Kurzbeschreibung

Die westdeutsche Außenpolitik gegenüber Afrika und anderen Ländern der sog. „Dritten Welt“ wurde zwischen 1955 und 1970 im Wesentlichen von zwei Säulen bestimmt: der Deutschlandfrage (die Teil der Hallstein-Doktrin war) und der Entwicklungshilfe. Der Kern der Hallstein-Doktrin bestand darin, dass die Anerkennung der DDR durch Drittländer als unfreundlicher Akt betrachtet wurde und zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Drittland führen konnte; die Regierung der Bundesrepublik Deutschland beanspruchte für sich, die einzige legitime Vertreterin des deutschen Volkes zu sein, und verlangte, dass auch der Rest der Welt dies widerspiegelte. In den Jahren, in denen die Hallstein-Doktrin in Kraft war, war die Antwort eines Landes auf die „deutsche Frage“ ausschlaggebend dafür, ob es für Entwicklungshilfe in Frage kam, was zeigt, wie viele Länder der „Dritten Welt“ zum Spielball sowohl der Politik der beiden deutschen Staaten als auch des Kalten Krieges wurden. Bestrebungen wie eine politische Union aller unabhängigen Staaten Afrikas waren ein Versuch der gerade entkolonialisierten Welt, sich dagegen zu wehren, lediglich als politisches Werkzeug benutzt zu werden, und selbst politische Macht und Unabhängigkeit zu entwickeln.

Afrikaner wollen mitreden (18. Juni 1960)

Quelle

ADDIS ABEBA, 17. Juni (dpa). Eine politische Union aller unabhängigen Staaten Afrikas hat der Außenminister von Ghana, Ako Adjei am Donnerstag auf der Afrikanischen Konferenz in Addis Abeba vorgeschlagen. Vorher hatte er die Einberufung einer afrikanischen „Gipfelkonferenz“ angeregt. „Wir müssen den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich erklären, daß wir nicht ruhig bleiben werden, während sie auf dem Schachbrett der internationalen Politik weiterhin mit dem Schicksal der ganzen Menschheit spielen.“ Die Großmächte hielten die Menschheit mit ihren Atomwaffen in Unruhe, und die Afrikaner sollten sich gegen diese den Frieden und die Sicherheit der Welt bedrohende Gefahr zusammenschließen. Vor allem müßten die Afrikaner wirksame Schritte zum Schutze Afrikas vor weiteren Atomwaffenversuchen Frankreichs oder einer anderen Macht unternehmen.

Der Wunsch nach Einheit der afrikanischen Staaten klang in allen Reden durch. Diese Einheit, so betonten die Sprecher, werde die Stimme Afrikas in der internationalen Politik besser zu Gehör bringen. Alle Redner forderten auch Boykottmaßnahmen gegen die Südafrikanische Union.

Quelle: „Afrikaner wollen mitreden“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Juni 1960, S. 3.