Kurzbeschreibung

Samuel Mohn (1762–1815) war ein Dresdner Glasmaler, der Anfang des 19. Jahrhunderts die Kunst der Transparenzmalerei auf durchsichtigem Glas wiederbelebte und kultivierte. Diese Technik ermöglichte realistische Darstellungen von Figuren und Objekten mit hellen und bunten Lichteffekten, die bei wohlhabenden adligen und bürgerlichen Kreisen begehrt waren. Glasmaler konnten eine Vielzahl von Motiven abbilden: Sie waren in der Lage, dem gutbürgerlichen Geschmack für dekorative Blumenbordüren und ländliche Szenen gerecht zu werden, konnten aber auch bekannte Stadtansichten und Gebäude darstellen, die bei Touristen zu Souvenirs und zu greifbaren Ausdrücken bürgerlichen Stolzes wurden. Der hier abgebildete Ranftbecher zeigt eine Straße, die in die Handelsstadt Leipzig führt und auf welcher sich sowohl das Militär als auch Zivilisten aus sämtlichen Gesellschaftsschichten tummeln. Im Jahr 1815 assoziierte man mit Leipzig positive Eigenschaften, da sich hier nur knapp zwei Jahre zuvor, im Oktober 1813, Napoleons entscheidende Niederlage durch die verbündeten und preußischen Streitkräfte ereignet hatte. Am Grimmaischen Tor hatten die Preußen am letzten Morgen der fast sechstägigen Schlacht einen bedeutenden Durchbruch erzielt und waren in die von den Franzosen besetzte Stadt vorgedrungen. Zudem galt Leipzig 1815 sowohl sächsischen als auch deutschen Patrioten als jene Stadt, die gerade erst dem Königreich Sachsen zugeschlagen wurde anstatt Preußen, das die Stadt beim Wiener Kongress erwerben wollte.

Samuel Mohn, Ranftbecher mit durchsichtiger Emailmalerei des Grimmaischen Tors in Leipzig (1815)

Quelle

Quelle: Grassi Museum Leipzig, Inv.-Nr. 1930.269

© Grassi Museum für angewandte Kunst, Leipzig. Aufnahme: Christoph Sandig