Im Januar 1911 erließ die preußische Regierung einen Jugendpflegeerlaß, der Richtlinien für die staatlich geförderte Jugendarbeit festlegte. Gemäß diesem Erlass war es das Ziel der öffentlichen Jugendarbeit, körperliche Betätigung, sittliches Verhalten und patriotische Gesinnung zu fördern. Mehrere bürgerliche Jugendorganisationen im wilhelminischen Deutschland (wie Turnvereine und die Pfadfinder) hatten sich bereits Jahre vor Erlass dieser offiziellen Richtlinien zum Ziel gesetzt, Jungen vormilitärisch auszubilden, um sie auf den Militärdienst vorzubereiten und eine patriotische Gesinnung zu fördern. Organisierte Freizeitaktivitäten wie Wanderungen und Zeltlager enthielten regelmäßig Elemente vormilitärischer Erziehung. Dieser Film aus dem Jahr 1912 dokumentiert eine militärisch geprägte Geländeübung, die vom Jungdeutschland-Bund organisiert wurde, einem Dachverband militaristischer, patriotischer Jugendorganisationen, der 1911 auf Initiative des Kriegsministeriums gegründet worden war. Bis 1914 zählte der Jungdeutschland-Bund mehr als 750.000 Mitglieder in seinen verschiedenen Mitgliedsorganisationen (das war jeder fünfte Junge im Alter von 14 bis 20 Jahren). In diesem Ausschnitt sind Jungen aus verschiedenen Mitgliedsorganisationen, einige in Uniform, bei der Geländeübung auf dem Truppenübungsplatz in Zossen (Brandenburg) zu sehen. Die Firma Maggi stellte die Verpflegung für die Veranstaltung zur Verfügung (4:49). Wie der Film zeigt, unterstützten und leiteten die Militärbehörden (vermutlich freiwillige Reserveoffiziere) die Arbeit dieser Jugendorganisationen. Während die vor der Kamera gezeigten Jungen Spaß an der Kameradschaft während der Übung zu finden scheinen, lassen die Zwischentitel kaum Zweifel an der militaristischen Ausrichtung dieser Jugendarbeit. Ein Großteil der Jungen in diesem Film wurde mit Sicherheit später zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen (und viele von ihnen überlebten den Krieg nicht).