Kurzbeschreibung

Die Motorisierung Deutschlands, vom Bau von Autobahnen bis zur Massenproduktion von Fahrzeugen, spielte eine wichtige Rolle im langfristigen Wirtschaftsplan des NS-Regimes. In dieser Rede zur Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung 1934 in Deutschland legt Adolf Hitler seine Vision der Massenmotorisierung in Deutschland dar. Laut Hitler hatte die deutsche Automobilindustrie 1934 ihren Platz an der Weltspitze verloren, eine bedauerliche Situation, die er auf den „furchtbaren allgemeinen wirtschaftlichen Zusammenbruch“ in Deutschland zurückführte. Hitler vergleicht den Fahrzeugbesitz in Deutschland mit dem in den Vereinigten Staaten und dem übrigen Europa und betont die industrielle Kapazität Deutschlands sowie die Notwendigkeit einer drastischen Steigerung der Automobilproduktion als oberste wirtschaftliche Priorität. Insbesondere verbindet er die Steigerung der Produktion mit der Verbesserung des Lebensstandards, sowohl im Hinblick auf die Beschäftigung als auch auf den Zugang zu Transportmitteln. Der Ausbau der Automobilindustrie diente auch einem klaren ideologischen Zweck. Hier zielt Hitler auf den ideologischen Kampf, der durch das Eindringen der „marxistischen Ideenwelt“ in die deutsche Politik ausgelöst wurde. Er wirft dem marxistischen Denken falsche Vorstellungen von wirtschaftlicher Gleichheit vor, die seiner Meinung nach den Lebensstandard nicht anheben, sondern ihn stattdessen allgemein und willkürlich niedrig hielten, um vermeintliche Gleichheit zu schaffen. Im Gegensatz dazu müsse die deutsche Automobilindustrie auf Expansion setzen. Dieses allumfassende Ziel beinhaltete den Bau großer, flächendeckender Autobahnen und die Produktion eines erschwinglichen Autos, das speziell für deutsche Familien entwickelt wurde.

Hitlers Eröffnungsrede zur Internationalen Automobilausstellung (1934)

Quelle

Herr Reichskanzler Adolf Hitler eröffnet die Ausstellung mit folgender Rede:

Männer und Frauen!

Im Auftrag des Protektors der Deutschen Internationalen Automobilausstellung, des Herrn Reichspräsidenten, übermittle ich dessen aufrichtige Glückwünsche zum heutigen Tage.

Der Herr Reichspräsident hat mit großer Freude Kenntnis genommen von der Entwicklung des deutschen Kraftfahrwesens in den hinter uns liegenden zwölf Monaten.

Denn: die deutsche Automobil- und Motorradindustrie hat im wesentlichen die Hoffnungen erfüllt, die auf sie gesetzt wurden und gesetzt werden mußten. Als ich vor einem Jahr die Ehre hatte, die erste Automobilausstellung im neuen Reich zu eröffnen, befand sich die deutsche Wirtschaft auf einem Tiefpunkt, der das Schlimmste befürchten ließ. Nur Maßnahmen von einschneidender Wirkung und größter Eindringlichkeit konnten vielleicht noch Abhilfe schaffen. Die Armee der Erwerbslosen, die Not ihrer Lebenshaltung, gaben den kategorischen Befehl, unter Verzicht auf alle wirtschaftlich-theoretischen Illusionen und Phantasien die Maßnahmen durchzuführen, die allein noch geeignet sein konnten, dieser allgemeinen Not zu steuern. Dabei ergab eine eingehende Prüfung dieser Zustände und der Möglichkeit ihrer Behebung u.a. folgende eigenartige Tatsache:

Während das deutsche Volk früher in der Entwicklung des Verkehrs stets mit der Spitze marschierte, ist es in der Motorisierung des Verkehrs in einer zunächst einfach unverständlichen Weise zurückgeblieben.

Auf rund 125 Millionen Einwohner kommen in den Vereinigten Staaten über 24 Millionen Kraftwagen. Unter Annahme ähnlicher allgemeiner Verhältnisse würde dies für Deutschland eine Zahl von mehr als 12 Millionen Wagen bedeuten. Daß diese Voraussetzungen für Deutschland nicht zutreffen, ist uns allen bekannt. Allein auch im Verhältnis zu den westlichen, großen europäischen Nachbarstaaten müßte Deutschland heute einen Bestand von rund 3 Millionen Kraftwagen besitzen. Tatsächlich laufen zur Zeit in Deutschland nur etwas über 500.000.

Zu behaupten, daß dies dem allgemeinen Lebensstandard, dem wirtschaftlichen oder technischen Vermögen unseres Volkes entspräche, ist unsinnig. Das Verkehrsbedürfnis ist in Deutschland, in einem Land mit einer so ungeheuren Industrialisierung, mit mehr als 50 Großstädten, sicher nicht kleiner, sondern mindestens genauso so groß wie in den angeführten Staaten. Die Gründe für diese eigenartige Erscheinung sind andere:

1. hat die deutsche Automobilindustrie durch den Krieg jede nähere Berührung für die Dauer von fast einem halben Jahrzehnt mit den gleichen Industrien der übrigen Völker verloren. Dies ist für eine Produktion sehr schädlich, die erst im Aufbau begriffen, nur durch ununterbrochenes Messen mit der sie bedrohenden Konkurrenz im Flusse der Entwicklung bleibt.

2. hat der furchtbare allgemeine wirtschaftliche Zusammenbruch der Nachkriegszeit auch an dieser Industrie seine verheerenden Einwirkungen ausgeübt.

3. hat die politische Ideologie der seit dem Zusammenbruch sich mehr und mehr durchsetzenden marxistischen Ideenwelt einen leider mehr als erfolgreichen Kampf für ein möglichst primitives Ausmaß der Bedürfnisse geführt. Da nun der Theorie der Gleichheit zu allen Zeiten die Möglichkeit fehlte, die Ärmsten auf das Niveau der Millionäre emporzuheben, versuchte sie dann aber wenigstens – prinzipienfest und dogmentreu – den Lebensstandard aller einheitlich nach der Tiefe zu drücken. Ein solches Ideal der Primitivität ist aber nicht nur kulturell gesehen ein Rückschritt, sondern auch in seiner wirtschaftlichen Auswirkung von katastrophalen Folgen für ein Volk, das wie das deutsche von Geburt aus zu Höherem bestimmt und durch einen jahrtausend langen Wirtschaftsprozeß dafür organisiert und eingerichtet ist. So war es möglich, daß in unserem Volk noch in einer Zeit der Besitz eines Kraftwagens als Luxus galt, da in Amerika auf jeden fünften Einwohner, Frauen und Kinder eingerechnet, bereits ein Automobil kam.

Diese Mentalität aber hatte um so üblere Auswirkungen, als sich aus ihr heraus zwei Erscheinungen ergaben:

Die deutsche Automobilindustrie war selbst angesteckt von der Auffassung des luxuriösen Charakters dieses neuen Verkehrsmittels und brachte dies in ihrem Produktionsprogramm konstruktiv und preismäßig mehr oder weniger unklug zum Ausdruck. Die deutschen Regierungen aber bemühten sich ihrerseits, durch Maßnahmen der Besteuerung sowohl als der behördlich geleiteten Verkehrspolitik, den marxistischen Grundsätzen diesem neuen Luxusartikel gegenüber eindringlich Geltung zu verschaffen.

Diesen vereinten Bemühungen mußte es gelingen, die Ausbreitung und Entwicklung des neuen Verkehrsmittels – wenn auch langsam, so doch sicher – abzuwürgen.

Und es gelang ihnen!

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Allein nicht nur aus dieser rein wirtschaftlichen Erwägung will der nationalsozialistische Staat die Motorisierung unseres Verkehrs mit allen Mitteln fördern. Solange das Automobil nur ein Verkehrsmittel besonders begüterter Kreise bleibt, wird es schwer sein, ihm seinen früher nun einmal angehängten klassenbetonenden und damit leider aber auch klassenspaltenden Charakter zu nehmen. Es ist aber ein bitteres Gefühl, von vornherein Millionen braver fleißiger und tüchtiger Mitmenschen von der Benützung eines Verkehrsinstrumentes ausgeschlossen zu wissen, das gerade für diese in ihren sonstigen Lebensmöglichkeiten beschränkteren Schichten nicht nur nützlich sein könnte, sondern ihnen vor allem auch an Sonn- und Feiertagen zur Quelle eines uns bekannten freudigen Glückes würde.

Die Behauptung, daß dies in Deutschland von vornherein unmöglich wäre, ist lächerlich. Wie lange ist es her, daß der primitivste deutsche Kleinwagen 4600 Mark kostete, 4600 Mark, um die man heute von einer ersten Firma eine wundervolle 6-Zylinder-Limousine erhält.

Nein, man muß den Mut haben, dieses Problem entschlossen und großzügig anzugreifen und zur Lösung zu bringen. Was in einem Jahr nicht gelingen kann, wird vielleicht in vier oder fünf Jahren gelungen sein und schon in zehn Jahren als selbstverständliche Tatsache hingenommen werden.

Es ist daher der Wille der nationalsozialistischen Staatsführung, durch die Förderung des Automobilwesens nicht nur die Wirtschaft anzukurbeln und Hunderttausenden von Menschen Arbeit und Brot zu geben, sondern damit auch immer größere Massen unseres Volkes die Gelegenheit zu bieten, dieses modernste Verkehrsmittel zu erwerben.

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Diese Aufgaben aber sind groß:

Denn, meine Herren: Wenn wir wirklich die Kraftwagenbesitzer in Deutschland in die Millionenzahl steigern wollen, dann kann dies nur gelingen, wenn wir seinen Preis anpassen dem finanziellen Leistungsniveau der hierfür in Frage kommenden Millionenmasse der Käufer. Wenn die deutsche Regierung wünscht, daß das deutsche Volk lebendigen Anteil am Kraftwagen nimmt, dann muß aber die Wirtschaft für das deutsche Volk auch den geeigneten Kraftwagen schaffen und bauen. Vor wenigen Monaten erst ist es der deutschen Industrie gelungen, durch die Fabrikation eines neuen Volksempfängers eine enorme Anzahl von Radioapparaten auf den Markt zu bringen und abzusetzen.

Ich möchte es nun als die bedeutendste Aufgabe für die deutsche Kraftwagenindustrie hinstellen, immer mehr den Wagen zu konstruieren, der ihr zwangsläufig eine Millionenschicht neuer Käufer erschließt. Denn nur, wenn es uns gelingt, die breiteste Masse für dieses neue Verkehrsmittel zu erobern, wird nicht nur der volkswirtschaftliche, sondern auch der soziale Nutzen ein unbestreitbarer sein.

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Quelle: Reichsverband der Automobilindustrie, e.V., Hrsg., Vollgas voraus! Drei Reden gehalten aus Anlass der Internationalen Automobil- und Motorradausstellung 1934. Berlin, 1934, S. 7–12.