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Maßnahmen zum Schutze des Friedens und zur Sicherung der DDR in Kraft
Planmäßig zur festgesetzten Stunde wurden die Maßnahmen zur Sicherung des Friedens und zum Schutze der Bürger der DDR, wie sie im Beschluß des Ministerrates der DDR und in Übereinstimmung mit der Erklärung der Regierungen der Warschauer Vertragsstaaten festgelegt wurden, in Kraft gesetzt. Im Beschluß des Ministerrates der DDR heißt es: „Zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit der revanchistischen und militaristischen Kräfte Westdeutschlands und Westberlins wird eine solche Kontrolle an den Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich der Grenze zu den Westsektoren von Groß-Berlin eingeführt, wie sie an den Grenzen jedes souveränen Staates üblich ist.“
In der Erklärung der Regierungen der Warschauer Vertragsstaaten wird gesagt: „Die Regierungen der Warschauer Vertragsstaaten verstehen natürlich, daß die Ergreifung von Schutzmaßnahmen an der Grenze Westberlins für die Bevölkerung gewisse Unbequemlichkeiten schafft, aber angesichts der entstandenen Lage trifft die Schuld daran ausschließlich die Westmächte und vor allem die Regierung der Bundesrepublik. Wenn die Westberliner Grenze bisher offengehalten wurde, so geschah dies in der Hoffnung, daß die Westmächte den guten Willen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik nicht mißbrauchen würden. Sie haben jedoch unter Mißachtung der Interessen des deutschen Volkes und der Berliner Bevölkerung die jetzige Ordnung an der Westberliner Grenze zu ihren heimtückischen Wühlzwecken ausgenutzt. Der jetzigen anomalen Lage muß durch eine verstärkte Bewachung und Kontrolle an der Westberliner Grenze ein Ende gesetzt werden.“
Alle zur Durchführung notwendigen Schritte und Maßnahmen erfolgten reibungslos, dank dem Verständnis und der Zustimmung des größten Teiles der Berliner Bevölkerung. Zahlreiche Berliner bekundeten schon am Sonntag früh ihr Einverständnis.
„Maßnahmen zu unserem Schutz“, „Der Ministerratsbeschluß dient dem Frieden und der Sicherheit der DDR“, „Eine gebührende Antwort an die Bonner Ultras“ – das sind einige der Kommentare der Werktätigen der Hauptstadt.
In den Versorgungsbetrieben fanden kurze Versammlungen der Brigaden statt. Im Kraftwerk Klingenberg erklärte Schichtarbeiter Helmut Manfried: „Mit diesen Maßnahmen werden endlich klare Fronten geschaffen.“
Am gestrigen Sonntag wickelte sich das Leben wie an allen Sonntagen völlig normal ab. Lediglich Gruppen von Jugendlichen, die glaubten, sich stark machen zu können, wurden von den zum Schutz unserer Grenze aufgezogenen Volkspolizisten höflich aber bestimmt mit den Beschlüssen des Ministerrates bekannt gemacht.
Der U-Bahn-Verkehr ging gemäß den neuen Bestimmungen reibungslos und planmäßig vonstatten. Lediglich auf der S-Bahn kam es infolge der rasch notwendig gewordenen Umstellungen zeitweilig zu einigen Verspätungen. Der Fernverkehr verlief regelmäßig.
Wie jeden Sonntag fuhren Tausende Berliner mit der S-Bahn ins Grüne. Auch am Pavillon des Deutschen Reisebüros am S-Bahnhof Friedrichstraße herrschte der üblich sonntägliche Hochbetrieb. Die Ausflugslinien der BVG-Busse waren stark besetzt.
Aus Westberlin kamen auch gestern viele Westberliner über die vorgesehenen Kontrollstellen. Sie ließen sich durch die verlogenen Behauptungen der Westberliner Hetzsender und der Stumm-Polizisten nicht von ihrer Fahrt abhalten. Die Zahl der westdeutschen Bürger, die auf der Grundlage einer kurzfristigen Aufenthaltsgenehmigung das demokratische Berlin besuchten, war genauso hoch wie an den vergangenen Tagen. Außerdem fuhren zwei Beauftragte des USA-State-Departments am Sonntag mit zwei Fahrern und zwei Kraftfahrzeugen unbehelligt durch die Hauptstadt der DDR. Sie wurden entsprechend der Bekanntmachung des Ministeriums des Innern der Regierung der DDR, wonach es für Angehörige des Diplomatischen Korps und der westlichen Besatzungskräfte hinsichtlich des Besuches des demokratischen Berlins bei der bisher bestehenden Ordnung bleibt, höflich und korrekt abgefertigt. Die Beauftragten des USA-State-Departments sind am Nachmittag 15.20 Uhr wieder durch das Brandenburger Tor nach Westberlin zurückgekehrt.
Der Reiseverkehr von Westdeutschland nach Westberlin vollzog sich auch über die Autostraßen normal und ruhig.
Aus Westberlin wird bekannt, daß die Westberliner Bevölkerung den Beschluß des Ministerrates der DDR zur Sicherung des Friedens und zum Schutze des Arbeiter-und-Bauern-Staates mit großem Ernst und mit Ruhe aufgenommen hat. Dieser ruhigen Aufnahme des Ministerratsbeschlusses durch breite Kreise der Westberliner Bevölkerung steht eine hektische Unruhe unter den Agentenorganisationen, Menschenhändlern und Kopfjägern entgegen, die unter Ausnutzung der Frontstadtpolitik Westberlin zu einem Umschlagplatz des Menschenhandels zu einer Agentenschleuse und zu einem gefährlichen Provokationsherd ausgebaut haben, und die jetzt einen empfindlichen Schlag erhielten.
In den Wohngebieten der Westsektoren herrschte sonntägliche Ruhe, die augenfällig mit dem hektischen Treiben der Frontstadtmachthaber im Schöneberger Rathaus kontrastierte. Die von den Maßnahmen der DDR völlig Überraschten hetzten von einer Beratung zur anderen.
Die Westberliner Polizei hat auf seiten der Westsektoren in den frühen Nachmittagsstunden des Sonntags Grenzabsperrungen zum demokratischen Berlin hin vorgenommen. Am Potsdamer Platz und anderen Stellen sind Polizeikommandos postiert, die den Befehl haben, Westberliner von dem Betreten des demokratischen Berlins zurückzuhalten. Mehrere hundert Meter westlich des Brandenburger Tors ist ebenfalls eine Polizeikette aufmarschiert. Hinter den Sperrketten sind Bereitschaftswagen der Polizei aufgefahren.
Quelle: „Maßnahmen zum Schutz des Friedens und zur Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik in Kraft“, Neues Deutschland, 14. August 1961, S. 1. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.