Kurzbeschreibung
Auf dem Höhepunkt der Revolutionsfurcht im Frühsommer 1878
beanspruchten auch die internationalen Beziehungen Bismarcks
Aufmerksamkeit. Der Berliner Kongress wurde vom 13. Juni bis 13. Juli
1878 als internationales Treffen einberufen, um die Balkanfrage im
Gefolge des Russisch-Türkischen Krieges von 1877/78 zu lösen. Bismarck
bot seine Dienste als „ehrlicher Makler“ an, wodurch er einen
diplomatischen Triumph errang. Ursprünglich hoffte der Berliner
Magistrat, einen festlichen Empfang zum Abschluss des Kongresses zu
veranstalten. Doch als der Plan fehlschlug, verwendete er die
bereitgestellten Mittel, um dieses Gemälde bei Anton von Werner
(1843–1915) in Auftrag zu geben. Am 22. März 1881, dem 84. Geburtstag
des Kaisers, stellte der Künstler den Berliner Stadtvätern das Bild vor.
Werners Gemälde hebt eine Reihe wichtiger Teilnehmer des Kongresses
hervor, darunter den auf der linken Seite zu sehenden britischen
Premierminister Benjamin Disraeli (1804–1881). Der eigentliche
Mittelpunkt des Betrachterinteresses ist jedoch das Trio unmittelbar im
Vordergrund und genauer gesagt der Handschlag zwischen Bismarck und dem
zweithöchsten anwesenden russischen Diplomaten, Graf Pjotr A. Schuwálow
(1827–1889). Der österreichisch-ungarische Vertreter, Graf Gyula
Andrássy (1823–1890), schaut zu. Dass Schuwálow ein so gutes Verhältnis
zu Bismarck hatte, ärgerte den Leiter der russischen Delegation, Fürst
Alexander M. Gortschakow (1798–1883) (sitzend links), der anschließend
sicherstellte, dass Schuwálows Karriere bergab ging. Unter den Männern
ganz rechts befinden sich Lord Salisbury, der britische Außenminister,
und Lord Odo Russell, der britische Botschafter in Berlin (dritter bzw.
vierter von Außen). Der Handschlag im Vordergrund war teilweise vom
Künstler selbst orchestriert, der den Betrachter in die Lage versetzen
wollte, sich auf eine relativ vertrauliche Gruppe zu konzentrieren statt
auf eine undifferenzierte Ansammlung von Diplomaten. Doch das hielt
Kritiker nicht von der Beanstandung ab, Werner habe lediglich ein
„reines Wachsfigurenkabinett“ gemalt. Werner hatte sogar den Rahmen
vorgeschlagen, denn das Zimmer, in dem der Handschlag stattfand, war
besser beleuchtet als der Hauptverhandlungsraum.