Kurzbeschreibung

Vereine für die Weiterbildung von Frauen wie dieser 1865 in Leipzig gegründete Frauenbildungsverein boten in der Regel Unterhaltung kombiniert mit Sonntagsschulunterricht. Solche Stunden hatten das Ziel, Frauen ein breites Kursangebot zu geringen Kosten anzubieten. Die frühe Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters (1819–1895) war im Vorstand des Leipziger Vereins, der sein Programm allmählich auf regelmäßige Abendkurse ausdehnte.

Vortrags- und Kursangebot des Frauenbildungsvereins in Leipzig (1865–84)

Quelle

I. 1865 Abendunterhaltungen und Sonntagsschule

[] Gegen einen monatlichen Beitrag erhält jedes Mitglied desselben (des Frauenbildungsvereins, d. H.) 3 Billets, die es verpflichtet ist

an ihm bekannte Arbeiterinnen oder andere Frauen und Mädchen,
die nichts für ein edles Vergnügen erübrigen können,
zum Besuch der ‚Abendunterhaltungen‘ des Vereins auszugeben.

Von denselben wurden jährlich 25 veranstaltet und haben darin nur weibliche Personen Zutritt.

Unterhaltung und Belehrung wird hier zugleich gewährt, letztere durch einen Vortrag über ein für Frauen der größeren Kreise passendes Thema aus der Geschichte, Natur, Literatur usw. stets mit spezieller Berücksichtigung des Vereinszwecks:

Erweiterung des weiblichen Gesichtskreises,
Erhebung und Anregung für stille Arbeitsstunden,
Erweckung und Stärkung zu freudiger Berufstätigkeit usw.

Deklamation klassischer wie neuerer Gedichte, Pianoforte- und Gesangsvorträge, sämtlich von Frauen gehalten. Es ist dies zugleich eine Übung nicht allein für Dilettantinnen, sondern auch für angehende Künstlerinnen – auch anerkannte lassen sich zuweilen hören; die belehrenden Vorträge werden ebenfalls von Damen gehalten.

Sodann ward eine Sonntagschule für erwachsene Mädchen gegründet.

Die Sonntagsschule und die Abendunterhaltungen, geleitet von dem gleichen Prinzip der Humanität wie der notwendigen Selbsthilfe, ergänzen einander.

Auch hier wird der Unterricht in den Elementarwissenschaften,
Französisch und
weiblichen Handarbeiten

von Damen – meist unentgeltlich – erteilt. Sonntagsschulen hatte man für das männliche Geschlecht schon überall als eine Notwendigkeit erkannt und längst eingeführt, aber für das weibliche fehlen sie fast noch überall und sind gerade doppelt nötig – wie auch hier der zahlreiche Besuch derselben zeigt.

Quelle: Louise Otto-Peters, Das Recht der Frauen auf Erwerb, 1866, S. 80–81; abgedruckt in Margrit Twellmann, Die Deutsche Frauenbewegung im Spiegel repräsentativer Frauenzeitschriften. Ihre Anfänge und erste Entwicklung, 2 Bde., Bd. 2, Quellen 1843–1889. Meisenheim am Glan: A. Hain, 1972, S. 455–56.

II. 1867–68 Erweiterung der Sonntagsschule zu Abendkursen

Unterricht in:

Deutsch

Geographie

Zeichnen

Englisch

Rechnen

Handarbeiten

Französisch

Handelskunde (Buchführung)

Singen

1867/68: 25 Abendunterhaltungen oder Sonntagsunterhaltungen:

Referate:

Auguste Schmidt:
1. Nibelungenlied,
2. Gudrun,
3. Verhältnis der praktischen und idealen Pflichten der Frauen,
4. Herders Cid,
5. Pariser Ausstellung,
6. Otto I.,
7. Geschichte der deutschen Tonkunst bis zu Weber,
8. Egmont und der Abfall der Niederlande,
9. Das Riesengebirge,
10. Andreas Hofer,
11. Wielands Oberon;

Henriette Goldschmidt:
12., 13., 14. Über die Stellung der Frauen in verschiedenen Völkern;

Louise Otto-Peters:
15. Das Streben nach Schönheit
16. Der Genius des Hauses,
17. Idealismus und Realismus;

Miss Hilscher:
18. Goethes Mutter,
19. Charlotte von Schiller,
20. Tell;

Thekla Span:
21. Maria Stuart,
22. Walther von der Vogelweide;

u.a.m.:
23. Freiheit, die ich meine,
24. Die Bedeutung des Johannisfestes,
25. Marie Antoinette.

Gesamteinkommen im Jahr
(Leipziger Frauenbilungsverein): 246 Taler

Quelle: Neue Bahnen, Nr. 13 (1868): S. 45–46; abgedruckt in Margrit Twellmann, Die Deutsche Frauenbewegung im Spiegel repräsentativer Frauenzeitschriften. Ihre Anfänge und erste Entwicklung, 2 Bde., Bd. 2, Quellen 1843–1889. Meisenheim am Glan: A. Hain, 1972, S. 456.

III. 1875 Stand der Fortbildungsschule

Unterricht in:
(18 Wochenstunden)

Deutsch

Rechnen

Zeichnen

Französisch

Geographie

Schnittzeichnen

Englisch

Buchführung

Schneidern

Geschichte

-

Maschinennähen

-

-

Singen

Einnahmen des Leipz. Frauenbildungsv. 1874/75

888,50 Mark

Ausgaben

655,30 Mark

Rest

233,20 Mark

+ Stammvermögen

1.158,61 Mark

Vermögen 1875

1.391,81 Mark

Quelle: Neue Bahnen, 10. Jg., Nr. 11 (1875): S. 84; abgedruckt in Margrit Twellmann, Die Deutsche Frauenbewegung im Spiegel repräsentativer Frauenzeitschriften. Ihre Anfänge und erste Entwicklung, 2 Bde., Bd. 2, Quellen 1843–1889. Meisenheim am Glan: A. Hain, 1972, S. 457.

IV. Stand der Einrichtungen des Leipziger Frauenbildungsvereins 1884

Abendunterhaltungen – Winter 1883/84: 26 veranstaltet

Es wurde der Versuch unternommen, mit den Zeitereignissen Schritt zu halten. Man veranstaltete deshalb Gedenktage für: Raffael, Leibniz, Luther, Zwingli; eine Nachfeier zur Aufrichtung der „Germania“, eine Totenfeier für E. Geibel.

Mehrmals wurden auch lebende Bilder, kleine Theaterstücke teils auf der Bühne des Saales aufgeführt, teils mit verteilten Rollen gelesen, ebenso Chöre und Duette gesunden; letztere auch mehrmals im Kostüm. So wechselten Ernstes und Heiteres miteinander [].

Quelle: Neue Bahnen, 19. Jg., Nr. 10 (1884): p. 84; abgedruckt in Margrit Twellmann, Die Deutsche Frauenbewegung im Spiegel repräsentativer Frauenzeitschriften. Ihre Anfänge und erste Entwicklung, 2 Bde., Bd. 2, Quellen 1843–1889. Meisenheim am Glan: A. Hain, 1972, S. 457.

Vortrags- und Kursangebot des Frauenbildungsvereins in Leipzig (1865–84), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/reichsgruendung-bismarcks-deutschland-1866-1890/ghdi:document-548> [05.11.2024].