Kurzbeschreibung

Als 1935 die Wehrpflicht in Deutschland wieder eingeführt wurde, weigerten sich die Zeugen Jehovas, den Dienstbefehlen Folge zu leisten. Als 1939 dann der Zweite Weltkrieg begann, weigerten sich die Zeugen Jehovas erneut, an Hitlers Eroberung des europäischen Kontinents teilzunehmen, und begründeten dies mit ihren religiösen Grundsätzen. Bis 1939 wurden fast 6.000 Zeugen Jehovas aus dem ganzen Reich verhaftet und inhaftiert. Trotz der Verfolgung praktizierten die Zeugen Jehovas ihre Religion auch in der Gefangenschaft weiter, trafen sich oft im Geheimen oder suchten unter den anderen Häftlingen nach potenziellen Bekehrten. Zum Ärger der SS-Wachen weigerten sie sich häufig, sich den militärischen Abläufen wie dem täglichen Appell zu unterwerfen. Einige unterzeichneten Dokumente, in denen sie ihrem Glauben abschworen, um der Verfolgung zu entgehen, die meisten jedoch nicht. Insgesamt wurden 10.000 Zeugen Jehovas von den NS-Behörden inhaftiert. Davon starben 2.500 bis 5.000 Männer und Frauen an körperlichen Misshandlungen, Hunger und Unterernährung im Lagersystem. Weitere 200 Männer wurden vom deutschen Kriegsgericht verurteilt, weil sie den Kriegsdienst in der Wehrmacht verweigert hatten.

Erklärung, mit der Zeugen Jehovas ihrem Glauben abschwören sollten (ca. 1938)

Quelle

Konzentrationslager ………………………..
Abteilung II

ERKLÄRUNG

Ich, -der -die ……………………………….
geboren am ………………………………...
in ……………………………………………..

gebe hiermit folgende Erklärung ab:

1. Ich habe erkannt, dass die Internationale Bibelforschervereinigung eine Irrlehre verbreitet und unter dem Deckmantel religiöser Betätigung lediglich staatsfeindliche Ziele verfolgt.

2. Ich habe mich deshalb voll und ganz von dieser Organisation abgewandt, und mich auch innerlich von dieser Sekte freigemacht.

3. Ich versichere hiermit, dass ich mich nie wieder für die Internationale Bibelforschervereinigung betätigen werde. Personen, die für die Irrlehre der Bibelforscher an mich werbend herantreten oder in anderer Weise ihre Einstellung als Bibelforscher bekunden, werde ich unverzüglich zur Anzeige bringen. Sollten mir Bibelforscherschriften zugesandt werden, so werde ich diese umgehend bei der nächsten Polizeidienststelle abgeben.

4. Ich will künftig die Gesetze des Staates achten, insbesondere im Falle eines Krieges mein Vaterland mit der Waffe in der Hand verteidigen und mich voll und ganz in die Volksgemeinschaft eingliedern.

5. Mir ist eröffnet worden, dass ich mit meiner erneuten Inschutzhaftnahme zu rechnen habe, wenn in meiner heute abgegebenen Erklärung zuwiderhandle.

……………………………….., den ………………………………..
Unterschrift

Quelle: Erklärung, mit der Zeugen Jehovas ihrem Glauben abschwören sollten (ca. 1938), abgedruckt in Gerti Malle, „Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht:“ Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus in Kärnten. Kitab-Verlag Klagenfurt-Wien, 2011, S. 176. Online verfügbar unter: https://alst.org/dokumente/zeugnisse-des-widerstands/erklaerung-die-inhaftierten-und-kz-haeftlingen-in-dieser-form-ab-1938-zur-unterschrift-vorgelegt-wurde/