Kurzbeschreibung

Als Reaktion auf die schockierenden Ergebnisse des internationalen Schülerleistungsvergleichs (PISA) fordern Politiker/innen und Eltern Verbesserungen im Schulsystem, darunter auch Deutschunterricht für Migrantenkinder, da Bildungserfolg ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse unmöglich ist.

Sprachkenntnis als Schlüssel zum Bildungserfolg (6. März 2003)

Quelle

Sprache ist der Schlüssel zum Bildungserfolg

PISA-DEBATTE – Nach neuen Erkenntnissen aus der Pisa-Studie wird auch in Berlin wieder über den Ausländeranteil in den Schulklassen diskutiert. Die Bildungspolitiker wollen besseren Deutschunterricht – für alle Kinder. 

Die Eltern wussten es in Berlin offenbar schon seit langem, die Bildungspolitiker nehmen es erst jetzt zur Kenntnis: Bei einem Migrantenanteil von 20 Prozent sinkt das Leistungsniveau der ganzen Klasse schlagartig, stellten die Wissenschaftler mit der Pisa-Studie fest, deren neuste Teilergebnisse am heutigen Donnerstag offiziell vorgestellt werden. In Berlin galt unter den Bildungsexperten erst die 50-Prozent-Grenze als kritisch. Die 20-Prozent-Marke ist Berlin-weit im Durchschnitt schon erreicht. Im Landesschulamt sind 30 Schulen mit einem Ausländeranteil von über 80 Prozent, weitere hundert Schulen mit einer Quote von über 60 Prozent registriert. Viele deutsche Familien und besser verdienende ausländische Eltern haben ihre Kinder in den letzten Jahren aber schon in anderen Schulen angemeldet, als die 50-Prozent-Marke noch nicht erreicht war. Was tun? Die neuen Pisa-Ergebnisse haben die Bildungsexperten wenig überrascht, auch wenn die Zahlen über Berlin selbst keine Auskunft geben. Weil sich die Gesamt- und Hauptschüler nicht in ausreichender Zahl an der Pisa-Studie beteiligten, fiel Berlin, wie berichtet, aus der Erhebung heraus. „Die neuen Zahlen sind dennoch alarmierend“, sagte Schulsenator Klaus Böger (SPD) am Mittwoch. Er sieht sich in seiner Politik bestätigt, denn schon seit Monaten setzt er sich für die Förderung des Spracherwerbs ein. Beispielsweise gab Böger die Untersuchung „Bärenstark“ in Auftrag, bei der die Sprachfähigkeiten von Vorschülern getestet wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass nicht nur ausländische, sondern auch ein Drittel der deutschen Kinder Deutsch nicht beherrschen. Einem Unterricht hätten sie nicht folgen können. „Die Sprache ist der Schlüssel zum Bildungserfolg“, so Böger. Vor der Einschulung sollen die Kinder in Berlin nun grundsätzlich getestet werden, um sie anschließend besonders fördern zu können. Vor Eintritt in die zweite Klasse will Böger den Test künftig wiederholen lassen. Dies soll schon ab dem nächsten Schuljahr gelten. Unterstützung erhält der Senator von den Bildungsexperten der anderen Parteien. Die CDU allerdings fordert, dass aus dem Sprachtest schärfere Konsequenzen gezogen werden. Wer bei der Prüfung durchfalle, müsse vom Schulbesuch zurückgestellt werden. „Wenn die Kinder nicht zur Schule gehen dürfen, übt das Druck auf die Eltern aus, sich mehr um die Sprachkompetenz zu kümmern“, sagte Goetze. Eine Quote, nach der der Ausländeranteil in den Berliner Schulen nicht mehr als 20 oder 30 Prozent betragen dürfe, lehnen die Bildungsexperten ab. „Das ist nicht realisierbar“, hieß es übereinstimmend. Auch den Lehrern mag niemand die Schuld für den abfallenden Leistungsstandard geben. „Die Ausbildung muss verbessert werden“, sagte der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu. Die Lehrer würden im Studium nicht auf die mangelnde Sprachfähigkeit und den hohen Ausländeranteil vorbereitet. Der Anteil ausländischer Schüler ist im Bezirk Mitte am höchsten. Dies liegt vor allem an der hohen Ausländerquote in Wedding und Tiergarten, die mit dem früheren Ost-Berliner Bezirk Mitte zu einem Bezirk fusionierten. In Berlin gibt es rund 30 Schulen mit einem Migrantenanteil von über 80 Prozent, etwa hundert Schulen mit einem Anteil von mehr als 60 Prozent an ausländischen Kindern. Viele müssen erst mal Deutsch lernen.

Quelle: Christine Richter, „Sprache ist der Schlüssel zum Bildungserfolg“, Berliner Zeitung, 6. März 2003. https://www.berliner-zeitung.de/16354380 © 2018