Quelle
Am Montag nach der alten Faßtnacht Prediget Doctor Keysersperg die Sybend Eigentschafft der Emeißen, ist von Bauwen.
Die sybend eigentschafft der Emeißen ist (Edificatio) Bauwung, das dy Emeissen bauwen ir hauß im haufen und machen ynwendig auch gebeukamern, und decken die selben kamern den bauw und ir hauß also gemacht mit den bletern, die sie abgenagen hon und hinyn gedünsen, und die ding, die thůn sie alesament on ein fürer und on ein kunnig, sie werden von niemans gelert dann allein von got dem herren. Du sprichst, was sol ich hie lernen.
Das erst sol erlernen hie und verstond bei den Emeissen huffen und bei irem baw Die versamlung der gantzen cristenheit. Als wan der bapst zammen berufft die geistlichen und weltlichen prelaten, als weit die gantz welt ist, als geschickt in eim consilio, da berüfft man sie zesammen. In eim semlichen (consilium) sollen sie sich halten beieinander und thun, wy ich jetz gesagt hab, als die ömeissen thun, und wan sie nit die ömeiß für sich nemen und von ir leren, so schlaffen [schaffen?] sie nüt. Zů dem ersten: so bauet die Emeiß ein hauß und richt es uff. Also die in einem (Consilium) sollen bauen und uffrichten das hauß der gantzen cristenheit, das man darin möge got dienen. Ir wisen wol das da ist ein zwyfeltige cristenheit, ein streitbar, als wir hie in diser cristenheit seind, wir fechten und streitten und ligen zů feld. Die ander cristenheit seind die ausserwölten in gotes reich, die hond jetz überwunden und triumphieren dy erst cristenheit. Dise heilige versamlunge sollen sy bauwen, bessern, bletzen, ob etwas daran zerbrochen wer, durch reformieren. Das ander, das die Emeißen thun ist, das sie inwendig gemach darin machen, also die in eim (consilio) sollen in der cristenheit in bau machen, die ständ uffrichten und ordnen, das man darin halten die zehen gebot gottes und auch sein rat.
Zů dem dritten: So gedenck [gedeck?] die ömeissen mit bletern ir gebeu wider hitz und kelt. Also in eim (consilio) sol man die armen decken. Das ist, wider die hitz der laster stryten, daz sy abgestelt werden, auch sie decken wider die kelte der anfechtung des bößen geistes und wider die schlangen, die er seber [selber?] ist, die da kroch und wolt zů got gekrochen sein, da er uß dem hymmel gestossen ward. Zů dem fierden: So thůn dy ömeißen die ding alle on ein lerer, nieman fürt sie dan allein got. Also got der heilig geist sol die lernen in einem (consilio) unnd sunst niemand.
Ich sprich zů dem andern: So nim war, ob also gebauen sei worden wy ich gesagt hab in unsern versamlungen und (consilia), die da gewesen seind, besunder im (consilio) zů Costentz und darnach zů Basel, und nym die drei ständ für dich. Geistlichen stant, weltlichen und Ordenßleut. Bei geistlichen verstand uns die weltlichen priester genant sein, so würstu finden, dz von dem höchsten biß uff den minsten alle stänt verderbt seid. Und nym den schaufalt, dz soltt sein der geistlich statt, Bischoff, Bapst, Cardinell, Pröbst, Dechen etc. Der schaufalt ist full und sol nüt, betracht in, so findest du semliche hoffart, übermůt. Niemant kan uns eren gnůg anthůn, nieman kan uns erfüllen, wir huffen unser pfrůnden, ein pfrůn uff die ander, wir kriegen umb die empter, als höher uffhyn von eim ampt zů eim höhern. Wz sol ich sagen von unkeuscheit, wer ist der, der sich nit südel in der katlachen und in dem unflat, dz solt der schaufalt sein. Nim den andern stat für dich, die Ordenßleut, so sihestu wye gantz der zerrissen ist. Sie seind größer bůben und als groß als in weltlichem stat und im geistlichen stat, sie seind in aller leckerei fornendran, darumb ist daz verßlin war. (Quid quam agit mundus etc.). Was die welt thůt, so wil der münch der ander daran sein. Zů Rom kam ein münch zů eim Cardinal. Der Cardinal wolt in umbtreiben und sprach (Quamquam agit mundus etc.). Was die welt anfahet, da wil der münch der ander sein. Der münch sprach nit (Pater reverendissime) Nit nitt. Der Cardinal sprach, warumb nit. Er antwurt, er wil nit der ander sein, er will alweg der erst sein. Der Cardinal lachet. Die ordenßlüt seid die, die dem stat der zwelffboten nach gon und iren stat durch eugen, zů denen sprach der herr (Vos estis sal terre), Ir seint saltz des erdtreichs. Es sollen closterleut andre menschen saltzen mitt gůten leren und exempeln. Aber sie sein gewarlich saltz (Sugbi, avari, luxuriosi.). Die ersten drei bůchstaben, die machen sal, daz seind sie, und seind also versaltzen mit den dreien stücken, mit hoffart, mit geytzigkeit, mit unkeuscheit, das man inen nicht mer kan zehilff kummen. Im consilium zů Basel, da ist ein man sechß gantzer jar allein ob den stück gessen, wie man kund ein gantze reformation machen in der cristenheit, und ward dennocht nüt darauß, wie wol sust vil gůts da gemacht ward, als grosse kriege und blůt vergiessen wider die hußen ward abgestelt Aber auß den puncten ward nütt und waren sechß gantzer jar darob gesessen. Deßgleichen im consilium zů Costentz ret man auch von einer gmeinen reformation der cristenheit, ob man ir nit möchte zehilff kummen, dz sy doch nit so ellendiglich zerhudelt und zerrissen wer, der weg mocht aber nit funden werden. Es ist sunst auch vil gůts beschehen, und besunder der fil der bäpst ward abgethon. Es waren zwen bepst etwan drei. Die zů Rom heten einen, und zů Avinion wz auch einer. Wan einer zů Rom starb, so machten sie ein andern, wan der zů Avinion starb, so machten sie auch ein andern. Dz wert als mer dan .lx. jar, ward als zů Costentz abgestelt. Der weltlich stat ist auch verderbt. Man spricht (Sanguis principum non facit bona farcimina) Fürstenblůt gibt nit gůt würst, wan es wil nit zesamen sagen. Wan blůt in eim darm nit wil beieinander bleiben, so würt nimer gůt würst da. Die fürsten sein wider einander, sie fechten und streiten wider einander, wie wolt man die reformieren.
Zů dem driten sprich ich: Du sprichst, mag man nit ein gemein reformacion machen. Ich sprich nein. Es ist auch kein hoffnung, das es besser werd umbe die cristenheit, warumb nit. Es sein drey ursachen, und umb dreier geschlecht willen: Umb der heupter, umb der underthon, umb frummer menschen Willen. Das erst: So mag man kein gemein reformation machen umb der heupter willen. Wan man morn ein consilium berüfft, so betrachte, was lüt man dar schicket, wan man Prelaten sol ußlesen, die man in ein consilium sol schicken, so liset man die ebt uß. Betracht die selben ept, wz Pröbst, wz Dechan, laß schon sein, dz man doctores als gelerte dar berüfft, wen wir schon dar kummen, wz sein wir für lüt, wir seind nüt wert. Zů dem andern, umb der underthon willen. Ir alle und in der gantzen cristenheit, die weren darwider. Zů dem dritten umb der frummen erbern menschen willen, wan die selben sein under den bösen gůt und leiden vil widerwertikeit von inen, davon sie groß verdienen haben, das nit wer, wan alle welt gůt wer, und ein gemein reformation wer, es mag nit besser werden. Nit mer dan vor .xxx. jaren, ee ich her kam zů Ammerschwyer, da obnen im land, da ich das a b c gelert hab und auch da gefirmt bin worden, aber nit getaufft, da was im gantzen stelin [stetlin?] kein man, der ein kurtzen mante het, außgenummen ein man, der wz ein weibeil oder statknecht. Sie hetten all lange röck an biß für die kny hinab, wie die alten bauren seind gangen. Aber jetz so gond sie zerhackt und so kurtz und verbremt, als man in grossen stetten niendert gat. Also wachßet leckerei und bosheit mit den buren uff, darumb sag ich, dz es vor .xxx. jaren, da ich herkam, hie und anderßwa gar ein behutsaz yngezogen leben wz.
Zů dem fierden sprich ich: Das nit mag ein gemein reformation werden in der gantzen cristenheit. Aber in der sunderheit möcht jeglicher wol sein stat und yeglicher oberer sein underthon reformieren. Ein bischoff in sein bistumb. Ein apt in seinem closter. Ein rat sein stat. Ein bůrger sein hauß, dz wer leicht. Aber ein gemein reformacion der gantzen cristenheit, das ist hart und schwer, und kein consilium hat es mögen betrachten und weg mögen finden. Warumb, Dz wil ich dir sagen, du sihest, wz grossen kosten und arbeit daruff gat. Wan man nur ein closter sol reformieren. So můß man vor zů dem bapst, urlob nemen, und zů dem künig. Aber wan man die clöster difformiert, so bedarff es sein lauter nüt, dz ist yederman erlaubt, yederman thůt es von im selber. Das gantz (consilium) zů Basel waz nit so mechtig, dz es möcht ein frauencloster reformieren in einer stat, wann die stat hielt es mit den frauen. Wie wolt dan ein consilium erst die gantz cristenheit reformieren, und ist so hart, ein frauencloster ze reformieren, wie hart wer es dan, die manclöster reformieren, besunder da nicht dan edeler in seind und ein grosser anhang haben. Es ist vor etlichen jaren zů unsern zeiten gewest, das man ettlich ständ und frauenclöster hat gereformiert und beschlossen, und ist lang wol gestanden, aber es fahet an widerumb abnemen. Darumb, so es so hart ist, die gantz cristenheit und dy sünder stend ze reformieren. Darumb, so stoß ein jeglicher sein haupt in ein winckel, yn ein loch, und sehe, das er gotes gebot halte und thů, das recht sei, damit das er selig werde.
Zů dem fünfften sprich ich: Du sprichst, mich dunckt, dz dy obern schuldig sein, das man so übel lebt in allen standen, wan warumb. Wen die oberen wol vor anhin giengen und recht theten, so giengen die underthonen nahin, und ist umb sie als umb ein leithammel. Der gat den pfaffen vor, unnd wa er anhin gat, so zottren die andern schaff alsamen nahin. Ein oberer, der ist der leithammel und solt seinem underthonen wol vorgon. Es spricht sant Gregorius, wann der hirt über die flů und felßen gon wil und über die scharpffen eck der hohen berg, so fallen die schof zetod über abhin. Wan aber der hirt uff einer breiten matten gieng seinen scheflin vor, und sie da weidten, so weren sie sicher. Also ist es mit den obern auch. Darumb, so sprichstu, was sollen wir thůn, so wir so bös obern und hirten haben. Wan ein roller nit gůte pferd hat, was will er gůtz faren, und wan die zeförderst uff dem wagen so heßlich unnd ungeschaffen seind, wie sein erst die hinden in dem wagen sitzen. Ich gib dir antwurt unnd sprich, das dein obern seind ein grosse ursach, das man in stetten übel lebt, und man unrecht thůt. Sie seind aber die gantze ursach. Wan du hast dein eignen freien willen, den mag dein oberer dir nit nemen noch zwingen, wann er dir ein ding sagt, gebüt und verbüt, was kan er mehr thůn, und wan du unrecht thůst, so strafft er dich darumb, er kan nit me thun, darumb, du bist ein unvernünfftiger mensch, wer dein oberer ein gantz ursach deiner irrung, so hetest du kein sünd daran, und würde dich got nit straffen. Aber dy obern sein grosse ursach daran, aber nit die gantz ursach. Du sprichst, es solt aber also sein, das die obern voranhin solten gon. Es solt gewiß also sein, es ist aber nit also. Ja, sprechen etwan die obern und die undern, man hat es vor auch gethon, dy alten sein nit narren gewest. Es sein etlich alt narren gewest, ettliche alt sein witzig gewest, als du noch witzig also gethon. Du soltest nit warnemen, wy man gethon het und man thů. Du soltest warnemen, wz man thun solt, und dz ist dy menung Senece (Nemo curat quid faciendo sed quid fiat.). Und ist war, wen die obern recht vorgiengen, so wer es besser uf erdtreich dan es ist. Ach gott, wan dz haupt kranck und siech ist, so seind alle glider erschlagen und schwach. Aber dz würt dich underthon nit entschuldigen, dz dein oberer böß oder gůt ist. Wiltu dich entschuldigen und folgest nach dem oberen, so er böß ist. Warumb folgestu im auch nit nach, wan er gůt ist, da wiltu nit an, warumb, du hast des bösen gewont, und daz gůt kumpt dich hart an. […] Einer, der gewont hat frü uff zeston am morgen, der stot mit freuden uff und gern. Aber ein fuler und treger, der wendet sich dreimal umb und ist im ein bürde uffzeston. Ja sprichstu, so vil mich ein gůt werck hartt ankumpt, in so vil es mir schwerer ist, sovil es mir verdienlicher ist. Nein, nein, die schwere und harte ist deiner ungewonlicheit halb und deiner ungeschickte halb, wan es ist böß recht thun, da man es nit gewont hat, die schwere meret dir nit den lon, sie müst des werkßhalb sein, wan warumb, wan die harte deinethalben dz werck dir verdienlicher mechte, so wer ein werck im anfanck dir verdienlicher dan so du es .x. oder .xx. jar gethon hetest. Wan im anfang kam es dich übel und hartt an, und so du es lenger thůst, je leichters dir würt, und wan du es .xx. jar hast gethon, so thustu es mit freuden und hast süssigkeit darin, so wer es dir minder verdienlich, dz ist aber nitt war. Also hastu, dz ein gemein reformacion nit geschehen mag. Es ist hert, aber nit unmüglich, und wie kein hofnung ist, das es besser werd, und wie die oberen nit die gantz ursach seind, aber ein grosser teil, dz man übel lebt. Du hast auch, wie ale stant verderbt sein und dy undern zerbrochen.
Ich sprich zum .VI. Wie wol ein oberer nit kan alle bresten abstellen und seine unterthon reformieren als er gern tet, so sol er doch allen seinen fleiß ankeren, dz selb zethun, und wan er dz sein hatt gethon, und man wil im nit folgen, so hat er noch dennocht seinen lon von got dem herren, wan got belont den willen wa daz ußer werck nit mag sein, als hie ist. Nim das exempel, wen ein Mörin in ein badstub gieng, der bader rib und wüsch sie, sie würt aber nit weiß, noch můstu dem bader dz gelt geben. Es hilfft gar wol zů einem gůten leben, ein gůter oberer, ein gůter hirtt, und darumb, wan man ein gůten obern, ein gůten hirten, ein gůten bischoff, ein gůten pfarrer uberkumpt, so sol man got trülich für in bitten. Darumb ist das ein gewonheit der heiligen kirchen, dz man für den bapst bitet, für den bischoff, für den künig, für ein gantzen rat. Daz ist von manchen groben leien, der es veracht, spricht etwan, dz got dem bischoff, denen im rat den ritten[?] geb, wz hab ich mit inen zeschaffen, wz gon sie mich an, dz ich für sie biten sol. O, es geht dich vil an. Was gat die in eim schiff der schiffman an? Aller deren leben und heil, die ym schiff seind, hangt am schiffman. Wan einer im schiff den schiffman wolt schlahen, so lieffen alle die zů, die im schiff weren. Wan, warumb, solt man in uber ußwerffen oder erstechen, so künt keiner mer faren, unnd gieng dz schiff under. Also, als unser heil hangt am obern, daz heilig bistumb hanget am bischoff, das heil diser stat hangt an dem ratt, wan die wol regieren, weiß und gerecht seind, so ist uns desterbaß.
Zů dem sybenden sprich ich: Du sprichst, so nun ein oberer nit kan reformieren ein closter, ein stifft etc. sol er nit straffen, wan er sicht, dz man unrecht thůtt. Ich sprich, ja, er sol straffen dapferlich, doch mit maß und mit bescheidenheit. (Argue obsecravi crepa ad Thimot.) Straff bitt treu. Man můß darumb alle ding nicht mit barthen behauwen zů dem rühesten durchin gon. Es wz ein sprichwort, keiser Sigmunds, der sprach (Nescit regere qui nescit dissimulare). Wer nicht kan durch die finger sehen, der kan auch nicht regieren. Man sol straffen, wan es nutz bringt, wan aber grösser schaden mag entspringen auß seiner straff, den er nutz schüffe durch sein straff, so sol er nit straffen. Solen ein oberer etwan ein straffen und der selb würde nur dester harter und verkerter, so sol er in nit straffen. Er sol aber dem selben zů mercken geben, das er es weiß. Er kumpt auch etwan solt er es nit straffen, so kem grosser schad darauß, wan die andern würden und er auch dester bößer und frevenlicher davon, wan sie sehen, das man dz nitt strafet, da sol man straffen. Wan schon der nit gebessert würt, den man straff, also sol grosse bescheidenheit da sein in straffen, dz man alwegen den grosseren schaden fürkum.
Quelle: Johann Geiler von Kaysersberg, Die Emeis, in Quellen zur Reformation 1517–1555, herausgegeben von Ruth Kastner. Darmstadt: WBG, 1994, S. 31–36.