Kurzbeschreibung
Der Kult einer von Arbeit und Familienkonflikten unbelasteten
Kindheit wurde von Schriftstellern und Künstlern vor, während und nach
der Bismarckzeit gefördert. Hier gewährt der Maler Fritz von Uhde
(1848–1911), der vorwiegend für seine naturalistische Interpretation
religiöser Themen bekannt ist, einen Blick in eine lebendige, bunte
Kinderstube, in der drei kleine Mädchen unter Aufsicht ihrer Mutter
spielen und stricken. Sowohl hinsichtlich des Themas als auch der
Bearbeitung unterscheidet sich dieses Gemälde von vielen anderen Werken
Uhdes. Eingefangen mit einer fröhlichen Palette von rosa, violetten und
gelben Farbtönen, wird dieser zeitgenössische Innenraum durch den
strahlenden Sonnenschein erleuchtet, der die gesamte Leinwand
überflutet. Die übertrieben erhöhte Schrägperspektive birgt das
Versprechen von Unaufdringlichkeit und lädt den Betrachter dazu ein, von
den Kindern unbemerkt einen Blick in deren Welt zu werfen. In vielerlei
Hinsicht spiegelt Die Kinderstube die
Beschäftigung der jüngeren deutschen Maler mit dem Alltagsleben in der
Stadt wider sowie ihren entsprechenden Entschlossenheit, mit den
dunkleren, förmlicheren Gemälden der „alten“ Akademie zu brechen. Bei
diesem Unterfangen, das die Stilrichtungen des Naturalismus und des
Impressionismus miteinander verband, fand Uhde einen Gleichgesinnten in
Max Liebermann, mit dem er engen Kontakt pflegte.