Kurzbeschreibung

Diese Zunftordnung der Pantoffelmacher in Lüneberg im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg befindet sich in der Mitte des Spektrums zwischen lokaler Autonomie und fürstlicher Herrschaftsgewalt. Sie regelt die Beziehungen zwischen den Handwerksmeistern und zwischen Meistern und Lehrlingen und gibt zudem Aufschluss über das gemeinsame religiöse Leben der Zunft. Bei dieser Zunft handelte es sich nicht lediglich um eine Arbeitseinheit – sie war darüber hinaus auch eine marianische Bruderschaft, deren Mitglieder (und deren Ehefrauen) ein gemeinsames religiöses Leben führten. Die Zunftkasse bestand aus der „Marien bussen“, woraus sich die Berechnung von Strafen in Wachs erklärt, der vermutlich für Votivkerzen benutzt wurde. Die Zunft diente ebenfalls als Bestattungsverein.

Zunftordnung der Pantoffelmacher in Lüneburg (8. Februar 1525)

Quelle


[I.]Ordenynge van den meysteren.


Ein ider meister mach holden twe knechte und enen jungen eft ansteker. Und wenner ein meister enen jungen heft de ein half jar ut der lere gewesen, so mach he enen anderen jungen darby setten.

[2] Wenner ein meister sine warkstede dermaten besettet hedde und dar entbaven mer knechte inwannerende kemen, desulvige knechte to welkenem meister de inwanneren, dar scholen se 14 dage arbet by hebben; und darna ummeher arbeiden van deme enen meister to deme anderen. Und wert sake, dat denne nen meister were, de syner bedorfte, so schall he blyven dar he is, averst unvormedet, dewilen dat he buten der medeltid gekamen is; und schole ok nicht gemedet werden er de medeltid kummet, sunder ein itlig hebbe sinen tal.

[3] Darto so scholen de meistere de medeltid so gewontlich up paschken und Michaelis holden und de knechte meden dar se eren krog hebben, so dat vor ene wise und wanheit in anderen stederen geholden wart; dar sich ein ider meister billig inne schicken schole. Und dar de meister eft gesellen hir entegen deden, scholen darvor billike bote don.

[4] Item dar sick ein geselle unbillig hedde in sines meisters huse, darvor schall de meister van ome borlike bote esken und nemen.

[5] So ok ein meister were de samptkop vorkopen wolde als by gulden tale, de schall de tuffelen nicht van sick leveren, he hebbe ersten den oldesten meister darby gehat, dat he bosichtige sodane wark gut sy kopmans weringe. Und dede he des nicht, dar schole he vorbroken ene tunne bers, de ene helfte in Marien bussen und de andere helfte an de meistere.

[6] Dar ok de ene meister deme anderen sinen knecht entmedede buten der medeltid, schole he wedden myt ener tunnen bers so vaken dat deit, de ene helfte in Marien bussen und de andere helfte an de meistere.

[7]Und so denne woll van den meisteren oren frouwen eft kinderen na deme willen gades vorstorve, so schall men mede to grave folligen, so sich des bohert, und de knechte scholen dat lik to grave dragen. De des nicht dede und wer to hues, schall dat wedden myt ein half punt wasses in Marien bussen, he sy denne meister, frouwe eft knecht.

[8] So scholen ok alle meistere in Marien bussen geven alle sonavende II Pfennig.


[II.] Ordeninge und regiment der knechte.

[1] Item so ein knecht int erste wanderende kummet, schall me ome dusse gerechticheit vorlesen, dat he sich darna wete to holden und vor broke hebbe to bewarende.

[2] Darna schall men one inschenken und entfangen vor enen guden gesellen, so schall he fort geven in Marien bussen VI Pfennig.

[3] Wert sake, dat sich ein knecht so full drunke und wedder avergeve in deme kroge, so schall he geven I punt wasses in Marien bussen.

[4] Und so denne ein knecht darto ersoket wurde, den fullen knecht in sines meisters hus to bringende, dat he mochte vor schaden bohut wesen, und de knecht dat nicht endede, schal he wedden myt I tunnen rodes bers, de ene helfte in Marien bussen und de andere helfte in den krog.

[5] Und so id sich begeve, dat de knecht nicht bleve in sines meisters huse und ginge wedder darut in ungeborlike stede, so schall he in demsulvigen broke fallen.

[6] Darto so schall nen knecht unborlike were in dem kroge dregen by ein punt wasses broke in Marien bussen.

[7] Ok so schall nen knecht spelen myt tarlingen eft karthen noch buten edder binnen der stadt by broke I punt wasses, so vaken dat deit.

[8] Item ein ider knecht und wenner ener ut der lere gekamen schall alle XIIII dage geven in de bussen Marien II Pfennig.

[9] Welker junge ein jar in der lere is gewesen, de schall geven umme de XIIII dage I Pfennig in Marien bussen.

[10] Item wenner ein junge unse hantwark to lerende bogert, schall vor den meisteren angenamet werden, und ok dat he echte und rechte geboren sy und III jar in der lere wesen.

[11] Und wenner ein junge also in de lere kummet, de schall geven den knechten III β in den krog und IIII β in de bussen.

[12] Dar denne ein knecht sodane lerejar nicht geholden hedde, desulvige schall nicht gefordert werden.

[13] Wert ok, dat ein geselle in krankheit fylle, deme schall men IIII eft VIII β ut der bussen lenen, und so denne de knecht storve, schall me sodane gelt ut sinen redesten guderen soken. Bleve he aver lovendig, so schall he id wedder in de bussen geven.

[14] Item so ein geselle brokhaftich wurde vorsatig in der botalinge, schall one nen meister holden tegen der gesellen dank so lange he sich richtig maket. Und so denne ein knecht wandert eft utgeschenket wert, de schall geven VI Pfennig in Marien bussen.

[15] Und ut allen dussen vorigen gebroken schall enes ersamen rades broke, so jenich knecht darin felle, vorgan und nicht hindren.

[16] Wes denne also in de bussen gesammelt, will me to hulpe nemen to twen bomen und lichten tor ere gades und der hilligen junkfrouwen Marien, or hoge lof darmede to vormeren. Schreven des mitwekens na Marien lichtmessen dage anno XXV.

Quelle: Eduard Bodemann, Hg., Die Älteren Zunfturkunden der Stadt Lüneburg. Hannover, 1883, S. 170-72.

Zunftordnung der Pantoffelmacher in Lüneburg (8. Februar 1525), veröffentlicht in: German History in Documents and Images, <https://germanhistorydocs.org/de/von-den-reformationen-bis-zum-dreissigjaehrigen-krieg-1500-1648/ghdi:document-3964> [28.03.2025].