Quelle
Unsere von Gottes gnaden Johannes Friedrichs, Herzogen zu Stettin Pommern […] Hoffordnung, wie es allenthalben in unserm Hoffe solle gehalten werden, Publicirt zu Alten Stettin am ein und zwanzigsten Novemb. Anno 1575.
Hoffrethe
Unsere Rethe sollen nicht allein zu vorrichtung eines jederen seines bevholenen Ampts tugentlich und geschicket sein, Sondern darnebenst, dazu sie bestellet, geloben und schweren, alle ihre gedancken und handlunge, furnehmblich zu gottes ehre, unser Regierunge gemeinen nutz, vortheil und besten zu richten, Ire eigene sachen nach unsern und gemeinen geschefften und nicht unsere sachen nach irer gelegenheit und lust schicken, jederer Zeit ihres Diensts fleißig auffwarten, ohne sonderliche hochdringende ursachen keine erlaubnuße bitten […].
Mit gift, gaben oder belohnung von Parteyen [sollen die Räte] sich nicht beladen, den Parteyen, so fur uns und unserm hoffgerichte zu thuen haben oder zu thuen gewinnen mochten, in den sachen, die in diese gerichte gehorig und kommen, nicht advociren, procuriren, Rhaten oder in sachen, darin sie vorhin gedienet, ehe sie zum Dienste bestellet, in gerichte nicht sitzen, zu Commissarien außerhalb gutlicher handelung oder aufnhemung der Zeugen sich nicht gebrauchen laßen.
Und do einer von unsern Rheten dieser stucke eins uberwunnen wurde, soll er unsers Dienstes und ehrenstandes entsetzet sein, des Landes die thage seines lebens vorwiesen werden, und dem parthe, so dadurch belediget, zu seinen hinterlaßenen gutern rechtlicher Zuspruche und furderung furbehalten sein.
Unsere Rhete sollen auch Irer pflicht und unserer furstlichen hoff[-] und anderer ordnunge nach und Ires bevhelichs treulich und unwiedersprechlich leben, sich mit pferden, dienern, Kleydungen, wie ein jeder bestellet, vorhalten, die Kleydung uns zun ehren tragen und furen, bey straffe der entziehung volgender versprochener kleidunge;
Wann ein jeder reiset, seine eigene pferde in unseren geschefften auf unsern, in seinen eigenen sachen aber auf seinen schaden brauchen, damit die Stedte und Armuth mit den furen und wir mit duppelten uncosten nicht beschweret werden. […]
Cantzler und Verwalter
Nachdem unser in godt ruhender freundlicher, lieber herr Vetter hochloblichen Christlicher gedechtnus Zeit S. L. furstlicher Regierunge und hernacher wir sowoll die gerichts[-] als die furstlichen sachen und hendel bishero durch des Cantzlers persone verrichten laßen, und aber wir befunden, das nicht allein die sachen und hendel sich mheren, sondern wir auch unsern gehorsamen Landstenden auf gehaltenen Landthagen gnediglich zugesagt, zu unserm Hoffgerichte umb schleuniger und beßer expedition willen eine sonderliche person, nemblich einen gerichtsvorwalter, zu bestellen, so haben wir nach negst in diesen lauffenden 1575 Jhare gehaltenen Landthage zu Wollin unsern Cantzler Jacob Kleiste zu unsern furstlichen hendlen allein und einen Verwalter Doctor Johann Lubbeken zu unserm Hoffgerichte bestellet. […] Wir wollen auch dem Verwalter gewiße personen von unseren Hoffrheten zuordnen, die stets in dem Hoffgerichte sein und auffwarten und zu keinen andern sachen gebrauchet werden sollen. Nichtsdestoweniger aber sollen alle unsere Hoffrhete, wann sie zur stedte sein, im gerichte sitzen, Acta referriren, supplicationes und andere furfallende sachen expedyren helffen.
Personen der Cantzley und Rhatstuben
Damit soll es wegen der anzal Dienstes und allenthalben gehalten werden, wie in unser gerichtsordnung nach der lenge gesetzet, und sollen unser prothonotarius und Secretarien und alle Cantzleyvorwandten des Sommers umb 5 uhr frue, des winters umb 6 bis halb zehen und dann nach eßens umb 1 uhr bis halb 5 in unser Rhatstube und Cantzley sein und auffwarten, […] die geheimnußen, so einen jedern vortrauet oder ehr in der Cantzley aus Rhatschlegen, brieffen, Siegeln oder sonst erfaren wurde, bey sich bis in seine gruben behalten und ahn ortern, da uns solches schaden und nachteil brengen mochte, nicht vormelden, die briefe, schrifft und handlunge, so er bekumbt, treulich vorwaren, Alle Handelung, doran der Herschafft gelegen, daruber brieff und Siegel vorfertiget, lauth unser furstlichen Cantzleyordnunge oder empfangenen bevhelichs in die ordentliche bucher und Register schreiben, […] sich deutlichs, vorstendiges gedichts und artiger Cantzleyhandt befleißigen, unsere hendel zu gemute und hertze nhemen, auch was von brieffen und handlungen ihme zugestellet, underschiedlich vorwaren und ein Register davon haben, damit der Cantzler und gerichtsvorwalter jeder Zeit, was er furdert oder suchet, finden muge, kein protocol oder Registraturbucher ohne des Cantzlers oder Cantzleyvorwalters vorwißen und bevhelich niemands thuen noch zustellen, keine furstlichen noch parteyenbrieffe oder handlung von dem furstlichen hoffe in Ire heuser oder herbergen tragen […].
Wie es mit Anzal der Secretarien, schreibern und gesellen in unser Cantzley soll gehalten werden
[…] Personen aber, so wir in unser Cantzley halten wollen, sein:
Drey Secretarien
Drey Copysten
Ein Cantzleydiener
In der Rhatstuben:
1) Der Prothonotarius
2) Der Secretarius
3) Ein Substitute oder Copyste.
Underschied des schreibens, schreibgeldes und gefellen.
In der Rhatstuben sollen allein Judicialia geschrieben werden und der halber theil alles geldes von dem so unter unserm gerichtssiegel in der Rhatstuben ausgehet, dem vorwalter, der ander theil dem Prothonotario gehoren, jedoch das Zeit der auslosung erstlich die uncosten auff papir, wax, Tinthe und andere noturfft abgezogen, ingleichen dem gerichtssecretario eine vorehrung, weil er viceprothonotarius sein und die Judicialia mit Expedyren mus, ausgegeben werden.
Hieruber sollen in unser Rhatstuben keine brieffe sub sigillo, sondern alles anders in unser Cantzley geschrieben und der halber theil aller gefelle der Cantzley unserm Cantzler endrichtet werden […].
In unser[n] eigenen sachen aber sollen alle Secretarien, Cantzley[-] und Rhatstubevorwanten nemini [!] excepto schuldig und verhafftet sein, nach anordnung und befelich unsers Cantzlers die schreiben und Copeien zu thage und nacht zu fertigen.
Wann ahn das Kay. Cammergerichte in Appellationsachen Acta zu schicken, so sollen dieselben in der Rhatstuben und Cantzley ausgetheilet, und was an einem jeden orte geschrieben, nach anzal der bletter bezalet [werden] und davon der halber theil des geldes in der Cantzley dem Cantzler, in der Rhatstuben dem vorwalter zukommen; der gulden vor das siegel bleibt in der Rhatstuben. Jedoch ehe der prozeß rotuliret und vorsiegelt, soll der verwalter und Prothonotarius denselben besichtigen, mit den Originalacten kurtzlich conferiren und gute auffsicht haben, das ein jedes antheil von den Secretarien und Copysten selbst geschrieben und wortlich mit allem fleiß nachgelesen und collationiret werde. […]
Quelle: Deutsche Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts, herausgegeben von Arthur Kern, Band 1. Berlin, 1905, S. 109–13, online verfügbar unter: https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=uc1.b3263657; auch abgedruckt in Bernd Roeck, Hrsg., Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555–1648. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 4. Stuttgart: P. Reclam, 1996, S. 73–78.