Kurzbeschreibung

Die politische Struktur des Heiligen Römischen Reiches mit seinen zahlreichen Territorien erleichterte es gesuchten Verbrechern, sich der Gerichtsbarkeit durch Flucht in einen anderen Territorialstaat zu entziehen. Als Reaktion darauf verschickten die Behörden Steckbriefe, d. h. offene Briefe, die an alle lokalen Gerichte und Behörden sowie an diejenigen in den benachbarten Territorien gerichtet waren und sie aufforderten, flüchtige Personen, die eines Verbrechens beschuldigt wurden, festzunehmen und dem ausstellenden Gericht oder der ausstellenden Behörde zu übergeben. Der hier gezeigte Fahndungsbrief aus dem Jahr 1725 stammt aus der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach in Franken, die von einer Seitenlinie der Hohenzollern regiert wurde.

Steckbrief eines gesuchten Mörders (1725)

Quelle

Demnach Simon Jung, von Marien-Cappel im Ober-Amt Crailsheim gebürtig, ein Brandenb. Onolzbachischer Guarde-Reuter, 24. Jahr alt, lange Statur,

Angesicht, Barth, schwarzen langen Haaren, Augen und Augbraunen,

Aussprach, gestrigen Freytag den 19. dieses Monats Januarii Nachts um 12 Uhr, einen hiesigen Taglöhner, Thomas Küttenberger, nach einer unter ihnen entstandenen Zwistigkeit, im Hirschen-Wirths-Haus in der Schloß-Vorstadt, durch einen Pistol-Schuß auf der Stelle entleibet, dann, mit Zurucklassung seiner Montour, bloß mit einem leinen Kittel und Coller mit rothen wollenen Porten, auch schlechten Hut, dann Hosen von Bock-Fell, bekleidet, flüchtigen Fuß gesetzet, und zu des Thäters würcklicher Verfolg- und Wieder-Eroberung gegenwärtigen Steck-Brief abzulassen gnädigst befohlen worden;

Als werden hiermit alle und jede auswärtige Obrigkeiten, der Gebühr nach, requiriret, den Brandenburgischen Städten und Aemtern aber, wird gemessentlich befohlen, obermeldten Thäter, wo er zu bekommen seyn mögte, alsobalden in gefängliche Verhafft zu nehmen, und falls er ausserhalb Landes erobert würde, gegen versichrende Erstattung derer Unkosten, in gutter Verwahrung behalten zu lassen, dann zu Verfügung fernerer Nothdurfft und Anstalt ohnschwere Notification – bey dessen Betrettung auf Brandenburgischer Jurisdiction aber, zum Hoch-Fürstlichen Hof-Rath eilfertigen Bericht zu thun. Welche willfährige Verfügung gegen auswärtige Herrschafften mit reciprocirlichen Bezeigungen man zu erwiedern erböthig, die disseitige Aemter aber vollziehen hieran, was ihnen befohlen ist. Datum

Onolzbach, den 20. Jan. 1725.

Hoch-Fürstl. Brandenburgische Hof-Raths-Canzley.

Quelle: Steckbrief auf Johann Simon Jung, Ansbach, 1725. Online verfügbar unter: https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN667471707?tify=%7B%22view%22%3A%22info%22%7D

Steckbrief eines gesuchten Mörders (1725), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/das-heilige-roemische-reich-1648-1815/ghdi:document-5377> [12.07.2024].