieses aber – mit Ausnahme einer ein für allemal, jedoch in mehreren monatlichen Terminen zu entrichtenden sehr mäßigen Steuer, von denen, die sich von der Arbeit ihrer Hände nähren und nur ein ganz geringes Vermögen besitzen; – nicht als eine Auflage, weder auf das Vermögen, noch auf das Einkommen, verlangen, sondern nur als ein Anleih, behufs Tilgung der Kontribution an Frankreich, auf Unsere, wie oben schon erwähnt ist, zur Befreiung des Staats von Schulden bestimmten Domainen und die geistlichen Güter. Dieses Anleih soll zu vier Procent jährlich richtig verzinset werden, und Wir sichern dessen Wiederbezahlung durch spezielle Hypothezirung eigner dazu anzuweisender Domainenämter und geistlicher Güter, die überdem noch solidarisch dafür haften und die Zinsenzahlung leisten sollen. Es sollen Bedingungen damit verknüpft werden, wodurch die Masse der Staatspapiere, die man zu ? nach dem Nominalwerth dabei wird anbringen können, vermindert und der Werth der übrig bleibenden erhöhet wird, und das Anleih soll man auch nicht auf einmal, sondern binnen zwei Jahren in halbjährigen Terminen entrichten. […]
Wir werden übrigens Unsere stete und gröste Sorgfalt darauf richten,
durch jede nothwendige und heilsame Einrichtung in polizeilicher und
finanzieller Hinsicht Unsern uns so sehr am Herzen liegenden Hauptzweck,
das Wohl Unserer getreuen Unterthanen herzustellen, möglichst zu
befördern. Zu dem Ende soll auch die nächste Möglichkeit ergriffen
werden, das Münzwesen auf einen festen Fuß zu setzen, so wie Wir Uns
vorbehalten, der Nation eine zweckmäßig eingerichtete Repräsentation,
sowohl in den Provinzen als für das Ganze zu geben, deren Rath Wir gern
benutzen und in der Wir nach unsern landesväterlichen Gesinnungen, gern
unsern getreuen Unterthanen die Ueberzeugung fortwährend geben werden,
daß der Zustand des Staats und der Finanzen sich bessere, und daß die
Opfer, welche zu dem Ende gebracht werden, nicht vergeblich sind. So
wird sich das Band der Liebe und des Vertrauens zwischen Uns und Unserm
treuen Volk immer fester knüpfen.
Quelle: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1810. Berlin: Georg Decker [1810], S. 25-28, 31.
Abgedruckt in Walter Demel und Uwe Puschner, Hg. Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789-1815, Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 6. Stuttgart: P. Reclam, 1995, S. 279-85.