Kurzbeschreibung

Carl Peters war ein überzeugter Befürworter der Kolonialpolitik, Entdecker, Schriftsteller, Opportunist, Kolonialverwalter und Propagandist. Im Jahr 1885 gründete er die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, deren Ziel es war, die neue deutsche Kolonie Ostafrika sowohl zu verwalten als auch wirtschaftlich auszubeuten. Missmanagement in beiden Bereichen führte 1889 zu einem Aufstand, der die deutsche Regierung zwang, die Verwaltung der Kolonie direkt zu übernehmen. Peters erlangte zunächst in Deutschland Berühmtheit, nachdem er 1890 eine vielbeachtete Afrikaexpedition zur „Rettung“ von Emin Pascha unternommen hatte (obwohl ihm dabei Henry Morton Stanley zuvorkam). In den frühen 1890er Jahren war Peters jedoch deutscher Reichskommissar in Ostafrika, und seine Brutalität – einschließlich der Anwendung von Exekutionen im Schnellverfahren – löste in Deutschland einen Skandal aus. (August Bebel und die Sozialdemokraten bezogen sich auf Peters‘ Vorgehen, um die Kolonialpolitik des deutschen Staates als „mit Blut und Tränen geschrieben“ zu kritisieren). In diesem 1898 geschriebenen Rückblick beschreibt Peters offen und unverblümt seine Beweggründe und seine Weltanschauung.

Carl Peters über seine Motivation, nach Ostafrika zu gehen (1898)

Quelle

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Meine eigene Rechtfertigung, den Beweis, daß meine Behandlung der Afrikaner richtig ist, denke ich später zu liefern; ich werde dann ruhig abwarten, wem die zukünftige Entwicklung recht geben wird. Ich bin nicht nach Afrika gegangen, um die Eingeborenen glücklich zu machen. Dazu hatte ich keinerlei innere oder äußere Veranlassung – ebensowenig, wie ich gefunden habe, daß die Afrikaner ein besonderes Bedürfnis empfinden, nach Europa zu gehen, um uns glücklich zu machen. Sondern ich habe Kolonialpolitik getrieben, um meinen eignen Landsleuten und der Macht des Deutschen Reiches zu dienen. Aber ich habe stets gemeint, daß hiermit mittelbar auch den Interessen der Negerwelt genützt sei; und um so mehr, je entschiedener man sie in die neuen wirtschaftlichen Ordnungen hinüberleitet, wobei ja freilich Gewaltmaßregeln leider nicht immer vermieden werden können. Nach meiner Überzeugung kommt bei jeder Kolonialpolitik alles auf die wirtschaftlichen Vorteile an, die das kolonisierende Volk daraus gewinnt, und solche Vorteile sind nur zu verwerten, wenn die Ausschließung und Entwicklung der neuen Länder nach den Gesichtspunkten des gesunden Menschenverstandes vorgenommen wird. Mit Schultheorien und Utopien sind, soweit ich die Weltgeschichte kenne, noch niemals große Erfolge erzielt worden.

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Freilich würde ich raten, wenn einer nicht besondere Interessen dort zu verfolgen hat, weder nach Rio de Janeiro noch nach Dar-es-Salam auszuwandern. In beiden Plätzen ist die Gefahr der Erkrankung am Fieber vorhanden, wenn auch Ostafrika vor dem mörderischen gelben Fieber bewahrt ist, wie es in Brasilien wütet. An der Küste Ostafrikas wie an der Brasiliens muß die europäische Rasse, selbst wenn sie dazu gelangen sollte, sich dort erblich festzusetzen, im Verlauf der Geschlechter entarten, wie es den Spaniern in Mittel- und Südamerika und den Portugiesen in Zentralafrika und Goa geschehen ist. []

Quelle: Carl Peters, Gesammelte Schriften, Bd. 1, hrsg. Walter Frank. München und Berlin, 1943, S. 393–4.