Kurzbeschreibung

Das von Joseph Goebbels geleitete Propagandaministerium war nicht die einzige Regierungsstelle, die mit der Produktion und Verbreitung von NS-Propaganda beauftragt war. So nutzte das von Joachim von Ribbentrop geleitete Auswärtige Amt seine Pressestelle unter anderem dazu, eine Reihe deutscher und fremdsprachiger Publikationen herauszugeben, um die öffentliche Meinung über Deutschland im Ausland zu beeinflussen, insbesondere in Ländern, die verbündet oder neutral geblieben waren oder als wichtige Ziele für die Propaganda galten. Fremdsprachige Zeitschriften wurden zum Beispiel in Italien, Schweden, Spanien, der Türkei und den Vereinigten Staaten herausgegeben. Dieses Bild stammt aus der ersten Ausgabe der schwedischen Zeitschrift tele, die zwischen Oktober 1944 und Mai 1945 erschien. Das Layout orientierte sich an amerikanischen Illustrierten wie Life, und eines der wichtigsten Merkmale der Zeitschrift waren qualitativ hochwertige Fotos. Während die Artikel nicht offen politisch waren, versuchten sie doch, dem ausländischen Lesepublikum ein positives Bild des Lebens in Deutschland und im besetzten Europa zu vermitteln. Auf diesem Bild liegen zwei Frauen auf bequemen Terrassenstühlen in der Sonne, lesen und entspannen sich. Die scheinbar angenehmen Aktivitäten und das ruhige Verhalten der Frauen werden jedoch durch das zerbombte Gebäude auf der anderen Straßenseite konterkariert. Das Bild ist eine inszenierte Szene, die von den Härten der Kriegszeit ablenken soll – den langen Warteschlangen für Lebensmittel, der Angst vor Luftangriffen und den langen Arbeitsstunden, die diese Frauen zu leisten hatten. Außerdem sind die Spirituosenflasche und die Snacks auf diesem Foto auffällige Objekte, da sie zu diesem Zeitpunkt nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich waren. Da der Schwarzmarkt illegal war, scheint ihre Anwesenheit zu suggerieren, dass diese Produkte über legale Kanäle erhältlich waren. Das Foto verleugnet also die Realität des Krieges und suggeriert der Leserschaft im Ausland, dass Deutschland unverwüstlich sei und dass die Bedingungen in Deutschland trotz der düsteren Realität des Alltags erträglich – ja sogar angenehm – blieben.

Auslandspropaganda über den Kriegsalltag in Deutschland (Oktober 1944)

Quelle

Quelle: Fotografie, unbekannter Fotograf. tele 1/1944, S. 15. Arbeitsstelle für Kommunikationsgeschichte und angewandte Kulturwissenschaften, FU Berlin.

Peter Longerich, Propagandisten im Krieg. Die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes unter Ribbentrop. München: Oldenbourg, 1987. https://doi.org/10.1524/9783486595499.fm

Auslandspropaganda über den Kriegsalltag in Deutschland (Oktober 1944), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-5191> [10.05.2024].