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Die Helden sind ohne Ideen
Bonns Schulden-Manager müssen sparen: Der Wohlfahrtsstaat ist nicht mehr finanzierbar
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Ratlos sehen sich die Bonner Wachstumspolitiker in einer Situation, die seit langem von Kritikern der zur Verteilungsdemokratie hochentwickelten Bundesrepublik vorausgesagt worden ist. Die Mittel des Staates zur Konjunkturankurbelung sind erschöpft, die Ansprüche an die öffentlichen Haushalte zu hoch, und der alles heilende Konjunkturaufschwung mit Wachstumsraten wie zu Zeiten der goldenen Fünfziger und Sechziger ist nicht in Sicht.
An Warnzeichen hat es wahrlich nicht gefehlt. Nicht nur phantasiebegabte Wachstumskritiker, auch Ökonomen der klassischen Schule haben schon vor Jahren davor gewarnt, den hohen Wachstumsraten der 50er und 60er Jahren nachzulaufen.
Eine ganze Reihe von Gründen läßt sich anführen, warum die Dynamik der Nachkriegsjahrzehnte nicht ins nächste Jahrtausend hineingerettet werden kann. Da war der Nachholbedarf in der Nachkriegszeit. Wohnungsbau, Autoindustrie, aber auch die Produktion anderer langlebiger Konsumgüter und die Nachfrage des Staates hielten die Wirtschaft auf Höchsttempo. Nicht nur in Deutschland, überall in der Welt wurde aufgebaut – und die Bundesrepublik hatte am Aufschwung des Welthandels einen besonderen Anteil.
Der Bruch kam spätestens mit der ersten Ölkrise in den Jahren 1973/74. Vielen dämmerte da erstmals, daß der Massenwohlstand mit Rohstoffen und Energien geschaffen wurde, die es zu Spottpreisen zu kaufen gegeben hatte; daß die Industrieregionen Europas, Japans und Nordamerikas an die Grenzen ihrer natürlichen Belastbarkeit stießen; daß in einer endlichen Welt nichts, auch nicht das zum Fetisch erhobene Bruttosozialprodukt, unendlich wachsen kann.
Doch statt sich auf eine Zukunft mit geringeren Wachstumsraten einzustellen, statt Wirtschaft und Gesellschaft auf das Neue umzustimmen, versuchten die Bonner Krisenmanager, mit steigendem Aufwand dem Unvermeidlichen gegenzusteuern. Rund 150 Milliarden Mark haben die öffentlichen Finanziers allein seit 1975 für die wirtschaftliche Belebung eingesetzt – zum überwiegenden Teil nicht Geld aus Steuermitteln, sondern Geliehenes.
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Veränderungen im Sozialsystem, Kürzungen gar, scheinen nur mit einer ungewöhnlichen politischen Kraftanstrengung möglich. Vor allem die Gefolgschaft der Bonner Sozialdemokraten hat dann schnell das Etikett bei der Hand, es geschehe gesellschaftspolitisches Unrecht.
Die so tönen, übersehen, daß über Jahre hinweg versäumt wurde, ein System zu reformieren, das mit ungeheurem Aufwand geradezu abenteuerliche Verteilungs-Ungerechtigkeiten finanziert.
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Die politische Elite der Bundesrepublik glaubt ihre eigene Position, wie das demokratische System insgesamt, am besten gesichert, wenn der von ihr geführte Staat nur immer ordentlich Schecks verteilt. Es gelte, den „sozialen Frieden“ zu wahren, führen die Verteidiger der bundesrepublikanischen Verteilungsdemokratie an. Sie unterstellen damit, daß der Abbau sozialer Leistungen – auch solcher, die sich nur schwerlich begründen lassen – zu einem folgenschweren Vertrauensschwund der Bürger in den Staat führe, daß letztlich darüber gar die demokratische Ordnung zerbrechen könne.
Immer wieder beschwört Kanzler Helmut Schmidt die Unregierbarkeit westlicher Industriestaaten und meint, die Bürger seien nur dann der Demokratie gewogen, wenn der Staat ihre überzogenen Ansprüche erfüllt: das Gemeinwesen als „eine Art Aktiengesellschaft, an der man beteiligt ist und deren Bewertung sich nach der Dividende richtet, die sie ausschüttet“ (so Peter Grubbe in seinem „Report über den deutschen Bürgersinn“).
Bleiben die Dividenden aus, wirtschaftet das Unternehmen mit Verlust, dann brennt es angeblich im Ruhrgebiet, dann lehnen sich die Beamten auf, ist die Demokratie nicht mehr zu retten. Kleinmut oder geschärfter Realitätssinn der Demokraten?
Unbestreitbar ist, daß die Stabilität eines politischen Systems zu einem Gutteil von der materiellen Versorgung und der sozialen Sicherheit abhängig ist, die es gewähren kann. Dies gilt für Demokratien wie für Diktaturen jedweder Schattierung.
Bestritten werden darf jedoch, daß die politische Ordnung der Bundesrepublik nur Bestand haben kann, wenn auch zukünftig bestens verdienende Eltern eines einzigen Kindes 50 Mark Kindergeld im Monat beziehen, wenn Beamte mittels einer absurden Regelung aus dem Krankfeiern noch einen staatlich finanzierten Gewinn schlagen, wenn Müttern mittels Mutterschaftsurlaub das Zusammensein mit ihrem Neugeborenen durch staatliche Alimentation ermöglicht wird.
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Quelle: „Die Helden sind ohne Ideen“, Der Spiegel, 31/1981, 26. Juli 1981, S. 30–42. Online verfügbar unter: https://www.spiegel.de/politik/die-helden-sind-ohne-ideen-a-b72ad28c-0002-0001-0000-000014331831. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.