Kurzbeschreibung

Einer der größten Propagandaerfolge des Regimes war die große Popularität Hitlers in der deutschen Bevölkerung. Eine konzertierte Aktion, welche die emotionalen Hoffnungen und Ängste der Bevölkerung ausnutzte und sie mit dem Bild des Führers verknüpfte, schuf einen Personenkult um die Idee von Adolf Hitler als Retter des deutschen Volkes, ein Phänomen, das Ian Kershaw den „Hitler-Mythos“ genannt hat. Viele Deutsche hingen diesem Mythos schon früh und mit Begeisterung an – und für einige hatte diese Überzeugung eine fast spirituelle Bedeutung, die erst sehr spät im Krieg gebrochen wurde. Ein Schlüsselelement dieses gesellschaftlichen Glaubens war, dass viele Deutsche echtes Vertrauen in Hitlers Fähigkeit hatten, ihre Probleme zu lösen – sowohl als Deutsche als auch als Einzelpersonen – und weder ihn noch das Regime fürchteten. Diese Sammlung von Briefen offenbart sowohl die intensive Verehrung der Bevölkerung für Hitler als auch ein Gefühl dafür, wie wohl sich die Deutschen dabei fühlten, ihrem Führer zu schreiben. In einigen Briefen wurde Hitler gebeten, sich für sie einzusetzen, wie z. B. in dem persönlichen Appell an „Onkel Hitler“, die Deutschen im Memelgebiet vor der Unterdrückung zu „erlösen“, unter der sie angeblich durch die örtlichen Juden und Litauer litten. In anderen Fällen applaudierten die Deutschen Hitler und dankten ihm für seine Taten, wie etwa das Lob und die Dankbarkeit, welche die neunjährige Helga J. Hitler für die „Rückführung“ des Sudetenlandes an Deutschland entgegenbringt. Zu den Appellen gehörten auch Bitten an Hitler, direkt in persönlichen Angelegenheiten von Privatpersonen zu intervenieren, wie im Fall einer Mutter und Ehefrau, die darum bittet, dass der Leichnam ihres gefallenen Sohnes zur Beerdigung nach Hause überführt wird.

Briefe an Hitler (1933–1943)

Quelle

1. Brief von Annelene K. aus Heydekrug im Memelgebiet vom 7. Mai 1933

Lieber, guter Onkel Hitler.

Wir warten schon lange auf Dein Kommen in unser Memelgebiet. Vom kleinsten Kinde an bis zum größten Menschen, Juden und Szameiten ausgeschlossen, ruft hier alles voller Begeisterung nur „Heil Hitler!“ Wir würden uns alle sehr, sehr freuen, wenn wir wieder zu Deutschland kämen. Die Juden und Litauer müssen dann doch alle raus, nicht wahr? Die machen sich hier schon furchtbar mausig. Wenn ich zu ihnen sage: „Heil Hitler!“, dann wollen sie mich verhauen oder sie rufen: „Heil Haag!“, weil doch vor nicht langer Zeit im Haag das Schandurteil gegen das Memelgebiet ausgesprochen wurde.

Unser „Kommandant“ hat streng verboten, hier Hakenkreuze oder ähnliche Abzeichen zu tragen. Heil Hitler dürfen wir auch nicht rufen, dann kommen wir gleich nach der Feste Bajohren und werden dort eingekerkert. Ja, lieber Onkel Hitler, wir sind hier wie in der Gefangenschaft. Komm doch möglichst bald, und erlöse uns von den Juden und Litauern. Die Juden nehmen uns hier nicht nur das Brot weg, sondern sie schlachten sogar zu Ostern Christen ab. Jedes Kind fürchtet sich vor Ostern, nach einem jüdischen Geschäft zu gehen. Das ist doch schrecklich. Wenn unsere Zeitung mal etwas schreibt, was den Litauern nicht gefällt, dann wird der Zeitungsmann gleich mit einer hohen Geldstrafe oder mit Festungshaft bestraft. Also, lieber Onkel Adolf, komme doch recht bald.

Ich werde versuchen, diesen Brief an meinen Onkel, Richard Maul, nach Tilsit, Garnisonsstraße 33, zu schicken, ich hoffe, dass der liebe Gott mir hilft, dass dieser Brief Dich erreicht. Solltest Du so gnädig sein, einmal an mich zu schreiben, dann schicke den Brief ja nicht an mich direkt, sondern an: Richard Maul, Tilsit, Garnisionsstraße 33.

Der Onkel Maul wird ihn schon an mich befördern, denn ich habe ihn darum gebeten. Wenn der Kommandant das erfahren möchte, würde er mich totschießen lassen, aber ich fürchte nichts, ich will handeln wie Horst Wessel, dessen Lied nicht nur ich, sondern die ganze Jugend hier täglich singt.

Nun, lieber Onkel, sprich auch nicht ins Radio von diesem Brief, denn die Litauer sind ganz gierig darauf, Deine schönen Radioreden zu hören.

Sei herzlich gegrüßt von der Memelländischen Jugend und besonders von Deiner kleinen 13¾-jährigen Nichte

hs: Annelene K.

Quelle: RGWA Fond 1355, Opis 1, Delo 6, Blatt 178; in Henrik Eberle, Briefe an Hitler: Ein Volk schreibt seinem Führer. Unbekannte Dokumente aus Moskauer Archiven – zum ersten Mal veröffentlicht. Bergisch-Gladbach: Lübbe, 2007, S. 133–34. © Bastei Lübbe AG

2. Brief von Horst Schrade an Hitlers Halbschwester Angela Raubal auf dem Obersalzberg am 10. Dezember 1936

Es möcht mein Herz zerspringen,
Wenn es „Mein Führer“ ruft;
Es möchten tausend Stimmen
Auf einmal aus dem Innern klingen,
Wenn es Dich, o Führer, ruft.
Tränen müssen dringen –
Dennoch liegt mein Herz in Banden,
Weil es nicht bei Dir, mein Führer, steht.
Möcht mit durch alle Landen,
Frühen Morgens, abends spät!
Meine Tränen fließen –
Ich wünscht, Du würdest es sehn.
Würde mich in Deine Arme schließen –
Kräfte schöpfen, stündlich mit Dir gehn.
Heiliger Wille würd’ entsprießen:
Rank und gerade stehn!

Horst Schrade

Quelle: RGWA Fond 1355, Opis 1, Delo 20, Blatt 113f, in Eberle, S. 225

3. Helga J. aus Wandsbek am 30. September 1938

Mein lieber Führer,

ich habe am 29. September Geburtstag gehabt, da bin ich neun Jahre geworden. Nun danke ich Dir, dass Du mir solch schönes Geburtstagsgeschenk gemacht hast und das Sudetenland nach Deutschland zurückbrachtest, denn nun braucht Vati nicht in den Krieg, denn Vati ist noch jung.

Nun wünsche ich Dir noch recht viel Glück und ein langes Leben.

Herzliche Grüße von Deiner Helga J.

Quelle: RGWA Fond 1355, Opis 1, Delo 30, Blatt 46f; in Eberle S. 344

4. Ein Ehepaar aus Berlin-Charlottenburg (September/Oktober 1938)

Herrn Führer und Reichskanzler!

Aus tiefstem Herzen danken wir Ihnen, unser Führer, für alle Bemühungen.

Es macht froh und glücklich zu wissen, dass Friede ist u. bleibt. Von ganzem Herzen wünschen wir Ihnen, unser verehrter Führer, gute Gesundheit, langes, glückliches Leben, möge Ihnen, unser Führer, auch fernerhin immer ein wohlwollendes Schicksal zur Seite stehn.

Dies wünschen aus dankbarem Herzen mit Heil Hitler

Josef u. Elli Jablonski

Quelle: RGWA Fond 1355, Opis 1, Delo 30, Blatt 41; in Eberle, S. 345

5. Schreiben aus Dresden vom 3. Oktober 1938

Sehr geehrter Herr Reichskanzler, geliebter Führer!

Worte sind zu wenig, um das auszusprechen, was wir empfinden angesichts des bewunderungswürdigen Erfolges, den Sie, geliebter Führer, errungen haben.

Dieses Mal war es bestimmt am schwersten, verbunden mit schlaflosen Nächten, um uns und den anderen Völkern großes Blutvergießen zu ersparen.

Unser großes Vertrauen sagte uns aber, dass Sie, geliebter Führer, alles bedenken und erwägen werden, ehe ein Schuss fällt.

Nicht bloß, dass unsere gequälten sudetendeutschen Brüder u. Schwestern heimkehren, ist die Tat mit England ja großartig. Na endlich haben die Engländer mal einen tatkräftigen Mann, der sie belehren wird. Desgl. auch Frankreich hat wieder mehr Glauben an uns zurückgewonnen.

Für dieses alles danken wir Ihnen, geliebter Führer, aus übervollem Herzen und wünschen von ganzem Herzen Gesundheit.

Wir grüßen Sie, geliebter Führer
Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!
Pg. Bruno Jäschke u. Frau
Dresden Leubnitz
Bärenklauer Str. 9

Quelle: RGWA Fond 1355, Opis 1, Delo 30, Blatt 89f; in Eberle S. 347

6. Brief von einem offensichtlich sehr alten Fräulein aus Wolfenbüttel, Luise Sellwig, vom 1. Mai 1943.

O Adolf Hitler, großer, weiser
Erhabener, sei Europas Kaiser!
Bald alle Völker Dir vertrauen,
Und werden restlos auf Dich bauen.
Nimm ihr Geschenk in Deine Hände,
Und ihnen Ruhe, Segen spende.
Lass sie der Feinde sich erwehren,
Von ihrer Arbeit sich ernähren.
Dann werden sie das Glück erleben,
Es wird den ew’gen Frieden geben!

Quelle: RGWA Fond 1235, Opis 2, Delo 26, Blatt 295ff; in Eberle, S. 414

7. Brief von Marie Schicklgruber vom 24. August 1943

Mein Führer!

Wie aus unserem Ahnennachweis hervorgeht, ist mein Mann mit Ihnen, mein Führer, ganz nahe verwandt. Ihr Großvater Georg Hiedler hat am 10.5.1842 in Döllersheim seine Großtante Anna Marie Schicklgruber geheiratet. Nur aus diesem Grunde wage ich, Sie mit einigen Zeilen zu belästigen, und möchte Ihnen, mein Führer, um Ihre Hilfe bitten. Unser ältester Sohn Anton Schicklgruber, Dachdeckerlehrling, musste am 11.1.1943 zum RAD einrücken. Er ist am 6.7.1925 geboren. Nach kaum 14 Tagen wurde er, da er groß und stark war, zur SS überstellt. Nach kurzer Ausbildung in Prag ging er nach Osten. Dort wurde er nochmals ausgebildet. Am 7. Juli kam er, gerade 18 Jahre alt, unter der Feldpostnummer 05452 C zum Einsatz. Am 10. Juli fand er bei einem Nachtangriff auf die Bahnlinie Belenichino durch einen Kopfschuss den Heldentod. In Lutschki, 50 km nördlich von Belgorod, liegt er begraben. Wir möchten ihn in die Heimat überfuhren lassen.

Deshalb bitten wir Ihnen, mein Führer, uns bei der Dienststelle 05452 C der SS um Bewilligung zur Überführung behilflich zu sein. Auch die NSDAP Ravelsbach sehe es als höchste Ehre an, einen Helden aus der Blutlinie unseres geliebten Führers auf dem Friedhof Ravelsbach beerdigt zu haben.

Der Vater des gefallenen Helden, Anton Schicklgruber sen., geb. 21.3.1899, ein Weltkriegskämpfer, ist seit 29.4.43 eingerückt. Er dient auf dem großen Luftwaffenübungsplatz Gorno 107/17 Post Reichshof, Distrikt Krakau, G.[eneral] G.[ouvernement]. Dort gibt es sehr viele Bandenlager. Ich habe beim Wehrbezirkskommando Znaim um eine Zurückstellung vom Wehrdienst angesucht. Denn mir wurde gesagt, wenn der Sohn gefallen ist, so wird der Vater zurückgestellt.

Und da ich jetzt auch noch krank bin, so bin ich nicht imstande, die Arbeit allein zu bestreiten. Ich soll die Wohnung und das Fuhrwerk ca. 100 Tage abarbeiten und dazu im Sommer, denn im Winter braucht unser Hausherr niemanden. Auch habe ich zwei schulpflichtige Kinder, und zu Hause habe ich auch Arbeit. Mein Ansuchen wurde in Znaim abgelehnt, weil es der Ortsbauernführer nicht befürwortet hat. Und so viel junge starke Männer sind zu Hause, die noch nicht einmal eine Kaserne innen gesehen haben. Sogar aktive Jahrgänge werden ganz beurlaubt. Aber ein Arbeiter darf nicht beurlaubt werden, denn da fürchten die Jungen, dass sie vielleicht einrücken müssen, wenn ein Arbeiter länger beurlaubt wird. Und wie notwendig brauche ich meinen Mann. Denn bezahlen kann ich die Arbeitstage auch nicht, denn ich bekomme für mich und drei Kinder nur 51 RM Familienunterstützung und 12 RM Wohnungsbeihilfe, und mein Mann hat nachweislich 1350 RM voriges Jahr verdient. Denn im Sommer hat er in der Landwirtschaft gearbeitet und im Winter in einem Sägewerk. Außerdem haben wir 28 Ar Weingarten von der Gutsverwaltung Ravelsbach gegen Deputat bearbeitet. Und heuer soll ich mit dieser Unterstützung leben und alle Zahlungen leisten. Dann wurden wir von unserem ältesten Sohn im Sommer wöchentlich mit 30 RM unterstützt. Deshalb bitte ich Ihnen, mein Führer, helfen Sie uns wegen der Überführung unseres Sohnes in die Heimat. Und wegen einer Beurlaubung meines Mannes.

Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Hilfe.
Mit deutschem Gruß Marie Schicklgruber
Ob. Ravelsbach 42
Post Ravelsbach N.[ieder] D.[onau]

Quelle: RGWA Fond 1235, Opis 4, Delo 16, Blatt 338–342ff; in Eberle, S. 415–16.

Briefe an Hitler (1933–1943), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5152> [22.04.2024].