Kurzbeschreibung

Um den Ölverbrauch zu reduzieren, erließ die sozialliberale Bundesregierung eine Verordnung, die den Gebrauch von Motorfahrzeugen an vier aufeinander folgenden Sonntagen verbot und die Geschwindigkeit auf Autobahnen auf 100 km/h beschränkte.

Das westdeutsche „Fahrverbot für Motorfahrzeuge“ (20. November 1973)

Quelle

Wortlaut der Verordnung über Fahrverbote für Motorfahrzeuge

Die Verordnung, die dem Kabinett zur Billigung im Umlaufverfahren vorliegt, hat folgenden Wortlaut:

Verordnung über Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen für Motorfahrzeuge vom 19. November 1973.

Auf Grund des Paragraphen eins Absatz eins und drei sowie des Paragraphen eins, zwei und vier des Energiesicherungsgesetzes vom 9. November 1973 (Bundesgesetzblatt eins S. 1585) verordnet die Bundesregierung:

Paragraph eins

Am 25. November sowie am 2., 9. und 16. Dezember 1973 dürfen Kraftfahrzeuge, Wasserfahrzeuge mit Maschinenantrieb und motorgetriebene Luftfahrzeuge in der Zeit von 3 bis 3 Uhr des jeweils folgenden Tages nicht benutzt werden.

Paragraph zwei

(1) Paragraph eins ist nicht anzuwenden, wenn die dort genannten Fahrzeuge

1. im Dienst der Behörden und Dienststellen im Bereich der inneren Sicherheit sowie von den in ihrem Auftrag tätigen Personen, im Dienst der Bundeswehr, der Streitkräfte der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantik-Vertrages, der auf Grund des Vertrages errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere, der Bundesbahn, der Bundespost oder des Zollgrenzdienstes verwendet werden;
2. im Zivilschutz einschließlich des Katastrophenschutzes und Rettungsdienstes oder regelmäßig bei Unglücksfällen, zur Krankenbeförderung oder im Pannenhilfs- und Abschleppdienst verwendet werden;
3. von Helfern der Organisationen und Einrichtungen, die Aufgaben im Sinne der Nummer zwei wahrnehmen, für Fahrten zu und von deren Einsätzen und Ausbildungsveranstaltungen verwendet werden;
4. als sonstige Dienstfahrzeuge des Bundes, der Länder und anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts oder in deren Auftrag verwendet werden;
5. von Diplomaten (rote Ausweise), Mitgliedern der Handelsvertretungen (weiße Sonderausweise), Mitgliedern von internationalen Organisationen (dunkelrote Sonderausweise), Berufskonsularbeamten oder Mitgliedern der Militärmissionen für dienstliche Fahrten verwendet werden;
6. als öffentliche Verkehrsmittel verwendet werden;
7. zur Beförderung von Personen oder Gütern sowie zum Schleppen oder Bugsieren von Schiffen im Rahmen und für Zwecke eines Gewerbebetriebes oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes verwendet werden; das Sonntagsfahrverbot des Paragraphen 30 der Straßenverkehrsordnung und die hiervon erteilten Ausnahmen bleiben unberührt;
8. Als Zug- und Arbeitsmaschinen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für betriebsbedingte Zwecke verwendet werden;
9. von Arbeitnehmern für Fahrten vom Ort des gewöhnlichen Aufenthalts zum Arbeitsplatz und zurück sowie in Ausübung der beruflichen Tätigkeit verwendet werden;
10. von Inhabern von Betrieben oder von freiberuflich Tätigen, die regelmäßig oder branchenüblich an Sonntagen tätig sind, vom Ort des gewöhnlichen Aufenthalts aus in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit verwendet werden;
11. von Schwerbeschädigten oder Schwerbehinderten, die wegen einer erheblichen Gehbehinderung auf die Benutzung ihres Kraftfahrzeuges angewiesen sind, verwendet werden;
12. bei Reisen auf dem direkten Wege in die DDR oder nach Berlin (Ost) für die Fahrt vom Ort des gewöhnlichen Aufenthalts zur Übergangsstelle oder bei Reisen aus der DDR und Berlin (Ost) von einer Übergangsstelle zum Ort des gewöhnlichen Aufenthalts verwendet werden;

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3, 5 und 7 bis 12 hat der Führer oder ein anderer Benutzer des Fahrzeuges zuständigen Personen glaubhaft zu machen, daß die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 9 sind die Voraussetzungen durch Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers glaubhaft zu machen, aus der sich Name und Anschrift des Arbeitnehmers sowie Ort, Zeit und Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit ergeben. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 10 sind von dem Inhaber eines Betriebes die Voraussetzungen durch Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Landwirtschaftskammer oder der zuständigen Verwaltungsbehörde, von dem freiberuflich Tätigen durch Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen berufsständischen Organisation glaubhaft zu machen.

Paragraph drei

(1) Die Führer von Personenkraftwagen sowie von anderen Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t dürfen auch unter günstigsten Umständen

a) auf Autobahnen (Zeichen 330) nicht schneller als 100 km/h
b) auf anderen Straßen nicht schneller als 80 km/h fahren.

(2) Sind durch Zeichen 274 höhere Geschwindigkeiten als nach Absatz 1 zugelassen oder worden solche durch Zeichen 380 empfohlen, so gelten diese Verkehrszeichen für die Dauer dieser Verordnung nicht. Gelten nach der Straßenverkehrsordnung oder nach deren Zeichen niedrigere Höchstgeschwindigkeiten (Zeichen 274) oder Richtgeschwindigkeiten (Zeichen 380) als nach Absatz 1, so sind diese zu beachten.

(3) Im übrigen bleiben die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung unberührt und gelten entsprechend. Die in Absatz 1 und 2 genannten Zeichen sind die der Straßenverkehrsordnung.

Paragraph vier

Wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen Paragraph 1 ein dort bezeichnetes Fahrzeug verwendet,
2. entgegen [] Paragraph 2 Absatz 2 und 3 eine Bescheinigung auf Verlangen nicht vorlegt.
3. entgegen Paragraph 3 Abs. 1 eine dort festgesetzte Höchstgeschwindigkeit überschreitet,

begeht eine Zuwiderhandlung im Sinne des Paragraph 14 des Energiesicherungsgesetzes, die nach dem Wirtschaftsstrafgesetz 1954 geahndet wird.

Paragraph fünf

Diese Verordnung gilt nach Paragraph 14 des dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzblatt 1 S. 1) in Verbindung mit Paragraph 19 des Energiesicherungsgesetzes auch im Land Berlin.

Paragraph sechs

Diese Verordnung tritt am 24. November 1973 in Kraft. Sie tritt nach Ablauf von sechs Monaten außer Kraft.

Der Bundeskanzler
Der Bundesminister für Wirtschaft.

Quelle: „Wortlaut der Verordnung über Fahrverbote für Motorfahrzeuge“, Die Welt, 20. November 1973. Die offizielle Version der Verordnung ist online verfügbar unter: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl173s1676.pdf