Quelle
Aus Senones, 13. Oktober 1914:
Ich hab großen Hunger. Nach den Handschuhen hab ich auch geschrieben. Ich weiß nicht, hast Du die Karte erhalten oder nicht? Es ist sehr kalt, wenn man die Nächte draußen liegt. Schreib mir, wie lang die Karte gebraucht hat, bis Du sie bekommen hast. Ich bin noch gesund. Ich hätte es genug. Hört man nichts von Friedensverhandlungen?
Aus Senones, 14. Oktober 1914:
Hörst Du nicht, ob der Krieg bald ein Ende nimmt? Betet fleißig für mich. Halte auch die Kinder dazu an, daß ich wieder zurückkehren kann.
Da wo wir sind, sieht es nicht schön aus, denn da war eine Schlacht. Viele Soldatengräber sieht man da. […]
Aus Senones, 17. Oktober 1914:
[…] Darfst auch noch 2-3 Morgen Weizen säen. Schreib alle Wochen 2 Briefe. Brot brauch ich keins. Man ist keine Stunde seines Lebens sicher. […] Muß weinen über die Photographie!
Aus Senones, 18. Oktober 1914:
[…] Wir haben fast Tag und Nacht Dienst, 2 Tage Schützengraben, 1 oder 2 Tage auf Wache. Wir müssen die Stellung fest halten. Wenn die Franzosen durchbrechen wollen, müssen wir sie zurückwerfen, was wir am Donnerstag, den 15. Oktober thun mußten. Wir hatten auch Artilleriefeuer, das war fürchterlich. 2 Tote und 3 verwundet. Schicke mir keine Zeitung, ich habe keine Zeit zum Lesen. 2 Tage und 2 Nächte liegen wir im Schützengraben in den Vogesen, die anderen 2 Tage auf Wache. Ich schlaf oft den ganzen Tag keine 2 Stunden vor Angst um meine Leben. Wenn ich nur nicht durch die Kugel fallen muß, nur wegen Dir und Deinen Kindern.
Säe noch 3-4 Morgen Weizen und betet fleißig. Ich bete im Schützengraben und auf Wache. Schicke mir alle Wochen 2 Pakete Wurst, weiter nichts.
In der Gegend, wor wir sind, war auch schon Schlachtfeld. Es ist der Greuel der Verwüstung. Tag und Nacht wird geschossen. Komm nicht aus der Montur heraus. […]
Quelle: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München / Abt. IV (Kriegsarchiv) Amtsbibliothek 9584. In Auszügen abgedruckt in Bernd Ulrich und Benjamin Ziemann, Frontalltag im Ersten Weltkrieg. Wahn und Wirklichkeit. Berlin, 1995, S. 45–47.