Kurzbeschreibung

Da der Bedarf an Rüstungsproduktion zunahm, musste das NS-Regime Wege finden, um die Kriegswirtschaft mit begrenzten Ressourcen weiter voranzutreiben. Eine der am schwierigsten zu verwaltenden Ressourcen war die Arbeitskraft, die notwendig war, um die deutschen Armeen gut zu versorgen, zumal junge Männer zum Kriegsdienst einberufen wurden. Während immer weniger männliche Arbeitskräfte zur Verfügung standen, war das Regime jedoch sehr zurückhaltend, wenn es darum ging, dass Frauen die Lücke füllen sollten. Dies rührte vom tief verwurzelten Sexismus der nationalsozialistischen Ideologie her, die männliche Stärke, Heldentum und kriegerische Tapferkeit verehrte. Der Einsatz von Frauen für schwere körperliche Arbeit in den Fabriken stellte eine direkte Herausforderung für die öffentlich verkündete Rolle der Frauen als Mütter, Hausfrauen und vor allem Untergebene der Männer dar.

Als die militärischen Erfordernisse das Regime schließlich dazu drängten, Frauen für die Arbeit in der Rüstungsindustrie heranzuziehen, blieben die NS-Führer vorsichtig, was die öffentliche Meinung anging. In diesem kurzen Memorandum an die Verlage legten die staatlichen Behörden fest, dass jede Erwähnung der Beteiligung von Frauen an der Kriegsarbeit den Anschein erwecken musste, dass sie freiwillig und durch den Wunsch der Frauen motiviert war, aus eigenem Antrieb zur Kriegsbereitschaft des Reichs beizutragen. Jeder Hinweis darauf, dass die Wirtschaft nicht in der Lage sei, die Rüstungsproduktion ohne die Hilfe dieser Frauen aufrechtzuerhalten, sollte strikt vermieden werden. Auch in anderen Publikationen sollte die anstrengende Arbeit heruntergespielt werden, um den Eindruck zu vermeiden, dass das Regime die Frauen in schwierige und gefährliche Situationen bringt.

Die Beschäftigung von Frauen in Rüstungsbetrieben (7. Mai 1940)

Quelle

Im Nachgang zu dem gestern gegebenen Hinweis betreffend Veröffentlichung über die Beschäftigung von Frauen in Rüstungsbetrieben wird Folgendes mitgeteilt: Die Behandlung dieses Themas soll nicht in Form einer besonderen Aktion erfolgen, sondern in Form gelegentlicher Schilderungen über den Einsatz von Frauen in Rüstungsbetrieben, über die damit gezeigte tatkräftige Hilfe der Frau im Kriege, die Kameradschaft bei der Arbeit und über die Tatsache, daß eine Überanstrengung der in den Rüstungsbetrieben eingesetzten Frauen ausgeschlossen ist. Es darf dabei in keiner Weise der Eindruck entstehen, als ob es sich bei der Frauenarbeit in Rüstungswerken um einen Zwang handelt, vielmehr sollen die gewünschten Veröffentlichungen als Anregung zum freiwilligen Einsatz wirken.

Quelle: BArch, Slg. Oberheitmann, ZSg 109/11; abgedruckt in Bernd Sösemann (in Zusammenarbeit mit Marius Lange), Propaganda: Medien und Öffentlichkeit in der NS-Diktatur: eine Dokumentation und Edition von Gesetzen, Führerbefehlen und sonstigen Anordnungen sowie propagandistischen Bild- und Textüberlieferungen im kommunikationshistorischen Kontext und in der Wahrnehmung des Publikums, Band 1. Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2011, S. 592.