Kurzbeschreibung

Eines der grundlegenden Merkmale des Nationalsozialismus war seine vehemente Ablehnung von Rationalität und Vernunft in der Wissenschaft. Die Bewegung wollte eine Kultur des völkischen Nationalismus fördern, die sich mehr auf Emotionen stützte als auf wissenschaftliche Untersuchungen und Debatten über Fakten. Dieser Anti-Intellektualismus richtete sich zum Teil gegen die Wissenschaften und lehnte die bestehenden Untersuchungsmethoden und akzeptierten Interpretationen dessen ab, was die Nationalsozialisten und ihre Anhänger als eine von Juden und kulturellen Eliten überrannte Disziplin betrachteten. Dennoch erkannten die Nazis, dass es mehrere wissenschaftliche Bereiche gab, die ihnen bei der Verwirklichung ihrer ideologischen Ziele behilflich sein konnten. Die Wissenschaft, so glaubten die Nazis, sollte sich auf die „Naturgesetze“ konzentrieren, die den biologischen Aufbau der Welt bestimmten, einschließlich der natürlichen Einteilung der Menschen in eine „rassische“ Hierarchie. In diesem pädagogischen Leitfaden aus dem Jahr 1933 wird das Fach Anthropologie als Mittel zur Verknüpfung des Studiums der Biologie und Physiologie mit nationalsozialistischen Konzepten wie der „Rassenhygiene“ erörtert. Von zentraler Bedeutung für diese Diskussion war das Konzept der „Totalität“, d. h. das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Pflanzen oder Tieren, die in einer biologischen Gemeinschaft leben. Die Organismen waren nicht durch ein „mechanisches System“ (z. B. die Nahrungskette) miteinander verbunden, sondern es war ihr Lebensraum, der die Art ihrer Interaktion und Beziehung zueinander bestimmte. Diese Pädagogik appellierte an die Emotionen der Schüler, damit sie Deutschland als ihren persönlichen Lebensraum und sich selbst als Teil der deutschen Lebensgemeinschaft sehen. Im Gegenzug sollte dieser Lehrplan die Schüler zu praktischem Handeln verpflichten, das zur Erweiterung und Stärkung dieser Lebensgemeinschaft beiträgt: Forstwirtschaft, Landwirtschaft usw. Dieser Appell an die Emotionen war ein wichtiger Schritt in der Politisierung der Wissenschaft.

Paul Brohmer, Biologieunterricht und völkische Erziehung (1933)

Quelle

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Wie kam es eigentlich, daß Darwins Lehre seine Zeitgenossen so gewaltig aufrüttelte, daß leidenschaftliche Kämpfe um das Für und Wider der neuen Theorie entbrannten? Die Fachgenossen haben sich sehr bald der einen oder anderen Schattierung der Abstammungslehre angeschlossen. Zuerst trat Ernst Haeckel (1834–1919) in seiner temperamentvollen Art für Darwin ein, er war es auch, der die neuen Gedanken in weitere Kreise trug und die weltanschaulichen Gesichtspunkte hervorhob und ausbaute. Diese waren es, die die Reihen außerhalb der Fachwissenschaft interessierten. Dabei war der Erfolg davon abhängig, daß das ganze Naturgeschehen auf eine einzige Formel gebracht wurde, durch die alles erklärt wurde. So sagt Haeckel im Vorwort zur 1. Auflage der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ (1868): „Entwicklung heißt von jetzt an das Zauberwort, durch das wir alle uns umgebenden Rätsel lösen, oder wenigstens auf den Weg ihrer Lösung gelangen können.“ Eine solche Vereinfachung entsprach dem liberalistischen Denken jener Zeit, sie wirkte besonders auf den Laien frappierend. Dazu kam der Wille zu mechanistischen Erklärungen alles Geschehens, wie er sich auch in der positivistischen Philosophie ausdrückt.

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Von dem pädagogischen Standpunkt aus, der in der Erziehung zu volklichem Denken und Wollen die Aufgabe der Schule sieht, kann man gegen die Übertragung der Gedankenwelt des Darwinismus in den Biologieunterricht der Schule einwenden, daß derartige Belehrungen kaum erziehlich wirken. Sie sind gewissermaßen international, denn sie suchen die Erscheinungen, an denen die Gesetze der Abstammungslehre bewiesen werden sollen, in aller Herren Ländern. So kommt es, daß die Schulbücher fast mehr ausländische Tiere und Pflanzen behandeln als einheimische; die Auswahl wird unter dem Gesichtswinkel getroffen, wo die betreffenden Erscheinungen, z. B. Mimikry, Schutzfärbung, Anpassung, am besten erkannt werden können, und so lernt der Schüler wohl den indischen Blattschmetterling, die Stabheuschrecken und das wandelnde Blatt kennen, aber nicht die Schädlinge, die im eigenen Obstgarten die Ernte vernichten oder auf den Feldern der deutschen Landwirtschaft ungeheure Verluste zufügen, er weiß vielleicht Bescheid über die australischen Kloaken- und Beuteltiere, kennt aber kaum die häufigsten Tiere und Pflanzen der Heimatnatur.

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Ein solches Wissen taugt allenfalls für den Spezialforscher, aber nicht für den deutschen Menschen, der auf dem Gebiete der Biologie nicht Fachmann ist. Es ist nicht zuviel behauptet, wenn man sagt, daß sehr viele Lehrstoffe der Biologie lebens-, heimat- und volksfremd sind. Und die Ursache für diese Fehlentwicklung des Biologieunterrichts liegt zum großen Teil darin begründet, daß man aus der Zeitströmung heraus die darwinistischen Gedankengänge zum Hauptinhalt des Schulunterrichts gemacht hat.

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Die Hineinnahme von physiologischen Gesichtspunkten in den biologischen Unterricht führt, wie gesagt, zu einem facheigenen Verfahren, zu einer arbeitsunterrichtlichen Ausgestaltung der Biologie als Schulfach. In diesem Sinne ist in den letzten Jahren schon viel gebessert worden. Hier liegt aber gar nicht das Wesentliche. Es kommt doch nicht nur auf eine Verbesserung des Unterrichtsverfahrens an, sondern vielmehr auf eine Umgestaltung des Inhaltes unseres Faches, auf das Hinführen des Schülers zu einer neuen Naturauffassung! In diesem Sinne müssen auch die Belehrungen aus der Physiologie angesetzt werden. Es ist uns also nicht damit gedient, daß eine Anzahl physiologischer Versuche sozusagen anhangsweise ausgeführt und ausgewertet wird, sondern auch hier muß der Schüler von Anfang an zur Ganzheitsschau – nicht etwa zu einem Enzyklopädismus – geführt werden. Er muß erkennen, daß hinter der Einzelleistung ein sinnvoller Plan, der ganze Organismus steht. Nehmen wir z. B. einen Versuch über die Umwandlung der Stärke in Zucker durch den Mundspeichel. Das ist ja nicht eine beliebige interessante Tatsache, sondern hier liegt eine Leistung vor, die im Dienste der Gesamterhaltung des Organismus steht. Oder betrachten wir den Sehvorgang: das Auge allein kann keine Gesichtsbilder erzeugen, eine Fülle von Organen muß dabei mitwirken, wie wir es früher dargelegt haben. Das Sehen ist also eine Leistung, die vom Gesamtorganismus bewirkt wird.

Zwei Wege der physiologischen Ganzheitsbetrachtung zeigen uns diese Beispiele: einmal daß die Leistung im Dienste des Ganzen steht, dann daß sie vom Ganzen getätigt wird. Es verflechten sich also zwei ganzheitliche Betrachtungsweisen: die Auffassung jedes Geschehens als eines planmäßigen, als Teil der Ganzheitsleistung, und der Auffassung des Lebewesens als einer Ganzheit, eines Organismus, in dem jedes Geschehen durch eine sinnvolle Planung bedingt und geregelt wird. Führen wir den Schüler immer wieder an konkreten Beispielen zu dieser ganzheitlichen Naturauffassung, so haben wir ihm wenigstens auf diesem Teilgebiete der Biologie eine neuzeitliche Betrachtungsweise vermittelt und die Grundlage für ein volksorganisches Denken gewonnen. Selbstverständlich muß dies auch in den anderen Zweigen unseres Faches geschehen; darauf wird noch eingegangen werden.

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Eine große Bedeutung der Betonung physiologischer Gedankengänge im pflanzen- und tierkundlichen Unterricht ist ferner darin zu erblicken, daß durch sie die neuzugestaltende Menschenkunde vorbereitet wird. Die physiologischen Vorgänge, die der Schüler an Pflanzen und Tieren kennenlernt, schaffen eine Grundlage für das Verständnis der entsprechenden Vorgänge beim Menschen. Im eigentlichen menschenkundlichen Unterricht ist aber eine starke Berücksichtigung der Physiologie notwendig, weil durch derartige Erkenntnisse der Boden für hygienische Belehrungen bereitet wird, und eine Aufgabe dieses Zweiges des Biologieunterrichts ist ja eine Anleitung zu vernünftiger Lebensführung. Die Individualhygiene ist aber wiederum die Voraussetzung für die so wichtige Rassenhygiene. So hängt die Berücksichtigung der Physiologie ebenfalls mit dieser Frage zusammen. Ihre erfolgreiche Behandlung ist aber nur möglich von einer Ganzheitsschau aus, die in allen Teilen des Biologieunterrichts zum Ausdruck kommen muß. Wir kommen auf Rassenhygiene und Rassenkunde noch zurück.

Weit stärker als in jedem anderen Zweige des Biologieunterrichts wird der Ganzheitsgedanke bei der unterrichtlichen Behandlung der Lebensgemeinschaften klar. Wir haben (S. 52) ausgeführt, daß für die Lebensgemeinschaft der Satz gilt: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“, und daß dieser paradox anmutende Ausspruch z. B. bei der Behandlung der Lebensgemeinschaft See anschaulich erfaßt werden kann. Schon aus diesem Grunde ist es zweckmäßig, den Lebensgemeinschaftgedanken im Biologieunterricht ausgiebig zu berücksichtigen. Leider ist er von vielen Methodikern ganz äußerlich als Prinzip der Stoffanordnung aufgefaßt worden. Er ist mehr; hinter ihm steht die Abkehr von einer veralteten Forschungsrichtung, steht das Streben nach einer Ganzheitsschau und nach facheigenen Unterrichtswegen, nach einer heimatlichen Gestaltung des Biologieunterrichts und nach dem Aufdecken innerer Zusammenhänge im Geschehen des Lebens; er führt zu einer überindividualistischen Natur- und Lebensauffassung und läßt den Schüler den Volksorganismus als eine den Lebensgesetzen unterworfene Ganzheit erkennen. Der Stoffkreislauf in der geschlossenen Lebensgemeinschaft zeigt eine sinnvolle Planung im großen Naturgeschehen, und wenn wir zu der Erkenntnis gelangen, daß die ganze Erde ein Lebensraum mit einer Lebensgemeinschaft ist, dann ahnen wir letzte Zusammenhänge, dann gelangen wir zu einer Naturauffassung, die dem religiösen Erleben nicht widerspricht.

Wir haben bereits in dem Abschnitt über die Lehre von den Lebensgemeinschaften darauf hingewiesen, daß die Einführung in diese Betrachtungsweise im Sinne einer völkischen Erziehung liegt. Wir wenden uns von der Erarbeitung biozönotischer Erkenntnisse aus an das Gemütsleben des Schülers: er muß Deutschland als seinen Lebensraum, sich als Glied der deutschen Lebens- und Schicksalsgemeinschaft erfassen und alle deutschen Menschen als Blutsverwandte, als seine Brüder betrachten. Erreichen wir dieses Ziel, dann versinken die früheren Partei- und Standestrennungen in ein Nichts, dann ist mehr für die nationalpolitische Erziehung getan als mit der Kenntnis der Verfassung und der Verwaltungseinrichtungen.

Weil gerade die Lehre von den Lebensgemeinschaften für die biologische Erkenntnisbildung und für die Erziehung zu volksorganischem Denken so bedeutungsvoll ist, ist es zweckmäßig, den Lehrplan auf diesem Gedanken aufzubauen. Wenn wir hinausgehen ins Freie, treten uns die Tiere und Pflanzen ständig in ihrem Lebensraum entgegen, in dem sie Lebensgemeinschaften bilden. Nicht das System gibt die natürliche Anordnung der Lebewesen, sondern der Lebensraum. Er stellt aber nicht nur eine äußere Zusammengehörigkeit her, sondern verknüpft seine Insassen mit unlösbaren Banden. Wer im Unterricht den Lebensgemeinschaftsgedanken nur als Grundsatz der Stoffanordnung benutzt, der hat den tieferen Sinn der Biozönotik nicht erfaßt, der steht an einem tiefen Brunnen mit köstlichem Wasser und schöpft nicht aus ihm, obwohl seine Begleiter von Durst gepeinigt werden. Es gilt also, den Schülern die Werte zu erschließen, die wir in unseren früheren Ausführungen aufgezeigt haben.

Daneben ergeben sich Wirkungen, die vom didaktischen Standpunkte aus gesehen nicht zu verachten sind. Einmal zwingt der im Sinne des Lebensgemeinschaftsgedankens erteilte Unterricht den Lehrer, mit seinen Schülern oft ins Freie zu gehen und Beobachtungen für die späteren Auswertungen zu sammeln. Es wird also eine wirkliche Lehre vom Leben angestrebt und nicht eine Anhäufung von Wissen, das an „Tiergeripp und Totenbein“ erworben wird. Museumsbiologie hat wenig Berechtigung in dem von uns angestrebten Unterricht. Auch das Bild, das noch immer einen Naturersatz in vielen Unterrichtsstunden abgeben muß, wird in den meisten Fällen entbehrlich; es dient wohl noch zur Ergänzung des Geschauten, ist aber nicht mehr die Quelle für die Bildung von Anschauungen.

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Es genügt nicht, daß eine Lebensgemeinschaft, z. B. der Buchenwald, einmal durchwandert wird, vielmehr muß man ihn in jeder Jahreszeit wenigstens einmal besuchen. Wie anders wirkt er im Vorfrühling auf uns ein, wenn ein Teppich von Anemonen seinen Boden bedeckt, als im Hochsommer, wenn in ihm ein geheimnisvolles Dunkel herrscht, wenn er uns als Dom mit hohen, schlanken Säulen erscheint! Wer die Stimmung der Landschaft, ihre Seele, in sich aufnimmt, der gewinnt seine Heimat lieb, und Heimatliebe wollen und können wir gerade mit Hilfe des Lebensgemeinschaftsgedankens erwecken. Daß wir uns nicht mit der Erziehung zur Heimatliebe begnügen, sondern unser Ziel in der Liebe zum Volk und in der Bereitschaft zum Volk und in der Bereitschaft zum Dienst am Volk sehen, ist bei unserer Einstellung selbstverständlich.

Die mehrmalige Durchwanderung einer Lebensgemeinschaft ist notwendig, wenn wir den Kreislauf der Stoffe, der in ihr abläuft, voll erfassen wollen. In diesem Kreislauf spielen ja die jahreszeitlichen Veränderungen der Welt der Lebewesen eine wichtige Rolle. Daraus ergibt sich eine methodische Folgerung von großer Tragweite. Es ist für die meisten Schulen nicht angängig, daß im Laufe eines Schuljahres nur eine einzige Lebensgemeinschaft behandelt wird. Einer solchen Maßnahme, die zwar eine sehr gründliche Untersuchung eines Lebensraumes mit seinen Bewohnern bedeuten würde, stehen die Forderungen des Lebens gegenüber, die eine gewisse Vielseitigkeit verlangen. Nach meinen Erfahrungen ist es sehr gut möglich, in einem Schuljahre drei bis vier Lebensgemeinschaften zu behandeln, wobei man die eine mehr als die andere betonen kann. Will man jede dieser Lebensgemeinschaften in jeder Jahreszeit wenigstens einmal besuchen, dann ist es unmöglich, die einzelnen Lebensgemeinschaften als abgeschlossene Lehrgebiete zu behandeln, also etwa die eine im ersten Vierteljahr, die zweite im nächsten usf. Vielmehr läuft die Behandlung der drei oder vier Lebensgemeinschaften, die der Lehrplan für das Schuljahr nennt, parallel nebeneinander. Diese Maßnahme gestattet zugleich, daß im Sommer vorwiegend Beobachtungen gesammelt werden, während der Winter mehr der Auswertung dient.

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Eine andere Umstellung des Biologieunterrichts, die er vollziehen muß, wenn er seinen Bildungswert erhöhen will, betrifft die Stellung des Menschen in unserm Fache. Schlagen wir eins der üblichen Schulbücher auf, so bildet dort die Menschenkunde einen Anhang an die Biologie, der Mensch wird etwas ausführlicher als ein beliebiges Säugetier, aber nach den gleichen Gesichtspunkten behandelt. Nur werden auf die Erkenntnisse über Bau und Leistungen der Organe einige Gesundheitsregeln aufgebaut, und man hat den Ausdruck geprägt, der Sinn des menschenkundlichen Unterrichts sei eine Anleitung zu vernünftiger Lebensweise. Zwar muß die Menschenkunde in der Schule auch diese Aufgabe erfüllen, aber sie fördert damit nur ein individuelles Leistungswissen, bringt jedoch keinen Zuwachs an Bildungswissen und an religiöser Bildung. Diese drei Ziele muß aber ein rechter Unterricht nach Max Scheler erstreben. Außerdem muß das individuelle Leistungswissen durch ein überindividuelles ergänzt werden, denn der deutsche Mensch darf nicht nur an sich denken, sondern muß seine Aufgabe im Dienst am Volk sehen.

Wir wollen, daß der Mensch nicht nur Objekt der Naturbetrachtung ist, sondern daß er als Subjekt in die biologische Naturbetrachtung gestellt wird. Gewiß braucht jeder Mensch eine Summe von Kenntnissen über den Bau und die Leistungen seiner Körperwerkzeuge, und er muß auch wissen, wie er sich gesund erhält. So ist die methodische Forderung zu begrüßen, daß der menschenkundliche Unterricht ständig durch den biologischen vorbereitet werde. Man kann also, wie wir oben ausführten, z. B. das Wesen der Verdauung, der Atmung usw. schon in der Tierkunde erarbeiten lassen und dann in der Menschenkunde darauf zurückgreifen. Auch die Pflanzenkunde bietet vielfach Gelegenheiten zur Vorbereitung menschenkundlicher Erkenntnisse. Weist man auf die Übereinstimmungen bzw. auf die Unterschiede in den Lebenstätigkeiten der Tiere und Pflanzen und des Menschen immer wieder hin, so gewinnt man Zeit für andere Fragestellungen in der Menschenkunde.

Darüber hinaus muß die Stellung des Menschen zur Natur ständig im biologischen Unterricht erörtert werden. Gerade wenn wir das Lehrgut nach lebensgemeinschaftlichen Gesichtspunkten anordnen, ist das leicht möglich. An den Anfang werden wir – wir fassen ja den Begriff Lebensgemeinschaft sehr weit – das Gebiet „Haus und Hof“ stellen. In ihm ist der Mensch der Herr; er hat die Tiere und Pflanzen, die er zu seinem Nutzen oder zu seiner Freude hält, in sein Heim gebracht, er gibt ihnen Obdach, Nahrung und Pflege, er hat sie durch Züchtung geändert und gebietet über das Leben und ihren Tod. Ohne ihn müssen die meisten Lebewesen, die er als Haustiere oder Zimmerpflanzen hält, zugrunde gehen. Hier können wir schon auf eine Einstellung des Menschen zur lebendigen Natur in elementarer Weise eingehen. In dieser Lebensgemeinschaft tritt uns vor allem der Wille zur Beherrschung der Natur entgegen, der Nützlichkeitsstandpunkt, daneben aber auch die Freude an der Schönheit der Naturdinge und die Naturliebe; ich lehne also auch eine ästhetische und ethische Naturbetrachtung nicht rundweg ab, Endziel muß aber die völkische Erziehung sein.

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Methodisch wichtig bei den Belehrungen über Familien- und Rassenkunde sowie Eugenik ist es, die Selbsttätigkeit des Schülers dabei soweit wie möglich in Anspruch zu nehmen. Man kann, wie wir bereits darlegten, anregen, daß der Schüler einen Familienstammbaum aufstellt. Ferner werden ihm Fragen vorgelegt über körperliche Eigentümlichkeiten der Eltern und sonstiger Vorfahren, soweit es in Erfahrung zu bringen ist (Körpergröße, Gestalt, Kopf- und Gesichtsform, Haar- und Augenfarbe, Nasenform usw.), über ihre geistigen und charakterlichen Eigenschaften, besondere Leistungen (z. B. während des Krieges, Lebensrettungen, wissenschaftliche oder dichterische Veröffentlichungen, Kompositionen), ihre Lebensdauer und Todesursache, gegebenfalls ist über Mißbildungen und vererbbare Krankheiten zu berichten. Auch die Kinderzahl der Vorfahren ist festzustellen. Dadurch ergibt sich ein Material, das das unmittelbare Interesse des Schülers besitzt. Vorsichtig muß der Lehrer sein bezüglich Belehrungen über vererbbare Krankheiten, damit er nicht bei Schülern die aus belasteten Familien stammen, ein Minderwertigkeitsgefühl oder eine Furcht vor solchen Krankheiten erzeugt. Auch muß er den anderen Schülern gegenüber gewisse Angaben vertraulich behandeln, was sich eigentlich von selbst versteht. In jeder Klasse ergibt sich dann genügend benutzbares Material, das als Grundlage für die Belehrungen aus den genannten Gebieten dienen kann.

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Quelle: Paul Brohmer, Biologieunterricht und völkische Erziehung. Frankfurt am Main: Verlag Moritz Diesterweg, 1933, S. 8–10; 68–72; 74–75; 80.