Quelle
Liebe Erzdiözesanen!
Zu meinem großen Schmerz wird der berüchtigte Film Die Sünderin trotz aller Proteste zuständiger Stellen nun auch in Köln, in der Metropole unserer Erzdiözese, aufgeführt.
Ich kann als Oberhirt dazu nicht schweigen. Das öffentliche Ärgernis darf öffentlich nicht unwidersprochen bleiben. Es sollen wenigstens diejenigen, die noch ihre seelische Gesundheit sich bewahrt haben, die noch Sinn für Zucht, für Frauenwürde und Mädchenehre haben, wissen, daß die Kirche hinter ihnen steht und auch nichts unversucht lassen wird, um solche Herausforderung und öffentliche Verletzung des sittlichen Empfindens der christlichen Bevölkerung fürderhin unmöglich zu machen.
Ich erwarte, daß unsere katholischen Männer und Frauen, erst recht unsere gesunde katholische Jugend in berechtigter Empörung und in christlicher Einmütigkeit die Lichtspieltheater meidet, die unter Mißbrauch des Namens der Kunst eine Aufführung bringen, die auf eine Zersetzung der sittlichen Begriffe unseres christlichen Volkes hinauskommt. Ein Christ, der trotzdem diesen Film besucht, auch wenn er glaubt, es ohne unmittelbare Gefahr für seine persönliche sittliche Unversehrtheit tun zu können, gibt Ärgernis und macht sich mitschuldig an einer unverantwortlichen Verherrlichung des Bösen.
Ich danke den Eigentümern der Lichtspieltheater, die lieber auf einen geldlichen Gewinn verzichtet haben, als schuldig werden zu wollen gegenüber der seelischen Gesundheit unseres ohnehin so schwer geprüften Volkes.
Dieses Mahnwort ist alsbald nach dem Empfang und jedenfalls am Sonntag, dem 4. März, von allen Kanzeln in der Erzdiözese zu verlesen.
Köln, den 28. Februar 1951
Joseph Cardinal Frings
Erzbischof von Köln
Quelle: Hirtenwort des Kardinals Frings gegen den Spielfilm Die Sünderin (28. Februar 1951), Kirchliches Mitteilungsblatt für das Dekanat Herne, Nr. 10 vom 11. März 1951. HSTA/Bestand NW 158/244, Blatt 58; abgedruckt in Klaus-Jörg Ruhl, Hrsg., Frauen in der Nachkriegszeit: 1945–1963. München: Deutscher Taschenbuchverlag, 1988, S. 115–16.