Kurzbeschreibung

Die Heilige Römische Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) herrschte ab 1740 über die verschiedenen habsburgischen Länder. Zu ihren Besitzungen gehörten u. a. Österreich, Ungarn, die Balkanländer und Regionen in Norditalien. Zu ihren Untertanen gehörten Katholiken, Muslime, Protestanten und Juden. Dieses Dekret von 1744 ordnete die Vertreibung der Juden aus Böhmen an, dem Gebiet, zu dem auch die Stadt Prag gehörte. Ähnliche Vertreibungen von Protestanten fanden ebenfalls statt.

Vertreibung der Juden aus Prag durch Maria Theresia (1744)

Quelle

„Wir N. N. Dero zu Hungarn und Böhmen königliche Majestät respective wirklich Geheime und andere Räthe, Kamerer, Verordnete, königliche Statthalter und Obriste Landes-Offiziere im Königreich Böhmen: „Fügen allen und jeden, besonders aber denen Juden und denen so mit denen Juden Handel und anderer Negotia zu treiben pflegen und mit ihnen sowohl in Debito als Credito Ihnen und sonsten jedermanniglich hiermit zu wissen, was Gestalten Ihre königliche unsere allergnädigste Frau unterm dato den 18. und Heutigen praesentate den 22. Dez. dieses zu Ende eilenden 1744 Jahres allergnädigst anhore rescribiert und zu vernehmen haben, Allerhöchst dieselbe hätten aus mehrerley bewegenden höchst triftigen Ursachen den allerhöchsten Entschluß gefaßt, daß künftig kein Jud mehr in dem Erbkönigreich Böhmen geduldet werden soll.

Primo, An dem letzten Monatstag Januari der bevorstehenden 1745 Jahres soll kein Jude mehr inner derer wo k. Prager Städten sich befinden, wo in widrigen dieselben mit militärischer Hand hinausgeschaft werden sollten.

2. Zu der Disposition mit ihren Sachen und Effekten, welche sie bis zum letzten Januari nicht mit fortbringen können und zu allen übrigen Dispositionen mit ihrem Vermögen und Creditwesen wird ihnen der Verbleib im Königreiche auf 6 Monate vom Ende des gegenwärtigen Monats Dezember an zu rechnen, also bis auf den Tag des nächstkünftigen Monats Juni 1745 dergestalt verstattet, daß sie nach ihrem Abzuge von Prag und Hinausgebung auf das Land, das ist vom letzten Jan. gegen allmaligen Erlaubnißschein des dazu allergnädist denommirten Executionscommissairs. Sr. Grafen Phil. V. Kolowart Exellenz zwar in die Prager Städte beim Tage eingelassen werden können, jedoch daselbst absolute durch keine einzige Nacht verbleiben sollen, und wird gedachten Executionscommissarius damit er dessen versicher sei, die erforderliche Praecaution zu nehmen, auch die Ertheilung der Erlaubnißscheine so einzurichten haben, damit sothanen Erlaubnissen nicht gemißbraucht, auch der öftere Eintritt vornehmlich nur denen Juden vergünstigt werde, welche die Hauptnegotia getrieben und sonsten den Einlaß vor andern von nöthen haben.

3. Nach Verlauf derer 6 Monaten hingegen sollen die Juden insgesammt auch das ganze Königreich Böhmen räumen und inner derselben Grenzen sich nirgends mehr finden lassen, da im widrigen sie, wie besagt, mit militärischer Hand ausgeschafft werden sollen. Welche Räumung des ganzen Landes bis zu den letzten Tag des Monats Juni Anno 1745. Nicht allein auf die Prager sondern gleichfalls auf sämmtliche Landesjudenschaft verstanden und extendirt sein solle, also daß an demselben Tag kein Jud mehr im Königreiche anzutreffen sei und keiner von selben in einem Erblande von allerhöchst besagten Ihro königl. Majestät sich niederlassen solle. Wonach sich dann sowohl die sämmtlichen Juden als auch diejenigen, so mit ihnen einige Verkehrung haben, durchgehends Pflichtschuldigst und auf das genaueste zu richten wissen werden.

Geben ob dem k. Prager Schloß den 22. Dez. im Jahre Christi 1744

Quelle: Markus Hirsch Friedländer, Hrsg., Materialien zur Geschichte der Juden in Böhmen. Brünn: Verlag von Bernhard Epstein, 1888, S. 67–69. Online verfügbar unter: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/629694