Quelle
Die Grundprinzipien der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung vom 7. Juni 1962
1. Die Gemeinschaft der Länder des Sozialismus und die internationale sozialistische Arbeitsteilung
Das sozialistische Weltsystem ist die soziale, wirtschaftliche und politische Gemeinschaft freier, souveräner Völker, die zum Sozialismus und Kommunismus schreiten, geeint durch die Gemeinsamkeit der Interessen und Ziele, durch unlösbare Bindungen der internationalen sozialistischen Solidarität.
Die Notwendigkeit des engen Zusammenschlusses der sozialistischen Länder in einem System ist bedingt durch objektive Gesetze der ökonomischen und politischen Entwicklung.
Die Gemeinschaft der sozialistischen Staaten stützt sich auf die in jedem Land geschaffene gleichartige ökonomische Grundlage – das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln –, auf einen gleichartigen Staatsaufbau – die Macht des Volkes mit der Arbeiterklasse an der Spitze –, auf eine einheitliche Ideologie – den Marxismus-Leninismus.
Die vereinten Anstrengungen der Völker der sozialistischen Gemeinschaft sind auf den Aufbau des Sozialismus und Kommunismus, auf den mächtigen Aufschwung der Volkswirtschaft jedes Landes und damit des Systems als Ganzes, auf die Verteidigung der revolutionären Errungenschaften gegenüber den Machenschaften der imperialistischen Reaktion, auf die Sicherung eines festen Friedens zwischen den Völkern gerichtet. Das sozialistische Weltsystem ist in eine neue Etappe seiner Entwicklung eingetreten.
Der Zusammenschluß der sozialistischen Staaten zu einem einheitlichen Lager, seine sich festigende Einheit und ständig wachsende Macht sichern den vollen Sieg des Sozialismus und Kommunismus innerhalb des gesamten Systems.
Die Gemeinschaft der Länder des Sozialismus verwirklicht ihre Ziele durch eine allseitige, politische, ökonomische und kulturelle Zusammenarbeit. Dabei lassen sich alle sozialistischen Länder streng von den Prinzipien der vollen Gleichberechtigung, der gegenseitigen Achtung der Unabhängigkeit und Souveränität, der brüderlichen gegenseitigen Hilfe und des gegenseitigen Vorteils leiten. Im Lager des Sozialismus hat niemand und kann niemand irgendwelche besonderen Rechte und Privilegien haben. Die Einhaltung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus, des sozialistischen Internationalismus ist eine unerläßliche Bedingung für die erfolgreiche Entwicklung des sozialistischen Weltsystems. […]
Zwischen den Ländern des Sozialismus entstanden und vervollkommnen sich verschiedene Formen der ökonomischen Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe: die Koordinierung der Volkswirtschaftspläne, die Spezialisierung und Kooperation der Produktion, der internationale sozialistische Handel, die Gewährung von Krediten, die technische Hilfe und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit, die Zusammenarbeit beim Bau wirtschaftlicher Objekte[1], die Erschließung natürlicher Ressourcen und andere. Die organisatorischen Grundlagen der ökonomischen Zusammenarbeit werden ebenfalls ständig vervollkommnet: Das kollektive Organ für die Organisierung dieser Zusammenarbeit – der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe – hat sich gefestigt. […]
Im Gegensatz zur internationalen kapitalistischen Arbeitsteilung, die das Ausbeutungsverhältnis des Schwachen durch den Starken ausdrückt, sich spontan im Verlauf eines scharfen Konkurrenzkampfes und der Expansion der kapitalistischen Monopole bildet, die Ungleichheit des Standes der ökonomischen Entwicklung vertieft, zur Entstehung einer verkrüppelten einseitigen Struktur der Ökonomik der schwach entwickelten Länder führt, wird die internationale sozialistische Arbeitsteilung bewußt und planmäßig in Übereinstimmung mit den Lebensinteressen und Aufgaben der harmonischen und allseitigen Entwicklung aller sozialistischen Länder verwirklicht und führt zur Festigung ihrer Einheit. […]
Die kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder treten als Initiatoren und Organisatoren der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung auf. Die Entwicklung und Vervollkommnung der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung ist ein Bestandteil der wissenschaftlich begründeten ökonomischen Politik der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder. […]
2. Die Koordinierung der Volkswirtschaftspläne – das Hauptmittel für die erfolgreiche Entwicklung und Vertiefung der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung
Die Erfahrungen bei der Entwicklung des sozialistischen Weltwirtschaftssystems zeigen, daß das Hauptmittel für die planmäßige Vertiefung der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung und die immer enger werdende Vereinigung der Produktionsanstrengungen der Länder des Sozialismus in der gegenwärtigen Etappe die Koordinierung der nationalen Volkswirtschaftspläne ist.
Die Koordinierung der Pläne – das ist die freiwillige gemeinsame planmäßige Tätigkeit der sozialistischen Staaten, die auf die maximale Ausnutzung der politischen und ökonomischen Vorteile des sozialistischen Weltsystems im Interesse der Sicherung des schnellstmöglichen Sieges des Sozialismus und Kommunismus gerichtet ist. Sie begünstigt die Durchsetzung der Politik der kommunistischen und Arbeiterparteien, die sich auf den wissenschaftlichen Prinzipien des Marxismus-Leninismus, auf der Grundlage einer tiefen Analyse der Möglichkeiten und der Bedürfnisse der Entwicklung der Wirtschaft aufbaut.
Wie die Erfahrungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Mitgliedsländer des RGW zeigen, muß die Koordinierung der Pläne auf die Verwirklichung folgender miteinander verbundener objektiver Prinzipien der Entwicklung der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung gerichtet sein:
– die richtige Berücksichtigung der objektiv notwendigen
Proportionen der ökonomischen Entwicklung jedes Landes und des
sozialistischen Weltsystems als Ganzes, was dazu beiträgt, die
Wirtschaft eines jeden Landes auszubilanzieren;
– Sicherung
eines hohen ökonomischen Nutzeffektes der internationalen
sozialistischen Arbeitsteilung, was sich in einem schnellen
Wachstumstempo der Produktion und der größtmöglichen Befriedigung
der Bedürfnisse der Bevölkerung in jedem Land bei minimalem
Aufwand an gesellschaftlicher Arbeit ausdrückt;
– Sicherung
der Verbindung der internationalen Spezialisierung der Produktion
und der komplexen (mehrseitigen) Entwicklung der Wirtschaft der
einzelnen sozialistischen Länder im Interesse der vollsten und
zweckmäßigsten Ausnutzung der natürlichen und ökonomischen
Voraussetzungen der Produktion einschließlich der
Arbeitskräftereserven;– die allmähliche Überwindung der historisch
bedingten Unterschiede im ökonomischen Entwicklungsniveau der
einzelnen Länder, vor allem durch die Industrialisierung der
Länder mit einem relativ niedrigen Niveau der ökonomischen
Entwicklung und auf der Grundlage der maximalen Ausnutzung der
inneren Möglichkeiten eines jeden Landes sowie der Vorzüge des
sozialistischen Weltsystems.
Die ständige Erhöhung der Wirksamkeit der Koordinierung setzt voraus, daß sie
– sowohl zweiseitig als auch mehrseitig erfolgt. Dabei wird in
Betracht gezogen, daß in Zukunft die Bedeutung der mehrseitigen
Koordinierung anwachsen wird;
– sich in erster Linie auf die
Perspektivpläne erstreckt, was erlaubt, notwendige Veränderungen
in der Struktur, in der Produktionstechnik usw. im Interesse der
Vertiefung und Vervollkommnung der internationalen sozialistischen
Arbeitsteilung vorzusehen;
– im Verlaufe der Aufstellung der
Pläne durch die einzelnen Länder vorgenommen wird;
–
Maßnahmen vorsieht, die die Erfüllung der abgestimmten
Verpflichtungen hinsichtlich des Umfanges und der Termine der
gegenseitigen Lieferungen, die Qualität und des technischen
Niveaus der zu liefernden Erzeugnisse bzw. seitens der Länder
sichert;
– gemeinsame Maßnahmen einer Reihe von Ländern bei
der Lösung großer ökonomischer und technischer Fragen
vorsieht.
[…]
Anmerkungen
Quelle: Europa-Archiv, Folge 15/1962, S. D 381 ff; abgedruckt in Curt Gasteyger, Europa zwischen Spaltung und Einigung 1945 bis 1993. Darstellung und Dokumentation. Bonn, 1994, S. 214–19.