Kurzbeschreibung

Am Tag, als die DDR-Regierung die Sektorengrenze abriegelt - die Vorstufe zum Mauerbau - sendet Radio DDR eine Umfrage unter den eigenen Bürgerinnen und Bürgern. Gesendet werden ausschließlich Stimmen, welche die Regierung in Ostberlin für die Maßnahme loben. Die Befragten geben an, die Abriegelung der Grenze sei notwendig zum Schutz vor Kidnapping, Kriegshetze, und Währungsspekulation.

Umfrage unter DDR-Bürgern zum Bau der Mauer (13. August 1961)

Quelle

/Sprecherin: Berlin atmet auf, dass den Kopfjägern in West-Berlin und Bonn endlich das Handwerk gelegt wird. Noch vor zwei Tagen versuchten sie, den Jugendlichen Klaus Purschke aus der Leopoldstraße in Berlin-Lichtenberg mit dem Auto nach West-Berlin zu verschleppen. Auf diese Weise hofften sie, an dessen Vater heranzukommen, der leitender Ingenieur in den Elektroapparatewerken Treptow ist. Mit solchen Kidnapping-Methoden ist ein für alle Mal Schluss. Das sagte heute Nachmittag auch ein Einwohner der Leopoldstraße unserer Reporterin.

/Reporterin: Ich befinde mich hier unmittelbar neben der 23. Schule in der Leopoldstraße Nr. 17. Hier unten im Hause ist auch ein Kindergarten, und einer der Mieter des Hauses ist Herr Schulz. Herr Schulz, Sie werden entschuldigen, wenn ich Sie in Ihrer heutigen Sonntagsruhe störe. Was ist Ihre Meinung zu den letzten Maßnahmen unserer Regierung, die heute zum Schutze unserer Republik durchgeführt worden sind?

Herr Schulz: Ich von meinem Standpunkt begrüße diese Maßnahmen insofern, dass endlich einmal ein Riegel vorgeschoben wurde vor diese missbräuchliche Benutzung der offenen Grenze von West-Berlin, die es hier stattet oder bisher gestattet hat, dass man sich sogar an unmündigen Kindern vergriff und sie zu politischen Zwecken missbraucht hat.

/Reporterin: Ja, und jetzt wo die Grenzen nur noch für die friedliebenden Bürger West-Berlins offen sind, wird sich so etwas wahrscheinlich nicht so schnell wiederholen können.

/Herr Schulz: Das wollen wir auf jeden Fall hoffen, denn wir sind der Meinung, nicht nur meine, sondern auch die jedes anständigen Bürgers der Deutschen Demokratischen Republik, dass diese Maßnahmen, die ab heute Nacht in Geltung sind, Maßnahmen sind, die unsere Bürger, unsere Kinder, unseren gesamten Aufbau in der Deutschen Demokratischen Republik schützen. 

/Sprecherin: Horst Lübeck und Hans Ruden waren mit dem Mikrofon an einigen Brennpunkten der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik.

/Frau: Ich arbeite am Bahnhof Friedrichstraße am Platzkartenschalter.

/Reporter: Und was meinen Sie zu den Maßnahmen unserer Regierung in Bezug auf West-Berlin?

/Frau: Na ja, also meine Meinung ist, dass das schon hätte viel eher geschehen können oder müssen, wollen wir mal lieber sagen, damit endlich mal Ruhe in Frieden hier in der Stadt herrscht. Es war schon nicht mehr schön.

/Reporter: Hier also die 82, Endstation am Ostbahnhof, und sie fahren jetzt in Richtung Lindenstraße. Wir wollten gern einmal von Ihnen wissen, wie ist Ihre Meinung zu den jüngsten Maßnahmen unserer Regierung?

/Straßenbahnpassagier: Ist in Ordnung, also so wie es jetzt ist, ist es richtig. Das hätten sie schon viel eher machen sollen. Jetzt ist Schluss, aus, Feierabend. Kommen die mal rüber [und] sollen bei uns arbeiten kommen, wir brauchen Leute genug zur Arbeit, uns fehlen nämlich die Leute. So sieht es doch aus.

/Reporter: Nun, und vielleicht auch noch der Schaffner.

/Schaffner: Ich bin derselben Meinung wie hier mein Kollege. Hätte schon längst müssen gemacht werden, dass Ruhe und Frieden herrschen tut endlich mal. Dass endlich mal das Theater aufhört, dass hier dauernd die ewige Hetzerei endlich ein Ende findet.

/Reporter: An der Oberbaumbrücke in Berlin. Viele Spaziergänger verharren, gucken einmal und sehen doch dann, dass der Verkehr hier reibungslos vonstattengeht. Wer die Grenze nach West-Berlin passieren kann, na, da geht das ziemlich schnell. Auch Sie haben hier eine Weile zugesehen, und wie ist Ihre Meinung zu den Maßnahmen unserer Regierung?

/Passant: Also bisher, ich kann nur sagen, dass die Maßnahme gerechtfertigt ist. Ein Glück, dass dieser Zustand aufgehört hat mit der Spekulations-Mark. Das nicht alleine, dass die Schwarzgänger endlich mal, dass da eine harte Maßnahme ergriffen worden ist.

/Reporter: Ja, das ist die eine Seite, aber zum anderen war West-Berlin und ist West-Berlin auch heute noch der Herd von Kriegsprovokation.

/Passant: Richtig, der Herd von Kriegspropaganda. Und ich begrüße das, dass durch die Maßnahmen, die hier unsere Regierung erlassen hat, endlich mal ein Riegel vorgeschoben worden ist.

/Reporter: Hier stehen auch noch einige ältere Arbeiter, auch Sie darf ich vielleicht mal nach Ihrer Meinung fragen? Was meinen Sie zu den Maßnahmen unserer Regierung in Bezug auf West-Berlin heute?

/Herr Fischer: Wir begrüßen die Maßnahmen unserer Regierung aus innerstem Herzen und sind davon überzeugt, dass weitere Maßnahmen folgen werden, die in der Endkonsequenz darauf hinauslaufen, den Sumpf in Westberlin endgültig trockenzulegen und die Störtätigkeit gegen unsere Deutschen Demokratischen Republik endgültig zu beseitigen.

/Reporter: Ja, sagen Sie uns noch Ihren Namen und wo Sie arbeiten vielleicht?

/Herr Fischer: Ich bin Angestellter und mein Name ist Fischer, Willi. Ich habe mich ein bisschen umgesehen, kann feststellen, der Verkehr läuft vollkommen normal. Es gibt einige Neugierige, die sehen wollen, wie es hier alles abläuft, aber sonst kann man sagen, dass die Menschen mit dieser Maßnahme Verständigung zeigen.

/Reporter: Ja, Sie sind hier in Begleitung, vielleicht fragen wir auch noch Ihren Kollegen, was meinen Sie?

/Passant: Ich meine das Gleiche wie der Herr Fischer, der eben gesprochen hat. An sich ist ja heute hier ein richtiges Sonntagsleben, geht alles ganz normal vor sich her. Ich begrüße die Maßnahmen ebenfalls und interessiere mich natürlich, wie die Menschen hier vorübergehen. Die West-Berliner, die scheinen ja recht gerne zu uns zu kommen.

/Reporter: Und es kommen auch recht viele.

/Passant: Ja ja, und sie kommen recht zufrieden her und scheinen sich bei uns recht wohlzufühlen.

Reporter: Einige Arbeiter in den Elektroapparatewerken in Treptow.

/Arbeiter: Ja, wir warten ja im Allgemeinen schon lange drauf, dass was geschehen sollte, ja. Und dann ist es Gott sei Dank so weit gekommen.

/Reporter: Und das erfüllt sie natürlich auch mit Freude, das kann man, das liest man Ihnen direkt vom Gesicht.

/Arbeiter: Aber natürlich, wir haben darauf gewartet, dass irgendetwas geschehen musste. So konnte es ja nicht weitergehen.

/Reporter: Ich möchte natürlich auch noch Sie nach Ihrer Meinung fragen.

/Arbeiter: Na ja, also ich freue mich ganz besonders darüber, dass wir heute auch mal mit anderen Kräften auffahren als bisher, denn ich bin seit 1927 politisch organisiert. Man denke besonders daran, dass wir vor ‘33 und auch später im Höchstfall vielleicht mal mit einem Krückstock bewaffnet für unsere Ziele demonstrierten. Heute habe ich mich gefreut, als ich morgens zum Betrieb ging, dass die Arbeiter- und Bauernmacht auch einige Panzer bereitgestellt hatten, um zu zeigen, dass wir mit allen Mitteln bereit sind, unseren friedlichen Weg zu sichern. Denn wir wissen ja, die deutschen Faschisten, die haben ja nur vor dem Respekt gehabt, der ihnen mit gleicher Kraft gegenübergetreten ist, und ich denke, diese Sprache verstehen sie ja sehr gut. Und ich glaube auch, dass die klassenbewussten Arbeiter merken, dass wenn wir mit Panzern auffahren, dass damit nicht der Friede bedroht ist, sondern im Gegenteil, dass damit der Friede gesichert ist. Wenn die Arbeiterklasse 1933 oder ‘39 hätte so auffahren können, dann wäre uns bestimmt der Zweite Weltkrieg erspart geblieben und aus diesem Grunde freue ich mich über die Maßnahmen.