Kurzbeschreibung

Unter dem Druck der wachsenden Arbeiterproteste in Ost-Berlin erklärt das ZK der SED am 16. Juni 1953, dass die Steigerung der Arbeitsnormen in der DDR-Wirtschaft zwar notwendig sei, aber nicht mehr in Form der ministeriellen Anordnung von Ende Mai, sondern durch Überzeugung freiwillig erreicht werden solle. Damit hofft man, den Protesten die Grundlage zu entziehen.

Aus der Erklärung des Politbüros des Zentralkomitees der SED (16. Juni 1953)

Quelle

1. Der Aufbau eines neuen Lebens und die Verbesserung der Lebensbedingungen sind einzig und allein auf der Grundlage der Erhöhung der Arbeitsproduktivität und der Steigerung der Produktion möglich. Nur die Verwirklichung der alten Losung unserer Partei „Mehr produzieren – besser leben“ hat zur Wiederherstellung und zur schnellen Entwicklung der Volkswirtschaft der DDR nach dem Kriege geführt. Dieser Weg war und bleibt der einzig richtige Weg.

Deshalb ist das Politbüro der Auffassung, daß die Initiative der fortgeschrittensten Arbeiter, die freiwillig zur Erhöhung der Arbeitsnormen übergegangen sind, ein wichtiger Schritt auf dem Wege zum Aufbau eines neuen Lebens ist, der dem gesamten Volk den Ausweg aus den bestehenden Schwierigkeiten weist.

Das Politbüro ist dabei der Meinung, daß eine der wichtigsten Aufgaben der Betriebsleiter, der Partei- und Gewerkschaftsorganisationen darin besteht, Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Produktion zu ergreifen, damit in der nächsten Zeit der Lohn der Arbeiter, die ihre Normen erhöht haben, gesteigert werden kann.

2. Das Politbüro hält es zugleich für völlig falsch, die Erhöhung der Arbeitsnormen in den Betrieben der volkseigenen Industrie um 10 Prozent auf administrativem Wege durchzuführen.

Die Erhöhung der Arbeitsnormen darf und kann nicht mit administrativen Methoden durchgeführt werden, sondern einzig und allein auf der Grundlage der Überzeugung und der Freiwilligkeit.

3. Es wird vorgeschlagen, die von den einzelnen Ministerien angeordnete obligatorische Erhöhung der Arbeitsnormen als unrichtig aufzugeben. Der Beschluß der Regierung vom 25. Mai 1953 ist gemeinsam mit den Gewerkschaften zu überprüfen.

Quelle: „Erklärung des Politbüros des ZK der SED zur Normenfrage“ (16. Juni 1953), Neues Deutschland (17. June 1953). Mit freundlicher Genehmigung der Neues Deutschland Druckerei und Verlag GmbH Berlin. Auch abgedruckt in Ernst Deuerlein, Hrsg., DDR. München 1966, S. 134.