Kurzbeschreibung

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844–1900) übte eine enorme Wirkung auf die deutsche Philosophie des 19. Jahrhunderts aus und war einer ihrer originellsten und provokativsten Denker. Nach dem Studium der Theologie und Philologie wurde ihm 1869 im Alter von nur 24 Jahren eine Professur in Basel angeboten. Am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 nahm er kurzzeitig als freiwilliger Krankenpfleger teil. Im Jahr 1879 sah er sich gezwungen, sein Lehramt in Basel aufgrund gesundheitlicher Probleme (er litt an einer Sehschwäche sowie häufigen Migräneanfällen) aufzugeben. 1889 erlitt er einen durch Syphilis verursachten Nervenzusammenbruch, von dem er sich nie mehr erholte.

Nietzsche wird häufig als Hauptverfechter einer irrationalen Philosophie betrachtet. Doch er war ein einflussreicher und wortgewandter Kulturkritiker, immer daran interessiert, die Heuchelei des deutschen Bildungsbürgertums zu entlarven. Nietzsches berühmtes Diktum „Gott ist tot!“ stammt aus Die fröhliche Wissenschaft. Es taucht gegen Ende des hier wiedergegebenen Auszugs auf, im Abschnitt 25 („Der tolle Mensch“). Die in den vorangegangenen Abschnitten entwickelte Argumentation macht die Logik Nietzsches überraschender Schlussfolgerung verständlicher. Nietzsche legt nahe, dass wirkungskräftige zeitgenössische Strömungen in der deutschen Gedankenwelt, darunter der Rationalismus und die Naturwissenschaften, die Ursachen für den „Tod Gottes“ seien, weil sie ihn als unglaubwürdig verworfen haben.

Friedrich Nietzsche verkündet „Gott ist tot!“: Die fröhliche Wissenschaft (1882)

Quelle

DRITTES BUCH

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Neue Kämpfe. – Nachdem Buddha tot war, zeigte man noch jahrhundertelang seinen Schatten in einer Höhle – einen ungeheuren schauerlichen Schatten. Gott ist tot: aber so wie die Art der Menschen ist, wird es vielleicht noch jahrtausendelang Höhlen geben, in denen man seinen Schatten zeigt. – Und wir – wir müssen auch noch seinen Schatten besiegen!

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Hüten wir uns! – Hüten wir uns, zu denken, daß die Welt ein lebendiges Wesen sei. Wohin sollte sie sich ausdehnen? Wovon sollte sie sich nähren? Wie könnte sie wachsen und sich vermehren? Wir wissen ja ungefähr, was das Organische ist: und wir sollten das unsäglich Abgeleitete, Späte, Seltene, Zufällige, das wir nur auf der Kruste der Erde wahrnehmen, zum Wesentlichen, Allgemeinen, Ewigen umdeuten, wie es jene tun, die das All einen Organismus nennen? Davor ekelt mir. Hüten wir uns schon davor, zu glauben, daß das All eine Maschine sei; es ist gewiß nicht auf ein Ziel konstruiert, wir tun ihm mit dem Wort „Maschine“ eine viel zu hohe Ehre an. Hüten wir uns, etwas so Formvolles, wie die zyklischen Bewegungen unserer Nachbarsterne überhaupt und überall vorauszusetzen; schon ein Blick in die Milchstraße läßt Zweifel auftauchen, ob es dort nicht viel rohere und widersprechendere Bewegungen gibt, ebenfalls Sterne mit ewigen geradlinigen Fallbahnen und dergleichen. Die astrale Ordnung, in der wir leben, ist eine Ausnahme; diese Ordnung und die ziemliche Dauer, welche durch sie bedingt ist, hat wieder die Ausnahme der Ausnahmen ermöglicht: die Bildung des Organischen. Der Gesamtcharakter der Welt ist dagegen in alle Ewigkeit Chaos, nicht im Sinne der fehlenden Notwendigkeit, sondern der fehlenden Ordnung, Gliederung, Form, Schönheit, Weisheit, und wie alle unsere ästhetischen Menschlichkeiten heißen. Von unserer Vernunft aus geurteilt, sind die verunglückten Würfe weitaus die Regel, die Ausnahmen sind nicht das geheime Ziel, und das ganze Spielwerk wiederholt ewig seine Weise, die nie eine Melodie heißen darf, – und zuletzt ist selbst das Wort „verunglückter Wurf“ schon eine Vermenschlichung, die einen Tadel in sich schließt. Aber wie dürften wir das All tadeln oder loben! Hüten wir uns, ihm Herzlosigkeit und Unvernunft oder deren Gegensätze nachzusagen: es ist weder vollkommen, noch schön, noch edel, und will nichts von alledem werden, es strebt durchaus nicht danach, den Menschen nachzuahmen! Es wird durchaus durch keines unserer ästhetischen und moralischen Urteile getroffen! Es hat auch keinen Selbsterhaltungstrieb und überhaupt keine Triebe; es kennt auch keine Gesetze. Hüten wir uns, zu sagen, daß es Gesetze in der Natur gebe. Es gibt nur Notwendigkeiten: da ist keiner, der befiehlt, keiner, der gehorcht, keiner, der übertritt. Wenn ihr wißt, daß es keine Zwecke gibt, so wißt ihr auch, daß es keinen Zufall gibt: denn nur neben einer Welt von Zwecken hat das Wort „Zufall“ einen Sinn. Hüten wir uns, zu sagen, daß Tod dem Leben entgegengesetzt sei. Das Lebende ist nur eine Art des Toten, und eine sehr seltene Art. – Hüten wir uns, zu denken, die Welt schaffe ewig Neues. Es gibt keine ewig dauerhaften Substanzen; die Materie ist ein ebensolcher Irrtum wie der Gott der Eleaten. Aber wann werden wir am Ende mit unserer Vorsicht und Obhut sein! Wann werden uns alle diese Schatten Gottes nicht mehr verdunkeln? Wann werden wir die Natur ganz entgöttlicht haben! Wann werden wir anfangen dürfen, uns Menschen mit der reinen, neu gefundenen, neu erlösten Natur zu vernatürlichen!

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Umfang des Moralischen. – Wir konstruieren ein neues Bild, das wir sehen, sofort mit Hilfe aller alten Erfahrungen, die wir gemacht haben, je nach dem Grade unserer Redlichkeit und Gerechtigkeit. Es gibt gar keine andern als moralische Erlebnisse, selbst nicht im Bereiche der Sinneswahrnehmung.

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Die vier Irrtümer. – Der Mensch ist durch seine Irrtümer erzogen worden: er sah sich erstens immer nur unvollständig, zweitens legte er sich erdichtete Eigenschaften bei, drittens fühlte er sich in einer falschen Rangordnung zu Tier und Natur, viertens erfand er immer neue Gütertafeln und nahm sie eine Zeitlang als ewig und unbedingt, so daß bald dieser bald jener menschliche Trieb und Zustand an der ersten Stelle stand und infolge dieser Schätzung veredelt wurde. Rechnet man die Wirkung dieser vier Irrtümer weg, so hat man auch Humanität, Menschlichkeit und „Menschenwürde“ hinweggerechnet.

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Herden-Gewissensbiß. – In den längsten und fernsten Zeiten der Menschheit gab es einen ganz andern Gewissensbiß als heutzutage. Heute fühlt man sich nur verantwortlich für das, was man will und tut, und hat in sich selber seinen Stolz: alle unsere Rechtslehrer gehen von diesem Selbst- und Lustgefühle des einzelnen aus, wie als ob hier von jeher die Quelle des Rechts entsprungen sei. Aber die längste Zeit der Menschheit hindurch gab es nichts Fürchterlicheres, als sich einzeln zu fühlen. Allein sein, einzeln empfinden, weder gehorchen noch herrschen, ein Individuum bedeuten – das war damals keine Lust, sondern eine Strafe; man wurde verurteilt „zum Individuum.“ Gedankenfreiheit galt als das Unbehangen selber. Während wir Gesetz und Einordnung als Zwang und Einbuße empfinden, empfand man ehedem den Egoismus als eine peinliche Sache, als eine eigentliche Not. Selbst sein, sich selber nach eigenem Maß und Gewicht schätzen – das ging damals wider den Geschmack. Die Neigung dazu würde als Wahnsinn empfunden worden sein: denn mit dem Alleinsein war jedes Elend und jede Furcht verknüpft. Damals hatte der „freie Wille“ das böse Gewissen in seiner nächsten Nachbarschaft: und je unfreier man handelte, je mehr der Herden-Instinkt und nicht der persönliche Sinn aus der Handlung sprach, um so moralischer schätzte man sich. Alles, was der Herde Schaden tat, sei es, daß der einzelne es gewollt oder nicht gewollt hatte, machte damals dem einzelnen Gewissensbisse – und seinem Nachbar noch dazu, ja der ganzen Herde! – Darin haben wir am allermeisten umgelernt.

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Kein Altruismus! – Ich sehe an vielen Menschen eine überschüssige Kraft und Lust, Funktion sein zu wollen; sie drängen sich dorthin und haben die feinste Witterung für alle jene Stellen, wo gerade sie Funktion sein können. Dahin gehören jene Frauen, die sich in die Funktion eines Mannes verwandeln, welche an ihm gerade schwach entwickelt ist, und dergestalt zu seinem Geldbeutel oder zu seiner Politik oder zu seiner Geselligkeit werden. Solche Wesen erhalten sich selber am besten, wenn sie sich in einen fremden Organismus einfügen; gelingt es ihnen nicht, so werden sie ärgerlich, gereizt und fressen sich selber auf.

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Das Leben kein Argument. – Wir haben uns eine Welt zurechtgemacht, in der wir leben können – mit der Annahme von Körpern, Linien, Flächen, Ursachen und Wirkungen, Bewegung und Ruhe, Gestalt und Inhalt: ohne diese Glaubensartikel hielte es jetzt keiner aus zu leben! Aber damit sind sie noch nichts Bewiesenes. Das Leben ist kein Argument; unter den Bedingungen des Lebens könnte der Irrtum sein.

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Die moralische Skepsis im Christentum. – Auch das Christentum hat einen großen Beitrag zur Aufklärung gegeben: es lehrte die moralische Skepsis – auf eine sehr eindringliche und wirksame Weise: anklagend, verbitternd, aber mit unermüdlicher Geduld und Feinheit; es vernichtete in jedem einzelnen Menschen den Glauben an seine „Tugenden“: es ließ für immer jene großen Tugendhaften von der Erde verschwinden, an denen das Altertum nicht arm war – jene populären Menschen, die im Glauben an ihre Vollendung mit der Würde eines Stiergefechts-Helden umherzogen. Wenn wir jetzt, erzogen in dieser christlichen Schule der Skepsis, die moralischen Bücher der Alten, zum Beispiel Senecas und Epiktets lesen, so fühlen wir eine kurzweilige Überlegenheit und sind voll geheimer Einblicke und Überblicke, es ist uns dabei zumute, als ob ein Kind vor einem alten Manne oder eine junge schöne Begeisterte vor La Rochefoucauld redete: wir kennen das, was Tugend ist, besser! Zuletzt haben wir aber diese selbe Skepsis auch auf alle religiösen Zustände und Vorgänge, wie Sünde, Reue, Gnade, Heiligung, angewendet und den Wurm so gut graben lassen, daß wir nun auch beim Lesen aller christlichen Bücher dasselbe Gefühl der feinen Überlegenheit und Einsicht haben – wir kennen auch die religiösen Gefühle besser! Und es ist Zeit, sie gut zu kennen und gut zu beschreiben, denn auch die Frommen des alten Glaubens sterben aus – retten wir ihr Abbild und ihren Typus wenigstens für die Erkenntnis!

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Die Erkenntnis mehr als ein Mittel. – Auch ohne diese neue Leidenschaft – ich meine die Leidenschaft der Erkenntnis – würde die Wissenschaft gefördert werden: die Wissenschaft ist ohne sie bisher gewachsen und groß geworden. Der gute Glaube an die Wissenschaft, das ihr günstige Vorurteil, von dem unsere Staaten jetzt beherrscht sind (ehedem war es sogar die Kirche), ruht im Grunde darauf, daß jener unbedingte Hang und Drang sich so selten in ihr offenbart hat, und daß Wissenschaft eben nicht als Leidenschaft, sondern als Zustand und „Ethos“ gilt. Ja es genügt oft schon amour-plaisir der Erkenntnis (Neugierde), es genügt amour-vanité, Gewöhnung an sie mit der Hinterabsicht auf Ehre und Brot, es genügt selbst für viele, daß sie mit einem Überschuß von Muße nichts anzufangen wissen als lesen, sammeln, ordnen, beobachten, weitererzählen; ihr „wissenschaftlicher Trieb“ ist ihre Langeweile. Der Papst Leo der Zehnte hat einmal (im Breve an Beroaldus) das Lob der Wissenschaft gesungen: er bezeichnet sie als den schönsten Schmuck und den größten Stolz unseres Lebens, als eine edle Beschäftigung in Glück und Unglück; „ohne sie“, sagt er endlich, „wäre alles menschliche Unternehmen ohne festen Halt – auch mit ihr ist es ja noch veränderlich und unsicher genug!“ Aber dieser leidlich skeptische Papst verschweigt, wie alle andern kirchlichen Lobredner der Wissenschaft, sein letztes Urteil über sie. Mag man nun aus seinen Worten heraushören, was für einen solchen Freund der Kunst merkwürdig genug ist, daß er die Wissenschaft über die Kunst stellt; zuletzt ist es doch nur eine Artigkeit, wenn er hier nicht von dem redet, was auch er hoch über alle Wissenschaft stellt: von der „geoffenbarten Wahrheit“ und von dem „ewigen Heil der Seele“ – was sind ihm dagegen Schmuck, Stolz, Unterhaltung, Sicherung des Lebens! „Die Wissenschaft ist etwas von zweitem Range, nichts Letztes, Unbedingtes, kein Gegenstand der Passion“ – dies Urteil blieb in der Seele Leos zurück: das eigentlich christliche Urteil über die Wissenschaft! – Im Altertum war ihre Würde und Anerkennung dadurch verringert, daß selbst unter ihren eifrigsten Jüngern das Streben nach der Tugend voranstand, und daß man der Erkenntnis schon ihr höchstes Lob gegeben zu haben glaubte, wenn man sie als das beste Mittel der Tugend feierte. Es ist etwas Neues in der Geschichte, daß die Erkenntnis mehr sein will als ein Mittel.

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Im Horizont des Unendlichen. – Wir haben das Land verlassen und sind zu Schiff gegangen! Wir haben die Brücke hinter uns – mehr noch, wir haben das Land hinter uns abgebrochen! Nun, Schifflein! Sieh dich vor! Neben dir liegt der Ozean, es ist wahr, er brüllt nicht immer, und mitunter liegt er da wie Seide und Gold und Träumerei der Güte. Aber es kommen Stunden, wo du erkennen wirst, daß er unendlich ist und daß es nichts Furchtbareres gibt als Unendlichkeit. Oh des armen Vogels, der sich frei gefühlt hat und nun an die Wände dieses Käfigs stößt! Wehe, wenn das Land-Heimweh dich befällt, als ob dort mehr Freiheit gewesen wäre – und es gibt kein „Land“ mehr!

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Der tolle Mensch. – Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: „Ich suche Gott! Ich suche Gott!“ – Da dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter. Ist er denn verlorengegangen? sagte der eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? – so schrien und lachten sie durcheinander. Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. „Wohin ist Gott?“ rief er, „ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung? – auch Götter verwesen! Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unsern Messern verblutet – wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnefeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Größe dieser Tat zu groß für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Es gab nie eine größere Tat – und wer nur immer nach uns geboren wird, gehört um dieser Tat willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!“ – Hier schwieg der tolle Mensch und sah wieder seine Zuhörer an: auch sie schwiegen und blickten befremdet auf ihn. Endlich warf er seine Laterne auf den Boden, daß sie in Stücke sprang und erlosch. „Ich komme zu früh“, sagte er dann, „ich bin noch nicht an der Zeit. Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert – es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Taten brauchen Zeit, auch nachdem sie getan sind, um gesehn und gehört zu werden. Diese Tat ist ihnen immer noch ferner als die fernsten Gestirne – und doch haben sie dieselbe getan!“ – Man erzählt noch, daß der tolle Mensch desselbigen Tages in verschiedene Kirchen eingedrungen sei und darin sein Requiem aeternam deo angestimmt habe. Hinausgeführt und zur Rede gesetzt, habe er immer nur dies entgegnet: „Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Grüfte und Grabmäler Gottes sind?“

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Mystische Erklärungen. – Die mystischen Erklärungen gelten für tief; die Wahrheit ist, daß sie noch nicht einmal oberflächlich sind.

Quelle: Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft (1882), in Nietzsche, Werke, herausgegeben von Karl Schlechta, 6. Ausgabe, 3 Bde. München: Carl Hanser Verlag, 1969, Bd. 2; abgedruckt in Die fröhliche Wissenschaft („la gaya scienza“), herausgegeben von Renate Reschke. Leipzig: Reclam-Verlag, 1990, Drittes Buch 108–126, S. 117–31.