Kurzbeschreibung

Die Deutschen begegneten Schwarzen auf deutschem Boden auf verschiedene Weise. Wie andere Dokumente und Bilder in diesem Abschnitt zeigen, taten die meisten Deutschen dies, wenn sie eine sogenannte Völkerschau besuchten. Wieder andere Schwarze und Afrikaner reisten allein oder in kleinen Gruppen, wie in diesen Berichten über den Besuch des kamerunischen Prinzen Samson Dido beschrieben wird.

Reaktionen auf den Besuch Prinz Didos von Kamerun (1887)

Quelle

A. Rückblick von Heinrich Lautermann (1887)

[…] Mit Frauen und Kindern dagegen, wenn auch ohne Thiere, aber auch mit einer sehr anziehenden Sammlung afrikanischer Erzeugnisse, kam 1886 auf H[agenbeck]s Veranlassung der „Prinz Dido von Didotauwn“ nebst einigen andern Schwarzen aus Kamerun, der seit 1885 überall in Deutschland genannten deutsch-afrikanischen Colonialerwerbung, nach Deutschland. Schöne, theilweis herkulische Gestalten von tadelloser Schwärze, konnten sie nicht verfehlen, ebenfalls Aufsehen zu machen, insbesondere auch als Beweis, welche Erscheinung diese blos noch Halbwilden bieten. Jedenfalls war der Herr „Prinz“ mit seinem Zylinderhut, seinem europäischen Rock und dem Lendenschurz um die im Uebrigen nackten Beine ein sehr spaßhaftes Bild des halbwilden Negers, mochte dieß auch zuletzt selbst einsehen, denn in Leipzig zog er schließlich Hosen an. []

Quelle: Heinrich Leutemann, Lebensbeschreibung des Thierhändlers Carl Hagenbeck. Hamburg: Selbstverlag Carl Hagenbeck, 1887, pp. 67–68.

B. Aus dem Leiziger Tageblatt (15. August 1886)

Morgen Montag gegen Abend hält in unserer Stadt ein seltsamer Gast seinen festlichen Einzug, nämlich Prinz Dido aus dem Kamerunlande mit seinen zwei Frauen und seinem ganzen Gefolge. Wir haben es hier, wie gleich von vornherein bemerkt sei, nicht mit einem jener exotischen Gäste zu thun, die sich von Zeit zu Zeit zu uns verirren, um hier besehen zu werden, nein, die Herkunft des Prinzen Dido ist eine ganz unzweifelhafte, er ist in der That ein Fürst in dem neuen deutschen Reichslande und steht mit dem hier wie überall in Deutschland populär gewordenen King Bell in naher Blutsverwandtschaft. Dieser Duallafürst ist zu uns gekommen, um das Land kennen zu lernen, von dessen Größe und Macht jetzt soviel erzählt wird in dem schwarzen Erdtheile, er will mit den Leuten in Beziehung treten, die man nicht mit Unrecht seine Reichsbrüder nennt, und er wird, zurückgekehrt nach seiner Heimath, viel zu erzählen haben von dem, was er in Deutschland gesehen und erlebt hat. Insofern hat Prinz Dido eine Culturmission zu erfüllen, deren Bedeutung und Tragweite namentlich in Berlin auch anerkannt wurde, denn hier wurde dieser exotische Gast von dem Kronprinzen des deutschen Reiches und von der Kronprinzessin feierlich empfangen und begrüßt. []

Quelle: Leipziger Tageblatt, Nr. 227, 15. August, 1886, S. 4617. Online verfügbar unter: https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/305012/17/

C. Aus dem Leipziger Tageblatt (17. August 1886)

Leipzig, 16. August. Prinz Dido von Kamerun kam ½ 6 Uhr mittelst der Berliner Bahn hier an und wurde vom Director des Zoologischen Gartens, Herrn Pinkert, empfangen. In vierspännigem Galawagen mit Vorreiter nahm der braunfarbige Prinz nebst seinen zwei Frauen und seinem Sohne Platz, begleitet von Herrn Pinkert; in den zwei folgenden Equipagen saßen das Gefolge, sowie die Vertreter Hagenbeck’s und der afrikanische Agent. Die Fahrt erstreckte sich um die Promenade herum, wobei die hervorragenden Gebäude, wie das Theater, die Post, das Museum, das Interesse des Prinzen weckten, welcher die große goldene Kette nebst Medaillon um den Hals trug, die der deutsche Kronprinz ihm verliehen hatte. Die Fahrt bis nach dem Zoologischen Garten war selbstredend der Gegenstand großer Aufmerksamkeit des Publicums.

Quelle: Leipziger Tageblatt, Nr. 229, 17. August 1886, S. 4647. Online verfügbar unter: https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/305008/13/

D. Aus dem Leipziger Tageblatt (24. August 1886)

Der braunfarbige Prinz Dido von Didotown besuchte am Montag Vormittag die Hutfabrik des Herrn Hoflieferant Haugk in der Rosenthalgasse hier. Herr Haugk, welcher persönlich die Führung des Prinzen seinem Etablissement übernahm, erklärte demselben in eingehendster Weise die Hutfabrikation. Großes Interesse erweckte bei dem Häuptling aus Kamerun die Fabrikation eines Stück Filzes. Herr Haugk ließ in die Maschine auf der einen Seite ein Packet Wolle einlegen, welches auf der anderen Seite als ein Stück Filz herauskam, auch die Walkerei und Appreturwerkstatt fanden die lebhafte Aufmerksamkeit des Prinzen. Herr Haugk verehrte seinem Besucher zum Andenken einen Klapphut, welche Art von Kopfbedeckung bis jetzt in Kamerun noch nicht eingeführt sein soll; für diese freundliche Aufnahme von Seiten des Herrn Haugk ließ der Prinz durch seinen Dolmetscher danken und unter freudigen Zurufen des sich inzwischen vor dem Geschäftslocal angesammelten Publicums fuhr der Prinz zur Besichtigung einer größeren hiesigen Druckerei.

Quelle: Leipziger Tageblatt, Nr. 236, 24. August, 1886, S. 4773. Online verfügbar unter: https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/305016/13/

„Reaktionen auf Samson Didos Besuch in Deutschland“ (1886), in Black Central Europe. Online verfügbar unter: https://blackcentraleurope.com/quellen/1850-1914-deutsch/reaktionen-auf-samson-didos-besuch-in-deutschland-1886/

Völkerschau im Frankfurter Zoo (1891), veröffentlicht in German History Intersections, https://germanhistory-intersections.org/de/deutschsein/ghis:image-202.

Anne Dreesbach, „Kolonialausstellungen, Völkerschauen und die Zurschaustellung des ‚Fremden‘“, in Europäische Geschichte Online (EGO), herausgeben vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), http://www.ieg-ego.eu/dreesbacha-2012-de (letzter Zugriff: 20. September 2020)

Anne Dreesbach, Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung „exotischer“ Menschen in Deutschland 1870–1940. Frankfurt a. M: Campus Verlag, 2005.

Reaktionen auf den Besuch Prinz Didos von Kamerun (1887), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/reichsgruendung-bismarcks-deutschland-1866-1890/ghdi:document-5087> [24.04.2024].