Kurzbeschreibung
Wie kein anderer Wirtschaftszweig profitierte die deutsche
Schwerindustrie vom nationalsozialistischen Aufrüstungsprogramm. Doch
kam es gerade hier zu Konflikten zwischen dem NS-Regime, das zunehmende
staatliche Regulierung verfolgte, und Industriellen, die die
unorthodoxen und oft unrationalen Produktionsforderungen der Regierung
ablehnten. Trotz vereinzelter Widersetzungen kooperierten dennoch die
meisten Industrieführer weitgehend mit einer Regierung, die einerseits
gewaltsamen Druck ausübte und andererseits beispiellose Profite
versprach. In diesem Zusammenhang stellt der im Foto zu sehende
Großindustrielle Fritz Thyssen (rechts hinter Hitler) eine Ausnahme dar,
sowohl in seiner anfänglichen Begeisterung für die
nationalsozialistische Bewegung als auch in seiner letztlichen
Ernüchterung über das NS-Regime. Schon während der zwanziger Jahre hatte
er die NSDAP finanziell unterstützt. Er trat der Partei 1931 bei und
begann, zwischen Hitler und anderen Industrieführern zu vermitteln. Im
folgenden Jahr unterzeichnete er zusammen mit anderen wichtigen
Vertretern des Industrie- und Bankwesens eine Petition an
Reichspräsident von Hindenburg, die Hitlers Berufung zum Reichskanzler
forderte. Nach 1933 war er in einer Reihe von öffentlichen Ämtern an der
Formulierung und Umsetzung der nationalsozialistischen
Wirtschaftspolitik beteiligt. Nach Erlass des Vierjahresplans und der
damit verbundenen Eskalation staatlicher Wirtschaftsintervention geriet
Thyssen jedoch zunehmend mit der NS-Regierung in Konflikt. Nach weiteren
Enttäuschungen über das antisemitische, gewalttätige Klima im Land und
Hitlers Kriegstreiberei emigrierte er 1939 nach Frankreich. Im folgenden
Jahr wurde er dort vom Vichy-Regime verhaftet und nach Deutschland
ausgeliefert, wo er bis Kriegsende in Konzentrationslagern interniert
blieb. Der Thyssen-Konzern wurde verstaatlicht.
Das Foto zeigt ebenfalls Albert Vögler (links neben Hitler), den
damaligen Leiter der Vereinigten Stahlwerke AG. Er war langzeitiger
Befürworter Hitlers und trat nach 1933 eine Reihe von öffentlichen
Ämtern an. Während des Krieges war er als Wehrwirtschaftsführer und
später als Generalbevollmächtigter des Reichsministers für Rüstung und
Kriegsproduktion, Albert Speer, maßgebend an der Organisation des
Rüstungswirtschaft beteiligt. Nach Einmarsch amerikanischer Truppen in
das Ruhrgebiet beging Vögler am 14. April 1945 Selbstmord.