Kurzbeschreibung

Erst zehn Jahre nach der Gründung des RGW wurde 1959 seine Satzung verabschiedet. Die Revisionen 1962 und 1974 verdeutlichten die angestrebte politische und wirtschaftliche Erweiterung der Funktionen des RGW und markierten wichtige Entwicklungsphasen in dessen Geschichte. Das Statut aus dem Jahre 1974 bestätigt nicht nur die Schaffung neuer RGW-Organe, sondern verleiht ihnen auch das Recht, mit Drittstaaten und internationalen Organisationen Verträge abzuschließen.

Auf dem Weg zur sozialistischen ökonomischen Integration? (1974)

Quelle

Statut des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe
(Mit den Änderungen entsprechend dem Protokoll vom 21. Juni 1974)

Die Regierungen der Volksrepublik Albanien, der Volksrepublik Bulgarien, der Ungarischen Volksrepublik, der Deutschen Demokratischen Republik, der Volksrepublik Polen, der Rumänischen Volksrepublik, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Tschechoslowakischen Republik sind

im Hinblick darauf, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die zwischen ihren Ländern erfolgreich durchgeführt wird, zur rationellsten Entwicklung der Volkswirtschaft, zur Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung und zur Festigung der Einheit und Geschlossenheit ihrer Länder beiträgt;

erfüllt von der Entschlossenheit, auch weiterhin die allseitige wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage der konsequenten Verwirklichung der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung im Interesse des Aufbaus des Sozialismus und Kommunismus in ihren Ländern und der Sicherung eines dauerhaften Friedens in der ganzen Welt zu entwickeln;

überzeugt davon, daß die Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen ihren Ländern dazu beiträgt, die in der Charta der Vereinten Nationen festgelegten Ziele zu erreichen;

unter Bekräftigung ihrer Bereitschaft, die Wirtschaftsbeziehungen zu allen Ländern unabhängig von ihrer gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung auf der Grundlage der Gleichheit, des gegenseitigen Vorteils und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten zu entwickeln;

in Anerkennung der ständig wachsenden Rolle des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe bei der Organisierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen ihren Ländern

übereingekommen, zu diesem Zweck das vorliegende Statut anzunehmen.

Artikel I. Ziele und Prinzipien

1. Der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe hat zum Ziel, durch Vereinigung und Koordinierung der Bemühungen der Mitgliedsländer des Rates zur weiteren Vertiefung und Vervollkommnung der Zusammenarbeit und Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration, zur planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft, zur Beschleunigung des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts in diesen Ländern, zur Hebung des Standes der Industrialisierung in den Ländern mit einer weniger entwickelten Industrie, zur ununterbrochenen Steigerung der Arbeitsproduktivität und allmählichen Annäherung und Angleichung des ökonomischen Entwicklungsniveaus und ständigen Hebung des Wohlstandes der Völker der Mitgliedsländer des Rates beizutragen.

2. Der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe beruht auf den Grundlagen der souveränen Gleichheit aller Mitgliedsländer des Rates.

Die wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit der Mitgliedsländer des Rates wird in Übereinstimmung mit den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus auf der Grundlage der Achtung der staatlichen Souveränität, der Unabhängigkeit und der nationalen Interessen, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Länder, der vollen Gleichberechtigung, des gegenseitigen Vorteils und der kameradschaftlichen gegenseitigen Hilfe verwirklicht.

Artikel II. Mitgliedschaft

1. Ursprüngliche Mitglieder des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe sind die Länder, die das vorliegende Statut unterzeichnet und ratifiziert haben.

2. Die Aufnahme als Mitglied des Rates steht anderen Ländern offen, die sich den Zielen und Prinzipien des Rates anschließen und ihr Einverständnis äußern, die im vorliegenden Statut enthaltenen Pflichten zu übernehmen.

Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgt durch Beschluß der Ratstagung auf der Grundlage offizieller Anträge der Länder.

3. Jedes Mitgliedsland des Rates kann aus dem Rat austreten, nachdem es den Depositär des vorliegenden Statuts davon in Kenntnis gesetzt hat. Der Austritt wird sechs Monate nach dem Eingang der Mitteilung beim Depositär wirksam. Der Depositär setzt die Mitgliedsländer des Rates vom Eingang einer solchen Mitteilung in Kenntnis.

4. Die Mitgliedsländer des Rates kommen überein:

a) die Erfüllung der von ihnen angenommenen Empfehlungen der Organe des Rates zu gewährleisten;

b) dem Rat und seinen Amtspersonen bei der Ausübung der im vorliegenden Statut vorgesehenen Funktionen die notwendige Unterstützung zuteil werden zu lassen;

c) dem Rat die für die Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben notwendigen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen;

d) den Rat über den Verlauf der Erfüllung der von ihnen angenommenen Empfehlungen der Organe des Rates zu informieren.

Artikel III. Funktion und Befugnisse

1. In Übereinstimmung mit den im Artikel I des vorliegenden Statuts genannten Zielen und Prinzipien

a) organisiert der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe die allseitige wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit der Mitgliedsländer des Rates mit dem Ziel der rationellsten Ausnutzung ihrer natürlichen Ressourcen und der Beschleunigung der Entwicklung der Produktivkräfte und unterstützt die Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration;

b) unterstützt der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe die Vervollkommnung der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung durch Koordinierung der Pläne für die Entwicklung der Volkswirtschaft sowie durch Spezialisierung und Kooperation der Produktion der Mitgliedsländer des Rates;

c) ergreift der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe Maßnahmen zum Studium der wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Probleme, die für die Mitgliedsländer des Rates von Interesse sind;

d) unterstützt der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe die Mitgliedsländer des Rates bei der Ausarbeitung, Abstimmung und Verwirklichung gemeinsamer Maßnahmen auf den Gebieten:

der Entwicklung der Industrie und der Landwirtschaft der Mitgliedsländer des Rates;

der Entwicklung des Verkehrswesens zur vorrangigen Sicherung des zunehmenden Transports von Export-, Import- und Transitgütern der Mitgliedsländer des Rates;

der effektivsten Nutzung der hauptsächlichsten Investitionen, die von den Mitgliedsländern des Rates für die Entwicklung der Zweige der Rohstoffgewinnungs- und Verarbeitungsindustrie sowie für den Bau von wichtigen Objekten bereitgestellt werden, die für zwei und mehrere Länder von Interesse sind;

der Entwicklung des Warenaustausches und des Austausches von Dienstleistungen der Mitgliedsländer des Rates untereinander und mit anderen Ländern;

des Austausches von wissenschaftlich-technischen Errungenschaften und von fortschrittlichen Produktionserfahrungen;

e) ergreift der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe andere Maßnahmen, die für die Erreichung der Ziele des Rates notwendig sind.

2. Der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe

a) ist in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Statut befugt, durch seine im Rahmen ihrer Zuständigkeit handelnden Organe Empfehlungen anzunehmen und Beschlüsse zu fassen;

b) kann in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Statut internationale Abkommen mit den Mitgliedsländern des Rates, mit anderen Ländern und mit internationalen Organisationen schließen.

Artikel IV. Empfehlungen und Beschlüsse

1. Empfehlungen werden zu Fragen der wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit angenommen. Die Empfehlungen werden den Mitgliedsländern des Rates zur Behandlung mitgeteilt.

Die Verwirklichung der von ihnen angenommenen Empfehlungen erfolgt durch die Mitgliedsländer des Rates auf Grund von Beschlüssen der Regierungen oder zuständiger Organe dieser Länder in Übereinstimmung mit ihrer Gesetzgebung.

2. Beschlüsse werden zu organisatorischen und Verfahrensfragen gefaßt. Beschlüsse treten, soweit sie nichts anderes vorsehen oder sich nichts anderes aus ihrem Charakter ergibt, am Tage der Unterzeichnung des Tagungsprotokolls des entsprechenden Ratsorgans in Kraft.

3. Alle Empfehlungen und Beschlüsse werden im Rat nur mit Einverständnis der interessierten Mitgliedsländer des Rates angenommen, wobei jedes Land das Recht hat, seine Interessiertheit an einer beliebigen im Rat zu behandelnden Frage zu erklären.

Empfehlungen und Beschlüsse gelten nicht für die Länder, die erklärt haben, daß sie an der betreffenden Frage nicht interessiert sind. Jedes dieser Länder kann sich jedoch in der Folge den von den anderen Mitgliedsländern des Rates angenommenen Empfehlungen und Beschlüssen anschließen.

Artikel V. Organe

1. Zur Verwirklichung der im Artikel III des vorliegenden Statuts genannten Funktionen und Befugnisse hat der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe folgende Hauptorgane:

die Ratstagung,

das Exekutivkomitee des Rates,

die Komitees des Rates,

die Ständigen Kommissionen des Rates,

das Sekretariat des Rates.

2. Andere Organe, die sich als notwendig erweisen, können in Übereinstimmung mit diesem Statut gebildet werden.

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Artikel XVIII. Schlussbestimmungen

Das vorliegende Statut wurde in einem Exemplar in russischer Sprache ausgefertigt. Das Statut wird bei der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken hinterlegt, die den Regierungen aller anderen Mitgliedsländer des Rates beglaubigte Abschriften des Statuts zusendet sowie diesen Regierungen und dem Sekretär des Rates die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden bei der Regierung der UdSSR mitteilt.

Zur Bestätigung dessen haben die Vertreter der Regierungen der Mitgliedsländer des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe das vorliegende Statut unterzeichnet.

Ausgefertigt in Sofia am 14. Dezember 1959

Quelle: Statut des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe. Mit den Änderungen entsprechend dem Protokoll vom 21. Juni 1974, in Friedrich-Ebert-Stiftung, Hrsg., DDR im Warschauer Pakt und im Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe. Bonn, 1987, S. 69–72.