Quelle
I. Die Hauptprobleme der Unabhängigmachung von westdeutschen Störversuchen im VEB Farbenfabrik Wolfen und im VEB Filmfabrik Agfa Wolfen
Die beiden Betriebe gehören zu den chemischen Betrieben unserer Republik, deren Produktion in besonders starkem Maße von der Zulieferung westdeutscher Chemierohstoffe und -Zwischenprodukte abhängig ist.
Die wichtigste Aufgabe der Farbenfabrik besteht darin, neue Produktionsmöglichkeiten für die bisher aus Westdeutschland bezogenen 77 Produkte zu entwickeln. Diese 77 Produkte sind die entscheidende Voraussetzung für die Produktion einer großen Zahl organischer Farbstoffe, Textilhilfsmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel, Pharmazeutika und Kosmetika. Sie beeinflussen ca. 15 % der Gesamtproduktion des Werkes.
In der Filmfabrik ist es dagegen nicht möglich, die Produktion der bisher aus Westdeutschland bezogenen Vorprodukte für die Filmherstellung im eigenen Werk zu organisieren. Die Aufgabe besteht darin, in gemeinsamer Arbeit mit anderen Betrieben der DDR die Voraussetzungen für eine störungsfreie Produktion in der Filmfabrik zu schaffen. […] Eine besonders wichtige Aufgabe besteht darin, alle Vorbereitungen zu treffen, um bei einer eventuellen Kündigung des Warenzeichenabkommens (Agfa) durch den westdeutschen Konzern Bayer-Leverkusen kurzfristig und wirksam mit dem neuen Warenzeichen „ORWO“ auf dem kapitalistischen Markt erscheinen zu können.
II. Bisherige Ergebnisse bei der Durchführung der Beschlüsse des 11. Plenums des ZK
[…] Im Kampf um die Erfüllung der Programme wurden bisher in der Farbenfabrik Wolfen folgende Ergebnisse erreicht:
7 Produkte werden noch 1961 in ausreichenden Mengen in der Farbenfabrik selbst hergestellt,
6 weitere Produkte werden ab 1962 produziert,
4 Produkte werden noch 1961 aus anderen Betrieben der DDR bezogen,
2 Produkte werden ab sofort aus der UdSSR geliefert,
für 16 Produkte sind Musterlieferungen aus der UdSSR eingetroffen, wovon bereits 8 mit positivem Ergebnis analysiert wurden,
bei 9 Produkten ist die labormäßige Entwicklung in der Farbenfabrik abgeschlossen und die Produktion könnte aufgenommen werden,
11 Produkte sind im Forschungsplan der Farbenfabrik enthalten, ihre Entwicklung wird vorausssichtlich noch im Jahre 1961 abgeschlossen werden,
für 10 Produkte ist der Entwicklungsweg noch ungeklärt.
Die restlichen Produkte werden in überbetrieblichen Forschungsgemeinschaften mit Akademieinstituten und Universitäten bearbeitet und voraussichtlich noch 1961 abgeschlossen. […]
In der Filmfabrik wird daran gearbeitet, bis Ende des ersten Halbjahres 1961 alle Voraussetzungen zu schaffen, damit die Produktion innerhalb weniger Tage auf das neue Warenzeichen „ORWO“ umgestellt werden kann. Gemeinsam mit der VVB Chemiefaser und Fotochemie und der Abt. Chemie der Staatlichen Plankommission wurde gesichert, daß die Vorhaben des Filmprogramms nicht von Investitionsmittelkürzungen betroffen wurden. Man kann bereits jetzt einschätzen, daß ein plötzlicher Lieferstopp seitens Westdeutschlands keinen entscheidenden Produktionseinbruch in der Filmindustrie mehr verursachen kann. Das erfordert jedoch, daß die Abt. Chemie der Staatlichen Plankommission und das Ministerium für Außenhandel den Beschluß des Politbüros über das Filmprogramm konsequent durchführen und insbesondere eine sinnvolle, sortimentsgerechte Bevorratung gewährleisten. […]
Quelle: SAPMO-BArch ZPA, IV 2/5/13, Bl. 64–67; abgedruckt in Dierk Hoffmann, Karl-Heinz Schmidt, Peter Skyba, Hrsg., Die DDR vor dem Mauerbau: Dokumente zur Geschichte des anderen deutschen Staates, 1949–1961. München: Piper, 1993, S. 380–82.