Kurzbeschreibung

Dieser Clip stammt aus der Wochenschau-Serie „March of Time“, die in den Vereinigten Staaten von Time, Inc. produziert wurde. Diese Wochenschauen wurden in Kinos vor dem Hauptprogramm gezeigt und kombinierten dokumentarisches Material mit Interviews und Dramatisierungen. Dieser Clip aus dem Jahr 1948 beschreibt die Bemühungen zur Wiederbelebung von Industrie und Wirtschaft in der britischen und amerikanischen Besatzungszone. Dabei wird betont, dass der schnellstmögliche Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft und Infrastruktur nicht nur für das Überleben der deutschen Bevölkerung, sondern auch für den Wiederaufbau der meisten europäischen Volkswirtschaften von zentraler Bedeutung war. Die Zuschauer erfahren zudem, wie der kriegsbedingte Arbeitskräftemangel und die anhaltende Nahrungsmittelknappheit dazu beitrugen, die wirtschaftliche Erholung Deutschlands und damit Europas zu verlangsamen.

Wiederaufbau der Wirtschaft in der amerikanischen und der britischen Besatzungszone (1948)

Quelle

/Unmittelbarer als die Notwendigkeit des Wiederaufbaus der politischen Struktur Deutschlands war die des Wiederaufbaus der Wirtschaft, beginnend mit dem Verkehrssystem. Denn das deutsche Schienennetz verbindet nicht nur Deutschland, sondern den größten Teil Europas. Trotz des Mangels an Material und Arbeitskräften wurden große Fortschritte erzielt.
/Mit dem Wiederaufbau von Industrien haben die Deutschen begonnen, sich selbst mit Arbeitsplätzen zu versorgen und auch mit einigen benötigten Gütern, die sonst von den Vereinigten Staaten geliefert werden müssten.
/Im Jahre 1947 konzentrierte sich ein Großteil der langsam wieder auflebenden Industrie in der amerikanischen Zone auf die Herstellung von Exportgütern, was von der amerikanischen Militärregierung voll unterstützt wurde. Denn nur durch den Aufbau des Exports deutscher Konsumgüter im großen Stil kann sich Deutschland von den Hilfsmaßnahmen befreien und seinen Teil zur europäischen Wirtschaft beitragen.
/Was auch immer die Amerikaner erreichen können, so liegt das Problem der wirtschaftlichen Wiederherstellung Deutschlands im Kern in der britischen Zone. Denn in dieser Zone mit ihrer hohen Bevölkerungsdichte befindet sich das am stärksten konzentrierte Industriezentrum der Welt, das Ruhrgebiet, dessen Kohle- und Stahlproduktion für die Wirtschaft nicht nur Deutschlands, sondern auch des größten Teils Europas grundlegend ist.
/Das große Krupp-Munitionswerk in Essen, Hauptproduzent von Rüstungsgütern für die Nazis, ist nicht mehr zu retten. Aber dieses Werk ist eine Ausnahme. 75 Prozent der Industriebetriebe im Ruhrgebiet haben den Krieg überlebt, und viele von ihnen sind heute unter britischer Aufsicht in Betrieb, auch wenn ihre Produktion nur noch einen Bruchteil der früheren Leistung ausmacht.
/Für die Eisen- und Stahlproduktion, den Transport und die Stromerzeugung ist Kohle erforderlich, und Großbritannien war nicht in der Lage, die Produktion von Ruhrkohle zu steigern, um den Bedarf zu decken. In einem normalen Friedensjahr produzierte das Ruhrgebiet 128 Millionen Tonnen, von denen etwa 30 Millionen für den Export bestimmt waren. Im Jahr 1946 betrug die Produktion weniger als die Hälfte, wovon 20 Prozent nach Frankreich und in die Niederlande gingen, so dass die Versorgung in Deutschland völlig unzureichend war. Die geringe Kohleförderung im Ruhrgebiet ist vor allem ein Problem der mangelnden Arbeitskraft. Die Zechen werden heute vor allem von jungen und ungelernten oder alten und müden Arbeitern betrieben. Die meisten anderen sind im Krieg gefallen oder in Gefangenschaft geraten, während eine große Zahl erfahrener Vorarbeiter als Nazis disqualifiziert wurde.
/Die Menge, welche die Bergleute produzieren können, wird durch Unterernährung vermindert, was zu Krankheit und Abwesenheit führt und ihre Leistungsfähigkeit während der Arbeit verringert. Denn obwohl den Bergleuten eine erhöhte Ration aus den mageren Lebensmittelvorräten Großbritanniens zugeteilt wurde, teilen die Männer diese nur allzu oft mit ihren Familien, anstatt selbst davon zu profitieren.
/Die Vollzeitbeschäftigung der Bergleute ist ein weiteres großes Problem. Ein paar Tage Arbeit pro Woche reichen aus, um die ihnen zustehende Wochenration zu kaufen. Viele andere Tage verbringen sie damit, auf Bauernhöfen außerhalb der Städte nach zusätzlichen Lebensmitteln zu suchen, wo sie Seife oder andere Dinge eintauschen, die sie entbehren können.
/Durch den Mangel an einigen lebenswichtigen Gütern ist der Aufschwung in Deutschland daher stark verzögert worden.

Quelle: „March of Time“, Vol. 13 No. 6, 1948. National Archives and Records Administration. NAID: 23820