Kurzbeschreibung

Der außergewöhnliche Charakter dieses Dokuments rechtfertigt seine ausführliche Wiedergabe an dieser Stelle. Der Text kommt einer politischen Autobiografie Maria Theresias gleich. Nach dem unerwarteten Tod ihres Vaters Karls VI. im Jahr 1740 bestieg eine schlecht vorbereitete, 23-jährige Maria Theresia den österreichischen Thron, nur um sich unmittelbar mit dem skrupellosen Angriff Friedrichs II. („der Große“) von Preußen gegen den Habsburgerstaat konfrontiert zu sehen. Österreich überstand die Zerreißprobe, doch um den Preis der Abtretung Schlesiens, eines seiner reichsten Territorien, an Preußen. Hier präsentiert Maria Theresia ihre erfahrenen Ansichten über die Stärken und Schwächen ihrer leitenden Minister und die Fehler ihrer Habsburger Vorgänger bei der Einräumung übermäßiger Machtfülle an die katholische Kirche und die von Adligen beherrschten Landstände. Das vorliegende Dokument offenbart, dass die Herrscher im frühneuzeitlichen Europa eine Gratwanderung vollführten, mit den Abgründen der bürokratischen, kirchlichen und adligen Eigeninteressen auf der einen und jenen der Unzufriedenheit im Volk und finanzpolitischer Schwäche auf der anderen. In einer militärischen Krise wie jener, die sich im Jahre 1740 entlud, riskierte ein Staat, der diese innenpolitischen Kräfte nur unzureichend ausbalancierte, den Zusammenbruch. Nach Auffassung der frommen Kaiserin war es nur göttliche Gnade, die im Falle Österreichs diesen Ausgang verhütete.

Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

Quelle

Erste Denkschrift

Aus mütterlicher Wohlmeinung zu besonderen Nutzen meiner Posterität verfaßte

INSTRUCTIONS-PUNCTA, welche nach ihrer Wichtigkeit in verschiedene Abhandlungen abzusondern erachtet.

Die erstere solle enthalten den Zustand der Monarchie, wie solche bei Antritt meiner Regierung so in denen innerlichen als äußerlichen Verfassungen befunden.

Die andere die Mißbräuche, so bei dieser österreichischen Monarchie unter meinen Vorfahren nach und nach eingeschlichen.

Die dritte die Maßreguln, welche in dem neun Jahr gedauerten, so beschwerlichen letzten Krieg beobachtet und durch welcherlei Ursachen bewogen worden, demjenigen, so da geschehen, die Hand zu bieten.

Die vierte jene nach erfolgtem Generalfrieden veranlaßte Veränderung in der inneren Verfassung bei denen Hofstellen und in denen Ländern, welche mit dem zur Erhaltung der Monarchie festgestellten Systemate vereinbaret worden.

Die fünfte der aus diesfälliger neuen Einrichtung der Posterität zufließende Nutzen, da solches das einzige Mittel, die Monarchie zu befestigen und bei meiner Nachkommenschaft zu erhalten.

Die sechste die Notwendigkeit, solche festgestellte Einrichtungen zu Abwendung des eigenen Untergangs beizubehalten, und welcherlei Maximen sich meine Nachfolger zu dessen Erreichung zu gebrauchen haben.

Da sich der unvermutete betrübliche Todesfall meines Herrn Vatters höchstseligster Gedächtnüs ereignet und vor mich umb so viel mehr schmerzlich ware, weilen nicht allein selben verehret und geliebet als einen Vattern, sondern als wie die mindeste Vasallin als meinen Herrn angesehen und also doppelten Verlust und Schmerzen empfunden und damahlen die zu Beherrschung so weitschichtiger und verteilter Länder erforderliche Erfahr- und Kenntnüs umb so weniger besitzen können, als meinem Herrn Vattern niemals gefällig ware, mich zur Erledigung weder der auswärtigen noch inneren Geschäften beizuziehen noch zu informieren: so sahe mich auf einmal zusammen von Geld, Truppen und Rat entblößet.

Keine Erfahrenheit in Aussuchung derer Räten wohnete mir bei, und eben darumben die natürlicher Weise damals gehabte große Timidität und Diffidenz, welche gedachte Unerfahrenheit zur Ursach hatte, die Auswahl deren so sehr benötigten Ratschlägen und Information sehr erschwerete; wie dann in denen letzteren zehen unglücklichen Jahren Ihro Majestät meines Herrn Vatters Regierung nur als ein anderer Particulair die üblen Folgen und Lamenti, die in das Publicum kommen, gehört, ohne zu wissen, warumb und aus was Grund sie kommeten, welches zu selben Zeiten nicht wie jetzund alles auf die Ministri geschoben worden. Mithin nahme die Resolution, meine Unwissenheit nicht zu verstecken, ein jeden in sein Departement anzuhören und mich also recht zu informieren. Graf Sinzendorff, der Hofkanzler ware ein großer Ministre und habe noch mehrer seinen Verlust erst nachgehends empfunden, allein dieser hatte mein Vertrauen nicht. Graf Starhemberg besaße es völlig und venerierte ich ihme recht, obwohlen er nicht so große politische Einsicht als ersterer hatte. Der erste disponierte und informierte mich anfangs von allen, letzterer aber hatte mein völliges Vertrauen. Dieses ginge ganz ruhig und gut, bis Kinsky gekommen, der mich selbsten mit bester Meinung so ir und in solche Unruhen und Konfusionen geworfen, daß aus dieser Tranquillität völlig gekommen und viel chagrin mir zugezogen.

Bei welcher Gelegenheit Bartenstein, gegen deme anfänglich recht übel prävenieret ware, kennen lernen, und zwar auf Graf Starhemberg und Herberstein Vorschlag, deme auch also gefunden, wie ihme die ganze Welt, die ihn recht kennet, das Zeugnüs leisten muß, daß er ein großer Staatsmann. Diesen habe nachgehends viel gebraucht, umb meine Brouillerien in Ministerio wieder beizulegen und ein — oder andern zuzureden, welches mich jedoch allezeit in mehreres Labrynth und Finsternüs gezogen, daß nachgehends oft indecis und mefiant wider meinen Charakter worden, daß wann Gott nicht selbst einen Strich gemacht hätte mit Absterbung aller, so wäre niemals in Stand gewesen zu remedieren, weilen lieber selbsten gelitten als violente Resolutiones zu nehmen, die der Ehre und Reputation eines anderen nachteilig waren, wohl zu verstehen, weilen dieses pure Particularungemächlichkeiten vor mich waren und selbige alle ehrlich dencketen; nur wollten sie sich zusammen nicht verstehen, meistens aus Ambition und, umb mehreres zu sagen und zu schaffen zu haben. Diese deren Gedenkensart hat zwar wohl in das Publicum eingeschlagen, jedoch in Hauptsachen niemals in etwas Wichtiges mich abgehalten, wider selbe zu resolvieren, worinnen mich Bartenstein unvergleichlich soutenieret und die Gemüter gewußt zu praeparieren, darumben mich auch völlig seines Rats und Angebens bedienet, dahero er so viel Credit bei mir bekommen, von deme er niemals abusieret, mithin er so viel wie mein Rat bestellet ware, als zur Regierung kame.

Gleich anfangs setzte mir vor diese principia zu meiner eigenen innerlichen Direction und zwar mittelst einer aufrechten Meinung und inständigen Gebet zu Gott mich dahin zu befleißen, von allen Nebenabsichten, oder Hoheiten oder Ambitionen oder andern Affecten, nachdeme mich darüber selbsten öfters in Occasionen geprüfet, mich gänzlich zu entfernen, folglich die mir obliegende Regierungsgeschäfte ruhig und standhaft zu unternehmen; wie dann dieses Principium das einzige gewesen, was in denen großen Nöten mich mit dem Beistand Gottes erhalten und die gefaßten Resolutiones befolgen machen, allermaßen in allen meinen Tun und Lassen zur Hauptmaxime erwählet, allein auf Gott zu trauen, dessen Allmacht ohne mein Zutun noch Verlangen mich zu diesem Stande auserwählet, welcher also auch mich würdig zu machen hätte durch meine Aufführung, Principia und Intentiones diesem mir aufgetragenen Beruf nach Erfordernüs vorzustehen und solcher Gestalten seine allerhöchste Protektion vor mich und, die er mir untergeben, beizuziehen und zu erhalten; welche Wahrheit mir täglich vor Augen geleget und reiflich erwogen, daß nicht mir selbst, sondern dem Publico allein zugehörig sei.

Da nun nach diesem Grundsatz meine Intentiones jeder Zeit wohl geprüfet, so habe nachgehends alles mit großer Standhaftigkeit unternommen und kräftig soutenieret, wobei so ruhig in meinem Gemüt in denen größten Nöten gewesen, als wann mich die Sachen selbsten gar nichts angiengen; dann mit der eigenen Tranquillität und Vergnügen, wann es die göttliche Providenz dergestalten disponieret hätte, die ganze Regierung alsogleich abgeleget und meinen solchen in Anspruch genommenen Feinden selbsten überlassen hätte, wann dardurch geglaubt, meiner Schuldigkeit nachzukommen, oder der Länder Bestes zu befördern, welche zwei Puncta allezeit meine Hauptmaximen waren. Und so lieb ich auch meine Familie und Kinder habe, dergestalten daß keinen Fleiß, Kummer, Sorgen noch Arbeit vor selbe spare, so hätte jedoch derer Länder allgemeines Beste denen allezeit vorgezogen, wann in meinem Gewissen überzeuget gewesen wäre, daß solches tun könne oder daß dererselben Wohlstand dieses erheischete, indeme sothaner Länder allgemeine und erste Mutter bin.

In diesen Umständen fande ich mich ohne Geld, ohne Credit, ohne Armee, ohne eigene Experienz und Wissenschaft und endlich auch ohne allen Rat, weilen ein jeder aus ihnen anvorderist sehen und abnehmen wollte, wohin die Sachen sich wenden würden. In dieser Situation befande ich mich, da von dem König von Preußen feindlich angegriffen wurde. Dieses Königs süße Worte und kräftigste Versprechungen machten sogar meine Ministres irre, maßen man nicht glauben konnte noch wollte, daß der König in Preußen feindlich agieren würde. Dieses von denen Ministris, besonders Sintzendorf hegende Vertrauen, dann meine Unerfahrenheit und guter Glauben waren Ursach, daß die Defensionsveranstaltungen in Schlesien nicht minder die Nachruckung derer nächstgelegenen Regimentern größten Teils negligieret, andurch aber den König in Preußen freie Hand gelassen wurde, das Herzogtum Schlesien sich binnen sechs Wochen zu bemächtigen.

Gotter wurde von dem König in Preußen anhero gesendet, als selbter bei Glogau stunde, und bald darauf wirklich schon Herr von Breslau war, welcher proponierete, seinem Herrn ganz Schlesien abzutreten und sofort sich seiner Assistenz gegen alle übrige Successionsansprüche, nicht minder der Beihülfe zu der Kaiserkron vor meines Gemahls Liebden zu versichern. Einige meiner Ministren hielten ratsam, sich mit dem König in Tractaten einzulassen, und zwar Sintzendorff, Harrach und Kinsky, der andere Teil des Ministerii, Starhemberg und Bartenstein, deme ich beigefallen, behauptete, samb die Abtretung eines Stuck Landes, wann solches auch nur aus einigen Fürstentümern bestünde, der Pragmatischen Successionsordnung umb so praejudicierlicher wäre, als hierdurch alle Puissancen als deren Garanteur sich zu einer ferneren Garantie umb so weniger verbunden achten würden, weilen man hiesigen Ortes sothane unzertrennliche Erbfolgen durch den angestoßenen Tractat mit Preußen selbst unterbrochen hätte, der König auch sobald er einen Teil Schlesiens durch eine Konvention erhielte, das übrige oder doch wenigstens dessen größten Teil pro indemnisatione seiner nach deren Maß zu leistenden Hilfe an sich ziehen dürfte. Die Werke haben es auch gezeiget, daß wir recht hatten und dem König es um ganz Schlesien zu tun ware.

Das Unglück ware, daß nach Fassung meiner Resolution, die preußische andringende ungerechte Gewalt mit gerechter Gegengewalt abzutreiben, sofort die Entzweiung und Gesinnung meines Ministerii eine stärkere Wurzel fassete, welches allein von meinem gar zu guten Gemüt, allen alles Gute zu tun und zu glauben, den Anfang genommen. Und wollte Gott, ich wäre allein mit denen beeden Ministren Sintzendorf und Starhemberg geblieben, sambt Bartenstein, so wären viele Sachen nicht geschehen und unterblieben, Muß mich in diesem Punkt etwas mehrers aufhalten: Sintzendorf ware ein großer Staatsmann und ware ihme Starhemberg nicht gleich, allein ware er nicht allezeit ohne Nebenabsichten, Praeventiones und Passiones; obwohlen ihme, so lang er mir gedienet, niemals etwas überweisen können, so ware doch seine Conduite nicht gar regulier mit Preußen und die Praeventiones, die man mir gegen selben gegeben, waren die Ursach, warumen mein ganzes Vertrauen auf Starhemberg gesetzt, der ein großer Mann war und gerader Teutscher. Doch hat er nicht vergessen können, daß letzterer ihme bei meinem Herrn Vattern auf die Seite gebracht und und suchte sich an dessen Platz bei mir wieder zu setzen, obwohlen doch niemals auf eine Art, die nicht gerad oder einer Intrigue gleichete. Dieser samt dem Herberstein, damaligen obristen Hofmaister bei mir, der ein Grundehren- und capabler Mann ware, haben mir Bartenstein kennen machen, vor deme sehr übel praevenirter zur Regierung gekommen, muß ihme aber die Justiz leisten, daß ihme allein schuldig die Erhaltung dieser Monarchie. Ohne seiner wäre Alles zu Grund gegangen, dann Starhemberg allein nicht mehr so aktiv ware, und habe erst lang danach erfahren, daß er Bartenstein der einzige ware, der meine Heirat mit Spanien hintertrieben, die Sintzendorf wollte, der allein die Corregentschaft ausgearbeitet und soutenieret hat, die Heirat meiner Frau Schwester geraten und Alles was die Einigkeit und Befestigung dieses Hauses angehete, gesucht zu procurieren, welches doch der Grund und Stein dieses Hauses zu allen übrigen war. Ich sage nicht, daß er ohne Fehler gewesen, welche allein von seinem Temperament hergeflossen und gewiß nicht aus Mangel der Treue und Eifer, auch nicht Ambition, vor das ich stehen kann und schuldig bin, an ihme und denen seinigen alle Zeit zu erkennen recht als ein Schuldigkeit und nicht als ein Gnad. Dies habe müssen zu meiner Satisfaktion setzen, umb denen drei Ministren die Justiz zu leisten, anerwogen alles Übel alleine aus denen Zerspaltungen erwachsen.

In der erst angetretenen so beschwerlichen Regierung vermochte unmöglich selbst, die Beschaffenheit und die Kräfte derer Länder zu erforschen, folglich mußte mich dem Einraten meines Ministerii unterziehen, keine mehrere Aushülfe weder in Geld noch an Recrouten von denen Ländern anzuverlangen, zumalen an Seiten des Ministerii beständig vorgeschützet wurde, samb derlei notdürftiges mehre Ansinnen meine antretende Regierung gleich anfänglich auf das äußerste verhasset machen möchte. Solchergestalten ware kein Geld vorhanden, die gegen Preußen destinierte wenige Regimenter mobil zu machen. Und da mich bemüssiget gesehen, zu dessen Vollziehung einige hunderttausend als Darlehne oder subsidia praesentanea von denen particularibus anzuverlangen, so mußte gewahr werden, daß die potentiores ja gar die Ministri selbst sich hierbei merklich zu verschonen trachteten.

Überhaupt war an denen fürgekehrten kaltsinnigen und lauen Defensionsveranstaltungen unschuldiger Weise der damalen von mir schon gefundene böhmische Obristcanzler Kinsky schuldig, welcher sich besonders zu Gemüt gezogen und bei mir geltend gemacht, weil solches nicht in Abrede zu stellen war, daß die Böhmen von denen Österreichern allezeit auf die Seiten gehalten worden; wie er dann auch mit Vernunft und Producierung vieler alten Schriften und Deductionen so viel mich eingenommen, daß ihn in das Ministerium wider aller und jeder Einraten gezogen, in der guten Intention, mich als eine wahre Mutter aller mir untergebenen Nationen zu zeigen.

Kaum war solches erfolget, so wollte die Vehemenz des Kinskyschen Temperaments sich in keinen Schranken mehr halten. Und obzwar anfangs diesfalls noch zu reussieren mir schmeichlete, so äußerte sich doch nachgehends, daß hierwegen alle meine Hoffnung umbsonst war, gestalten er öffentlich aus Praevention für seine Nation, der er nur allein zu favorisieren sich bemühete, folglich lediglich denen ihme anvertrauten Ländern das Wort redete, sich gegen alle übrige Erblande declarieret, eine ideale Proportion zwischen denen böhmisch und österreichischen Ländern vorschützend, um letztere mehr und erstere weniger zahlen zu machen.

Hierdurch entstunde zwischen Ministren, Hofleuten und Nationen eine ziemliche Spaltung, welche eben so bald nicht vermerkete und wie sie nachgehends schon so weit gekommen, weilen zu gut war, auch die damalige Umstände sehr hacklich, nicht standhaft genung unterbrochen, sondern nur Palliativa angewendet, so die Sachen noch mehrers verdorben haben. Dieses ist in der Tat der Anfang des Übels gewesen, dann, obzwar von der Ehrlichkeit und Treue des Kinsky Alles Gutes sagen muß, so ist jedoch auch gewiß, daß dessen Temperament, Vehemenz, Passiones und Patriotismus die wahren Quellen und Ursachen gewesen, die Alles verdorben und ihn Kinsky wider seinen Willen selbst verführet haben; anerwogen, da der Krieg in denen böhmischen Ländern eingefallen, er nicht zugeben wollte, daß allzu viele Truppen selbe überschwemmeten, allezeit in der Idee, daß man von Preußen noch wohl Meister werden könnte; zumalen der Marsch deren schwachen Regimentern, die an der türkisch- und siebenbürgischen Granitz gelegen, sehr langsam vor sich gienge, wie in gleichen die Vorsehungen in denen Ländern sehr kaltsinnig waren.

Die Umstände wurden immer betrüblicher und niemand aus dem Ministerio ware bedacht, mich und den Staat auch wegen der Entzweiung derer Länder aus diesen entsetzlichen Ambarras zu ziehen. Demnächst wurden alle Vorschläge, sobald sie denen Ländern nur zu einer wenigen Beschwernüs hätten gereichen können, von denenjenigen, so die Provincialaffären in Händen hatten, sogleich verworfen und ein jeder wollte vor das Seinige sorgen, worgegen mich damalen aus der mir annoch gebrochenen Kenntnüs zu opponieren nicht vermochte.

Khevenhüller und Neipperg wurden zu kommandierenden Generalen gegen die Preußen in Vorschlag gebracht, alleine ersterer begehrte viel Regimenter und gesicherte Gelder zu deren richtigen Bezahlung. Neipperg wurde von dem böhmischen obristen Kanzler, mithin von demjenigen portieret, so die Armee zu versorgen übernommen hatte, welcher mit Khevenhüllern gar nichts zu tun haben wollte. Ich resolvierte mich dahero zu letzterem umb so mehr als niemand seiner Kriegserfahrnüs was auszustellen wußte.

Dieser begnügte sich mit wenigen und sehr schwachen Regimentern, welche er nebst denen Generalen sich selbst aussuchete, und eben dahero erfolgete, daß teils sehr entfernete Regimenter kommandieret, weit nähere aber zuruckgelassen worden.

Ich schmeichlete mir, mittels der guten Harmonie der kommandierenden Generalen und des die Armee zu versorgenden Obristcanzlers viel Nützliches zu bewirken, alleine diese gute Einverständnüs wurde gar bald unterbrochen.

Wahr ist es, daß Neipperg über 14.000 Combattans nicht bei sich hatte, jedoch glaubete hiemit auszulangen, und einerseits ware zu Mobilmachung mehrerer Regimenter, da die Länder mit Anlagen gänzlich verschonet bleiben sollten, kein Geld vorhanden und der obriste Kanzler vermeinete durch einen unglaublichen Irrtumb, samb die Länder ohne solche zu ruinieren, nicht vermögend wären, die erforderliche Notdurft für eine mehrer Anzahl Truppen herbeizuschaffen. Andererseits aber, obschon Graf Uhlfeld aus Türkei versicherte, wie von dort aus nichts zu besorgen seie, so wollte jedoch das Ministerium auf den ganz neuerlich daselbst stabilierten Frieden nicht gänzlich vertrauen und funde sowohl diesfalls, als auch wegen dem Mißtrauen die Hungarn selbsten vor bedenklich allzu viele Truppen von der türkischen Granitz wegzuziehen.

Überhaupt wurde vermeinet, denen im Streit noch unerfahrenen Preußen mit diesen wenigen Truppen genungsam gewachsen zu sein.

Einige Ministri ließen auch ihre Hauptabsicht niemals fahren, die Umstände schlageten in Schlesien glücklich oder unglücklich aus, sich jederzeit und bei erster bester Gelegenheit mit Preußen zu setzen und zu vergleichen. Die Hoffnung, Preußen zu bezwingen, ware dahero umb so reeller, als man gegründete Hoffnung hatte, hierinen die Assistenz von Sachsen und Hannover zu erlangen, hiernächst jene von Rußland noch nicht gänzlich verschwunden ware.

Vermutlich dürfte auch erste erfolget sein, wann gleich anfänglich der Krieg in Schlesien mit mehrerer Macht und Vorsichtigkeit wäre unternommen worden. Alleine die obangezeigte Umstände haben diesfällige Lauigkeit an Seiten des Ministerii veranlasset. Wegen weiteren Kriegs mit Bayern wird unten Alles in der Beilage gefunden werden.

Die Fehler, so das Ministerium zu Lebzeiten meines Herrn Vatters begangen, fangeten mir zwar an, nicht unbekannt zu werden, allein, ohnerachtet mir alle Mühe gegeben, die Gedenkensart eines jeden in particulari zu ergründen, so habe mir jedoch nicht getrauet, in derlei wichtigen Geschäften besonders bei der anfänglich mir gebrechenden Experienz derselben Meinungen unmittelbar entgegenzuhandlen, vielmehr habe mich bemühet, die factiones zu unterbrechen und die Meinungen möglichster Maßen zu combinieren. Wiewohlen es mir nicht alle Zeit damit gelungen und ehender selbe vermehret, so habe jedoch in denen wichtigsten Beratschlagungen solches zu erreichen gesuchet.

Alleine die sich geäußerte Inconvenienzien waren dahero unvermeidentlich, weilen nach der vorgefundenen Verfassung jeder Minister gleichsam den Herrn und Meister in dem ihme übergebenen Departement abgabe, folglich darinnen allein denjenigen, so ihme nicht anständig ware, mit der in Handen gehabten Gewalt contracarieret und nur jenes befolget, so ihme anständig zu sein geschienen oder mit seiner vorgefaßten Meinung zu vereinbaren gewesen.

Dieser von so geraumen Zeiten her so fest Wurzel gefaßte Mißbrauch, so bei allen Departements fast gleich zu betreffen ware, wurde von mir zwar gleich anfänglich eingesehen, und wie stark mich auch deme entgegenstellete, so ware doch alles vergeblich und die damalige Zeiten gestatteten mir nicht solches sogleich mit Gewalt abzustellen.

Sothane Ministri waren schon meistenteils zu meines Herrn Vatters Zeiten in- und auswärts in großen Ansehen und durch ihre langwierige Dienste, andurch aber sich erworbene Verdienste hatten sich selbte eine große Experienz, dann des Publici Aufmerksamkeit und Vertrauen zugezogen; dahero umb solche Experienz mir zu Nutzen zu machen und sie meistens alte erlebte Ministres und doch Meriten hatten und ehrliche Männer waren, besonders bei damaligen Zeitläuften nicht ihrer entbehren können, andurch aber noch üblere Folgen zu veranlassen, so vermochte deren angewohnte Praepotenz nicht sogleich abzuändern, einfolglich die Sachen noch damalen, so wie sie gefunden, notwendig bis zu einer bequemlicheren Zeit beruhen lassen müssen.

Diese angezeigte Umstände führen mich zu der

Andern Abteilung,

nämlich auf die Mißbräuche, welche bei der österreichischen Regierung unter meinen Vorfahren nach und nach eingeschlichen.

Gleichwie die Pietät jene Grundsäulen ist, wodurch ein Regent den göttlichen Segen anhoffen kann, meine Vorfahren auch zu ihren bei der Nachwelt erworbenen unsterblichen Ruhm sich deren besonders befliessen, solcher Gestalten aber die göttliche Gnad und deren kräftigsten Beistand bei denen äußersten Gefahren, so den Umsturz der Monarchie angedrohet, dergestalten sichtbarlich sich zugezogen, daß je größer die Gefahr so wundernswürdiger der angediehene göttliche Beistand gewesen, auch ich selbsten meine gänzliche Erhaltung selben augenscheinlich zu danken habe, hiernächst bei so vieler mir zugedrungenen ganz außerordentlichen Beschwernüssen wahrgenommen, welchergestalten in meinem aufrichtigsten Vertrauen in die göttliche Vorsichtigkeit in keinerlei Wege hilflos gelassen worden: also kann nicht umhin, meine Nachfolger wohlmeinend zu erinnern, diesem Beispiel ihrer Vorfahrer auf das sorgfältigste nachzugehen, folglichen in allen Begebenheiten ihr wahres Vertrauen und gänzliche Zuversicht auf Gott und die von ihm anzuhoffende kräftigste Unterstützung vor allen Dingen jeder Zeit zu setzen und in allen eine reine Meinung ohne Nebenabsichten zu hegen.

Dieses aber verstehet sich nicht auf eine Scheinheiligkeit, Gleisnerei oder nicht kräftig mitwirkenden Fleiß, Arbeit und Sorgfalt zu des Staats und gemeinen Besten.

Hierbei werde was weniges von meinen Vorfahren melden. Diese haben aus großer Pietät viel und zwar die meisten Cameralgüter und Einkommen verschenket, welches zu selber Zeit zu Unterstützung der Religion und zu Aufnehmung der Geistlichkeit wohl hat geschehen können. Da aber Gott uns jetzund in denen teutschen Erblanden so gesegnet, daß sowohl die katholische Religion die florissanteste, als die Geistlichkeit genugsam und wohl fundieret ist, so fallet dieses Principium hinweg. Und wäre nicht allein nicht löblich, sondern hielte es viel mehr für sträflich, wann an die Geistlichkeit mehrers gegeben und abgetreten würde, weilen einerseits sie solches nicht bedürfen, andererseits aber jene so selbte besitzen, leider! nicht so anwenden, wie sie sollten, und anbei das Publicum sehr bedrucken. Dann kein Kloster in den Schranken der Stiftung verbleibet und viele Müßiggänger angenommen werden, welches alles eine große Remedur noch erfordern wird, wo mit der Zeit und nach guter Überlegung die Sachen weiters auszuführen gedenke.

Jedoch nehme von diesfälligen Maßreguln das Königreich Hungarn aus, allwo wegen der Religion noch viel Gutes zu bewirken wäre, worzu der daselbstige Clerus wohl beizuziehen, keinesweges aber allein mit ihnen, sondern hauptsächlich mit Weltlichen, die diesfälligen Grundsätze zu concertieren sein, welche fürnehmlich dahin abzielen müssen, wie die Seminaria, Collegia, Akademien, Spitäler vor die Kranke und Blessierte, Conservatoria vor die ledige Frauen wie in Italien zu besseren Erziehung der Jugend einzuführen: solchem nach sorgfältig dahin den Bedacht zu nehmen, jenes zu unterstützen und zu erweitern, was dem Publico, nicht aber in particulari denen Geistlichen, Mönichen oder Klöstern in allen Ländern zum Nutzen gereichet; wohl verstanden, daß auch diese heilsame Absicht nicht ehender gänzlich zu Stand gebracht werden könne, bis nicht der Militarstand der Notwendigkeit gemäß zu Erhaltung der Monarchie und zum Besten derer Länder und Unterthaner vollständig eingerichtet worden.

Welches auch von dem Camerali, wodurch die Hof- und Gesandtschafts-Erfordernüssen der Ordnung und Notwendigkeit nach zu bestreiten seie, nicht minder von dem Schuldenwesen, als woran gleichfalls die Conservation der Monarchie hanget und ohne welche kein Staat bestehen kann, zu verstehen ist. Wann einmal sothane Staatserfordernüsse in Richtigkeit gestellet, so ist ein Landesfürst schuldig zu Aufnahm oder Erleichterung seiner Länder und Untertanen, wie auch derer Armen alles anzuwenden, keineswegs aber mit Lustbarkeiten, Hoheiten und Magnifizenz die einhebende Gelder zu verschwenden.

Und obwohlen diese glückselige Zeit nicht erleben dürfte, so hoffe jedoch durch meine so beständige mühesame Bemühung, Sorg und Kummer die Sachen in einen solchen Stand zu setzen, daß, wann Gott seinen Segen darzu gibt, in fünfzig Jahren, auch vielleicht noch eher, man verspüren wird, wie gedacht habe; mithin mich zuversichtlich auf meine Nachfolger verlasse, daß selbe continuieren werden, in denen principiis der Tugend, Gottesforcht, Gerechtigkeit und väterlicher Liebe, Milde und Sorgfalt zu ihren Ländern und Untertanen zu beharren, so man ihnen in ihrer Jugend einzuprägen gesucht. Sollte solches, wo Gott davor behüte, nicht geschehen, so würde wünschen und von Gott inständig bitten, daß, wann frembde und die Feinde selbsten mehrere Verdienste hätten, und für ihre Länder besser sorgeten, daß solche denenselben tausendmal lieber zu Teil werden möchten.

Um aber wieder auf meine Vorfahren zurückzukommen, so haben selbige nicht allein die meiste Cameralgüter verschenket, sondern noch darzu von denen in Rebellionszeiten konfiszierten Gütern die Schulden auf sich genommen, die noch wirklich zum Last des Aerarii gereichen. Kaiser Leopoldus fande nicht mehr so viel zu verschenken, alleine die von ihme geführte schwere Kriege haben vermutlich verursachet, daß die noch übrigen Cameralgüter versetzt und verpfändet, auch solches durch die Nachfolger nicht erleichtert worden, dergestalten, daß die vorgefundene Cameralerträgnüsse kaum 80.000 Gulden erreichen, wie dann auch bei meinen Vorfahren die Ministri große Regalien vom Herrn selbst und denen Ländern erhalten, weilen selbte nicht allein der Milde, Gnad und österreichischen Munifizenz gar schmeichelhaft sich gewußt zu gebrauchen und solche hervorzustreichen, auch der Vorfahren hierdurch erworbenen Ruhm denen gegenwärtigen vorzustellen, sondern auch, indem selbige gemeiniglich das Ohr des Landesfürsten sambt der Geistlichkeit besessen, alles erhalten, was sie nur gewollt. Auch hat sich deren Kredit soweit erstrecket, daß sie in denen Ländern mehr geforchten und verehret worden als der Landesfürst selbsten. Und da endlich die landesfürstliche Mittel abgenommen, so haben sich derlei Ministri, umb sich remunerieren zu lassen zu denen Ländern gewendet, woraus sodann deren große Praepotenz erwachsen. Und da endlich die Klagen bis zu dem Landesfürsten gekommen, so ist jedoch ein solcher aus Gnad und Langmut noch einige Zeit zugelassen worden.

Und obwohlen die Gelegenheit zu verschenken größten Teils durch vorangezeigten Fürgang hinweggefallen, so wußten jedoch unter Josepho und Carolo sich die Ministri alle Gelegenheiten zu Nutz zu machen, um tunlichermaßen mittelst erhaltener Verschenk- und Versetzungen sich oder die Ihrige begnädigen.

Bei allen diesen Kaisern kunte es ohnmöglich sotanen Ministris an Ansehen und Credit gebrechen, weilen jeder Minister in dem ihme zugeteilten Departement werktätig den Souverain abgegeben. Derlei Ministri hatten fast durchgehends in allen Ländern die Stände zu ihrer freien Disposition, allermaßen jeder Ministre, so einem Lande vorstunde, gemeiniglich daselbst am stärkesten begütert, mithin im ständischen Gremio das stärkeste Ansehen und Credit hatte, eben darumben viele aus ihnen alljährlich von denen Ständen reichlich remunerieret wurden. Wollte nun der Landesfürst zur Unterhaltung seiner Armeen und zur Rettung des gemeinen Wesens die erforderliche Subsidia von denen Ländern erhalten, so mußte er notgedrungener denenjenigen Ministris, die allein vermögend waren, ihm solche beizuschaffen das anverlangte Gnädige und Gefällige erweisen.

Dieser Zufall nun erteilte denen Ministris einen solchen Credit, daß selbst der Landesfürst solchen zu unterstützen zu Behuf seines eigenen Interesse für nützlich erachtete, anerwogen ihnen Landesfürsten die Erfahrnüss lehrete, daß, wie stärker der bei selbigen erworbene Credit deren Landesvorsteher ware, je mehrer vermochten dieselbe mit denen ansinnenden Postulatis bei denen Ländern durchzudringen.

Die dem österreichischen Haus angeborene Milde und Gnad, welche nicht leichtlich gestattet, jemanden seines Dienstes zu entsetzen, wann er sich dessen nicht gänzlich unwürdig gemacht, stellete viel aus ihnen sicher, dem Landesfürsten und dessen Interesse selbst öfters in denen Ländern zu contracarieren, und eben darumen sie Ministri nach der angewohnten Autorität sich schmeichleten, als wann selbte nicht als bloße Ministri wie bei andern Höfen, sondern als Corregenten oder wenigstens als pares curiae anzusehen wären.

Kaiser Leopoldus war unter meinen Vorfahrern derjenige, so über seine landesfürstliche Autorität feste Hand hielte und solche contra quoscunque zu maintenieren gedachte, gestalten selbter aus sothaner Bewegnüs mehrmalen die Ministres veränderte, auch wohl gar bewandten Umständen nach mit Ungnaden ansahe. Allein andurch machte selbter die Ministres nur wachtsamer und vermochte nicht in Betracht der beibehaltenen alten Verfassung, die eigene Autorität nebst Abstellung derer selbst eingesehenen Mißbräuchen sicher zu stellen.

Der dem abgeänderten succedierende Minister ware, obschon nicht mit denen nämlichen Vorurteilen, jedoch mit des alten Hauptprincipiis sowohl in Verteidigung seiner Autorität als deren seinem Land zuwendenden Vorteilen allerdinges verstanden, daß also mehrmalen mit sotaner Abwechslung nur das Übel ärger gemacht wurde. Ich selbst habe es erfahren, indeme durch sotane Abwechslung weder meine Autorität vermehret noch die vorgefundene Mißbräuche vermindert gesehen.

Zwei Ursachen sind, woraus sotane Abusus ihren wahren Ursprung leiten: Die erste bestehet aus dem denen mehresten Menschen angeborenen Eigennutz und Dominierungsbegierde, maßen die Ministri in denen Ländern selbst stark begütert gewesen und eben darumen auch jene, so verändert worden, mit denen vorigen in der ansuchenden Verschonung gleiche Principia geführet, folglich vorzüglich mehrers auf sich und die Ihrige als auf das gemeine Wesen reflectieret.

Die andere Ursache bestehet darinnen, daß eben diese Ministri und Vorsteher der Länder dieser letzteren erworbene Privilegia und Freiheiten denen Landesfürsten so schreckhaft vorgebildet, daß dadurch die Rettung des gemeinen Wesens zum öftern hilflos gelassen worden. Um nun jenes von denen Ständen precario zu erlangen, was die höchste Not erforderet, so wurde der Landesfürst gezwungen, sich des Ansehens und Credits seines Ministri zu bedienen, auch selbten die anverlangten Vorzüge gutwillig einzugestehen, um nur sich und den Staat vor dem androhenden Untergang zu retten.

Die so hoch angerühmte Privilegia fundieren sich bei der Sachen genauer Einsicht meistens nur auf denenselben werktätig nur connivendo eingestandene und von denen Antecessoribus confirmierte Gewohnheiten, welche Gewohnheiten in Ansehung ihrer von Zeit zu Zeit erfolgten Confirmation lediglich dem Ansehen, Credit und Präpotenz der Ministerii, so gemeiniglich aus lauter Ständen bestanden, beizumessen sind. Und da in denen Confirmationen die Wörter: wohlhergebrachte Gewohnheiten sich ausgedruckter befinden, so kann derenselben Beibehaltung mit guten Recht nur auf die gute, nicht aber die übel hergebrachte Gewohnheiten verstanden werden.

Gewiß ist, daß in keinem Lande die Stände ihre Freiheiten jemals so hoch angezogen haben würden, wann nicht selbige von denen Ministris da deren Autorität und Ansehen lediglich davon abgehangen, kräftigst wären unterstützet worden, daran aber hauptsächlich der Hof schuld gewesen, weilen niemals keine Einrichtung in nichts und, umb Geld gleich zu haben, man alles weggeben und getan hätte; allermaßen, sobald der Landesfürst der willkürlichen Gewähr- oder Abschlagung deren Ständen in seinen Ansinnungen nicht unterworfen gewesen wäre, selbter nicht nötig gehabt hätte, deren Ministrorum Credit und Ansehen zu Erfüllung seiner Intention anzuwenden.

Dieses ist die wahre Quelle, warum unter meinen Vorfahren zu Schwächung der landesfürstlichen Autorität der Ministren Ansehen und Credit so hoch und über alle billigen Grenzen gestiegen und warumen, in so lange sotane Hauptverfassung fürgedauret, solche zu beeinträchtigen oder zu schmälern nicht für ratsam erachtet worden.

Diese Ministri haben den bei dem Landesfürsten praeferenter vor andern erworbenen Credit ferners dahin auch angewendet, umb jenes Land, deme sie vorgesetzet und darinnen begütert waren, dermaßen zu begünstigen, daß die andere Erblande andurch gedrucket und gleichsam angesehen worden, als wann selbige frembde Länder wären, und nicht einem Herren gehöreten.

Dieses ware die einzige Ursach, wodurch ehender in das Klare gekommen und nach und nach meine messures genommen, die völlige Abänderung in der Regierungsform vorzunehmen.

Der unter ihnen Ministris allstets fürgedauerte Neid, Mißgunst und Verläumbdungen haben zu denen dienstschädlichsten Animositäten, einfolglich zu unheilbaren Präjudiciis Anlaß gegeben, als wordurch die heilsamsten Maßreguln unterbrochen oder zu erteilende consilia mit unzähligen eigensinnigen Vorurteilen meistenteils begleitet und solcher Gestalt der Landesfürst in die äußerste Verlegenheit mehrmalen gesetzet worden.

Und gleichwie man viele meiner Vorfahren eines allzu langsamen Fürgang oder Unentschlüßung in denen Landes- und Staatsgeschäften beschuldiget, also ist hieran lediglich die unter denen Ministris stets fürgefallne Disharmonie und die eigensinnige Verfechtung eines jeglichen eigener Meinung die wahre Ursach gewesen, wordurch natürlicher Dinges ein Landesfürst umb so unentschlüssiger werden muß, als er in seiner Meinung zu irren vermuten kann.

Diesfällige unter allen Kaisern immerzu fortgedauerte Uneinigkeit des Ministerii hat öfters Land und Leute in äußerste Gefahr des Umsturzes gestellet, aus welchen die göttliche Vorsichtigkeit alleine dieses Haus gezogen und gerettet hat.

Nachdeme Ferdinandus die böhmische Rebellion gedämpfet und jene ihme treu gebliebene Ministres und andere mit Geschenken und Wohltaten überhäufet, so haben diese den erworbenen Credit bei denen in Böhmen neu errichtenden Landesordnungen mehr auf die Vorzüge des Landes als das Interesse des Landesfürsten das Absehen gerichtet, wo doch das Land durch die Waffen erworben worden.

Die Charge eines oberisten Kanzlers hat respectu deren böhmischen Länder vor den landesfürstlichen Dienst die stärkeste Inconvenienzien und schädlichste Wirkungen nach sich gezogen, maßen der Souverän vor sich selbst oder auf Einraten seiner übrigen Ministres in dortigen Ländern schwerlich was auszuwirken oder geltend zu machen vermochte. Es ware dann, daß der obriste Kanzler mit ihme verstanden ware. Aus diesem nämlichen abusu hat sich natürlicher Dinges ergeben, daß die ganze Kanzlei in Befolgung der Maßreguln eines zeitlichen obristen Kanzlers weit bereitwilliger als jener, so der Landesfürst angeordnet, sich stets geäußert, daraus das nach und nach erschlichene ganz unermeßliche Pouvoir eines ehemaligen böhmischen obristen Kanzlers und, wie nach solches mit der königlichen Autorität und dem Dienst keines Weges compatible seie, genugsam erhellet.

Dieses hat jene von meinen Vorfahren vor die große und mächtige in denen Ländern gezeigte Indulgenz und Gnade, obschon diese durch dererselben Milde und Wohltaten zu denen großen Mitteln gelanget, lediglich verursachet, zumalen gewisse Familien durch ihren erworbenen Credit es so weit gebracht, daß diese ansehnliche Chargen, sobald nur aus selbigen einer vorhanden ware, auf solche immer zuruckgediehen, mithin diese präpotente Principia de patre in filium fortgepflanzet worden, einfolglich die gänzliche Supprimierung dieser Obrist-Kanzler-Stelle eine zu Beförderung des Dienstes sehr nützliche Sache ist. Ohne ist es nicht, welcher Gestalt die böhmische Kanzlei weit mehrere Ordnung als die österreichische beobachtet und nicht leichtlich gestattet, daß ihrer Autorität ständischerseits allzu nahe getreten würde, alleine selbe truge kein Bedenken, von denen inneren Landesverfassungen dem Souverain meistens ein Geheimnüss zu machen, mithin zu invigilieren, damit selbter davon nicht allzu genau informieret werde. Dessen Beschönigung mußte sein, hierdurch zu verhindern, damit die Hofkammer sich in die Provincialia nicht einmischen möchte. Und solcher Gestalten ware untunlich, das landesfürstliche Ansehen und Befehle ohne der Kanzlei Einstimmung respektieren und gelten zu machen, mithin die obriste Kanzler Gelegenheit hatten, ihren Credit und gefällige Disposition immer mehrers und mehrers zu befestigen, auch zum öftern solche zum Nachteil derer übrigen Länder zu gebrauchen, welches vice versa auch von denen österreichischen Ländern zu verstehen, wann deren capi an Credit jenen, so die böhmisch zu verstehen, wann deren capi an Credit jenen, so die böhmische gouverniereten, überlegen waren.

Und nachdeme das Ministerium meistenteils mehr aus österreichischen als aus böhmischen Ministris bestanden, so haben auch größten Teils die erstere über letztere prädominieret.

Diese wahrhafte Umstände haben zu einem eingewurzelten beständigen Haß unter beiden Nationen Gelegenheit gegeben dergestalten, daß von denen Nationalministris bis auf die mindeste Membra oder Kanzleiräte alle sorgfältige Conatus stets angewendet worden, wie eine die andere rechtschaffen unterdrücken möchte. Jedoch hat die österreichische Landsmannschaft es allen übrigen abgewonnen und an Präpotenz alle andere überwogen.

Besonders haben die Hungarn solches empfunden, die man in einer allständigen Unterdruckung zu halten gesuchet auch sothane Nation von allen Diensten ausgeschlossen. Der scheinbare Vorwand ware darzu die daselbst fürgewaltete Unruhe und Rebellion usque ad tempus Caroli VI. Alleine die Billigkeit und reine Politique erheischet, die räudige Schafe von der Herde abzusondern, mithin jene, so eine Belohnung verdienen, nicht mit denen unwürdigen in gleicher Verdammnüss zu halten, wodurch notwendig diese in eine Kleinmütigkeit und Desparation versetzet werden müssen.

Solchemnach beweise, wienach die Ministri meiner Vorfahren sich keineswegs einer weislichen zu Beförderung des Dienstes gereichenden Politique, sondern nur des erworbenen starken Credits darzu bedienet, um das eigene Convenienz zu befördern und die Ministerialchargen auf ihre Familie und Befreundte fortzupflanzen und dem alten eingewurzelten Gebrauch ihres Vorfahrers zu folgen.

Es ware ferners ein großer dienstschädlicher Mißbrauch, daß die Capi und Vorsteher von denen Ständen bezahlet und beliebig remunieret wurden. Andurch verblieben dieselbte von denen Ständen in einer beständigen Dependenz umb so viel mehrer, weilen sie in diesen falschen Principiis alle Zeit erzogen worden.

Zu verwundern ist, daß meine Antecessores bei dessen Gestattung die Erhaltung der Monarchie denenselben anvertrauen können.

Umb alles dessen überzeuget zu werden, so darf nur die Beschaffenheit derer österreichischen Länder, wie solche bei dem Antritt meiner Regierung befunden, wohl erwogen werden. Diese haben stets nach Wohlgefallen sich selbst gouvernieret, indeme die Kanzlei umb deren Interessen sich wenig oder gar nicht bekümmert und die Annectoten und Landesrechnungen beweisen, daß mehrmalen die mindeste diesfalls angedrohete Einsicht mittels reichlich erteilter Remunerationen und Geschänknüssen, davon man dem Landesfürsten auch öfters seinen guten Anteil gelassen, künstlich abgewendet worden.

Das Hauptübel war, daß schon zu selbigen Zeiten mehrere Ministri nur auf ihr eigenes Land gesehen, mithin keiner aus ihnen sich getrauet noch gewollt, das odium an sich zu ziehen, so die Calamitäten, da in dem italiänisch- und hungarischen Krieg alles verfallen war, umb so mehrers vergrößerte, als jeder Minister von dem ihm anvertrauten Land ein mehreres zu begehren sich nicht getrauet; und andurch nahmen die andern Gelegenheit, demselben auf den Leib zu fallen und offentlich zu verschmähen. Und solcher Gestalten wurde der Credit in allen Ländern gehemmet, jedoch mußten die notwendige Erfordernüssen mit Credit bestritten werden: Keine fundi noch Cameralgefälle waren mehr vorhanden, umb verpfänden zu können, folglich Alles auf Credit des Contributionalis derer Länder aufgenommen werden mußte, wobei der Landesfürst und der Untertan wenig oder nichts, einige particulares aber gar viel profitieret haben. Der lang gedaurete Friede ist allein angewendet worden, umb den Herrn irre zu machen, die factiones zu vermehren und Gelegenheit zu suchen, die leidige spanische Ideen, mit denen man alle Zeit hervorgekommen, nur ausführen zu können, denen sehr viele Ministri angehangen, auch denen generosen Sentiments des Monarchen nicht unangenehm sein konnten.

Dahero ware bei hervorbrechenden Krieg ohne innerlichen noch äußerlichem Systema oder Idee alles in der größten Verwirrung und wurde hierdurch diese Monarchie der äußersten Gefahr bloßgestellet, zumalen die dermalige eigene Domesticalschuldenlast deren österreichischen Provinzien 24 Millionen übersteiget, deren Verinteressierung allein 1,200.000 erheischen, welche von dem Militarcontributionsstatu notwendigerweise entfallen müssen; dieser Fürgang auch umb so unverantwortlicher, als die vormalige landesfürstliche Postulata zu Verschonung deren Dominiorum, so größten Teils gar nichts contribuieret, mit aufgenommenen Kapitalien bestritten worden.

Diese betrübliche Umstände haben mir billig zu einer Richtschnur gedienet, behutsamer in dem Vertrauen in meine Ministres und Räte fürzugehen.

Jedoch ware meine Sorgfalt insolange umbsonst, bis mich nicht gezwungen gesehen, die innerliche Hauptverfassung abzuändern.

Die Disharmonie zum Schaden meines Dienstes ware so groß zwischen denen sämtlichen Stellen, daß ich wie meine Vorfahren bemüssiget ware, meine mehreste Zeit zur Schlichtung dieser dienstschädlichen Disputen anzuwenden. Die größte Erbitterung wurde von Seiten des Ministerii alle Zeit gegen die Hofkammer gerichtet und fast alle in größter Uneinigkeit stehende Ministri kamen darinnen überein, solche zu unterdrucken.

Solche Stelle ware an sich selbst ein lebloser Körper, so von allen Seiten verlassen ware. Diese sollte immer Geld verschaffen, wo doch die Kanzleien alle Gelegenheiten, solches zu erlangen, öfters aus dem Wege raumeten. Die über Kräften schreitende Verschuldung des Aerarii und die außerordentliche Konfusion, so bei der Hofkammer fürgewaltet, welche aus Nebenabsichten mehrmalen mit Fleiß unterhalten wurde, haben zu verschiedenen von der Hofkammer verübeten Fehltritten, dargegen alle Ministri und Publicum reclamieret, Anlaß gegeben. Jedoch hat fast niemalen das Ministerium die media, die Bedürfnisse sicher zu stellen, suppeditieren wollen, wodurch leichtlich ermeßlich der alle Zeit fürgedauerte Krieg zwischen denen Stellen zum Umsturz der Monarchie sich verewiget hätte, wann nicht dieses Unwesen aus der Wurzel zu beheben gesuchet. Davon fernerhin das mehrere anzeige und weiters zu der

Dritten Abteilung

schreite, nämlich zu denen Maßreguln, welche in dem neun Jahr angedauerten so beschwerlichen letzteren Krieg beobachtet und durch welcherlei Ursachen bewogen worden, demjenigen, so da geschehen, die Hand zu bieten.

Ich habe in dem ersten Teil die höchst betrübten Zufälle bei Antretung meiner Regierung, meine Inexperienz und die unterschiedliche Factines angezeiget, in dem anderen aber, wie die von älteren Zeiten her eingeschlichene große Staatsfehler anfänglich zu erkennen, noch weniger vollkommen abzustellen mir ohnmöglich ware, welches verursachet, daß die Sachen in die unglückliche Situation gebracht und verfallen seien, woraus ohne augenscheinlichen Mirakul und besondere Hilf Gottes man niemalen eluctieren können. Ich habe schon gemeldet, daß mit Freuden zu nichts und zu einer Großherzogin von Toskana worden wäre, wann geglaubet hätte, daß es Gott also wollte. Weilen aber er mich zu dieser großen Last der Regierung auserwählet, so habe zum Principio gehabt, daß so lang als noch was finden werde zu helfen oder einige Resourcen vorhanden sein würden, ich solche anwenden wolle, und daß ich dieses zu tun schuldig seie. Solches hat mich in eine solche Gelassenheit des Geistes gesetzet, daß meine eigene Begabnüssen wie eines frembden seine angesehen, auch so wenig Haß vor meine Feind empfunden, daß ein Anteil an dem unglücklichen Begeben und Tod des bayrischen Kaisers genommen, dann vor die Franzosen in der Belagerung vor Prag nicht minder vor die Preußen wegen der erlittenen grausamen Kält und Ungemach, keineswegs aber vor des Königs Person, den zwar nicht gehasset, jedoch wegen seiner auch kein Mitleiden empfunden, weilen er solches niemalen gebrauchet, seinen falschen Charakter aber alle Zeit abhorrieret.

Dieses war die Situation meines Gemütes in denen Kriegstroublen bis zum Dresdner Frieden. Die Beilag, so den ganzen Hergang der Sach sowohl in politischen als innerlichen Begebenheiten anzeiget, so in dieser Zeit sich zugetragen, habe wohlbedacht durch Bartenstein verfassen lassen auch mit großer Attention solche durchgegangen, sowohl zu künftiger meiner Rechtfertigung als noch mehreren Instruction meines Nachfolgers, damit er weiß, wie die Sachen in der Welt gegangen, wo viele davon raisonieret und noch raisonieren und aus denen Anteactis und Operationen kann nachgesuchet und dargetan werden, warumen ein und anderes geschehen und öfters geschehen müssen. Dann eine jede Regierung wird kritisieret, wann ein anderer Nachfolger ist.

Bis zu dem Dresdner Frieden habe herzhaft agieret, alles hazardieret und alle Kräften angespannet, weilen neben meinen vorhin ausgesetzten Principio noch ein besonderes gehabt, daß nämlich meinen armen Erblanden nicht Unglückseligeres geschehen könnte, als in preußische Hände zu verfallen; wie dann, soferne nicht alle Zeit gesegneten Leibes gewesen, mich gewiß niemand aufgehalten hätte. selbsten diesem so meineidigen Feinde entgegenzusetzen, Gott aber hat es anders verhänget; man kann sich einbilden, mit dieser Liebe und Tendresse, als vor die Länder gedacht, daß sie alle Zeit mir und meinen Kindern sogar vorgezogen, wie unerträglich und trostlos mir fallen muß deren will nicht sagen Haß aber Unerkenntlichkeit zu ertragen.

Und wie gesehen, daß die Hände zu dem Dresdner Frieden reichen mußte, so habe auch auf einmal meine Gedenkensart geändert und solche allein auf das Innerliche deren Länder gewendet, umb die erforderliche Maßreguln zu ergreifen, wie die teutschen Erblande von denen so mächtigen beeden Feinden, Preußen und Türken, bei ermanglenden Festungen und baaren Geldes, auch geschwächten Armeen noch erhalten und zu beschützen wären.

Das Systema dieses Hauses ändert sich völlig, indem selbiges vormals die Bilanz gegen Frankreich gehalten, nunmehr aber hierauf nicht mehr zu gedenken, sondern alleine auf seine innerliche Konservation, einfolglich die Niederlande und Italien keine Objecta mehr waren, den Krieg zu verlängern; und also mußte man sehen, mit guter Art, es koste was es wolle, herauszukommen.

Dieses ware die Ursach, warumben man den Aachener Frieden so geschwind hat schließen machen. Und seit dem Dresdner Frieden ware mein einziges Trachten, mich von der Länder Situation und Force zu unterrichten, hiernächst die bei denenselben und in denen Dicasteriis eingeschlichene Abusus, in deren Ansehen alles in dem verwirrtesten, üblesten Stande und Konfusion befunden, rechtschaffen zu ergründen und zu erkennen. Diejenigen, die mir hievon Connoissance geben sollten, waren dessen nicht capable oder wollten es nicht tun.

Auch in diesen bin Bartenstein alles schuldig, welcher mir vieles an die Hand gegeben und das wahre Licht angezündet, wo nachgehends etwelche Particulares gefunden, die mir durch den Canal des Cabinettssecretarii Koch, den zu selbiger Zeit aufgenommen, vieles beibringen lassen, wie auch unter der Hand geheime Informationes hier und in denen Ländern mir zu procurieren alle Mühe angewendet. Dessen Verschwiegenheit hat wenig ihres gleichen, dabei er ungemein ehrlich, christlich und ohne Intriquen ist. Er war schier mit mir auf den Fuß wie Tarrucca, dem Herberstein nach seinem Tod substituieret, zu meinem Particularconfidenten und Rat, außer daß selben als der teutschen Sprach kundigen die Militaria und Kanzleiagenda auch Ländersachen von ihme extrahieren und mir referieren, nicht minder darauf die Resolutiones zu meiner Einsicht und Approbation entwerfen lassen.

In Staatssachen habe selbten niemalen gebrauchet, dann hierinnen allein Bartenstein gefolget, aber in allen andern besonders in meinen eigenen Particularanliegenheiten Verdruß und Sorgen mich seines Rates bedienet und dabei mich alle Zeit wohl befunden. Meine Hauptmaxime war: Gott nicht getreu, was kann der Mensch von ihm erwarten? bleibt auch der Segen aus.

Bartenstein und Haugwitz gaben mir vor den Staat und Erhaltung der Monarchie das Benötigte in die Hand, Tarrucca und Koch dieneten mir zu meinem Trost, Rat und Particularauskundschaften, zu meiner eigen Erkanntnüss und Correction; und werde, so lange ich lebe, an dieser ihren Personen, Kindern und Kindeskindern erkennen, was sie mir und dem Staat vor Dienste geleistet.

Auch verobligiere meine Nachkommlinge, solches an denen ihrigen alle Zeit zu erkennen, so lange sie selbigen finden und sein, allermaßen nebst der Information vor meine Nachfolger die vier Personen die Hauptursache sind, warumen diese Schrift verfasset, damit bei der Nachwelt ihre Namen verewiget und denenselben an denen ihrigen er setzet werden, was ich nicht genugsam erkennen können.

Damit aber wiederumb auf der Sachen wahren Verlauf zurückkomme, so wende mich zu der

Vierten Abteilung,

welche jene nach erfolgtem Generalfrieden veranlaßte Veränderung in sich enthaltet, in der inneren Verfassung bei denen Hofstellen, und in denen Ländern, welche mit dem zur Erhaltung der Monarchie festgestellten Systema vereinbaret worden.

Die Defectus und Mißbräuche diesartiger inneren Verfassung habe bereits in der anderen Abteilung dargetan, mithin auf deren Abstellung fürzudenken mich umb so mehreres bemüßiget gesehen, als die göttliche Providenz mir klar vor Augen geleget, wienach die zu Erhaltung der Monarchie unumbgänglich zu ergreifenden Maßreguln mit diesfälliger alten Einrichtung weder zu combinieren und am allerwenigsten zu Stand zu bringen wären.

Jeder aus meinen Ministris hat zwar von selbsten anerkannt, daß zu Erhaltung Cron und Scepters höchst nötig seie, über 100.000 Mann auszuhalten, hiernächst das in die äußerste Zerüttung verfallene Finanzwesen der Notdurft gemäß in ein ordentlich-richtiges Systema zu bringen.

Ich habe zu diesem Ende ihnen Ministris committieret, ihre Gedanken hierüber mir schriftlich zu eröffnen und ein derlei Systema bald möglichst auszuarbeiten. Da aber meines diesfälligen öfteren Erinnerns ohnerachtet keine Idee hiervon in Vorschein gekommen, auch beobachtet, daß man mehr Contradictionen und Raisonnements als mit wirklicher Handanlegung in einer so wichtigen keinen Zeitverlust gestattenden Sache sich aufzuhalten gemeinet sei, allermaßen man das Werk immer trainieret und niemand mit Ernst hierzu schreiten wollen oder können: so ist jedoch durch besondere Verhängnüß und Providenz Gottes und zum Heil dieser Länder Graf Haugwitz mir bekannt worden, welcher aus Treu und Eifer alles in Schlesien verlassen und dahier üble Zeiten mit mir ausgestanden. Ihro Majestät der Kaiser haben denselben zum ersten mir bekannt gemacht und nach seiner Graf Tarrucca, welcher letzterer alle Zeit in meinem Particulari nebst denen italienisch- und niederländischen Affairen mein Consulent war, und von deme vielen guten Rat und Ermahnungen in meiner Unerfahrenheit bekommen; auch hat mir selbiger die Sachen und Leute recht kennen lernen, wobei er sich jedoch in die Länder- und Staatsangelegenheiten niemalen gemischet, indeme er mir alleine zu meiner Direction gedienet, umb meine Fehler mir erkennen zu geben und vorzuhalten; welches höchst nötig für einen Regenten, dann sich wenig oder keine finden, die es tun und solches gemeiniglich aus Respect oder Interesse unterlassen. Wünschte dahero allen meinen Kindern, daß sie dergleichen finden möchten, die ihnen solchergestalten an die Hand giengen, maßen ihme Tarrucca hierinfalls vieles schuldig bin, welches an seinen Kindern zu erkennen alle Zeit befließen sein werde, auch meine Nachfolger hierumen ersuche.

Damit aber wiederumb auf den Haugwitz komme, so ist mir selber wahrhaft durch die Providenz zugeschicket worden, dann just umb durchbrechen zu können, einen solchen Mann haben mußte, der ehrlich, ohne Absicht, ohne Praedilection und ohne Ambition noch Anhang, der das Gute, weil es gut erkennet wird, soutenieret, nebst einem großmütigen Desinteressement und Attachement vor seinen Landesfürsten, ohne Praevention, mit großer Capacität und Freund zur Arbeit auch beständigen Application, das Licht nicht scheuend, noch den unbilligen Haß deren Interessierten sich zuzuziehen; also zwar, daß Graf Harrach, der doch sein größter Widersprecher war, wie nachgehends anzeigen werde, selbsten vielmal mir gemeldet, daß ohne ihme Haugwitz die Sachen niemals in den Stand hätten kommen können und daß hierzu ein solcher Mann hätten sein müssen, noch daß jemand als er allein diese Sachen zu entreprenieren sich getrauet hätte, wie dann der besondere Segen Gottes in allen und jeden die mächtige Hand über ihn gezeiget.

In dieser bereits zu erkennen gegebenen sehr üblen Situation waren die Sachen, als durch den Cabinettssecretarium Koch den Grafen von Haugwitz dahin veranleiten lassen, den Plan zu Unterhaltung von 108.000 Mann, nachdem mit ihrer Majestät dem Kaiser d’accord war, zu verfassen und zwar mit möglichster Wirtschaft, Abstellung aller Militarexcessen und denen Länder angönnenden tunlichsten Erleichterungen, welches auch von ihme Haugwitz solchergestalten befolget worden, wie dann sotane Ausarbeitung bei mir und Ihro Majestät dem Kaiser eine umb so mehrere Approbation erreichet, als darinnen einerseits die Ruhe derer Länder und deren Sicherstellung von aller Militarbedruckung, anderseits aber die möglichste Militarwirtschaft, jedoch mit Beilassung eines jeglichen notdürftigen und hinlänglichen Auskommens, zum Grunde geleget worden.

Ich ließe hiervon durch den Grafen von Haugwitz dem obristen Kanzler Grafen von Harrach vertrauliche Communication tun. Dieser äußerte sich sogar gegen mich, in denen Hauptprincipiis gänzlich hiermit verstanden zu sein, und alle Ministri gaben demselben fast einen allgemeinen Beifall, außer daß einige anvorderist die Kräften der Länder zu Erschwingung derer hierzu erforderlichen Summen genauer zu examinieren vermeinten, welcher billiger Gegenstand dardurch größten Teils gehoben wurde, daß mittels einer gefertigten Bilanz zu Tage geleget worden, welchergestalten, wann alle Exactiones, Landespraestanda und übrige Auslagen, so das corpus statum und übrige Private erduldet, zusammengeschlagen werden wollten, die hieraus zu eruierende Hauptsumma jene Erfordernüsse, so zu Conservierung dieses Systematis bedürftig, ohnfehlbar überschreiten dürften, welches die Beilag des mehreren bestärket.

Die erste Hauptdifficultät, so man diesem Systemati entgegengesetzet, ware die unter denen sämmentlichen Erblanden vorzunehmende Repartition, maßen man sich auf einen vermeintlich hergebrachten Dividenten bezogen, vermög welchem die ärmsten und am mehresten praegravierte innerösterreichischen Länder in einer unerschwinglichen Proportion beigezogen werden sollten. Der Obristcanzler Graf von Harrach, der hierauf am mehresten insistierete, fiele auf die Gedanken, samt alle Cameral- und Consumtionsaufschläge in denen Ländern, so verschiedene Millionen importieren, aufzuheben, dahingegen denen Ständen anzumuten sei, alles das, was das noch wenig übrig verbleibende Camerale nicht zu erschwingen vermöchte, sowohl zu der systematischen Unterhaltung derer 108.000 Mann als auch zu genugsamber Bedeckung des ganzen Schuldenwesens und des status cameralis zu verwilligen. Hierinfalls fande selbter von niemanden einen Beifall, indeme eines Teils durchgehends vor eine Unmöglichkeit angesehen und der Umsturz des Banco festgesetzet wurde (deme alle Zeit, so viel möglich, ausweichen wollen), obschon gegen Zugestehung obangezeigter Benficiorum denen Ländern die bis gegen 27 Millionen hinaufsteigende Bedürfnisse zuzumuten, zumalen ohne Beiziehung derer Consumenten in denen Aufschlägen die Ertragung sotaner Last denen Contribuenten so unerträglich als möglich sein müßte; andernteils aber weder ich noch meine übrige Ministri bei der Posterität vor verantwortlich ansehen kunte, die zeit meiner Vorfahrer allschon festgestellte und wirklich incamerierte Aufschläge wiederumb gänzlich aus Handen zu lassen, mithin die an deren Stellen zu constituirende Länderpostulata die ganze landesfürstliche Wesenheit, dessen Wohl und Wehe und völlige Unterhaltung dem ständischen geneigten Willen und willkürlichen Disposition zu unterziehen, dergestalten daß hierdurch die landesfürstliche Macht sehr eingeschränkt würde, andurch die Stände oder einige Particulares davon profitieren könnten, in das Künftige aber das allgemeine Beste gleichwohlen nicht promovieret wurde; dann so viel meine Autorität gebraucht, weilen geglaubt, es wäre nötig und heilsam, so gerne und gleich hätte selbe eingeschränkt, ja wohl gar vergeben vor mich und meine Nachkömmling, wann durch deren Ständen Administration die Gerecht- und Billigkeit und dem gemeinen Besten wäre besser prospicieret worden. Weilen aber des contrarii nur gar überzeuget ware, und selbe Höhere oder Potentiores nur ihren Vorteil und Ansehen gesucht auf beeden Teilen zu vermehren, mit dem den arbitrum zwischen dem Landesfürsten und Ständen nach eigenem Belieben und Wohlgefallen allstets gemacht hätten, so habe in derlei Ideen unmöglich eingehen können.

Es sollte zwar des Grafen von Harrach Projekt, umb die Contribuenten die unerschwingliche Summen zu praestieren in Stand zu setzen, mit weitaussehenden Commerzialprincipiis unterstützet werden, allein da zu deren Ausführung mehr als zehen Jahr erforderlich, so hätte der angehoffte Erfolg von keiner baldigen Wirkung, damit den Contribuenten sattsam zu unterstützen, sein können.

Solchemnach wurde des Grafen von Harrach Meinung per unanimia vota, welche in ein volumen aparte zusammentragen lassen, in einer Conferenz verworfen, und, da niemand bei selber was anderes oder besseres als in dem Haugwitzischen systematischen Entwurf, welchen schon ehender mit dem einzigen Bartenstein resolvierter gehalten habe, befindlich mir einzuraten wußte, so faßte den Entschluß, ihne Grafen von Haugwitz nacher Mähren und Böhmen abzusenden, um alldortige Stände sondieren zu lassen, inwieweit selbige in diesfällige systematische Ideen zu ihrem eigenen Besten einzugehen geneigt sein dörften.

Die Ministri, besonders der Obristkanzler Graf von Harrach, waren des Vermutens und bildeten sich festiglich ein, es würden die Stände in derlei Ansinnen einzugehen nimmermehr zu bewegen sein; es manglete auch diesfalls nicht an verschiedenen Einstreuungen, maßen man sich von hier aus äußerst bemühete, die Stände in sotaner guter Gesinnung irre zu machen, so aller Dinges umb so leichter zu befahren ware als, diesorts sehr widrige Ausdeutungen in besagte Länder geschrieben worden.

Gleichwie aber der göttlichen Providenz die Ausführung meiner zu Aufrechthaltung der Monarchie abzielenden Idee mit aufrichtigsten Vertrauen übergeben, also verspürete auch augenscheinlich den erwarteten göttlichen Beistand, indeme Graf von Haugwitz der von hier aus ihme in den Weg gelegeten Schwierigkeiten ohnerachtet den Beitritt zu dem festgestellten Militarsystemati nebst all demjenigen, was hierzu zu praestieren, von denen mährischen Ständen glücklich erlangete. Ich erteilte demselben hierauf den Befehl, auch in Böhmen die nämlichen Propositiones zu tun. Daselbst schiene die Sache einigen mehreren Difficultäten unterworfen zu sein, anerwogen die von hieraus dargegen gemachte Schwätzereien und Schwachheiten selbe irre gemacht haben.

Dem allen ohnerachtet wurde auch in Böhmen das Werk ganz glücklich ausgeführet und die ständischen Deputierten zu Schlüssung des Recess langeten aus Böhmen und Mähren dahier an. Graf von Harrach nebst einigen anderen Ministris behaupteten, samt die Stände in diesen zwei Ländern mit ihren Verwilligungen sich übereilet oder auch gar corrumpieret worden wären (wo doch in keinem Land zu derselben Ehre nicht das mindeste gegeben noch verheißen habe, noch jemand was begehret) oder doch wenigstens hierbei andere Conditiones, so mit der Harrachischen Meinung einstimmen möchten, hätte vorbedingen sollen.

Ich habe hierauf selbst die angekommene ständische Deputierte von beiden Ländern auf ihr Gewissen befraget, ob selbte die Harrachische Idee denen Ländern vor vorträglicher erachteten; welche mir dann einstimmig beteuret, samt solche ganz untunlich mithin lediglich als eine Chimäre anzusehen seie, welche weder bestehen noch ad executionem gebracht werden könne, zumalen die Harrachischerseits denen Ländern angönnen wollende Vorteile meisten Teils nur speculativisch, mithin in keiner Realität gegründet wären.

Darinnen aber stimmete Graf Haugwitz mit dem obristen Canzler übereins und wurde auch solches von allen Ministris approbieret, daß dem Heil der Monarchie durch dieses Militarsystema kein Vorschub gegeben werde, wann nicht auch zugleich das Schuldenwesen und Camerale in eine gleichmäßige Ordnung gesetzet worden.

Zu beiden Objectis waren die Cameralfundi unerklecklich und Graf Harrach mußte dessen umb so ehender convenieren, als selbtem committieret hatte, die Cameral- und Schuldenerfordernüß selbst auszuarbeiten.

Allein auch darinnen kunte mit ihme umb so weniger übereinkommen, als dessen Ideen von neuen dahin gerichtet waren, den Stadtbanco von dem größten Teil seiner fundorum zu entsetzen, wodurch selbter völlig wäre über den Haufen geworfen worden, maßen dessen Supposita, worauf er seine Speculationes fundieret, nach allseitiger Meinung und überzeugenden Beweis weder existieret, weder zur Existenz gebracht werden mochten.

Solchergestalten ware abermals bemüssiget, von dem Grafen von Haugwitz sowohl das Schulden- als das Cameralsystema ausarbeiten zu lassen, welches der unermeßlichen in beiden vorgewalteten Confusionen ohnerachtet, doch endlich glücklich zustandgebracht worden, dergestalten jedoch, daß nach Exszindierung derer Cameralfundorum zu denen unumgänglich erforderlichen Cameralausgaben zu Dotierung derer vorfindenden Schulden à 6%, und zwar 5 zu denen Interessen und ein Prozent zu dem Capital, wiewohlen mit Ausschlüssung jener, so bei dem Banco haften, sich ein Abgang an fundis von ungefähr zweieinhalb Millionen wirklich geäußert. Diese notdürftige Summa zu Befestigung des Hauptsystematis mußte von denen Ländern verlanget werden, mithin die böhmisch- und mährische Deputierten, so eben zugegen waren, hierzu selbst praeparierte und denenselben der Sachen Bedürfnüs gründlich vor Augen legete. Sie wurden dahero auf meine Veranlassung bewogen, meine Propositiones bei ihren Mitständen selbst geltend zu machen und richteten durch ihre Gegenwart bei denen diesfalls gehaltenen Landtägen so viel aus, daß in Böhmen, Mähren und Schlesien die Cameralrata zum Behuf der Schuldencasse bewilliget wurde.

In Niederösterreich ware Graf von Harrach angesetzter Landmarschall. Dieser wollte sich nicht dahin resolvieren, denen hiesigen Ständen die Proposition auf die ihnen anzusinnende zwei Millionen zu machen, folglich genötiget ware, den Grafen von Haugwitz zum Commissario zu ernennen und zum Landmarschall den Grafen von Bräuner zu substituieren. Auch darinnen wurde glücklich reüssieret, dergestalten, daß die niederösterreichische Stände diese zwei Millionen willigst auf sich nahmen und mit ihnen der Receß wie mit denen böhmischen Ländern auf zehn Jahr geschlossen worden.

Mit dem Lande ob der Enns, wohin den Grafen von Haugwitz nicht schicken konnte, gienge es etwas beschwerlicher her, umb die angetragene eine Million zu erhalten. Da aber die Deputierten zu Schlüssung des Recesses dahier anlangeten, so wurde endlichen solcher vollends zu Stande gebracht.

Die größte Beschwerde äußerte sich bei denen drei innerösterreichischen Ländern. In sämmentlichen österreichischen, besonders aber denen innerösterreichischen Ländern ist dermaßen unverantwortlich und unwirtschaftlich fürgegangen worden, daß man an Seiten des Hofes, das ist deren ehemaligen Kanzleien gestatte, womit diese Länder in eigene sogenannte Domesicalschuldenlast von 24 Millionen versunken, so an Interessen eine Million 200.000 fl. erfordern. Die Entkräftung dieser Länder machte diese Cameralausschreibung so hoch ausfallen, auch die wahre Ursach ist, warumb die denenselben zugeteilte Praestanda bevoraus in denen innerösterreichischen Ländern vor unerschwinglich angesehen und in teils Orten auch wirklich solchergestalten gar leicht befunden werden dürften.

Diese innerösterreichischen Länder haben vor meiner Regierung dahier ganz besondere Protection gefunden, mithin dieselben durch Anticipationes zum öfteren von demjenigen, was ordnungsmäßig auf sie ausgefallen, sich entlediget haben; einfolglich selbten weit beschwerlicher als allen übrigen gefallen, sich der angesonnen systematischen Ordnung zu unterziehen. Und eben darum ware von Steiermark mit äußerster Bemühung nur ein Receß auf drei Jahr zu erhalten.

In Crayn hat man ein ganzes Jahr Geduld haben müssen, bis alldorten, jedoch mit Nachlaß des zur Schuldencassa gehörigen Quanti, man einen Receß auf drei Jahr zustandbringen mögen.

In Cärnthen ware nichts zu tun und ich sahe mich bemüßiget, weilen die Stände in keine raisonable Ideen einzuleiten waren, jure regio die Praestanda zu collectieren, nachdeme selbe vor einem Jahr vorhero, um ihnen zu helfen, durch Grafen von Haugwitz in etwas eingerichtet, ihnen zweierlei Commissarien geschickt, wovon letzterer Rudolph Graf Chotek, deme sie unterschriebener den Receß mitgegeben, drei Wochen darauf aber wieder demselben widersprochen; und ihr beständiges Lamenti zwar alle Zeit gewesen, daß sie die Gaben nicht bestreiten können, allein wollten sie in ihrem Domesticale oder anderen Adminicular-Fundis nichts ersparen und schlageten vor, aus Ignoranz oder Bosheit, mehrers auf den Untertan noch zu legen. Dieses ist die Ursache, warumben selbe jure regio collectieren lasse.

Die ständischerseits daselbst beständig vorschützende Unvermögenheit, die durch eigene Schuld und geführte üble Wirtschaft nicht eben so unbegründet sein mag, hat mir den natürlichen Anlaß gegeben, auf bessere und justizmäßigere Bewirtschaftung des dortigen Domesticalia fürzudenken. Und ist überhaupt anzumerken, daß die ständische per abusum eingeschlichene allzu große Freiheit an dem Verfall meiner Erblande hauptsächlich die Schuld trage; in Erwägung, daß selbten ständischerseits justizmäßig fürgegangen werde, indeme meistens die ständische Vorsteher lediglich jenem, was ihre Vorfahrer getan, gefolgt und ihre Particularanliegenheiten befördert, dem armen Bedruckten aber alle billig anzuverlangende Aushilfe versagen oder vernachlässigen, mithin gemeiniglich Stände durch Stände unterdrucken lassen.

Die sogenannte ständische Praerogativen haben größten Teils zu ihrem Hauptendzweck einen arbitrarischen Umbgang einiger Mitstände, so sich einer unermeßlichen Praepotenz über andere anmaßen.

Alles dieses hat vormals umb so leichter geschehen können, als gedachte praepotente ständische Subjecta, welche mit dahiesigen Ministris, so denen Ländern vorgesetzet gewesen, causam communem gemachet, gemeinschaftlich sowohl das landesfürstliche als das ständische eigene Wohl und Wehe in ihren Händen gehabt, mithin damit nach eigenem Wohlgefallen disponieret, eben darumen hiesige Ministri derlei ihnen so nützlich geweste Praerogativen kräftigst unterstützet.

Und obzwar sich hieraus ergibet, daß solche selbst dem corpori statuum zum Schaden gereichet, so sind doch die Stände überhaupt hierauf umb so mehrers versessen, als die mehreste aus ihnen von schlechtem Begriff und sich leicht ein Blendwerk durch derlei Accredidierte aus ihrem Gremium vor Augen legen lassen.

Ich verlange weder selbsten noch meinen Nachfolgern einzuraten, die Stände in nützlichen und wohlerworbenen Privilegiis zu kränken, anerwogen das Aufnehmen meiner Länder mir über die Maßen am Herzen liegt und also zwar, daß nicht oft genung repetieren kann, daß, wann ihre Privilegien so klar gefunden hätte oder sie die Administration justizmäßiger als ich oder der Landesfürst geführet hätten, ich nicht allein keinen Anstand genommen hätte, meine Autorität völlig selben zu unterwerfen und zu überlassen, sondern ehender meinen Nachkömmlingen selbe diminuieret und benommen oder eingeschränket hätte, weilen der Länder Wohl und Gutes allzeit meinem Particulari, Famigle und Kindern vorgezogen haben würde. Allein übel hergebrachte und durch Connivenz des Ministerii eingewurzelte Mißbräuche können weder mir noch meinen Nachfolgern am allerwenigsten aber dem gemeinen Wesen zu einem unverwündlichen Nachteil gereichen, folgbar die Bestätigung solcher vermeinten Privilegien, die sich auf einen Mißbrauch und ein übles Herkommen gründen, die äußerste Behutsamkeit und eine reifliche Überlegung erheischet, allermaßen sich zum öftern äußert, daß landesfürstliche aus Connivenz neglegierte jura aus einem alten Herkommen wohl gar in Zweifel gezogen, mithin auch darinnen dem Landesfürsten die Hände gebunden werden wollen; unter welchen fürnehmlich die Obereinsicht in das ständische Domesticale und in dessen wirtschaftliche Gebahrung, dann die in denen Ländern zu gottgefälliger Gleichheit aus Gewissenstrieb und zu Sicherstellung des gemeinen Wesens vorzunehmende Peraequation und Rectifikation zu zählen sind.

Fürnehmlich haben die österreichische Länder alle conatus angewendet, umb meine Einsicht und Disposition in diesen Hauptobjectis auszuschlüssen.

Zu dem Ende machete den Anfang mit den innerösterreichischen Ländern und ließe mich umb so weniger irre machen, in Betracht der von ihnen geführten so üblen Wirtschaft sowohl denenselben das nötige Domesticale vorzuschreiben, als aus landesfürstlicher Macht und Gewalt zu meiner und der Länder eigenen Beruhigung die Rectification nach denen anderwärts schon beobachteten Grundsätzen und Principiis zu veranlassen, auch deren weitere Betreib- und Zustandbringung allerdinges auf das eifrigste besorge.

In dem Land ob der Enns wurde mir die Gelegenheit selbst suppedidieret, in die innere Verfassung tiefer einzugehen und auch alldorten die Rectificationsprincipia festzustellen, anerwogen dieses Land zu Bedeckung seines eigenen Credits umb einen Nachlaß in dem Recessualquanto mich öfters angegangen. Nach und nach bin auch daselbst gemeinet, in eine noch bessere Ordnung das Werk einzuleiten und alldortiges Domesticale umb eine Merkliches einzuschränken.

Bei denen hiesigen niederösterreichischen Ständen finde die mehreste Beschwernüsse vor, gestalten selbige von denen Ministris, so ihnen besonders zugetan waren, am stärkesten verwöhnet werden, weilen auch durch ihren Credit vieles Geld dem Hof vorgestreckt, und zu vorigen Zeiten, wo man notwendig gehabt, alles verschrieben und hergegeben hätte, wann solches bekommen, welches die österreichischen Länder trefflich gewußt haben, sich zu Nutzen zu machen. Nichts destoweniger lasse mich nichts abhalten, auch darinnen meinen Zweck zu erreichen, folgbar denenselben in Domesticali zum Nutzen des armen Contribuenten engere Schranken zu setzen, beinebenst auch die noch mehr als anderwärts dahier erforderliche Rectification und Beiziehung derer seithero freigebliebenen Gründen zu betreiben und in billigmäßige Maßreguln einzuleiten, wordurch nicht allein, da solches in allen Ländern gleich beobachtet wissen will, das geschlossene Hauptsystema zu consolidieren, sondern auch den göttlichen Segen in dieser heilsamen Absicht zuzuziehen verhoffe.

Die tyrolische und vorderösterreichische Lande habe zwar durch den Grafen von Chotek untersuchen lassen, jedoch mußten selbige nach Anleitung des neuen Systematis in eine ganz andere Form gegossen werden; doch habe auch daselbst jenes Quantum erreichet, was in dem Systemati denenselben zugeteilet war, welches gleichmäßig in Siebenbürgen und dem Temesvarischen Banat zu Stand gebracht. Mit dem Königreich Hungarn allein habe keine Änderung vorzunehmen für dienlich erachtet, weilen außer einem Landtag nach denen Gesetzen des Landes etwas solches zu tentieren nicht ratsam wäre, nicht minder bei Hungarn besondere Umstände, so in Ansehung derer Folgen sehr häcklich sind, in Consideration fallen.

Das vor meine teutsche Erblande festgesetzte Systema in Militari, Camerali und Schuldenwesen begreifet in sich sowohl die hungarische als auch die böhmisch- und österreichische Erblande und setzet mich in Stand, nach Bestreitung der verfallenden Cameralausgaben und notdürftigster Bedeckung des Schuldenstatus in denenselben 110.000 Mann auszuhalten, auch nach und nach möglichsterdingen alljährlich eine Cassaeersparnüs zu machen, umb hiermit bei einem feindlichen Einfall meine Armee sogleich in marschfertigen Zustand zu setzen, mithin andurch jene schädliche Situation zu vermeiden, welche mich leider! bei dem Antritt meiner Regierung betroffen und welche der eigentliche Ursprung alles nachhero erfolgten Unheils ist.

In denen Niederlanden sollen 24.000 Mann, in Italien hergegen wenigstens 26.000 Mann ausgehalten werden, so in allen mit denen hiesigen eine Summa von 150.000 Mann ausmachet. In Welschland gehet es diesfalls am beschwerlichsten zu, jedoch hoffet noch immer Graf Pallavicini mit dem darüber gefertigten Plan, so hierbei folget, zu meiner Zufriedenheit auszulangen.

Ferners habe meine Bemühung auch dahin gewendet, die Warasdiner, Carlstädter und Croaten in Regimenter abzuteilen und regulieren zu lassen. Und gleichwie diese in vorigem Krieg sehr gute Dienste geleistet, so kann mir solche nunmero, da sie besser regulieret, und durch den Banum in Croatien neue Regimenter errichtet worden, von ihnen hinfüro weit mehrers und mit größerem Vorteil versprechen. Davon folgen die Tabellen und Einrichtungen beiliegend.

Solchergestalten finden sich 24.000 Mann von derlei Völkern in steter Bereitschaft, dahin wo sie beordert werden möchten, abzugehen, ohne daß solche zu Friedenszeiten, wann sie zu Hause sind, nicht viel über 400.000 meinem Aerario jährlich zur Last gereichen.

Dieser Fürgang zeiget, wie äußerst mir angelegen sein lassen, die zur Beschützung meiner Monarchie so sehr benötigte Kriegsmacht mit systematischer Ordnung auf einen guten Fuß zu setzen, hiernächst die Artillerie durch die mühsame Einrichtung des Fürsten von Liechtenstein in einen vollkommenen Stand zu bringen, dergestalten, daß der Grund dieses Militärsystematis dahin zielet, womit durch accurate monatliche Einhaltung derer Landespraestationen das Militare auf die Stunde bezahlet, andurch aber mit äußerster Schärfe abgehalten werden könnte, in keinerlei Wege bei denen Contribuenten einige Exactiones oder Excessen zu verüben, nicht einmal die mindeste Douceurs oder Beitrag zu erlauben, so gern das Land es auch täte und das Militare es verlangete, wofern nicht alles über den Haufen geworfen und Tür und Tor zu denen vorigen Exactionen eröffnet werden solle, welches generaliter der Land- oder Bauersmann bei denen jetzigen hohen Gaben nicht erschwingen kann, kein Herr aber gewiß aus seinem Beutel niemals was geben wurde. So gut und leicht auch dieses scheinte, und wie scharf dem Militare dieses nicht zuzulassen eingebunden, so ist es doch ein Hauptpunkt, daß nicht alle Sachen, die auch gut scheinen, ohne nicht wohler Überlegung zu Werk gesetzet werden sollen, allermaßen dann die Militarzucht, Exercitien und Reglement auch durch die weisliche, mühsame Bemühung des Feldzeugmeisters Daun in zweien aparten voluminibus beiliegend perfectionieret worden.

Um alles dieses in eine beständige und dauerhafte Wesenheit einzuleiten, sahe mich bemüßiget, von der alten hergebrachten in vorigen Zeiten jene bereits angezeigte üble Folgen nach sich gezogenen Verfassung abzuweichen und solcherlei neue Maßreguln zu stabilieren, welche mit dem festgesetzten Systemate zu combinieren.

Umb nun solches desto mehr zu befestigen, so entschlosse mich wochentlich selbst, nebst Ihro Majestät dem Kaiser, denen sessionibus, so die systematische Einrichtung betreffen, beizuwohnen, mithin jene in die Länder zu erlassende Resolutiones selbst zu dirigieren und anzuordnen. Die Materie hierzu ließe bei einer unter dem Praesidio des Grafen von Haugwitz angeordneten Commission anförderist praeparieren, als zu welcher Commission ein Rat aus der böhmischen, dann ein anderer aus der österreichischen Kanzlei, dann ein Hofkammerrat und jemand aus dem Generalkriegscommissariat beigezogen wurde. In denen Ländern bestellte jeglichen Orts eine Deputation, deren Besorgnis lediglich sein sollte, alle und jede in das Systema einschlagende Materien, sie möchten Cameralia oder Militaria mixta sein, zu besorgen und darüber anhero zu referieren.

Allein ich begriffe gar bald, daß hierdurch mein Hauptintentum noch nicht erreichen würde, zumalen beide Kanzleien nebst der Hofkammer, nicht minder fast alle Ministri dieser betreffenden Einrichtung, wordurch denenselben an ihrer Autorität und Ansehen sehr vieles derogieret wurde, sehr abgeneigt waren und Gelegenheit zu finden hoffeten, über lang oder kurz durch die von ihnen ersinnende Einstreuungen und Difficultäten die Sachen wiederumben auf den alten verderblichen Fuß zu setzen; zumalen jene Ministri nebst ihren untergebenen Räten, welche vermög ihrer Charge hauptsächlich des Werks sich annehmen sollten, am stärksten dagegen waren, folgsam solches zu zernichten sich öffentlich und heimlich verlauten ließen, durch solche Impressiones das Publicum darinnen irre gemacht worden. Und ware mein Augenmerk alle Zeit, nicht vor gegenwärtig, sondern vor das Künftige und Solide alles zu statuieren, damit meine Kinder nicht in das eigene Labyrint wie ich verfallen, auch darumen einige Sachen zu geschwind und zu viel auf einmal vorgenommen, dadurch aber alles disgoustiret, besonders die am Brett Sitzende. Da aber denen Armen und Bedruckten, weilen der Bogen so hoch müssen gespannet werden, keine Abhilfe oder Erleichterung geschehen können, so ist das Generalriclamo ergangen, so mir so große Gehässigkeit zugezogen.

Solchem nach wurde bewogen in reifer Überlegung, welchergestalten das vormalige Übel, so meiner Monarchie zugezogen worden, hauptsächlich darinnen beruhet, daß jeder Minister und Hofstelle sich jederzeit begnüget, den advocatum und protectorem des ihm anvertrauten Landes abzugeben, hierbei aber sowohl das allgemeine Beste und landesfürstliche Interesse öfters lau tractieret worden, als auch die Last wider Billigkeit auf andere Länder zu wälzen, hiernächst aber das Camerale dermaßen zu discreditieren, daß solches zum Nutzen des Dienstes und des gemeinen Wesens gar nichts mehr wirken können, maßen sotanes Camerale nach und nach dergestalten eingeschränket worden, daß selbtes dessen Activität in buchhalterische Ausstellungen und daraus erwachsene Chikanen einschränken müssen; dem unerachtet aber ihre Kammer von denen Ministris angemutet worden, in jeden Bedürfnisfall, zu allen Vorfallenheiten die Gelder herbeizuschaffen, obschon derenselben bekleidende leere Hände und gänzlich eingeschränkte Gewalt nicht unbekannt war; beinebenst auch anstatt mittelst einer guten Einverständnüß unter denen Stellen den Dienst zu befördern, die Zeit ohnnötiger auf die schädlichste Weise mit Contradictionen und Disputationen in Beiseitsetzung des dienstersprießlichen Hauptobjecti, als wordurch man fast jeder Zeit das rechte Tempo versäumete, unter ihnen Stellen zugebracht worden: sotane verderbliche Verfassung sowohl hier als in denen Ländern gänzlichen abzuändern, mithin eine neue Einrichtung, welche die Stabilierung der systematischen Ordnung zum Grunde hat, festzustellen.

Zu diesem Ende habe alle Cameralia der ehemaligen Hofkammer in denen österreichisch- und böhmischen Ländern völlig abgenommen und deren Activität nur auf die Hungarica und Aulicum, jedoch nur letzteres in so lang als dermaliger Kammerpraesident lebet, eingeschränket, die beiden Kanzleien aber gar aufgehoben, mithin alle Publica und Cameralia, nebst denen militaribus mixtis, dem neu bestellten Directorio übergeben.

Demnächst zur Besorgung der heilsamen Justiz vor sämmentliche böhmisch- und österreichische Erblande eine Obristjustizstelle bestellet (als von welchen diesen beiden Stellen die Listen, elaborata und Abteilungen hierbei liegen), folglich mit dieser meiner Absicht sorgfältig vermieden, damit die intendierende Uniformität nicht unterbrochen, noch einige Gelegenheit auf die vormalige so praejudicierliche Verfassung zurückzuschauen, gelassen werden möge.

Zu dem Ende die Capi und Vicecapi bei dem Directorio und obristen Justizstelle mit Abrogierung des Kanzlertituls Praesidenten benennet. In denen Ländern habe aller Orten Repraesentationes angesetzet und denenselben die Besorgung derer Publicorum und Cameralis nebst dem militari mixto anvertrauet. Diesen Repraesentationen sind die in denen Ländern angestellte Kriegscommissarii beigegeben worden, umb andurch ihre Operationes desto mehrers zu erleichtern und uniformer zu machen. Und gleichwie die Agenda dieser Landesrepraesentationen lediglich in die Activität des dahier bestellten Directorii einschlagen, also haben die in denen Ländern befindliche Justizinstantien ihre Berichte an die obriste Justizstelle zu dirigieren, welche letztere bevollmächtigt ist, in Prozeßsachen nach Pflicht und Gewissen ohne abzustattendes Referat fürzugehen.

Wohingegen alle Resolutiva in Publicis von dem Directorio in Publicis und Cameralibus mittels der wochentlich abzugebenden Protokollen mir vorgetragen werden müssen, wo dann die Sach von mehrerer Wichtigkeit Freitags in mein- und Ihro Majestät des Kaisers Gegenwart haltenden Conferenz vornehmen lasse. Überhaupt aber es dahin eingeleitet worden, daß von Woch zu Woch alle einkommende Sachen erlediget und nichts zurückbehalten werden därfe, was nicht stets vor Augen liege und eine stärkere Ausarbeitung erheische.

Pro Commerciali habe zwar ein eigenes Directorium, dependent vom Directorio in Publicis et Cameralibus bestellet, allein dieses bestehet meistens aus Räten, so aus dem Directorio in Publicis et Cameralibus gezogen worden, und ist auch solches dahin angewiesen, jene Materien, so in das Publicum einschlagen, mit dem Directorio in Publicis et Cameralibus auf das genaueste zu concertieren, zu dem Ende auch der Praeses gedachten Commerciendirectorii einer wochentlichen Session des Directorii in Publicis et Cameralibus beiwohnet, nicht minder von mir zu der Conferenz in Internis zugezogen wird.

Diesfällige fest stabilierte Einrichtung sehe überzeugend vor den wahren Grundstein an, wodurch die von Gott mir anvertraute Monarchie mit dessen anhoffenden kräftigsten ferneren Beistand soutenieren und zum Besten und Nutzen meiner Nachkommen conservieren möge; anerwogen solche dem Landesfürsten die Gelegenheit verschaffet, die wahre Kenntnüß von der Beschaffenheit seiner Länder sich selbsten beizulegen, deren Gravamina zu erörtern und zu examinieren, mithin einen justizmäßigen, gottgefälligen Fürgang zwischen Obrigkeiten und Untertanen zu befördern, fürnehmlich aber ein wachtsames Auge zu führen, damit die Armen und besonders die Untertanen von denen Reichen und Obrigkeiten nicht unterdruckt werden.

Und gleichwie das Systema der vormaligen allzugroßen Autorität derer Ministern und Hofstellen weit engere Schranken setzet, also ist leicht zu erachten, daß deren größter Teil nebst denen Großen des Landes solche Maßreguln vor unerträglich ansehen und sich hierinnen nicht ehender als durch die Länge der Zeit und Erkenntnüß der Wahrheit gelassen bezeigen werden, dessentwegen selbe dieses Systema bei dem Publico nur verhaßt zu machen suchen und dargegen unverständige und ärgerliche Reden, welche allerdings einer schärferen Anthung würden. Jedoch in Meinung, es dörften solche nach und nach von selbsten cessieren und die Leute durch Überzeugung ihres hieraus resultierenden Besten auf bessere Gedanken geleitet werden, habe sotane anstößige Reden noch dermalen größten Teils dissimulieret und verachtet, doch därfte nötig sein, auch diesen fernershin bedürfenden Falls Einhalt zu tun, weilen nur allzu stark wahrgenommen, daß selbige eine sehr schädliche Influenz in das Publicum haben, so nach und nach die schädlichsten Folgen verursachen.

Das Militare, welches vermittels dieses neuen Systematis in eine ordnung- und billigmäßige Schranken gesetzet worden, klagete anfänglich umb so mehrers dargegen, als denen Officiers damit alle Gelegenheit verschränket ist, sich in denen Länder einige Douceurs beizulegen, jedoch müssen alle raisonable Officier selbst eingestehen, daß durch die erfolgende richtige monatliche Bezahlung zu klagen sie keine Gelegenheit haben. Meine Hauptobsorge war, daß die bei meinen Trouppen eingewurzelte Excessen sehr schwer abzustellen sein würden und eben darumen mir vorgesetzet, hierinfalls mit der äußersten Schärfe fürzugehen. Allein zu meiner ausnehmenden Consolation habe es dahin gebracht, daß die Länder über einige verübende Excessen von denen Trouppen gar keine Klage führen, sondern vielmehr bitten, mit mehreren Regimentern zu Anbringung ihrer Feilschaften sie Länder zu belegen.

Meine Sorgfalt ist allerdings auch dahin gerichtet, damit ein gleichförmiges Exercitium und eine wohlanständige Militardisciplin durchgehends bei meinen Trouppen introducieret werde. Zu dem Ende sollen dieselben alljährlich durch zwei Monat in Campements zusammengezogen werden. Wer wurde glauben, daß nicht das Mindeste eingeführet ware in Regul bei meinen Trouppen? Ein jeder machte ein anderes Manöver in Marche, in exercitio und in allem; einer schüssete geschwind, der andere langsam; die nämliche Wort und Befehle wurden bei einem also, bei dem andern wiederum anders ausgedeutet und ist wahrhaftig kein Wunder, wann zehn Jahr vor meiner Regierung der Kaiser alle Zeit geschlagen worden und, wie nachgehends das Militare gefunden, nicht zu beschreiben ist.

Damit auch hierinnen meinen Nachfolgern dartun möge, wie eifrig und sorgfältig aus mütterlicher Liebe mir den Wohlstand und die Befestigung zu Herzen gezogen, hiernächst von keinen Schwierigkeiten mich abhalten lassen, sondern alle diese Beschwernüssen mit Geduld und Standhaftigkeit überwunden [].

Hieraus ergibt sich in der

Fünften Abteilung

der aus diesfälliger neuer Einrichtung der Posterität zufließende Nutzen, da solches das einzige Mittel, die Monarchie zu befestigen und bei meiner Nachkommenschaft zu erhalten.

Wovon ein vieles zu melden umb so weniger nötig, als das vergangene Übel so umständlich vor Augen geleget, die Ersprießlichkeit der gegenwärtigen Verfassung sonnenklar bestärket. Dann gleichwie ohne Miracul nach jedermanns Erkanntnüß diese Monarchie bei vormaliger Zerrüttung, Confusion und Mißbräuchen sich nicht conservieret hätte, folglich selbte ihren Untergang stets vor Augen gesehen, also werden meine Nachfolger auch von selbsten begreifen, welchergestalten die von mir dermalen festgestellte Maßreguln und getroffene Einrichtung der einzige Mittelweg seie, sotane Monarchie in aufrechten Stande zu erhalten und auf meine Nachkommenschaft fortzupflanzen. Und hieraus ergibet sich in der

Sechsten Abteilung

die Notwendigkeit, solche festgestellte Einrichtungen zu Abwendung des eigenen Untergangs beizubehalten; betreffende aber die Maxime, deren sich meine Nachfolger zu dessen Erreichung zu gebrauchen haben, so vermag denenselben hierinfalls keinen andern Rat zu erteilen, als damit sie sich nicht leicht von jemand irremachen lassen mögen, weilen bei denen mehresten die Privatabsichten und das eigene Interesse die Ratschläge dirigieren. Ich selbsten würde bei der schon getroffenen und sehr nützlich befindenden Einrichtung durch so vielerlei mir beigebrachte Einstreuungen und Nachrichten irre gemacht worden sein, wann nicht alle äußerste Mühe angewendet, die Sachen in ihrer wahren Beschaffenheit durch mir beigelegte eigene Connaissance vollkommen zu penetrieren; eben darumen mich verbunden erachte, meine Nachfolger zu ersuchen, zu ihrem eigenen Besten und der Erhaltung der Monarchie und Länder in dieser meiner getroffenen Einricht- und Verfassung nichts abzuändern und solche viel mehr als ein Augapfel zu Abwendung ferneren besorglichen Übels zu conservieren. Zu diesem Ende aber sich dahin besonders zu bestreben, ehrlich- und taugliche Leute hierzu selbst auszusuchen, nicht minder junge Leute mit Fleiß nachzuziegeln, damit sich selbste von Jugend auf eine rechtschaffene Idee von dem Werk machen und durch ihren Eifer und Application sich in den Stand setzen, in der vorgeschriebenen systematischen Ordnung dem Landesfürsten und dem Publico treue, ersprießliche und ausgiebige Dienste werktätig zu leisten.

Quelle: Kaiserin Maria Theresias Politisches Testament. Hg. Josef Kallbrunner. Wien: Verlag für Geschichte und Politik, 1952, S. 25-73.