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Quelle: Tragödie eines Streikes, Regie: Adolf Gärtner, 1911. Bundesarchiv Filmarchiv
Obwohl Bismarcks Sozialistengesetz von 1878 nach 1890 nicht
verlängert wurde, dauerte der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und
Löhne noch lange nach Bismarck an. In den folgenden Jahrzehnten kam es
wiederholt zu Streiks in Industriebetrieben, insbesondere im Bergbau,
der für die deutsche Fertigungsindustrie (Eisenerzförderung) und
Energieversorgung (Kohleförderung) von entscheidender Bedeutung war. Der
Kurzfilm Tragödie eines Streikes aus
dem Jahr 1911 bedient sich melodramatischer Mittel, um seine reaktionäre
Botschaft gegen den Streik als Mittel des Klassenkampfs zu
vermitteln.
Ein Familienvater schließt sich begeistert einem Streik
im Kraftwerk für höhere Löhne an: Der Vater (Robert Garrison) wirkt mit
seinem wilden Schnurrbart, seiner Arbeitermütze und dem russischen
Arbeiterkittel wie eine Karikatur eines Sozialdemokraten. Er und die
anderen Arbeiter werden als aufgebracht und übermäßig emotional
dargestellt. Die Streikenden blockieren das Kraftwerk und zwingen es zur
Einstellung des Betriebs. Doch plötzlich wird das Kind des Protagonisten
schwer krank und muss ins Krankenhaus gebracht werden, wo es operiert
werden soll. Als aufgrund des Streiks der Strom ausfällt und sein Kind
in Lebensgefahr schwebt, überzeugt ihn seine Frau (gespielt von Henny
Porten, einer der erfolgreichsten Schauspielerinnen des deutschen
Stummfilms), den Streik zu beenden. Die Figur der Arbeiterfrau, die den
Streik von Anfang an ablehnt und die bestehende Ordnung aufrechterhalten
will, dient hier als Vehikel für die Botschaft, dass Klassenkampf nur
Unheil bringen kann. Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs drehte Regisseur
Adolf Gärtner mehrere solcher moralisierenden Melodramen für die
Produktionsfirma von Oskar Messter. Das Motiv überemotionaler und
aufbrausender Arbeiter, die streiken und damit ihren eigenen Kindern
Schaden zufügen, sollte sich in vielen Filmen wiederholen. Das
bekannteste Beispiel ist Fritz Langs Science-Fiction-Meisterwerk
Metropolis, das sechzehn Jahre nach
diesem Film entstand.
Quelle: Tragödie eines Streikes, Regie: Adolf Gärtner, 1911. Bundesarchiv Filmarchiv
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