Quelle
Parteiinformation vom 15.5.1979
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Große Zustimmung und Unterstützung findet unser Weg der sozialen Sicherheit und der zielstrebigen Verwirklichung des sozialpolitischen Programms. Viele Diskussionen in den Kollektiven machten deutlich, daß unser 30jähriger erfolgreicher Weg als Werk mehrerer Generationen und als Ergebnis des Fleißes und der Schöpferkraft der Werktätigen nur unter Führung unserer Partei und im engen Bündnis mit der Sowjetunion gesehen wird.
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Auf der Grundlage der von den Kreisleitungen übermittelten Informationen zur Stimmung unter der Bevölkerung sind solche Argumente und Meinungen weiterhin in der Diskussion:
– Das Angebot entspricht zur Zeit in keiner Weise den Vorstellungen von der ständig besseren Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse.
Viele hochwertige Artikel und Waren werden exportiert, und dadurch entstehen große Versorgungslücken. In der DDR gibt es eine schleichende Preiserhöhung, vor allem bei Schuhen und Textilien.
Es werden immer mehr Artikel, besonders Haushaltchemikalien, unter dem Ladentisch verkauft. […]
Die Kreisleitung Böhlen schätzt ein, daß sich bei solchen Diskussionen teilweise auch Kommunisten in die Defensive drängen lassen und keine parteimäßige Position beziehen. In Auswertung der 10. Tagung soll sich verstärkt in den Parteikollektiven mit solchen Genossen auseinandergesetzt werden.
– Innerhalb der Sortimente hat sich bei Konsumgütern der Versorgungsgrad in den unteren Preisgruppen verschlechtert.
Worin liegt die Ursache der Reduzierung der Importe von PKW aus der Sowjetunion?
Wo liegen die Ursachen für bestimmte Versorgungsschwierigkeiten bei Bettwäsche, Autos, Gemüse?
Was unsere Republik an Erstklassigem produziert, wird entweder exportiert oder in den Exquisitläden verkauft, das kann sich der kleine Mann doch nicht leisten.
Unter der Bevölkerung gibt es keine gute Diskussion zur Versorgung, oft hört man, wie soll das erst nächstes Jahr werden, da sind keine Wahlen und kein 30. Jahrestag.
Im Zusammenhang mit Ersatzteilen, besonders für den Trabant, werden zu viele Beratungen bis ins ZK durchgeführt, die aber keine Veränderungen nach sich ziehen.
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Die Kreisleitung Torgau informiert wörtlich in ihrem Bericht dazu: „Zu diesen und anderen Fragen der Kommunalpolitik wird durch die Abgeordneten, Wahlhelfer und Genossen auch in den nächsten Tagen geduldig Antwort gegeben und die insgesamt positive Bilanz der DDR und des Kreises erläutert.“
Die Kreisleitung Borna schätzt ein, daß zu Versorgungsfragen die Gerüchtemacherei weiterhin ausgeprägt ist und daß zeitweilige Lücken in bestimmten Warensortimenten zum Anlaß für Spekulationen, gehässige Bemerkungen gegenüber dem Verkaufspersonal und Stimmungmacherei genommen werden. In diesem Zusammenhang berichtet die Kreisleitung über das offensive Auftreten vieler Genossen in Ferro Lippendorf und in der Konsumgenossenschaft Borna, wo einer Reihe von Werktätigen eindeutig nachgewiesen wurde, daß sie unter der Belegschaft zur Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs Unwahrheiten verbreiten, um Stimmung zu machen. Dort traten die Genossen noch immer kursierenden Gerüchten mit aller Entschiedenheit entgegen. Die BPO [Betriebsparteiorganisation]-Leitung der „Bella“-Schuhfabrik Groitzsch sowie die GO [Gründungsorganisation] IC Böhlen schätzen jedoch ein, daß sie bei den Diskussionen zu Versorgungsfragen nicht vorankommen, weil dabei oft die Genossen unsachlich werden und ihr eigenes Unverständnis ausdrücken, daß solche Dinge wie Bettwäsche, Pralinen, Frottiertücher, Unterwäsche usw. in Exquisitläden zu erhöhten Preisen angeboten würden.
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Quelle: „Parteiinformation vom 15.5.1979“, PDS-Archiv, Leipzig; abgedruckt in Christoph Kleßmann und Georg Wagner, Hrsg., Das gespaltene Land. Leben in Deutschland 1945–1990. München, 1993, S. 378–80.