Kurzbeschreibung

Die schulpolitischen Richtlinien der SED vom 24. August 1949 machen deutlich, daß die Schule in der zukünftigen DDR eine wichtige Rolle beim Aufbau der sozialistischen Gesellschaft spielen soll und strikt der Ideologie des Marxismus-Leninismus zu folgen hat. Das Programm der SED läuft auf die Schaffung einer staatlichen Einheitsschule mit sorgfältig ausgesuchten, politisch-ideologisch zuverlässigen Lehrern hinaus. Die traditionelle Mehrgliedrigkeit des deutschen Schulwesens wird beendet. Auch Privatschulen, d.h. vor allem kirchliche Einrichtungen, sind nicht mehr zugelassen.

Schulpolitische Richtlinien für die deutsche demokratische Schule (24. August 1949)

Quelle

Beschluß des Parteivorstandes der SED vom 24. August 1949

Für die weitere Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland, insbesondere die Festigung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung in der SBZ, ist die entschiedene Fortführung der demokratischen Schulreform von wesentlicher Bedeutung. Auf Grund der gesellschaftlichen Veränderungen und der seit 1945 bei der Durchführung der Schulreform gewonnenen Erfahrungen ergibt sich die Notwendigkeit und die Möglichkeit, die bei der Durchführung des Gesetzes zur Demokratisierung der deutschen Schule in der gegenwärtigen Phase der Entwicklung gestellten Aufgaben durch schulpolitische Richtlinien klar zu umreißen.

I. Die politischen Grundaufgaben der deutschen demokratischen Schule

Die gegenwärtige Phase der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung ist gekennzeichnet durch die Verschärfung des Kampfes um die nationale Einheit und Unabhängigkeit Deutschlands und den Friedensvertrag, die Festigung der demokratischen Ordnung, die Volkskongreßbewegung und die Nationale Front. Der deutschen demokratischen Schule erwächst daraus die Aufgabe, in entscheidendem Maße die Jugend zu Kämpfern für die Einheit Deutschlands, einen gerechten Frieden und für ein friedliches und freundschaftliches Zusammenleben der Völker, insbesondere mit der Sowjetunion, zu erziehen.

Angesichts der Verschärfung und der Unausweichlichkeit dieses Kampfes können diese Aufgaben nur erfüllt werden, wenn jeder Lehrer und Erzieher alle reaktionären und neofaschistischen, militaristischen, kriegshetzerischen, insbesondere antisowjetischen Einflüsse und Theorien, jeden Glaubens-, Völker- und Rassenhaß bekämpft.

II. Aufgaben und Charakter der deutschen demokratischen Schule in der antifaschistisch-demokratischen Ordnung

Der Kampf um die Einheit Deutschlands und den Frieden erfordert die Sammlung aller nationalen Kräfte. In der SBZ ist von besonderer Bedeutung die Festigung der demokratischen Ordnung durch den wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritt, die Erfüllung des Zweijahrplans, die Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Ausbildung eines qualifizierten Nachwuchses für Industrie- und Landwirtschaft und die Entwicklung einer neuen Intelligenz.

Die Lösung dieser Aufgaben stellt erhöhte Anforderungen an die Arbeit der Schulen:

1. Die Hebung des Leistungsstandes in allen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, die Vertiefung des antifaschistisch-demokratischen Inhalts von Unterricht und Erziehung und die Vermittlung eines allseitigen und systematischen Wissens; Pflege des fortschrittlichen nationalen Kulturgutes.

2. Erziehung der Jugend zu einer neuen Sittlichkeit und Arbeitsdisziplin als Voraussetzung für eine bewußte Einordnung in die neue Gesellschaft.

3. Die Heranbildung einer neuen Intelligenz, besonders aus den Kreisen der Werktätigen.

4. Die Entwicklung politisch bewußter und fachlich hochqualifizierter Lehrer und Erzieher.

Die Kinder und Jugendlichen der breiten Massen der Werktätigen, insbesondere der Arbeiter, der Bauern und der fortschrittlichen Intelligenz, müssen durch unsere Schulen so gebildet und erzogen werden, daß sie willens und fähig sind, die neue demokratische Wirtschaft zu meistern, den neuen demokratischen Staat zu gestalten und zu beherrschen und damit zu Erbauern und Aktivisten unserer demokratischen Gesellschaft, eines neuen Wohlstandes und des Friedens zu werden. Als Schule der demokratischen Ordnung dient die demokratische Schule den Interessen aller fortschrittlichen Menschen, verbessert ihr Wissen und fördert ihre Bildung. Durch ihre Stellung in der demokratischen Gesellschaft hat sie sich über die fortschrittliche bürgerliche Schule hinausentwickelt.

III. Die neuen Organisationsformen der deutschen demokratischen Schule

In ihrem strukturellen Aufbau ist die deutsche demokratische Einheitsschule kein Instrument der Gleichmacherei, sondern die einheitliche Organisation eines vielgestaltigen Schulsystems, das sich organisch und systematisch aufbaut. Dieses System bietet jedem Kinde die Möglichkeit, sich allseitig und stetig auszubilden und entsprechend seinen Fähigkeiten am gesellschaftlichen Aufstieg mitzuwirken.

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IV. Rolle und Bedeutung des Lehrers in der demokratischen Schule als Lehrer des Volkes

Der Lehrer der neuen demokratischen Schule steht im gesellschaftlichen und kulturellen Leben seines Volkes. Er ist nicht mehr der Diener einer herrschenden Minderheit, deren Interesse auf die Erhaltung der bestehenden gesellschaftlichen und kulturellen Zustände gerichtet ist, sondern er erhält seinen Auftrag von den fortschrittlichen Kräften des Volkes und dient als Volkslehrer in allen Stufen der Einheitsschule den werktätigen Schichten und allen Menschen, die sich gemeinsam für den Aufbau, das Wohl und die Befreiung unseres Volkes aktiv einsetzen.

Seine pädagogische Arbeit muß der Lehrer mit dem Kampf um den Aufbau einer neuen demokratischen Gesellschaft verbinden. Für die Gesamtheit der Lehrer und Erzieher gilt der Grundsatz, daß ihre politische Bildung und gesellschaftliche Betätigung entsprechend ihrer beruflichen und politischen Vorbildung unerläßliche Voraussetzung für ihre fachliche Qualifikation darstellt.

Die neue demokratische Schule fordert den politisch bewußten und wissenschaftlich gebildeten Lehrer. Es ist deshalb notwendig, daß sich jeder Lehrer neben einer guten Allgemeinbildung eine objektive Kenntnis des Marxismus-Leninismus und gründliches Wissen in seinem Unterrichtsfach und in der Erziehungswissenschaft aneignet. Seine fachlich-theoretische Ausbildung muß in lebendiger Verbindung mit der Schulpraxis und der eigenen gesellschaftlichen Tätigkeit erfolgen.

Die schulpolitischen Aufgaben der deutschen demokratischen Schule lassen sich nur mit einem Lehrer lösen, der folgende Grundforderungen erfüllt:

1. Der Lehrer der demokratischen Schule muß sich jederzeit als Kämpfer für die Einheit Deutschlands und einen gerechten Frieden erweisen und vorbehaltlos mit seiner Person den Kampf der Nationalen Front unterstützen.

2. Jeder Lehrer muß ein aufrechter Kämpfer für den Frieden und gegen jede Kriegshetze sein.

3. Jeder Lehrer muß ein wahrhafter Freund der Sowjetunion sein und sich für die Entwicklung eines echten Freundschaftsverhältnisses zur Sowjetunion bei seinen Schülern, den Eltern seiner Schüler und in der Öffentlichkeit bewußt einsetzen.

Jeder Lehrer muß sich des Auftrags der demokratischen Gesellschaft bewußt sein und ihn durch seine führende Rolle in seiner Unterrichts- und Erziehungsarbeit verwirklichen und darum bestrebt sein, sich ständig fachlich zu qualifizieren.

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Quelle: Dokumente der SED, Bd. 2, Berlin (O) 1951, S. 324 ff.; abgedruckt in Christoph Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945–1955. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986, S. 525–27.