Quelle
[…]
1mo Mit was für Gebrechen der Staats Körper behaftet sey.
Ad 1mo. Wenn man den inneren Zustand der deutschen Erblande nur einigermassen einsiehet, so fallet allzu überzeugend in die Augen, daß selbige bey weitem nicht in dem blühenden Stande, worinnen sie seyn könnten, sich befinden, und einige etwas mehr, andere etwas weniger, aber alle entkräftet und so zu sagen mit der Auszährung behaftet sind. Das Volk ist fast durchgängig arm, unterdrückt und mühseelig, die Landstädte sind öde, mit Schulden überhäuft und in ihren Einwohnern sehr vermindert. Der Nahrungs-Stand, die Fabriken und überhaupt die Industrie nebst dem Commercio, anstatt zu mehreren Kräften zu gelangen, gerathen immer mehr in Verfall. Die Schuldenlast des Staats hat sich seiter dem 10. Friedensjahren nicht vermindert, sondern vergrössert, und anstatt daß währender dieser Zeit die Erblande zu Übertragung eines künftigen Kriegs neue Kräften samlen sollen, bekommen sie von Tage zu Tage eine traurigere Aussicht. Vor diesem ware der erbländische Adel unter den reichesten von Europa zu zehlen; vor dermalen fallet dem grösten Theil schwer, zu seinen Nothwendigkeiten Rath zu schaffen. Und seine eigene Dürftigkeit setzet ihn ausser Stande, seinen Unterthanen die benöthigte Hülfe zu leisten. Die Geistlichkeit, so vormal in Überfluß lebte und dem Staat mit [ihren] subsidiis praesentaneis unter die Arme greiffen konnte, findet sich mit dem Adel fast in gleichen bedrängten Umständen. Und es bleibet kein Stand übrig, welcher nicht eine merkliche Abnahm der innerlichen Kräften verspühre. […]
2do Welche Staats-Krankheiten wegen der Gefahr die erste und schleunigste Hülfe nöthig haben. […]
3tio Aus was für Veranlassungen beyde Arten der politischen Krankheiten entspringen.
Ad 3tium. Daß Provinzien und ganze Monarchien in Macht und innerlichen Stärke steigen und fallen, setzet die Erfahrung ausser Zweifel. Es geschiehet aber in der Welt nichts ohne zureichende Ursache, und daß es nur allzu gewiß ist, daß die deutsche Erblande in ihrem Wohlstand nicht zu-, sondern abnehmen, so ist alles daran gelegen, über den Anblick dieses Übels nicht zu viel zu erschröken, noch die Augen zu-, sondern aufzumachen, dem Übel ohne alles Vorurtheil auf den Grund zu sehen, und dessen eigentliche Ursachen zu erforschen.
Diese rühren theils von äusserlichen Zufällen her, oder sie haben ihren Grund in den menschlichen Anordnungen und Willkühr. Von den erstern ist vor dermalen nur in Ansehung Böhmens und seiner Hungersnoth [1771] die Frage; die lezteren sind sehr häufig; und gleichwie die leibliche Krankheiten aus verschiedenen Veranlassungen entspringen, die nach und nach die innerliche Kräfte verderben, eine Entkräftung und endlichen ein unheilbares Übel verursachen, so äusseret sich die nämliche Würkung bey den politischen Krankheiten. […]
Es entspringen nämlich die Staatsgebrechen
A) aus der dem Volk aufliegenden unproportionirten und allzu schweren Last der Abgaben, oder
B) aus den moralischen Fehlern der Verwaltung, oder aber
C) aus der mangelhaften Regierungsform. […]
B. Die zweyte Haupt Ursache der Staats Gebrechen bestehe in den moralischen Fehlern der Verwaltung.
Ad B. Was nun die zweyte Grund-Ursache der Staats Gebrechen, nämlichen die moralische Fehler unserer Verfassung anbetrift, so setze ich in den ersten Rang
a) die bey den meisten Hof- und Länder Stellen und überhaupt bey den Räthen und Dienern Euer Majestät annoch wahrzunehmende doppelte Unwissenheit sowohl der theoretischen Känntnißen und Wissenschaften als des Facti oder der eigentlichen Verhältniß der Umstände, worinnen sich die Kräften und das innerste jeden Erblandes befinden.
Ein Jurist, Theologus, Medicus, Philosophus p.p. muß verschiedene Jahre zu Erlernung der Theorie verwenden und sich zur künftigen practischen Beschäftigung vorbereiten; allein in Ansehung desjenigen, wovon die Wohlfarth des ganzen Staats abhanget, nämlichen in Ansehung der Finanzen, Polizey, Commerzien und anderen politischen Beschäftigungen ist noch vor wenig Jahren der theoretische Unterricht und Nachziehung tüchtiger Subjecten gänzlich ausser Augen gesezt worden. […] So fehlten uns auch die einzige Mittel, die fremde Einsichten, Erfindungen, Vortheile und Erfahrungen uns eigen und recht zu Nutzen zu machen. Wie dann noch würklich verschiedene Räthe zu finden seyn dörften, welche nicht ein einziges in ihr Handwerk einschlagendes Buch und theoretische Anweisung gelesen haben. […]
Eine weitere sehr schädliche Würkung der theoretischen Unwissenheit bestehet darinnen, daß selbige die Verbesserungsvorschläge, so sich auf theoretische Sätze gründen, in einem ganz unrichtigen Begrif ansehen und als Beleidigungen der Eigenliebe und Abneigung und öfters mit einer wahren Gehässigkeit aufgenommen, andurch aber die nüzlichsten Einrichtungen wo nicht gänzlich vereitelet, jedoch sehr erschweret und auf viele Jahre verzögeret werden.
Diesem grossen Gebrechen haben zwar Euer Majestät auf Anrathen einiger Mitglieder des Staats Raths durch Stiftung verschiedener Professuren über die erwehnte politische Wissenschaften und durch die weisest hinzugefügte Verordnung, daß künftighin keiner, so diese Collegia nicht gehöret, zu Bedienungen gelangen sollte, abzuhelfen geruhet, und werden in wenig Jahren die geschickteste Subjecta in allen Arten der theoretischen Wissenschaften nicht ermangeln, auch alsdann gute Vorschläge nicht so vielen Widerspruch und Hinderniße wie dermalen vorfinden. Allein die Würkung im ganzen kann erst in einigen Jahren zu verspühren seyn, und der Mangel in der Theorie wird sich noch auf die gegenwärtige Generation erstrecken, da es in einem gewissen Alter nicht mehr thunlich ist, neue Wissenschaften zu erlernen und alte Vorurtheile abzulegen.
b) Noch nachtheiliger für den Staat ist die Unwissenheit, so in Ansehung der innländischen Umstände bey uns herrschet. Ich könnte aber solche nicht kürzer, lebhafter und überzeugender beschreiben, als solches von des Kaisers Majestät in der abschriftlichen Anlage geschehen ist. Und wer diese Unwissenheit in Zweifel ziehen wollte, dem müste die betrübte Begebenheit unbekannt seyn, daß in Böhmen so gähling, und nachdem man wenige Zeit vorher über den Überfluß der Körner geklaget, eine Hungers-Noth ausgebrochen und mit keiner Zuverlässigkeit ausfindig gemacht werden können, wie hoch sich der Getreid Vorrath und Abgang belauffe, woraus also der empfindlichste Verlust an Menschen und Geld Aufwand erwachßen müssen und auch künftig erwachßen dörfte, wenn dem Übel nicht aus dem Grunde abgeholfen würde. Dann ob zwar seiter kurzem die innländische Känntniße sich erweitert haben, so fehlet doch noch vieles, daß selbige bey denen Creiß-Ämtern, Länder- und Hof-Stellen so hoch gestiegen seyen, als es die Wohlfarth des Staats erforderet, und die Möglichkeit in den Landen unsers Nachbarn des Königs in Preussen sich werkthätig zu Tage leget. Wie dann in derselben Botmässigkeit sich kein Dorf befindet, dessen Population, Viehzucht, Fechßung, Getreid-Vorrath p. nicht in Tabellen gebracht und dem Gouvernement zu seinen weiteren Speculationen und heilsamen Anordnungen auf das genaueste bekannt seyn sollten.
So gewiß es nun an sich ist, daß wir von dieser Vollkommenheit noch weit entfernet seyen, so zuverlässig kann dargethan werden, daß die Grund Ursache hauptsächlich in unserer fehlerhaften Regierungsform zu suchen, und nicht nur möglich, sondern an sich leicht sey, selbige zu verbesseren und andurch in unseren innländischen Känntnißen wenigstens denen preussischen gleich zu kommen. […]
Mit den oberwehnten drey wesentlichen Mitteln, die überspannte Auflagen abnehmen und in andere Wege ersetzen zu können, vereiniget sich noch der zuverlässig anzuhoffende Zuwachß der landesfürstlichen Einkünfte, wenn sich auf behörige Art und mit lebhaften Eifer bestrebet wird, den innländischen Ackerbau, Viehzucht und Industrie auf einen verbesserten Fuß zu setzen und andurch das Länder Capital namhaft zu vermehren.
Daß solches an sich möglich sey, läßt sich um so weniger wiedersprechen, da ganze Länder, wie Engeland, Holland p. zum Beweisthum dienen. […]
Wir haben also an der Aufrechthaltung und Wohlfarth der Oesterreichischen Monarchie keinesweegs zu verzweifeln, und es werden wenig Länder zu finden seyn, welche sich so vieler Resourcen, als wir würklich haben, berühmen können, wobey es auch einzig und allein darauf ankommen will, daß wir selbsten diese Resourcen nicht verstopfen noch unnutz machen, sondern uns deren recht zu gebrauchen wissen. […]
Daß eine gute Erziehung und Unterricht in der Denkensart, Neigung und Fähigkeit eine grosse Veränderung würken, das menschliche Herz bilden und sogar einen allgemeinen Nationalgeist hervor bringen können, bestättigen die Geschichten der ältesten Zeiten. […]
Da nun die allgemeine Wohlfarth nicht besser und kräftiger als durch die vereinigte Bearbeitungen aller Glieder des Staats befördert werden kann, so ergiebet sich auch hieraus von selbsten, wie sehr der eigene Vortheil und die wesentliche Pflichten eines Landesfürsten erfordern, an der möglichen Verbesserung des allgemeinen Nationalgeistes mit dem lebhaftesten Eifer zu arbeiten und sich hierzu vorzüglich des Unterrichts und guten Erziehung aller Classen seines Volks zu bedienen.
Die Erfahrung setzet ausser Zweifel, daß in einem Lande, wo Unwissenheit und Dumheit herrschet, die innerliche Kräften sich nicht in einem so guten Stande befinden als sie sich befinden können, und daß hingegen die Cultur und Industrie sich in den Landen am meisten empor schwinge, in welchen die Unterthanen einen besseren Unterricht erhalten. […]
Wie ich bereits mit wenigen angemerkt habe, so ist die Wohlfarth und das wesentliche Interesse des Landesfürsten und der Unterthanen auf das engeste miteinander verbunden; woraus also die fernere richtige Folge fliesset, daß jener sowohl zu Beobachtung seiner ihm au[f]liegenden Pflichten als um seiner eigenen Interessen willen alle diensame Mittel zu Beforderung des Wohlstands, guten Auskommen und Reichthums seiner Unterthanen sorgfältigst anzuwenden habe.
Es bestehen aber diese diensame Mittel überhaupt darinnen a) die Cultur, b) die Industrie und c) das Commercium, so viel es immer die Umstände verstatten, empor zu bringen und andurch den National Reichthum nebst der Population zu vermehren, als welche nach Maaß der guten Nahrung und der glücklichen Lebensart von selbsten anwachßet.
Unter der Cultur wird vorzüglich der Ackerbau nebst der Viehzucht begriffen, dann die Erde ist so zu sagen die Erzeugnus Mutter aller unserer Erfordernißen und Bequemlichkeiten, und um ein Land reich, mächtig und seine Einwohner glücklich zu machen, müssen alle Erdstriche und Grundstücke zur Hervorbringung der grösten möglichen Menge von Producten, die daraus gezogen werden können, benutzet werden.
Da nun der Fleiß des Landmanns das wesentlichste Mittel ist, den Ackerbau als die erste Quelle des National Reichthums zu befordern, und da Staaten nur in so fern glücklich sind, in so fern sie von einer Menge fleissiger Bürger bewohnet werden, so ist auch die landesfürstliche Sorgfalt dahin zu richten, daß der Fleiß des Landmanns nicht ersticket, sondern immer mehrers angefrischet werde.
Nachdem aber solches durch nichts kräftiger geschehen kann, als wenn der Landmann einen guten und hinlänglichen Verschleiß seiner Natural Erzeigungen findet, so ist es auch eines der würksamsten Verbesserungs-Mittel, wenn in den Städten die Industrie durch Erhebung der Handwerker, Künsten, Fabriquen und Manufakturen empor gebracht, andurch vielen Menschen Nahrung, dem Landmann aber Gelegenheit verschaft wird, seine Natural Producten gut an Mann zu bringen.
In diesem Betracht ist die Industrie allerdings unter die würksamste Bereicherungs-Mittel zu zehlen, und wenn gleich bey dem pro und contra bestrittenen Satz nichts zu erinnern seyn sollte, daß die Massa der wahren Reichthümer nur durch die Natur, und nicht durch Industrie-Producten vermehret werde, da diese eigentlich kein neues Weßen hervorbringen, sondern nur auf die Vertauschung oder Verarbeitung und Umformung abzwecken und den Werth der rohen Materien, die man verarbeitet, wie auch den Werth der Natural Producten, welche die Fabrikanten während ihrer Arbeit verbrauchet haben, verschaffen, so ist doch so vieles keinem Zweifel unterworfen, daß ohne starke Consumption, ohne geschwinden Verschleiß und ohne gute Preise es schlechterdings ohnmöglich sey, den Ackerbau in seinen höchsten Flor zu bringen. […]
Um aber das gute Commerce nicht nur empor zu bringen, sondern auch in seinem beständigen Flor zu erhalten, sind auf seiten des Landesfürsten keine gekünstelte, sondern überhaupt nur die folgende allgemeine und natürliche Mittel erforderlich, daß nämlich a) die Justiz ernstlich gehandhabet, b) die Freyheit des Volks und besonders des Handelsstands nicht über die Nothwendigkeit beschrenket, c) diesem Stande aller Schutz geleistet, d) der publique Credit sorgfältigst unterhalten und e) eine gute Polizey eingeführet und beobachtet werde. […]
Eben so wenig kann ich vor dermalen in eine umständliche Ausführung eingehen, was für diensame Mittel und Wege einzuschlagen seyen, um zur Wohlfarth des ganzen Staats die Grundherren zu vermögen, daß sie ihren Unterthanen das Eigenthum der besitzenden Gründen überlassen, ihre meiste Meyerhöfe abschaffen, die Gründe gegen billige Zinnse denen Unterthanen zum Genuß übergeben und mit ihnen wegen Verwandlung der Robotten in Geld- oder Naturalien Abgaben ein billiges Abkommen treffen. […]
2do Werden die Financiers selbsten nicht in Zweifel ziehen können, daß der freye Handel und Wandel einen Staat belebe und bereichere, daß aber selbigen nichts mehr als Zwang und gehäufte Verbotte entgegen stehen. Es ist also die Freyheit als die Regel und deren Beschränkung als die Ausnahm anzusehen, aber auch hierinnen haben wir die Exemption in die Regel verwandlet und die Verbotte so weit getrieben, daß die meiste Waaren darunter begriffen sind, ohngeachtet die wenigsten in den Erblanden verfertiget werden.
Ob es nun zwar zu Vertheidigung der Verbott-Gesätze an scheinbaren Gründen nicht ermangelt und die conditionirte Ertheilung der Päße als ein sehr vortheilhaftes Mittel zu Erhebung der innländischen Fabriken angegeben wird, so laufen doch die Päße auf ein wahres und solches Monopolium hinaus, wo ein Kaufmann vor dem anderen sehr begünstiget und die Abnahm der innländischen Fabricaten durch hundertley Mittel vereitelet werden kann.
Ohne nun in weitere Wiederlegung der Verbott-Gesätze einzugehen, nehme ich die Freyheit, nur so vieles der allerhöchsten Beurtheilung vorzulegen, daß seit deme diese Gesäze in der besten Meinung bey uns eingeführet worden, der Handel und Wandel und selbsten unsere Fabriken, um derentwillen doch alles geschehen seyn soll, nicht nur nicht zugenommen, sondern im Gegentheil sehr abgenommen, und dem allerhöchsten Aerario theils durch die von ihm erhaltene namhafte Vorschüße und theils durch den Abgang an dem Mauth Gefäll einen beträchtlichen Schaden verursachet haben. […]
3tio. Wenn aber in einem Stück die Hemmung des freyen Handels und Wandels dem Staat zum empfindlichen Nachtheil gereichet, so ist es gewißlich die Einschränkung und der Verbott des Getreid-Handels. […]
Die Pfarrer wären durch die zu veranlassende fleissige Aufsicht der Ordinariorum dahin anzuhalten, daß sie einen ihrem Stande gemässen Lebenswandel führen, die Seel Sorge, den Unterricht in der Religion und die Cathechisirung fleissig verrichten.
Von Seiten des Gouvernement wäre dafür zu sorgen, daß von gelehrten und vernünftigen Männern eine geistliche Bauern Moral nach dem Begrif und den Umständen gemeiner Leuthe verfasset, darinnen die Schuldigkeiten gegen Gott, den Landesfürsten, den Nächsten und sich selbsten kurz und deutlich angezeiget, die Liebe des Vaterlands eingeprägt und die Gelindigkeit der gegenwärtigen Regierung vorstellig gemacht würde. Aus welchem zum Druck zu befördernden Schriften die Pfarrer, anstatt ihrer gemeiniglich sehr einfältigen Predigen, ein oder mehrere Capitel des Sonn- und Feyertags dem Volk vorzulesen hätten.
Der Schulmeister müsste zugleich den Kirchendiener abgeben, und da zu Unterrichtung des Landvolks die Übersetzung verschiedener bereits hier landsbekannter Würtschafts Bücher zu verfügen und zugleich die Einrichtung zu treffen wäre, daß alle landesfürstliche Befehle, welche der Landmann befolgen soll, so kurz und deutlich als möglich verfasset zum Druck beforderet und jedem Dorf zugeschickt werden, so hätte der Schulmeister sowohl die Würtschafts Unterweisungen als die erwehnte Befehle dem Volk zu bestimmten Zeiten vorzulesen und andurch den grossen Endzweck zu beforderen, daß dem Volk die nöthige Kenntniß in der Religion, Moral, Landwirtschaft und von den landesfürstlichen Verordnungen nach und nach beygebracht und andurch der ganze National Geist abgeändert und verbessert, auch der Unwissenheit der allerhöchsten Befehlen gänzlich und auf einmal abgeholffen werde. […]
Nebst diesen nützlichen Beschäftigungen hätte der Dorfrichter noch eine zu übernehmen, welche den grösten Stoff zur vollständigen Känntniß von der innerlichen Beschaffenheit des ganzen Landes an Hand geben würde. Es wären nämlichen Tabellen drucken zu lassen, welche die Rubriken von dem Namen des Districts und Dorfs, Anzahl der Häuser, ihrer männ- und weiblichen Einwohner, des Zugviehes, der Äcker, Wiesen, Wälder p. nach der vom Schulmeister genommenen Maaß, sodann die Fechsung und Erträgniß dieser Gründe enthielten. Diese Tabellen hätte der Dorfrichter entweder selbsten, wenn er schreiben kann, oder durch den Schulmeister zu füllen, bey versammelter Gemeinde vorzulesen und sodann dem Kreißbeamten zu überbringen, damit dieser aus allen Tabellen der ihm untergebenen Dorfschaften eine ganze formiren und die particularen bey Gelegenheit näher untersuchen und controliren könne. […]
In diesen Tabellen bestünde eigentlich das jährlich zu errichtende reale Staats Inventarium, welches bey Vergleichung mit dem vorjährigen von Rubrique zu Rubrique summarisch und im Detail anzeigen würde, wie viel jedes Dorf, jeder District, jeder Kreiß und endlich das ganze Königreich an Menschen, Vieh, Fechßung und Industrie zu oder abgenommen. Alsdann auch die oberste Verwaltung mit wahrer und vollkommener Verläßlichkeit beurtheilen kann, wo das Gute oder Üble stecke, aus was für Quellen es herrühre, auch wie das in einem District oder Kreiß anzutreffende Gute in allen Districten und Kreisen einzuführen und hingegen das Böse und Schädliche allgemein abzustellen und auszurotten sey. […]
Quelle: Der Josephinismus . Ausgewählte Quellen zur Geschichte der theresianisch-josephinischen Reformen. Hrsg. Harm Klueting. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1995, S. 183–91; abgedruckt in Helmut Neuhaus, Hrsg. Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789–1815, Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Hrsg. Rainer A. Müller, Band 5. Stuttgart: P. Reclam, 1995, S. 414–25.