Quelle
Anläßlich der Konferenz von Jalta unterzeichneten die Außenminister Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion (Anthony Eden, E.R. Stettinius, and W. Moltow) ein Protokoll, dessen Abschnitte I-VI wie folgt lauten:
[…]
III. Zerstückelung Deutschlands
Es wurde beschlossen, daß Artikel 12 (a) der Kapitulationsbedingungen für Deutschland folgendermaßen ergänzt werde:
„Das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken werden bezüglich Deutschlands höchste Machtvollkommenheit haben. In der Ausübung dieser Macht werden sie solche Maßnahmen treffen, einschließlich der völligen Entwaffnung, Entmilitarisierung und Zerstückelung, als sie für den künftigen Frieden und die Sicherheit für notwendig halten.“
Das Studium des Vorganges für die Zerstückelung Deutschlands wurde einem Komitee übertragen, welches aus Mr. Eden (Vorsitzender), Mr. Winant und Herrn Gusev besteht. Diese Körperschaft wird darüber beraten, ob es wünschenswert ist, einen französischen Repräsentanten beizuziehen.
IV. Okkupationszone für die Franzosen und Kontrollrat für Deutschland
Es wurde beschlossen, daß eine Zone in Deutschland, welche von französischen Streitkräften besetzt werden wird, Frankreich zugeteilt wird. Diese Zone wird aus der britischen und amerikanischen Zone gebildet werden und ihre Ausdehnung wird von den Briten und Amerikanern in Beratung mit der provisorischen französischen Regierung bestimmt werden.
Es wurde auch beschlossen, daß die französische provisorische Regierung eingeladen werden soll, ein Mitglied des alliierten Kontrollrates für Deutschland zu werden.
V. Wiedergutmachung
Das folgende Protokoll wurde beschlossen:
1. Deutschland muß in natura für die Verluste zahlen, welche es den alliierten Nationen im Laufe des Krieges zugeführt hat. Wiedergutmachung sollen in erster Linie diejenigen Länder erhalten, welche die Hauptlast des Krieges getragen, die schwersten Verluste erlitten und den Sieg über den Feind gestaltet haben.
2. Wiedergutmachung in natura ist von Deutschland in den drei folgenden Formen zu nehmen:
(a) innerhalb zweier Jahre nach der Übergabe Deutschlands oder dem Aufhören organisierten Widerstandes, Wegschaffungen von deutschem Nationalvermögen, welches sich sowohl auf dem Gebiete Deutschlands selbst als auch außerhalb des Gebietes befindet (Werkzeugmaschinen, Schiffe, rollendes Material, deutsche Investitionen im Auslande, Aktien Industrieller, Transport- und anderer Unternehmungen in Deutschland), welche Wegschaffungen hauptsächlich für den Zweck der Zerstörung des Kriegspotentials Deutschlands durchzuführen sind;
(b) jährliche Lieferungen von Gütern von der laufenden Produktion für eine festzusetzende Zeitspanne;
(c) Benützung deutscher Arbeitskräfte.
3. Zur Ausarbeitung eines detaillierten Planes laut vorgenannter Grundsätze für die Einhebung von Reparationen von Deutschland wird eine alliierte Wiedergutmachungskommission in Moskau errichtet werden. Sie wird aus drei Vertretern bestehen – einem von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, einem vom Vereinten Königreich und einem von den Vereinigten Staaten von Amerika.
4. Bezüglich der Festsetzung einer Gesamtsumme der Wiedergutmachung als auch der Verteilung unter den Ländern, welche unter der deutschen Aggression gelitten haben, kamen die sowjetischen und amerikanischen Delegationen folgendermaßen überein:
„Die Moskauer Reparationskommission soll in ihren anfänglichen Studien als Unterlage für die Diskussion den Vorschlag der Sowjetregierung annehmen, daß die Gesamtsumme der Wiedergutmachungen in Übereinstimmung mit den Punkten a und b des § 2 20 Milliarden Dollar sein sollten und daß davon 50% die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken erhalten solle.“
Die britische Delegation war der Ansicht, daß während der Besprechungen über die Wiedergutmachungsfrage bei der Moskauer Wiedergutmachungskommission keine Wiedergutmachungsziffern genannt werden sollten.
Der vorstehende sowjet-amerikanische Vorschlag wurde der Moskauer Reparationskommission als einer der Vorschläge, welche von der Kommission in Erwägung gezogen werden sollen, weitergegeben. (Die Verbindlichkeit dieses Vorschlags, auf den sich die Sowjetregierung in der Folge als feste Abmachung berief, wurde von den westlichen Alliierten stets bestritten.)
VI. Hauptkriegsverbrecher
Die Konferenz ist übereingekommen, daß die Frage der Hauptkriegsverbrecher der Gegenstand einer Untersuchung der drei Außenminister zur seinerzeitigen Berichterstattung nach dem Ende der Konferenz sein solle.
[…]
E. R. Stettinus, Jr.
V. Molotov
Anthony Eden
Quelle: Auszüge aus dem Protokoll der Krimkonferenz (Jalta) (11. Februar 1945); abgedruckt in Heinrich von Siegler, Hrsg., Dokumentation zur Deutschlandfrage. Von der Atlantik-Charta 1941 bis zur Berlin-Sperre 1961. Hauptband I, Chronik der Ereignisse von der Atlantik-Charta 1941 bis zur Aufkündigung des Viermächtestatus Berlins durch die UdSSR im November 1958. Zweite ergänzte und erweiterte Auflage in drei Bänden. Siegler & Co, KG. Verlag für Zeitarchive: Bonn, Wien, Zürich, 1961, S. 18–20.