Kurzbeschreibung
Sowohl der Maler dieses Porträts, Friedrich Overbeck (1789–1869) als auch dessen Subjekt, Franz Pforr (1788–1812) waren Gründungsmitglieder des Lukasbundes, einer Gruppe von sechs Studenten der Wiener Kunstakademie, die sich 1809 aus Protest gegen die lähmende Routine der akademischen Ausbildung zusammenschlossen. (Die anderen vier Gründungsmitglieder waren Ludwig Vogel, Joseph Wintergerst, Joseph Sutter und Franz Hottinger; später schlossen sich ihnen auch Peter Cornelius, Wilhelm Schadow u.a. an.) Nachdem die jungen Künstler nach Rom übersiedelten, sich in einem verlassenen Kloster niederließen und einen bewusst gemeinschaftlichen Lebensstil führten, zu dem antike Gewänder und das Tragen langer Haare und Bärte gehörten, wurden sie „Nazarener“ genannt—der Name, mit dem sie auch heute meistens bezeichnet werden. Die Nazarener bezogen ihre Inspiration aus dem Mittelalter, welches sie als ein Zeitalter spiritueller Reinheit, beispielloser Gläubigkeit und starker Gemeinschaft betrachteten. In diesem und anderen Punkten waren sie die führenden Vertreter einer größeren und breiteren Strömung der Wiederbelebung des Mittelalters in der deutschen Malerei um die Jahrhundertwende. Wie viele Künstler und Kritiker—darunter Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel—fühlten sich die Nazarener angezogen von dem, was sie als die einfache Frömmigkeit und den unkomplizierten Naturalismus des Mittelalters betrachteten. Diese wahrgenommene Reinheit des Gefühls wurde als Entsprechung zu der romantischen Sehnsucht nach einer vormodernen Einheit mit der Welt verstanden. Darüber hinaus verstanden sie vor dem Hintergrund des entstehenden historischen Bewusstseins des 19. Jahrhunderts die Macht der Kunst als aus der Bindung des Künstlers an seine direkte Umgebung und deren künstlerisches Erbe hervorgehend. Ihr Historismus und ihre Besonderheit machten die Nazarener und andere Wiederbelebungsströmungen zum perfekten Träger des deutschen Nationalstolzes während der Napoleonischen Kriege.